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Plaudereien Deutsche Sprache und *Imponiergefasel.*

gerry
gerry
Mitglied

Deutsche Sprache und *Imponiergefasel.*
geschrieben von gerry

In der Kultur eines Volkes nimmt die Sprache einen ganz wesentlichen Platz ein. Diese Art Kultur, ist bei uns seit Jahren auf dem Rückzug.
Am 12. September letzten Jahres war "Tag der deutschen Sprache"!
Da wurde mal für einen Tag die deutsche Sprache - "die Orgel unter den Sprachen" (Jean Paul) auf den Sockel gehoben. Eigentlich sollten uns die Tränen in den Augen stehen.
Zum einen sind es die Pingeligkeiten der unseligen "Rechtschreibreform", die uns vorschreibt "Rad fahren" getrennt und Spagetti ohne "h" zu schreiben.
Zum anderen ist es die Kundenanbiederung der sogenannten "Marketingstrategen" mit Anglizismen, die mit "City Call", "Antiageingcreme" und "Coffe to go" mutwillig unsere Sprache verfremden und verhunzen. Und wieviele, die Schwierigkeiten mit der Deutschen - Ihrer Muttersprache - haben, verschanzen sich hinter Fremdwörtern, deren Sinn sie oft nicht begreifen, aus reinem Imponiergehabe...

Zur "Rechtschreibreform":
Hier gibt es eine Kuriosität, daß der "Deppenapostroph", also das Auslassungszeichen, das dort nicht hingehört, sogar im Duden legitimiert wurde.
So wurde verkündet,daß, wenn jemand ein Gewerbe eröffnet und ein Schild mit Genitiv anbringen will, wie "Willi's Grillstube", dies zulässig sei.
In deutschem Klartext:
Auf Gewerbeschildern dürfen Genitivauslassungszeichen gesetzt werden, obwohl sie sprachlich falsch sind. Hier muß die Frage nach dem Deppen neu gstellt werden.
Oder "ß" und Doppel "ss". Wieso ließ man es nicht, wie es war?
Nun schreibt man nach einem langen Vokal - wie Maß oder Straße - das "ß" und nach einem kurzen Vokal - wie Schluss oder Stuss - mit Doppel "ss".
Warum so kompliziert? Es wird doch eh bald wieder geändert...

Zu den Anglizismen:
Niemand wird auf die Idee kommen, englische Begriffe, wie "Job", "Trainer" oder "Doping", die nun schon zur deutschen Sprache gehören, in Frage zu stellen.
Doch wieso "Pay-TV" und "Spam"? Hier würden deutsche Begriffe, wie "Bezahlfernsehen" oder "unverlangte Werbung im Internet" - auch wenn sie länger sind - jedem Bürger verständlich sein.
Doch das Imponiergefasel wie "Servus-Point" (Auskunftstelle) bei der deutschen Bahn, "Customer Relationship" (Kundenbetreuung in der Wirtschaft) oder "Outdoor-Kleidung" (Straßenkleidung) im Schlussverkauf, das ist schon eine echte Sprachpanscherei.
Den Vogel hierbei schießt jährlich zu den Schlussverkäufen das Wort "Sale" ab.
Ganz sicher wissen die Kunden mittlerweile, dass die Ware zu dieser Zeit verbilligt verkauft wird. Nicht nur in Städten, die an der Saale liegen.
Eine große Warenhauskette schreibt wenigstens unter das Wort "Sale" das deutsche Wort "reduziert", obwohl es in Deutschland umgekehrt sein müsste.
Wo bleibt da nur das logische Denken?
Ob man in London oder New York ebensoviele Schilder in Deutsch findet: "Reduziert"?

