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Plaudereien Der tägliche Angriff auf unser schlechtes Gewissen

luchs35
luchs35
Mitglied

Der tägliche Angriff auf unser schlechtes Gewissen
geschrieben von luchs35
Alle Jahre wieder- kurz vor Weihnachten- füllt uns die Schwemme der Bittbriefe den Briefkasten und gleichzeitig schiesst uns eine Menge Moralin ins Blut.
Ich meine die Bitt- oder Bettelbriefe diverser bekannter und unbekannter Organisationen-angefangen bei Caritas, WWF, Rotes Kreuz, Tierschutz, Unicef, Menschen für Menschen, Heilsarmee ...ect., von den lokalen Sport-,Gesangs-, Fussball-Musik-, Schlittschuh- und sonstigen Vereine ganz zu schweigen!
Zugegeben, "Menschen für Menschen" steht u.a. sowieso ganzjährlich auf meiner Spendenliste, nicht weil der Sissikaiser Karlheinz Böhm dafür wirbt, sondern weil seine Art zu helfen meinem Spendengedanken am nächsten kommt.
"Nicht den Fisch spenden, sondern die Angel, umzu fischen!"

Woher nur haben die anderen Bittsteller meine Adresse ? In den letzten 8 Tagen haben mich 22 Spendenanfragen erreicht.
Und meist lag ein kleines Geschenk mit im Kuvert, entweder Weihnachtsaufkleber, Glückwunschkarten, ein Päckchen Suppe für eine Portion (warum schicken sie das nicht gleich an Hungernde?) , ein Ding, das sich Teigschaber nannte, aber auch als Eiskratzer tauglich ist, Christbaumsterne, Schlüsselanhänger und noch anderes mehr, mit dem ich nichts anfangen kann.

Aber jedesmal beisst mich das schlechte Gewissen, wenn ich das an sich wertlose Kramzeug zur Seite schiebe. Und darum geht es wohl den Spendensammlern : ein "sanfter" Angriff auf mein schlechtes Gewissen. Manchmal frage ich mich auch, ob ich die Sachen zurückschicken sollte. Die Vernunft sagt Nein! Wer möchte, kann es ja abholen, ich behalte es sicherheitshalber mal zwei Wochen auf, bevor es entsorgt wird. Dabei frage ich mich, ob es wirklich Menschen gibt, die nur dadurch tatsächlich zum Spenden animiert werden? Oder ob die Hilfswerke nicht doch lieber das Geld dafür gleich den Bedürftigen zukommen lassen sollten.

Wer etwas spenden möchte wird das sicher auch ohne den Krimskrams tun. Natürlich wird das meiste Spendengeld in den Wochen vor Weihnachten eingeholt, denn hier pocht das schlechte Gewissen gegenüber jenen, die dringend Unterstützung brauchen, am lautesten.

Wie besänftigt ihr, liebe ST-User/innen , euer schlechtes Gewissen? Lasst ihr euch von den kleinen Beilagen wirklich erweichen, den Einzahlungsschein auszufüllen?

Luchs
Re: Der tägliche Angriff auf unser schlechtes Gewissen
geschrieben von ehemaliges Mitglied
... ich beachte solche Beilagen schon seit Jahren nicht mehr.
Das resultiert sicher aus der Tatsache, daß ich kein schlechtes Gewissen habe. Auf jeden Fall auf diesem Gebiet nicht ...
hafel
hafel
Mitglied

Re: Der tägliche Angriff auf unser schlechtes Gewissen
geschrieben von hafel
als Antwort auf luchs35 vom 19.12.2010, 15:15:33
@ Luchsi:

da stellt sich die Frage, wieso überhaupt ein schlechtes Gewissen aufkommt ? Ich denke, dass ein schlechtes Gewissen etwas mit Moral zu tun hat, wenn das eigene Handeln nicht mit den eigenen moralischen Grundsätzen in Einklang steht und andere Menschen involviert sind. Viele Menschen machen sich wegen einer Sache Selbstvorwürfe, die man erst los wird, wenn du dir selber verzeihen kannst. Das wissen natürlich auch die zahlreichen Organisationen ....... gerade vor Weihnachten.

Da Du Dir hier in diesem Fall kein Selbstverschulden zurechnest, so denke ich jedenfalls, wird Dir auch niemand ein schlechtes Gewissen "einreden" können.

Hafel



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Medea
Medea
Mitglied

Re: Der tägliche Angriff auf unser schlechtes Gewissen
geschrieben von Medea
als Antwort auf luchs35 vom 19.12.2010, 15:15:33
Es kommen ja auch noch die wirklich schönen Kalender dazu
und die Karten mit den Füßen oder dem Mund gemalt, die Bodelschwingschen Anstalten, die Kinderdörfer, das Christoffel-Blindenwerk, Brot für die Welt, Denkmalpflege, die kleinen Brüder und Schwestern und und und.

Gemessen an all diesem Elend geht es mir ja gut und tatsächlich regt sich da mein Gewissen, wenn da Adressenaufkleber oder schöne Weihnachts- und Neujahrskarten, Holzengelchen, Stoffsternchen beigefügt sind. Und ich bringe es nicht übers Herz, alles zu zerreißen, was da im Kasten lag. So spende ich doch jeweils 5 oder zehn Euro - gerade habe ich mal zusammengezählt, bis jetzt sind es 65 Euro.

Und dann denke ich, es macht mich nicht arm, ich habe mein Augenlicht und Hände und Beine, eine warme Stube, ein weiches Bett, mein Glas Wein, meine Rente - könnte, wenn ich wollte, aber ich will es ja nicht, jeden Sonntag mein Huhn im Topf haben, das war ja vor Jahrhunderten eine Forderung von Heinrich von Navarra für sein Volk und liebe Luchs, ein klein wenig auch ein beruhigteres Gewissen.

