Forum Politik und Gesellschaft Religionen-Weltanschauungen Was bedeutet für euch der Begriff 'Gott'

Religionen-Weltanschauungen Was bedeutet für euch der Begriff 'Gott'

marianne
marianne
Mitglied

Re: Was bedeutet für euch der Begriff 'Gott'
geschrieben von marianne
als Antwort auf ehemaliges Mitglied vom 24.06.2007, 09:09:27
Guten Morgen,
jede(r) soll(te) nur e i n mal schreiben, schrieb der Webmaster.
Ich finde aber soeben etwas in der Südwestpresse, was mich erstaunt, denn im April habe ich das nicht mitbekommen..

"Kurienkardinal Kasper wittert einen Skandal"
Als "Skandal" hat Kurienkardinal W.Kasper die Trennung der Kirchen bezeichnet. Die gegenseitige Anerkennung der Taufen dürfe kein Ruhekissen sein, sagte der im Vatikan für Ökumene zuständige Kasper:
"Sie muss uns aufrütteln, auf dem Weg zur vollen Einheit, zur Einheit am Tisch des Herrn entschlossen weiterzugehen..."
Er hat an einer oekumenischen Taufgedächtnisfeier teilgenommen.

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marieke
Re: Was bedeutet für euch der Begriff 'Gott'
geschrieben von ehemaliges Mitglied
als Antwort auf felix vom 24.06.2007, 17:56:26
Meine Eltern waren katholische Christen, meine Mutter lebte ihren Glauben, der Vater war zwar nicht ungläubig, aber er nahm nicht alles so genau.
Da mein Vater bei den Nazis verhasst war, gehörten auch wir 3 Kinder nicht zu ihren Lieblingen. Man wusste trotz „geheimer Abstimmung“, dass er in unserer Gemeinde die einzige Stimme gegen den Anschluss Österreichs an Deutschland abgegeben hatte. Auch hatte man ihn wegen Hörens von Auslandssendern für einige Zeit ins Gefängnis befördert, um ihn schließlich an die Front zu „begnadigen“. Wir wurden regelmäßig aus der Klasse gejagt, weil wir mit „Grüß Gott“ grüßten und nicht mit „Heil Hitler“. Da wir als Schulkinder nicht nur am Sonntag den Gottesdienst besuchten, sondern auch am Dienstag und Freitag vor dem Unterricht, war unser Ehrentitel „schwarze Brut“. Damit lernten wir schon als Kinder, wo wir hin gehören.
Bezugscheine bekamen wir keine, aber unser Pfarrer half, wo er konnte, mit seiner Hilfe bekamen wir wenigstens die Schuhe, die wir für den Winter unbedingt brauchten. Bis Allerheiligen mussten wir auf jeden Fall bei jeder Witterung barfuss unterwegs sein.
Das prägte mein Priesterbild. Ein Priester war für mich jemand, der für seine Überzeugung einsteht, weil wir öfters Zeuge wurden, wie SS-Männer den Pfarrer aus dem Pfarrhof abführten, um ihn zu verhören. Und wir wussten, dass wir in jeder Not zu ihm kommen dürfen, lieber hätte er auf etwas verzichtet, bevor er seine Hilfe versagt.
Nach der Volksschule kam ich in ein weit entferntes Heim, weil ich das Gymnasium besuchen wollte, und dies von zu Hause aus nur als Fahrschüler möglich gewesen wäre.
Die Schule war gut aber hart. Im Heim gab es meistens nur Schwarz- oder Weißmalerei, die Disziplin stand an erster Stelle. In den Nächten plage mich oft das Heimweh, oft spielte ich mit dem Gedanken einfach abzuhauen. An diesem Ort hatte ich es mit zwei Priestertypen zu tun. Die einen nur auf Disziplin und Einhaltung der Vorschriften aus, die anderen herzlich, weltoffen und bemüht, uns so zu erziehen, dass wir im Gewissen die einzig gültige Entscheidungsinstanz erkennen.
Anfangs war der Einfluss des „Gesetzeshüter“ dominierend, ihre Kälte bewirkte, dass ich mit zunehmendem Alter immer mehr auf Distanz zum Glauben ging. Mit Freunden gemeinsam bildeten wir eine Gruppe von „Rebellen“, die sich gemeinsam zur Wehr setzten, wo es nur ging. Durch häufige Grenzüberschreitungen schufen wir einen Ausgleich für die erlittenen Härten. Das Jahr vor der Reifeprüfung war das letzte an dieser Anstalt. Meine Freunde und ich wurden „zum Schutze der Angepassten“ eliminiert. Daher machten wir dann die Reifeprüfung an einer anderen Schule etwa 12 km weit weg und verbrachten das letzte Schuljahr auch in einem anderen Heim.
Ich hörte auf, den Glauben zu leben, sobald ich aus dem Heim weg und in eine neue Umgebung kam.

