Forum Politik und Gesellschaft Religionen-Weltanschauungen Sind religiöse Gesellschaften 'besser'?

Religionen-Weltanschauungen Sind religiöse Gesellschaften 'besser'?

Mareike
Mareike
Mitglied

Re: Nicht off topic
geschrieben von Mareike
als Antwort auf qilin vom 29.04.2013, 21:07:03
Eben nicht (nur) Opium für das Volk.

Dieser Tage verwies ich bereits auf:
http://de.wikipedia.org/wiki/Afroamerikanische_Religion_in_den_Vereinigten_Staaten

"Das Erweckungserlebnis, ein zutiefst individuelles Ereignis, das daher Autorisierung durch den weißen Klerus überflüssig machte, das jedoch in der (geheimen) Gemeinde verkündet wurde, war hier der wichtigste Punkt in der Biografie eines Gläubigen. Durch die Konversion zu Gott konnte die Gläubigen in der Religion eine Bestätigung ihres Werts als Menschen finden, die ihnen in der Alltagswelt als Sklaven verwehrt war. Statt offizieller Rituale und Predigten drückte sich der Glaube der Afro-Amerikaner in Geschichten, Liedern und eigenen Traditionen aus.

....

So konnten sie sich von der die Sklaverei bejahenden Religion der weißen Sklavenhalter abgrenzen. Strikte moralische Grundsätze wurden innerhalb der Gemeinschaft der Afro-Amerikaner vertreten, für das Verhalten gegenüber den Weißen konnten andere Maßstäbe gelten...."

Ja klar, es ist ein Abgrenzen, ein Suchen nach eigener Identität aber wichtig fürs Überleben (der eigenen Gruppe/Gesellschaft?).

Mareike
adam
adam
Mitglied

Re: Nicht off topic
geschrieben von adam
als Antwort auf qilin vom 29.04.2013, 21:07:03
Je komplizierte die Beweisführung für eine bloße Behauptung wird, um so unwahrscheinlicher wird die Behauptung.

Kausalität: Gibt es nicht.

Wechselwirkung: Nicht zu beweisen.

Außerdem widerspricht die Behauptung der eigentlichen Aufgabe/dem Gebot eines der angeblichen Faktoren, hier der Religion. Religion verbietet das Töten. Geschieht es in einer Gesellschaft dennoch in großem Maß, kann die Gesellschaft nicht religiös sein. Das ist Logik.

Wie kann es also zu der Annahme kommen, daß es eine Beziehung zwischen religiös und mordlüstern gibt? Der Rückschluß der Untersuchung von Paul ist widersinnig.

--

adam
qilin
qilin
Mitglied

Re: Nicht off topic
geschrieben von qilin
als Antwort auf Mareike vom 29.04.2013, 21:19:40
Eben nicht (nur) Opium für das Volk.

Dieser Tage verwies ich bereits auf:
http://de.wikipedia.org/wiki/Afroamerikanische_Religion_in_den_Vereinigten_Staaten

"Das Erweckungserlebnis, ein zutiefst individuelles Ereignis, das daher Autorisierung durch den weißen Klerus überflüssig machte, das jedoch in der (geheimen) Gemeinde verkündet wurde, war hier der wichtigste Punkt in der Biografie eines Gläubigen. Durch die Konversion zu Gott konnte die Gläubigen in der Religion eine Bestätigung ihres Werts als Menschen finden, die ihnen in der Alltagswelt als Sklaven verwehrt war. Statt offizieller Rituale und Predigten drückte sich der Glaube der Afro-Amerikaner in Geschichten, Liedern und eigenen Traditionen aus.
Du springst hier gern von einer Dimension zur anderen - dass das wichtig war für's (geistige) Überleben, ist klar, hat aber mit der (materiellen) Armut, mit der Du vorher argumentiert hattest, den 'ärmsten Ländern der Welt', nicht das Geringste zu tun - erinnert mich eher an den zynischen Arbeitgeber-Spruch der 60er Jahre "Erhöhe ihr Selbstbewusstsein, nicht ihr Löhne - das kommt billiger..."

() qilin

Anzeige

Mareike
Mareike
Mitglied

Re: Nicht off topic
geschrieben von Mareike
als Antwort auf qilin vom 29.04.2013, 21:36:54
Das ist zu kurz gedacht: Wenn das Selbstbewusstsein gestärkt ist (als eigene "Leistung") ist ein wesentlicher Schritt in Richtung selbstbestimmt leben getan.

Eine Antwort aus 'gutefrage-net' mit Null Zustimmungspunkten, die außerdem sich selbst widerspricht??? Aus derselben Antwort:
"Noch interessanter ist die Tatsache, dass die USA, die eines der reichsten Länder sind, etwa zwei Drittel der Amerikaner sagen, dass Religion eine wichtige Rolle in ihrem täglichen Leben spiele."