Und ich glaube, Weihnachten tut tatsächlich sein übriges rein von der Stimmung her dazu.


Medea.



luchs35
luchs35
Mitglied

Re: Der tägliche Angriff auf unser schlechtes Gewissen
geschrieben von luchs35
als Antwort auf hafel vom 19.12.2010, 15:35:02
Nein, Hafel, einreden lasse ich mir das schlechte Gewissen nicht. Aber trotzdem beschäftigt mich beim Empfang dieser Bitt-oder Bettelbriefe fast automatisch der Gedanke an jene Menschen, denen geholfen werden soll. Das hat vielleicht weniger mit "schlechtem Gewissen" zu tun als mit Mitgefühl, und an das wird ja von den Bittstellern appeliert. Mich stört dabei aber der Aufwand mit dem wertlosen Krimskrams , der damit verschickt wird, weil diese Kosten wiederum gerade jenen abgeht, die es nötig hätten.

Luchs
JuergenS
JuergenS
Mitglied

Re: Der tägliche Angriff auf unser schlechtes Gewissen
geschrieben von JuergenS
Ob man es einen Angriff nennen kann, weiss ich nicht, aber Hilfsorgaisationen haben halt die Erfahrung gemacht, dass Menschen um Weihnachten herum besonders weichherzig sind, viele, weil sie sich in dieser Zeit auch mal an eigene schlechtere Zeiten erinnern.
SElbst wenn sie damals keine Hilfe erfahren haben, so können viele heutzutage eher was erübrigen, tun es auch.
Mich erweichen die vielen "Angriffe" nicht, aber ich spende schon was, meist an Unicef oder den SZ-Advents-Kalender.

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luchs35
luchs35
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Re: Der tägliche Angriff auf unser schlechtes Gewissen
geschrieben von luchs35
als Antwort auf Medea vom 19.12.2010, 15:41:28
Medea, du sprichst es an. Manche dieser Karten oder Weihnachtsaufkleber sind manchmal auch hübsch. Überwiegend flattert aber sehr viel "Mist" ins Haus, das zuvor von den Organisationen angekauft wird- wenn auch nur im Centbereich.

Da ich nun mal die Welt nicht retten kann, bleibe ich bei meinen Spenden das ganze Jahr hindurch an ausgewählte Organisationen, die keinen Riesenaufwand betreiben, der erst einmal bezahlt werden muss.

Selbstverständlich bleibt es jedem überlassen, ob überhaupt und an wen er spenden will.

Mir geht es nur um den Appell ans schlechte Gewissen mit diesen kleinen nutzlosen Dingen, die dann weggeworfen werden.

Luchs



Felide1
Felide1
Mitglied

Re: Der tägliche Angriff auf unser schlechtes Gewissen
geschrieben von Felide1



wenn man auf sämtliche Bittbriefe und Werbungen, die zu den Feiertagen ins Haus flattern verzichten würde und statt dessen dieses Geld einer wirklich guten Hilfsorganisation spenden würde, käme ein nettes Sümmchen für Bedürftige zusammen.

LG Felide
bongoline
bongoline
Mitglied

Re: Der tägliche Angriff auf unser schlechtes Gewissen
geschrieben von bongoline
als Antwort auf luchs35 vom 19.12.2010, 16:00:42
Wenn ich bedenke, dass maximal 10 bis 15 % einer Spende einem wirklich guten Zweck zugeführt wird und der Rest in die Verwaltung des jeweiligen Hilfsvereins fließt, dann vergeht mir die Lust, mich gerade an Weihnachten erweichen zu lassen.

Wenn das Geld, das für diese Geschenkchen in den Kuverts, das Papier, das Porto, den Arbeitsaufwand, der ja auch entlohnt werden muss, gleich vorab in die Spendenkasse einbezahlt werden würde, dann würde ich auch mein Schärflein dazu beitragen, weil ich dann wüßte, dass mit Spendengeldern fürsorglich umgegangen wird.

bongoline


lalelu
lalelu
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Re: Der tägliche Angriff auf unser schlechtes Gewissen
geschrieben von lalelu
als Antwort auf luchs35 vom 19.12.2010, 16:00:42
Luchs, nachdem ich früher durch die damals noch überschaubare Zahl von Bettelbriefen dazu verleitet wurde, den meisten Bittstellern eine kleine Spende zukommen zu lassen, wurde die Anzahl der Bittsteller immer größer und hat inzwischen inflationäre Ausmaße erreicht. Es kommt mir so vor, als ob die Organisationen die Adressen untereinander weiter geben, in der Hoffnung, dass jemand, der schon öfter gespendet hat, das weiterhin tun wird.

Das hat mich dazu veranlasst, einen rigorosen Kurs einzuschlagen: ich reagiere auf keinen einzigen Bettelbrief mehr, ob er nun mit "Zugaben" garniert ist oder nicht. Stattdessen habe ich einen monatlichen und einen vierteljährlichen Dauerauftrag eingerichtet, mit denen ich zwei vertrauenswürdige Organisationen durch kleine, aber regelmäßige Beträge unterstütze.

Durch Geschenke bei mir eine Art Verpflichtungsgefühl zum Zurückschenken zu erwecken, funktioniert nicht. Frei nach Goethe: "Man merkt die Absicht, und man ist verstimmt". Es wäre wirklich gescheiter, die Bittsteller würden das Geld für die oft wertlosen Dinge in einen großen Topf werfen und den Bedürftigen direkt zukommen zu lassen.

Lalelu

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