Ich kannte aber auch im privaten Bereich drei Priester, mit denen ich trotz meines Gesinnungswandels weiter Kontakt hielt, weil ich sie einfach als Menschen sehr schätzte. Ich bekam Einblick in ihr Leben, lernte die Probleme kennen, die die Seelsorge erschwerten und sah, welches Ausmaß an Verzicht von diesen Menschen geleistet wurde, um ihrer Berufung zu entsprechen. Ich bewunderte sie, zu mehr reichte es aber vorläufig nicht.

Mittlerweile begann ich mein Studium und begann schon nach dem ersten Studienjahr, die Ferien in der BRD zu verbringen, weil es dort für Werkstudenten die besseren Einkommensmöglichkeiten gab. Und dort kam nach mehreren Jahren die Stunde meiner gesinnungsmäßigen Umkehr. Ein Schlüsselerlebnis verbunden mit Gesprächen mit einer (nichtkatholischen) Christin lernten mich umdenken. Bis ich wieder so weit kam, dass ich mich zu bemühen begann, mein Leben nach meiner wieder gewonnen Überzeugung aus zu richten, dauerte es allerdings noch lange.
Lange klaffte Denken und Handeln auseinander, weil ich vieles nicht machte, was ich meiner Meinung nach hätte tun sollen, dafür aber vieles tat, was ich lieber hätte lassen sollen.

Eines Tages meldete ich mich zu dreitägigen Exerzitien an, die ein Kapuzinerpater, der sehr oft im ORF zu hören war, leitete. Der Mann war eine Wucht. Meiner Meinung nach hatte er die Gabe der Herzensschau, eine Gnade, die nur wenigen gegeben ist. Wir waren uns zum ersten Male begegnet, doch er fühlte, dass ich nach dem richtigen und für mich begehbaren Weg suchte.
Hier zog ich einen Schlussstrich unter mein vergangenes Leben und bemühte mich ab diesem Zeitpunkt wieder, meine Überzeugung zu leben und Denken und Handeln in Einklang zu bringen.

Was bedeutet Gott für mich?
Gott wies mir dadurch den Weg zu sich, dass er mir eine gläubige Mutter gab, die den Keim zum Glauben in mein Herz senkte.
Priestern, die um ein Wohlverhalten zu erreichen den bequemsten Weg wählten, indem sie statt die Menschen von der Liebe Gottes zu überzeugen lieber mit Strafen Gottes drohten, stellte er solche gegenüber, die vom Gott der Liebe predigten, die selbst Milde und Güte ausstrahlten und die immer zu helfen bereit waren.
Eine Fülle von Ereignissen zeigt mir, dass mich Gott mit Liebe und Fürsorge durch das Leben führt. Die harte Zeit in der Jugend schien auf einen Gott hin zu weisen, der nur nach Gesetzestreue verlangt, der Überblick über mein Leben sagt mir aber, dass er lange zuwartet, bis man zurückfindet und dass er auch auf seine hin und her irrenden Schäfchen nicht vergisst. Ich habe keine Bedenken, mein Schicksal in seine Hand zu legen. In der „Hand Gottes“ bin ich gut aufgehoben.
Im letzten Jahr schien es, dass eine Katastrophe unser Leben schlagartig verändern wird. Nicht nur wir selbst sondern auch einige Christen in zwei katholischen Foren bestürmten den Himmel mit ihren Gebeten, und seit einiger Zeit ist es klar, dass nicht ein Desaster über uns hereingebrochen war. Ein Mensch wäre ohne diese Situation wahrscheinlich heute schon tot und für zwei andere hätten nicht die Schritte eingeleitet werden können, die sie in eine bessere Zukunft führen. Ich bin dabei also nicht Opfer sondern Werkzeug, das wohl einiges an Energie und Einsatz etc. aufbringen muss, aber anderen erwächst dadurch Segen.
Und Ähnliches passierte in meinem Leben nicht nur einmal. Ein angebliches Unheil verwandelt sich nach einiger Zeit in Segen. Aber solange man die Zusammenhänge nicht erkennt, wehrt man sich auch gegen ein Geschehen, das dem Wohl dient.
Ich vertraue auf Gott, dass das auf mich zukommt, was für mich am besten ist.
Dabei kann man sich allerdings keine den Tod schon auf der Erde überwindende Wunder erwarten. Der eigene Tod lässt sich genau so wenig wie der von Angehörigen auf Dauer hinausschieben. Das zu erwarten wäre Unsinn und würde auch den Heimgang verhindern.

Natürlich sind das keine "Beweise" im naturwissenschaftlichen Sinn. Aber es ist meine Lebenserfahrung, dass auch schwer zu Ertragendes später einen Sinn erhält, weil Gott mich auf meinen Lebensweg begleitet und dort helfend eingreift, wo mein eigenes Können nicht ausreicht.

--
eirene
eko
eko
Mitglied

Re: Was bedeutet für euch der Begriff 'Gott'
geschrieben von eko
als Antwort auf ehemaliges Mitglied vom 24.06.2007, 09:09:27
Ich habe zwar schon vor einiger Zeit meine Einstellung zu dem Thema "Gott" hier kundgetan, aber wenn nun ein spezieller Thread dafür aufgemacht wurde, möchte ich noch einmal meine eigene, ganz persönliche Sicht dartun.