Zustimmungspunkte interessieren mich nicht.

Der Widerspruch ist kein Widerspruch, wenn die Geschichte berücksichtigt wird.
Die Religion der reichen Gesellschaften in den USA ist eine Rechtfertigungsreligion.

(Hierzu fällt mir Jane Elliott ein.
Hier der Thread dazu).

Mareike
qilin
qilin
Mitglied

Re: Nicht off topic
geschrieben von qilin
als Antwort auf adam vom 29.04.2013, 21:33:01
Außerdem widerspricht die Behauptung der eigentlichen Aufgabe/dem Gebot eines der angeblichen Faktoren, hier der Religion. Religion verbietet das Töten. Geschieht es in einer Gesellschaft dennoch in großem Maß, kann die Gesellschaft nicht religiös sein. Das ist Logik.
geschrieben von adam
Ganz einfach - lies das Alte Testament - nicht nur die zehn Gebote, sondern die 'Ausführungsbestimmungen' im Anschluss; lies den Koran, schau' Dir die Eroberung Lateinamerikas durch die Spanier, und die Indiens durch die Araber an - dann weißt Du was vom 'Tötungsverbot' zu halten ist...

() qilin
adam
adam
Mitglied

Re: Nicht off topic
geschrieben von adam
als Antwort auf qilin vom 29.04.2013, 21:59:54
Qilin,

die Bibel habe ich vor 42 Jahren zweimal durchgeackert und bin dann aus der Kirche ausgetreten. Seitdem habe ich die Bibel unzählige Male in der Hand gehabt, weil sie einfach interessant ist. In den Koran schnuppere ich immer wieder mal rein und einiges mehr, was Glauben und Religionen anbelangt.

Aber für diese Thema nicht mehr. Sorry, meiner Meinung nach ist es bereits "überdreht".

--

adam

Anzeige

silhouette
silhouette
Mitglied

Re: Nicht off topic
geschrieben von silhouette
als Antwort auf adam vom 29.04.2013, 22:16:41
Dann, adam,
bist du reif für "Keine Posaunen vor Jericho" von Finkelstein et al.
Ist zwar umstritten, wie bei diesem Thema nicht anders zu erwarten, und die Archäologen sind sich untereinander selten grün, aber es ist interessant zu lesen, wenn man das alte Testament gut kennt. Und es nimmt dir sämtliche Restillusionen.
circe
circe
Mitglied

Re: Nicht off topic
geschrieben von circe
als Antwort auf qilin vom 29.04.2013, 21:59:54
sage mal, hast du auch schon mal ein richtiges Buch gelesen???? So als Bibliothekar, der du doch sein willst!
Mareike
Mareike
Mitglied

Sind religiöse Gesellschaften 'besser'?
geschrieben von Mareike
Sind religiöse Gesellschaften 'besser'?

Solange es Gesellschaften (Mehrzahl) gibt, wird es Konflikte untereinander geben.

Zum besser oder schlechter könnte man mit Feuerbach argumentieren:

Ludwig Feuerbach im Revolutionsjahr 1848 in Heidelberg:
30 "Vorlesungen über das Wesen der Religion" :

"Der Zweck meiner Schriften, so auch meiner Vorlesungen, ist: die Menschen aus Theologen zu Anthropologen, aus Theophilen zu Philanthropen, aus Kandidaten des Jenseits zu Studenten des Diesseits, aus religiösen und politischen Kammerdienern der himmlischen und irdischen Monarchie und Aristokratie zu freien, selbstbewussten Bürgern der Erde zu machen."

"Und ein törichtes oder wenigstens unfruchtbares Bestreben ist es, die geschichtliche Wahrheit von den Zusätzen, Entstellungen und Übertreibungen der Einbildungskraft scheiden zu wollen. Es fehlen uns hierzu die historischen Mittel. Der Christus, der oder wie er uns in der Bibel überliefert ist - und wir wissen von keinem andern -, ist und bleibt ein Wesen, ein Geschöpf der menschlichen Einbildungskraft."

Feuerbach schildert dann, dass es gegen seine Behauptung, der geistige Gott der Christen sei nur ein Produkt menschlicher Einbildungskraft, massiven Protest gibt.

Hierzu wieder ein Zitat: "Gegen diese Behauptung haben die Gläubigen, insbesondere die Theologen, entsetzlich deklamiert und ausgerufen: Wie ist’s möglich, dass das eine bloße Einbildung sei, was Millionen soviel Trost gewährt hat, dem Millionen selbst ihr Leben aufgeopfert haben? Aber das ist gar kein Beweis für die Wirklichkeit und Wahrheit dieser Gegenstände. Die Heiden haben ihre Götter ebensogut für wirkliche Wesen gehalten, haben ihnen Hekatomben von Stieren, haben ihnen sogar das Leben, sei es nun ihr eigenes oder das anderer Menschen, aufgeopfert, und doch gestehen jetzt die Christen, dass diese Götter nur selbstgeschaffene, eingebildete Wesen waren. Was die Gegenwart für Wirklichkeit hält, das erkennt die Zukunft für Phantasie, für Einbildung. Es wird eine Zeit kommen, wo es ebenso allgemein anerkannt sein wird, dass die Gegenstände der christlichen Religion nur Einbildung waren....Es ist nur der Egoismus des Menschen, dass er seine Gott für den wahren, die Götter anderer Völker für eingebildete Wesen hält."