Gegen dieses "Denglisch" wehrt sich der Verein Deutsche Sprache - dem auch der "Sprachpapst" Wolf Schneider, die Sängerin Edda Moser und der Frußballtrainer Otmar Hitzfeld angehören - mit aller Entschlossenheit!
Frankreich hat ein Gesetz zum Schutz seiner Sprache erlassen.
Wenn wir weiterhin den Imponierfaselern das Feld - unsere schöne deutsche Sprache - überlassen, wird es sie bald nicht mehr geben.
Wir werden uns dann aus einem Gebräu aus Denglisch und Türkendeutsch - "Hey krass Alda" - verständigen.
Und das im Land der "Dichter und Denker". Schade eigentlich...Aber Hoffnung macht immerhin das "Festival der deutschen Sprache" bei dem Lesungen bedeutender deutscher Schauspieler - Wie Gudrun Landgrebe und Axel Milberg, u.v.a. - im Goethe-Theater in Bad Lauchstädt vorgetragen wurden. Das soll weitergeführt werden und scheint ein Lichtblick in die Zukunft zu sein.

Ich wünsche einen schönen Tag
Gerry


kirk
kirk
Mitglied

Re: Deutsche Sprache und *Imponiergefasel.*
geschrieben von kirk
als Antwort auf gerry vom 23.06.2010, 14:20:32
Frag mal in einem Kaufhaus deiner Wahl, wenn da mal wieder das Schild "Sale" hängt, warum sie darauf aufmerksam machen müssen, daß es in ihrem Laden schmutzig sei
Sale bedeutet in der französischen Sprach schmutzig, schmuddelig, unflätig.
PeterMustermann
PeterMustermann
Mitglied

Re: Deutsche Sprache und *Imponiergefasel.*
geschrieben von PeterMustermann
als Antwort auf gerry vom 23.06.2010, 14:20:32
Hallo erstmal,

auch mir ist diese Englischvermehrung aufgefallen.

Leider, und das trotz vieler Jahre Englisch sind immer mehr Worte davon für mich neu.

Bei uns gibts meatings, afterwork partys und einen shuttle service.Seit einiger Zeit gibts bei uns auch E-learning . Und ich bin sicher, gerade jetzt in der Minute klopft schon das nächste Englisch Wort an.

Wo muss ich unterschreiben, damit das aufhört.

Sonst bekomm ich noch einen burn out.

Angenehmen Abend noch


Peter

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loretta
loretta
Mitglied

Re: Deutsche Sprache und *Imponiergefasel.*
geschrieben von loretta
als Antwort auf PeterMustermann vom 23.06.2010, 21:07:51


Ein meeting hat nix mit Fleisch zu tun .... oder manchmal doch?

Im Büro habe ich mindestens einmal pro Tag ein brain storming nötig, welches ich durch Unterbrechen der sitzenden Tätigkeit erreiche um im Stehen meine Gedanken zu ordnen und zu durchforsten, wodurch as Blut bessr zirkulieren kann.

loretta
loretta
loretta
Mitglied

Re: Deutsche Sprache und *Imponiergefasel.*
geschrieben von loretta
als Antwort auf PeterMustermann vom 23.06.2010, 21:07:51

Ein meeting hat nix mit Fleisch zu tun .... oder manchmal doch?

Im Büro habe ich mindestens einmal pro Tag ein brain storming nötig, welches ich durch Unterbrechen der sitzenden Tätigkeit erreiche um im Stehen meine Gedanken zu ordnen und zu durchforsten, wodurch as Blut bessr zirkulieren kann.

loretta
Re: Deutsche Sprache und *Imponiergefasel.*
geschrieben von ehemaliges Mitglied
Ja nun. Kultur.

Deutsche können von anderen Kulturen doch mehr übernehmen als ein paar Wörter.

Wie ware es mit der Gelassenheit der Portugiesen,
der Sorglosigkeit der Italiener
den Zusammenhalt der Ostvölker
der Trinkfestigkeit der Russen
der Höflichkeit der Engländer
...
(nur mal so allgemein pauschalen Vorstellungen gemäß hingelegt).

Warum nicht auch ein paar Wörter, Worte, Redewendungen, Sprachbrocken?
Da ist doch nichts dabei. Find ich gut.
Abgesehen davon, daß Sprachen in 300 Jahren sowieso ineinander ubergegangen sind. Alle reden Englisch.

Welche Nation hat schon ein so gewaltiges Projekt wie die Rechtschreibreform zustandegebracht.
Allerdings gewaltig unnötig.
Das soll Deutschland mit seiner in Stein gemeisselten Kultur erst mal einer nachmachen.