Als Kind und Heranwachsender habe ich all das gemacht, was man mir sagte. Ich bin in den Kindergottesdienst gegangen, weil mich meine Mutter dort hinschickte. Ich habe mich mit 14 Jahren konfirmieren lassen, weil das eben so üblich war und ich noch keine eigene Meinung hatte. Anschließend, nach dem Krieg, bin ich zur christlichen Pfadfinderschaft gegangen. Ich bin dann auch allein und ohne von jemandem dazu aufgefordert worden zu sein, Sonntags in den Gottesdienst gegangen. Über viele Jahre hinweg hatte ich Verbindung zum evangelischen Jugendwerk Württemberg.

Wenn ich in all den Jahren Menschen von Gott reden hörte, sei es, dass es Jugendleiter waren oder auch Pfarrer oder auch "normale" Leute, sah ich mich innerlich immer in der schwächeren, unterlegenen Position, denn ich konnte nicht mit d e r Überzeugung von Gott reden wie diese Leute und dann dachte ich immer, mir fehle da was.

Dann bin ich mit zunehmendem Alter auf die Suche nach Gott gegangen, habe alle möglichen Leute, vor allen Dingen Pfarrer, um ihre Meinung gefragt, wer denn Gott eigentlich sei und wie man sich ihn vorzustellen habe. Die Antworten waren für mich stets unbefriedigend. Ich spürte, dass, wenn ich so zu Gott betete, wie es diese "Superchristen" (so sah ich diese Leute immer) mir vormachten, dass es dann in mir selbst kein Echo, keine Regung, keine Antwort auslöste. Ich frug mich, ob ich zu dumm, zu einfältig oder was auch immer, sei. Glaubte, das Versagen läge an mir.

Mir kamen all die Fragen auf nach dem "richtigen Glauben". Wer hat ihn denn? Und welche Religion kann denn überhaupt für sich in Anspruch nehmen, allein zum richtigen Gott zu beten? Da gibt es die Christen und bei denen nicht nur Katholiken und Protestanten, sondern auch noch (was ich lange Zeit gar nicht wusste)alle möglichen Untergruppierungen. Dann all die verschiedenen Sekten, dann der muslimische Glaube mit Allah, der jüdische Glaube mit Jahwe, dann den Buddhismus uns was es nicht alles an asiatischen und sonstigen Göttern so gibt.

Und jeder glaubt, dass allein seine Religion die einzig wahre und richtige sei. Wie bitte sollte denn das alles zusammenpassen? Das stimmte doch hinten und vorne nicht!

Nicht zuletzt auch unter dem Einfluss meiner Lebenspartnerin, mit der ich seit 6 Jahren zusammenlebe, hat sich nun bei mir der Nebel über der Suche nach Gott und was man sich darunter vorzustellen hat, etwas gelichtet und ich glaube, nun d i e Formel dafür gefunden zu haben, die mir einigermassen zusagt und mit der ich nun ohne Gewissensbisse, dass ich nicht stündlich, täglich zu Gott bete und auch Kirchen nur noch ausserhalb von Gottesdiensten betrete, leben kann.

Mein Gott, an den ich glaube - und in diesem Zusammenhang bedeutet glauben, sich sicher zu sein - den habe ich in mir selbst. Mein Gott ist weder evangelisch, noch katholisch, weder jüdisch noch muslimisch. Gott ist eine Macht, eine Energie, die in mir selbst ist. Ich, und nur ich allein kann diese Energie zum Tragen bringen. Dazu gehört Vertrauen! Vertrauen dahingehend, dass man weiß, dass es diese Macht, diese Energie gibt und dass sie einem dann hilft, wenn man ihr vertraut.

Mein Gott, an den ich glaube, hilft mir. In anderen Zusammenhängen spricht man von einem "Talisman". Ähnlich ergeht es mir mit Gott. Weil er in mir selbst ist, ist er auch immer bei mir, er begleitet mich auf allen meinen Wegen, auch bei Autofahrten und anderen Dingen. Wenn ich sehe, dass bei einer Autofahrt z.B. es "gerade noch einmal gut gegangen" ist, dann ist dies für mich kein Zufall, sondern da hat mich mein Gott bewahrt.

Das bedeutet für mich nun keinesfalls, mich der trügerischen Sicherheit hinzugeben und anzunehmen, mein Gott wird es schon richten. So kanns nicht gehen! Wenn ich z.B. eine Autofahrt antrete, vor allen Dingen bei größeren Reisen, dann mache ich mir bewusst, dass ich bewahrt bin durch Gott, dass ich aber dennoch in meiner eigenen Aufmerksamkeit nicht nachlassen darf, denn für Leichtsinn ist Gott nicht zuständig.