Und wieder wörtlich Feuerbach: "Denn sowie der Mensch seine Augen öffnet, sowie er ungeblendet durch religiöse Vorstellungen die Wirklichkeit ansieht, wie sie ist, so empört sich das Herz gegen die Vorstellung einer Vorsehung wegen ihrer Parteilichkeit, mit der sie den einen rettet, den anderen untergehen lässt, die einen zum Glück und Reichtum, die anderen zum Unglück und Elend bestimmt, wegen ihrer Grausamkeit oder Untätigkeit wenigstens, mit der sie Millionen von Menschen den grässlichsten Leiden und Martern unterworfen."

Er zählt dann noch weitere Gräuel auf, die die gesamte Menschheitsgeschichte durchziehen und meint abschließend: Es verträgt sich weit mehr mit einem wahrheitsliebenden Herzen, weit mehr selbst mit der Ehre eines Gottes, sein Dasein geradezu zu leugnen, als durch die schändlichen und albernen Kniffe und Pfiffe, welche die gläubigen Theologen und Philosophen zur Rechtfertigung der göttlichen Vorsehung ausgeheckt haben, sein Dasein (also das Dasein Gottes) kümmerlich zu fristen."

Feuerbach beklagt dann im Folgenden, dass dieser widerwärtige Widerspruch zwischen Religion und Bildung immer noch besteht und die Aufhebung dieses Widerspruchs die unerlässliche Bedingung der Wiedergeburt der Menschheit ist. Das sagte er vor 150 Jahren und das könnte er in unserer heutigen geistigen Situation - vielleicht mit kleineren Unterschieden - immer noch sagen.

Ähnliches gilt für seine Gedanken zu Religion und Politik, mit denen er die 24. Vorlesung beginnt. Da heißt es: "Ich für meinen Teil gebe keinen Pfifferling für politische Freiheit, wenn ich ein Sklave meiner religiösen Einbildungen und Vorurteile bin. Die wahre Freiheit ist nur da, wo der Mensch auch religiöse frei ist, die wahre Bildung nur da, wo der Mensch seiner religiösen Vorurteile und Einbildungen Herr geworden ist.... Wo daher die Menschen politisch frei, religiös unfrei sind, da ist auch der Staat kein vollkommener oder noch nicht vollendeter. ... Was aber ... die Glaubens- und Gewissensfreiheit betrifft, so ist’s allerdings die erste Bedingung eines freien Staates, dass ‚jeder nach seiner Facòn selig werden‘, jeder glauben kann, was er will. Aber diese Freiheit ist eine sehr untergeordnete und inhaltslose; denn sie ist nichts anderes als die Freiheit oder das Recht, dass jeder auf eigene Faust ein Narr sein kann."

"Mit diesen Worten, meine Herren, schließe ich diese Vorlesungen und wünsche nur, dass ich die mir in diesen Vorlesungen gestellte, in einer der ersten Stunden ausgesprochene Aufgabe nicht verfehlt habe, die Aufgabe nämlich, Sie aus Gottesfreunden zu Menschenfreunden, aus Gläubigen zu Denkern, aus Betern zu Arbeitern, aus Kandidaten des Jenseits zu Studenten des Diesseits, aus Christen, welche ihrem eigenen Bekenntnis und Geständnis zufolge ‚halb Tier, halb Engel‘ sind, zu Menschen, zu ganzen Menschen zu machen."

Das war vor 165 Jahren

Des Menschen Mühlen mahlen langsam.

Ich bin der Meinung: Die menschliche Einbildungskraft und die menschlichen Triebe werden uns mit und ohne Religion weiterhin sowohl Freude wie auch Mord und Totschlag bereiten.

Sorry, es ging nicht kürzer.

Mareike

http://www.ludwig-feuerbach.de/goetz.htm
silhouette
silhouette
Mitglied

Re: Nicht off topic
geschrieben von silhouette
als Antwort auf circe vom 29.04.2013, 23:01:47
sage mal, hast du auch schon mal ein richtiges Buch gelesen???? So als Bibliothekar, der du doch sein willst!

Oha, was wird das denn? Wird da zur Jagd auf den nächsten geblasen? Dabei empfehle ich, einen gebildeten, belesenen Menschen nicht zu unterschätzen. Das könnte in einer peinlichen Blamage enden.

Anzeige