Deutsche haben nämlich die Uhren erfunden,
andere Völker haben aber die Zeit

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crystal
crystal
Mitglied

Re: Deutsche Sprache und *Imponiergefasel.*
geschrieben von crystal
als Antwort auf ehemaliges Mitglied vom 23.06.2010, 23:08:32

Deutsche haben nämlich die Uhren erfunden,
andere Völker haben aber die Zeit


Bedauerlich, dass es so ist. Das deutsche Volk ist so bedacht auf seinen Perfektionismus - nur was hab ich davon, wenn ich mich perfekt in meiner Sprache ausdrücken kann, aber niemand hört mir zu? Ich persönlich halte das Vermischen von Sprachen nicht für "Imponiergefasel" sondern einfach nichts anderes als das Ergebnis täglichen Erlebens.

crystalline Grüße



mradefeld
mradefeld
Mitglied

Re: Deutsche Sprache und *Imponiergefasel.*
geschrieben von mradefeld
als Antwort auf crystal vom 24.06.2010, 00:27:14
Wenn ich Leute ärgern oder einfach nur necken will, benutze ich gern konsequente Übersetzungen der englischen Ausdrücke, am liebsten aber die der "denglischen".
Wie wunderschön klingt doch "Saftladen" oder gar "Arschladen" statt der hochtrabenden englischen oder gar denglischen Bezeichnungen.
loretta
loretta
Mitglied

Re: Deutsche Sprache und *Imponiergefasel.*
geschrieben von loretta
als Antwort auf mradefeld vom 24.06.2010, 07:22:14
Bei dem Schlagwort "Imponiergefasel" geht es sicherlich nicht nur ums "Denglisch", sondern auch um die Jugendsprache, die sich von Generation zu Generation wandelt. Es wird sich immer mehr durch- und fortsetzen, dass sich die Jugendlichen in irgend einer Forma von den Erwachsenen abgrenzen möchten, was liegt da näher als die Sprache.

*********

In seinem Literaturbericht zur Jugendsprache unterscheidet Edgar Lapp fünf Phasen der Jugendsprachforschung:

- die Vorläufer: historische Studenten- und Schülersprache;

- die fünfziger Jahre: "Halbstarken-Chinesisch";

- die sechziger Jahre: "Teenagerdeutsch";

- die siebziger Jahre: "APO-Sprache", "Szene-Sprache" und "Schülerdeutsch";

- die achtziger Jahre: "Die große Vielfalt".



Es ist kein Zufall, dass die eigentliche Jugendsprachforschung erst nach 1945 ansetzt, denn durch die anglophonen Einflüsse boomte in den fünfziger Jahren eine eigenständige Jugendkultur, die sich gegen die Werte und Normen etablierter Erwachsenenkulturen stellte und weite Teile der Gesellschaft erfasste. Schon damals wurden das "Gezappel" und die "Niggermusik" ebenso kritisiert wie die immer stärker zunehmenden Amerikanismen. Kein Film drückt das Lebensgefühl der jugendlichen Subkultur der fünfziger und beginnenden sechziger Jahre besser aus als Die Halbstarken (1956) mit Horst Buchholz in der Hauptrolle. Seit dem Rock' 'n' Roll haben sich Jugendkulturen ihren Markt erobert und sind als Markt erkannt worden - seit dieser Zeit kann auch erst von einer Jugendsprachforschung gesprochen werden, die immer in sprach- und ideologiekritische Argumentationszusammenhänge eingebunden war. Zentraler Aspekt hierbei war und ist der immer wieder postulierte Sprachverfall durch die Jugend.


Jugendsprache und Jugendkultur

loretta
caya
caya
Mitglied

Re: Deutsche Sprache und *Imponiergefasel.*
geschrieben von caya
als Antwort auf loretta vom 24.06.2010, 10:14:20
....und weil sich immer noch keine geziemende Seniorensprache im Laufe der vielen Jahrzehnte entwickelt hat,

sieht sich mancher Senior gezwungen auf das Halbstarken-Deutsch oder die Szenensprache oder das Schülerdeutsch, oder auf die große Vielfalt der Jugend zurückzugreifen, NOTGEDRUNGEN!

Caya

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