Dass mein Leben endlich ist, wird mir mit zunehmendem Alter und zunehmenden gesundheitlichen Störungen mehr und mehr bewusst. War es Zufall, Schicksal, Kismet oder was auch immer, dass ich inzwischen 76 Jahre alt bin, ich weiß es nicht. Da bin ich auf meiner Suche nach der Wahrheit noch nicht weiter gekommen. Und auch auf all die Fragen, warum denn schon Säuglinge und dann Menschen in allen Altersgruppen sterben müssen, habe ich noch keine befriedigende Antwort bekommen. Der Hinweis, dass es jedem Menschen von vorneherein bestimmt sei, wie lange er leben wird, ist mir zu banal. Meine Partnerin versucht, mich von der Reinkarnation zu überzeugen. Auch da bin ich noch zu sehr skeptisch.

Ob es mir gelingen wird, in diesem Leben eine befriedigende Antwort auf alle noch offen stehenden Fragen zu bekommen, auch da bin ich skeptisch. Zunächst einmal bin ich sehr erleichtert, für mich auf die Frage "Was ist Gott" eine Antwort gefunden zu haben, mit der ich umgehen kann und mit der ich auch leben kann. Und zwar gut leben!!

Weil der Webmaster darum gebeten hat, hier nur seine persönliche Meinung einzugeben, will ich auch gar nicht über den Trugschluss sprechen, dass allein nur der menschliche Verstand das höchste Gut wäre. Ebensowenig über all die vielen ach so weisen Bibelsprüche, die da zuhauf gepostet werden. Da ist mir persönlich zuviel hohles Pathos drin.

Aber das ist alles eines jeden einzelnen Auffassung, die gilt es zu respektieren und zu tolerieren, hier sollte sich keiner über den anderen erheben. Es ist zu persönlich.
--
eko

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dmz
dmz
Mitglied

Re: Was bedeutet für euch der Begriff 'Gott'
geschrieben von dmz
als Antwort auf ehemaliges Mitglied vom 24.06.2007, 09:09:27
Ich war nachtraeglich 1951 getauft und im Alter von 14 Jahren 1953 konfirmiert worden.
Bin im Evangelischen Christentum aber nicht religioes heimisch geworden,
- spaeter aus der Kirche sogar wieder ausgetreten.
Ich bin weder 'irrend religioes glaeubig' noch 'religioes motiviert glaeubig' geworden.
Dennoch habe ich ein ausgepraegtes historisch begruendetes Interesse an Religionen;
- das wird ergaenzt durch meine psychologischen und philosophischen Interessen,
und ich bezeichne mich weder als Agnostiker noch als Atheisten.
/
Der Gottesbegriff ueberhaupt und im Monotheismus im besonderen
ist bekanntlich Ausdruck einer Wertevorstellung fuer das dem Menschen
unerklaerbare und unerkennbare (kosmische) Absolute.
Insofern steht der Gottesbegriff, soweit er nicht instrumentalisiert-naiv gedeutet wird
(Personalisierg, menschl.Ebenbild),
gar nicht mal im Widerspruch zu den Bemuehungen der Naturwissenschaft,
die letzten Fragen nach dem Entstehen und dem,
was den Kosmos zusammenhaelt, zu ergruenden.
Die deduktive Metaphysik der Religion als auch die induktive Metaphysik und Physik
auf der naturwissenschaftlichen Seite sind 2 verschiedene Methoden, die Welt zu erklaeren,
- die eine traditionell von weit her kommend, die andere modern wissenschaftlich.
/
Die Auseinandersetzung zwischen den Agnostikern, Atheisten und Theologen
hinsichtlich der Frage, ob es einen Gott gaebe, entsteht meiner Ansicht nach,
weil die Religion die 2-Welten-Vorstellung vom Diesseits und vom Jenseits angeboten hat,
- verbunden mit dem Erloesungsgedanken und der Auferstehung
in die letztere imaginaere Zweite Welt (rein spekulativ u. nicht nachweisbar).
Dieses Denkmodell ist im Zuge der Aufklaerung weitgehend unglaubwuerdig geworden
und wird sogar von vielen Kirchenmitgliedern nicht mehr ernstgenommen,
obwohl die beiden groszen christliche Kirchen noch rund 65% der Dtsch Bevoelkerung
zu etwa gleichen Anteilen (2x26,5 v. 82Millionen) auf sich vereinigen
(begruendet wg. Tauf-Routine u. Gewohnheitsverbleiben/Opportunismus).
/
Wenn Wissenschaftler -meistens am Ende ihres Lebens (juengst Carl-Friedr.v.Weizsaecker)-
den Theologen dahingehend entgegenzukommen scheinen,
dass sie eine transzendente Instanz fuer Entstehung und Zusammenhalt des Kosmos
in Aussicht stellen, weil sie die Antworten auf die letzten Fragen nicht gefunden haben,
so anerkennen sie damit m.E. nicht die 2-Welten-Phantasie,
dieses Wechselspiel von Erloesung und Auferstehung im religioesen Sinne.
Das kosmische transzendentale Etwas verliert durch das Bedenken
des scheinbar gelaeuterten Wissenschaftlers nicht den 'naturwissenschaftlichen' Charakter;
und letzteres kann ich nach Belieben auch mit einem Namen wie 'Gott' in Beziehung setzten.
Somit erziehle ich den Kompromiss zwischen Religion und Wissenschaft,
- den beiden verschiedenen Denkmodellen, die Welt zu erklaeren;
- in letzter Konsequenz: das unerklaerbare, nicht beweisbare,
unerkennbare scheinbar Verborgene zu interpretieren.
/
Gott ist tot (Friedr.Nietzsche 1844-1900)
Ich schmuecke diese These aufgrund meiner Erfahrung aus:
Wenn ich in eine christliche Kirche komme, empfinde ich die Atmosphaere einer Gruft.
F.N. laesst seinen 'Tollen Menschen' verzweifelt umherirrend nach 'Gott' suchen.
Das dominierende Symbol des Kreuzestodes draengt sich mir auf.
Wie sollte sich ein Mensch frei entfalten, wenn ihm von der Taufe bis zur Bahre
mittels religioeser 'Gehirnwaesche' das Todessymbol des gekreuzigten 'Gottessohnes'
als Bestandteil einer Leitlinie angeboten wird.
F.N. sinngemaesz: - die Lehre des Christentums ist lebensfeindlich.
Der transzente Gott ist fuer mich nicht existent; das vermeintlich 'Goettliche'
wirkt immanent in mir und durch mich als Phaenomen meiner natuerlichen Existenz.
/
Mir ist eine Aeuszerung anlaesslich eines TV-Forum der Evang-Luth Kirche (Kirchentag 2005)
in Erinnerung, auf dem von einem Pfarrer die Einzelmeinung angedacht worden ist,
die Gesellschaft zunehmend ohne Gottesbegriff zu betreiben;
- ausschlieszlich auf der Grundlage des aesthetisch-moralisch-ethischen Wertegeruestes,
- ohne Gottesbegriff, ohne Gottessohn und folglich auch
ohne die Gott-Bezogenheit der Bibelinhalte.
Meine Kritik bezieht sich einseitig auf den theologischen Bereich der Kirchen,
nicht jedoch auf deren caritative bzw. diakonische Leistungsbereiche.
MfGdmz.
Karl
Karl
Administrator

Re: Was bedeutet für euch der Begriff 'Gott'
geschrieben von Karl
als Antwort auf ehemaliges Mitglied vom 24.06.2007, 09:09:27
Ich bin in einem pietistischen Elternhaus aufgewachsen. Mein Vater war ein zutiefst gläubiger Mensch, der mit Überzeugung im CVJM und in der evangelischen Gemeinschaften Führungsaufgaben übernommen hatte. Prediger von Zeltmissionen und Wanderprediger, die einzelne Abende in der evangelischen Gemeinschaft gestalteten, waren regelmäßig unsere Gäste. In meiner Kindheit und Jugend habe ich viele, viele Stunden meines Lebens in "Gottesdiensten" zugebracht. Als bekennender "Zappelphilipp" habe ich immer sehnsüchtig auf das Ende des Stillsitzenmüssens gewartet, für mich war es in meiner Erinnerung immer ein großes Martyrium. Andererseits war ich bemüht, mich zu bekehren und diesen Punkt zu erleben, an dem "Christus" zu mir spricht und ich dann weiß, "ich bin ein Christ". Diese "Bekehrung" habe ich mir so intensiv gewünscht, schon um meinem Vater zu gefallen, dass ich mich öfters auch davon überzeugt hatte, dass es das wohl gewesen sein müsse. Ich weiß, dass ich meinen Vater eines Abends als er mich zu Bett brachte, enorm glücklich gemacht habe, weil ich sagte, dass ich mich "bekehrt" habe. Allerdings stellte sich bei mir nie diese Gewissheit ein, die bei anderen offensichtlich vorhanden sein musste, weshalb ich an der Qualität meiner "Bekehrung" schon bald wieder zweifelte. An Gott zweifelte ich natürlich nicht. Er war mir und meinen Geschwistern als eine allmächtige, allwissende und (glücklicherweise) allgütige Instanz nahe gebracht worden. Welches Kind stellt schon anfangs in Frage, was Vater und Mutter glauben.

Mein Vater war voller Sorge, als ich die Aufnahmeprüfung zum Gymnasium bestand. Er saß lange abends an meinem Bett und warnte mich vor den Anfechtungen, denen mein Glaube nun ausgesetzt sein werde. Er sollte Recht behalten. Schon in der Sexta (der ersten Klasse am Gymnasium) kam die Anfechtung in Gestalt meines Biologielehrers. Biologie sollte neben Sport eines meiner Schlüsselfächer werden und mein Selbstbewusstsein stärken. Ich war anfangs kein guter Schüler und die schlechten Noten in Englisch und Deutsch waren Tiefschläge und deprimierten mich. Mein älterer Bruder, der Germanistik studierte, entdeckte eines Tages mein Englischarbeitsheft. Ich hatte drei 6er (keine Schweizerzählung ) in Folge geschrieben, die Versetzung war ernsthaft gefährdet. Oh je, jetzt wurde mir erklärt, was Vokabeln sind und dass man die lernen muss.

Ich weiß, dass mein Biologielehrer beim Englischlehrer am Ende des ersten Schuljahres am Gymnasium ein gutes Wort eingelegt hat und so wurde ich mit einer gnädigen "Fünf" noch in die nächste Klasse versetzt. Dieser Biologielehrer war eine Wucht und er hatte (ganz im Gegensatz zum Englischlehrer) mich von der ersten Stunde an für sein Fach begeistert. Ich konnte alle Knochen vom großen Zeh bis zur Nasenspitze oder zu den Gehörknöchelchen aufzählen, aber nicht, weil ich das Auswendiglernen musste, sondern weil wir erklärt bekamen, warum die Knochen so sind wie sie sind, warum dies beim Hund anders ist etc. Ich war mit Feuereifer bei der Sache und begann jede Menge Biologiebücher zu verschlingen. Begeistert war ich vor allem vom Evolutionsgedanken. Die Verwandtschaft allen Lebendigen empfand ich als etwas Wunderbares. Ich sprühte vor Begeisterung für das neue Fach. Durch die Reaktion meines Vaters wurde mir klar, dass nun ein Problem bestand. Wie kann die biologische Sicht der Entstehung des Lebens mit dem Schöpfungsbericht zur Deckung gebracht werden, geht das überhaupt? Die nächsten Jahre waren eine ständige Auseinandersetzung mit dieser Frage.

Meinem Vater ist zugute zu halten, dass er nie laut wurde oder durch Druck versuchte, seine Meinung rüberzubringen. Er wollte überzeugen und so erlernte ich in Diskussionen mit ihm und auch mit Freunden, dass es möglich ist, völlig gegensätzliche Anschauungen zu haben und sich doch zu mögen. Die besseren Argumente hatte er nicht. Für mich war die Frage nach dem Schöpfergott sehr bald abgehakt, denn ich konnte nicht einsehen, wieso ein unerklärlicher Gott eine Erklärung für irgendetwas sein könnte. Wenn mein Vater sagte "Schau dich doch um, wie wunderbar alles aufeinander abgestimmt ist, da muss doch ein Schöpfer dahinter stehen", fand ich dieses Argument peinlich schwach. "Und - wie erklärst du dir dann die Existenz eines solchen allmächtigen Gottes?"

Es war sonnenklar, dass ein Schöpfergott das große Problem des Ursprungs und des Woher nur um eine Ebene nach hinten verschob. Nach dieser Erkenntnis verschwendete ich auf den Schöpfergott keine Energie mehr, er war ganz offensichtlich ein menschliches Konstrukt, um eine Wissenslücke zu stopfen. Die Auseinandersetzung mit dem christlichen Umfeld war damit aber nicht zu Ende, denn Schöpfer oder Nicht-Schöpfer ist schließlich nur eine theoretische Frage, das religiöse Umfeld reglementierte das tatsächliche Leben aber auf eine ganz direkte, hautnahe Art und Weise.

Bei den Gottesdiensten der evangelischen Gemeinschaft, die zusätzlich zur sonntäglichen Kirche mehrmals in der Woche stattfanden, saßen die Frauen auf der linken und die Männer auf der rechten Seite. Meine Schwester ging in den "Jungfrauen-Verein", ich sollte im Männerchor singen, mein älterer Bruder hatte im Posaunenchor "gedient". Es waren die frühen 60er Jahre, eine erste Aufklärungswelle rollte über die Republik, die Antibaby-Pille kam auf, die Zeltmissionare und Wanderprediger wetterten gegen die Sünde im allgemeinen und die Onanie im Besonderen. Ich wurde langsam für die Stellung meines Vaters im Dorf ein Problem, denn ich begann bei solchen Veranstaltungen, bei denen es üblich war, dass nach den Andachten sich verzückt bekehrte Menschen zu Jesus Christus bekannten, mich auch zu Wort zu melden und zu widersprechen. Ich sagte z. B. so unerhörte Dinge wie "Junge Leute, lasst euch nicht für dumm verkaufen, ihr werdet nicht krank, wenn ihr onaniert. Die "Stärke", die ihr angeblich verliert ist nichts weiter als ein anderer Name für eine stoffliche Substanz, die im Sperma enthalten ist. Ihr seid nicht böse und verderbt".

Ich selbst schrieb in dieser Zeit für mich einen Wendetext "Vom Schuldbewusstsein zum Selbstbewusstsein". Im Sport hatte ich zu dieser Zeit befreiende Erfolge. Ich gewann in der B-Jugend alle meine Mittelstreckenrennen, siegte auch bei den CVJM Bundes-Meisterschaften in Bonn über die 1000m und wurde vom immer noch gerade versetzten schlechten Schüler zum Klassenprimus. Dies alles hing zusammen und war mit dem eigenen Erwachen und dem Abschütteln der Erziehung zu Schuldbewusstsein gekoppelt.

Heute ist mir bewusst, dass ich dieser Erziehung und der Rebellion dagegen auch sehr viel verdanke. Erstens bin ich der festen Überzeugung, dass sich Söhne von ihren Vätern emanzipieren müssen. Zweitens ist mein Vater für mich auch heute noch Vorbild, denn er war kein Heuchler, er versuchte zu leben, was er predigte und ich empfinde in vielen Situationen die tiefe Verwandtschaft zu seinem Fühlen und Denken.

Ich sollte auch meine Mutter erwähnen. Sie war die dominierende Führungspersönlichkeit im Haus, aber keine intellektuelle Frau. Sie ging zu Gottesdiensten, "weil man das tut". An unseren Diskussionen über Gott und die Welt hat sie selten teilgenommen.

Wie ist mein Gottesbild heute? Ich mache mir keins mehr. Ich sehe, dass "Gott" noch bei vielen gebraucht wird, um der Sicht der Welt einen Sinn zu geben und ich toleriere das. Ich habe Biologie mit Schwerpunkt Genetik und Neurobiologie studiert. Für mich ist "Gott" ein Konstrukt von Gehirnen. Die allgemeine Funktion der Gottesvorstellung besteht wohl darin, dass hiermit ein "befriedigender" Abschluss der Sinnfrage für ein sonst am Leben verzweifelndes Gehirn gefunden werden kann. Dies befreit und setzt Kapazitäten für die Bewältigung der Alltagsprobleme frei. Warum sich Religiosität beim Menschen entwickelt hat und ob es hierzu Vorstufen im Tierreich gibt, halte ich für eine faszinierende Fragestellung.
eleonore
eleonore
Mitglied

Re: Was bedeutet für euch der Begriff 'Gott'
geschrieben von eleonore
als Antwort auf Karl vom 26.06.2007, 23:02:20
Gott -diese begriff war in meine Kindheit präsent.
Und das, trotz herrschenden Sozialismus.

Meine Mutter und ihre Schwester waren auf eine Nonnenschule, bei den Ursulinen.
Meine Großmutter war eine eifrige Kirchengängerin, mit alle katholischen Ritualen.
Ich wurde als Kind, falls wir im lande weilten, mitgeschleppt von Oma.

Es war eine merkwürdige Situation, nachhinein betrachtet.
Die Kommunismus betrachtete Religion als *Opium für den Volk*, trotzdem waren die Kirchen voll.
Es wurde eigenartige weise stillschweigend hingenommen von der Herrschenden.
Religions- unterricht gab es nicht, also schickte man die Kinder in private stunden, die meistens von Priestern oder ehemalige Nonnen abgehalten wurden, sozusagen in hinterzimmern.
Mit Bildchen von Heiligen als Belohnung.

Ich entkam meinem Schicksal nicht, und da Oma ein Machtwort sprach, musste ich auch hin.
Mein andere Großmama hielt sich raus, sie war da schon krank, und mea culpa, Protestantin.
Das meine Mutter, als Katholikin ein protestantische Mann geheiratet hat, war für Oma eine schande.
Ich wurde dann nach meine geburt, flugs katholisch getauft.

Die religions- unterricht hat mich lange in negativen sinn verfolgt.
Alles war auf der jenseits ausgerichtet, unser ganzes irdisches Dasein strebte danach, in Himmel zu kommen, wurde uns beigebracht.
Mein Vater, (Protestant) machte sich nichts aus Religion.
Er nahm sich viel zeit, mir schon als Kind, zusammenhänge zu erklären, und schmunzelte so manches mal, über meine kindliche Ängste, was Teufel und Hölle angeht.
Er nahm mir diesen angst.

Die Auslands-Aufenthalte mit meiner Mutter, haben in mir auch tausend Fragen aufgeworfen, was Gott angeht.
Da sah ich als Kind, dass die Leute auch gebetet haben, aber so anders als ich es gelernt habe, und hatten mitunter auch keine Kruzifixe, sondern anderen hilfsmittel.

Nach meinem unglücklichen Zusammenstoß mit dem Priester, vor meine Kommunion, war mein ganzer kindlicher Zorn entfacht, und ich hab mich geweigert, oma in Kirche zu begleiten.
(ich habe diese Priester die lüge bezichtigt, als ich beichten sollte. Ich hab ihm erklärt, er lehrte uns, Gott weiß und sieht alles, also muss ich ihm nichts erzählen, und weigerte mich standhaft zu beichten).
Dass ich trotzdem zu Kommunion durfte, hat oma ein schöne Stange Geld an Ablass gekostet.
Ab da hatte ich ernsthafte zweifel an der ganze Geschichte.

Später, als heranwachsende, und erwachsene, nahm ich mir zeit und mühe, mich mit Religionen auseinander setzen, was nicht immer einfach war.
Bücher waren schwer oder gar nicht zu bekommen, eine nette Bibliothekarin half mir sehr viel, und gab mir auch Bücher, die sie eigentlich gar nicht ausleihen durfte.
Ich wollte, und will heute noch verstehen, was die leute so in Bann zieht.

Sehr hilfreich war mein verstorbener Mann, der neben seinem Jurastudium auch mehrere Semester lang Theologie-vorlesungen besuchte.
Ich delektierte mich an seine umfangreiche Bibliothek, und er war ein sehr guter diskussions- Partner.

Unserem Kind ließen wir nicht taufen, was wieder etliche Omas und Tanten hellauf in entsetzten brachte.
Wir argumentierten: Jesus wurde auch als erwachsene erst getauft.
Mit Zähneknirschen wurde es hingenommen, aber immer wieder kamen die fragen, wie das Kind getauft wird, katholisch oder protestantisch.

Wir ließen unseren Sohn freie Wahl, ob oder überhaupt er es möchte.
Er entschied sich dann, mit 14, dass er zu Konfirmation möchte, und auch gleichzeitig getauft werden will.
So geschah es dann auch.
Ein junger Pfarrer gestaltete den ganzen sehr schön, da es in kleinem Dorf in Pfalz stattfand.
Vorher zerrissen die ganze Dorf gewittergänse die Mäuler, über unseren *heidnischen* Kind.
Der Pfarrer argumentierte vor seine taufe, mit den gleichen Worte, die wir auch immer sagten…….eben das Jesus auch als erwachsene getauft wurde.

Ich hab mit diesem jungen, sehr offen eingestellten Pfarrer auch so manche Abende heftig diskutiert, über Gott und glaube.
Ich rechne ihm sehr hoch an, dass er mich nie missionieren wollte, sondern mit vernünftigen Argumenten parierte.
Er konnte sogar meine Theorie, über die Entstehung von Gott und göttliche macht nachvollziehen, soweit ihm es erlaubt ist.

Ich bin nach wie vor der Meinung, dass Gott ein kopfgeburt der Menschen ist.
Wenn man überlegt, so ein Menschlein, grade runter vom Baum, sein denken fängt an zu erwachen.
Dann wird er mit Widrigkeiten, und wenn es noch so simple Sachen sind, wie Blitz und Donner, konfrontiert………so jemand muss Trost und Erklärungen suchen und finden.
Eine jahrtausende dauernde Entwicklung, mit pro und kontra, mit positive und negative auswüchse.
Aber dass ist nur meine meinung.

PS.
So ein heiligen bildchen von der Hl.Ursula hab ich heute noch.
--
eleonore

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carlos1
carlos1
Mitglied

Re: Was bedeutet für euch der Begriff 'Gott'
geschrieben von carlos1
als Antwort auf eleonore vom 27.06.2007, 07:57:39
Niemand kann beweisen ,dass es Gott gibt. Ebenso wenig kann bewiesen werden, dass es ihn nicht gibt. Trotzdem und gerade deshalb wird über Gott geredet, als wüssten wir viel über ihn.

Ich stelle mir vor, es gäbe ihn nicht. Dostojewskij fällt mir ein, der sagte, dass ohne Gott alle Dinge möglich seien. Nietzsche meinte, Gott sei tot. Tatsächlich wird nie so viel über Gott geredet wie heute, ebenso die Religion. das Religiöse ist "back again". Doch wer spricht schon von Nietzsche? Nietzsche ist tot. Als Gedanke ist Gott eine großartige Idee, damit ist er auch wirklich, hat Wirkung.

C.
greisi
greisi
Mitglied

Re: Was bedeutet für euch der Begriff 'Gott'
geschrieben von greisi
als Antwort auf carlos1 vom 27.06.2007, 10:03:16
Als Kind bleibt einem nicht viel anderes übrig als das Meiste irgendwie ernst zu nehmen was auch im Umfeld ernst genommen wird. Meine Eltern gingen mit uns Kindern an Weihnachten in die Kirche, weil es alle taten und vielleicht auch weil es so schön feierlich war.

In der Schule konnte jedoch kein einziger Religionslehrer die Widersprüche im Wortlaut zwischen Schöpfungsgeschichte und Kosmologie, moralischem Anspruch und (geschichtlicher) Realität, Allmacht Gottes und ins Auge springenden Misständen auch nur ansatzweise aufklären. Mit meiner gewohnheitsgemäss abgewickelten Konfirmation hatte ich auch den Glauben an irgend einen Relevanz von Religion abgelegt. Religion war für mich was für “die Deppen”.

Eine Jugendfreundin führte mich (neben anderem) in die Wonnen der Kunst ein. Sie zeigte mir, dass Kunst und Kultur eine eigene Welt mit eigenen Gesetzen und Kräften sind, die gleichwohl unser materielles Umfeld, das Verhalten und die Wahrnehmungsfähigkeit der Menschen massgeblich formen. Da ging mir auch ein Licht auf in Sachen Religion.

Wenn etwas im naturwissenschaftlichen Sinne nicht beschreibbar ist bedeutet dies nicht dass es nicht von Wert ist und keine Wirkung entfaltet. Was den Menschen am auffälligsten vom Tier unterscheidet ist seine Hinwendung zu dem was man geistige Welten nennen kann. Alles was wir aus der Geschichte wissen, bezog die Menschheit einen Grossteil ihrer Schöpferkraft aus dem Glauben an eine transzendente (soll heissen, über die materialle Realität hinausreichende), geistige Welt.

Wie diese transzendente Welt nun beschrieben wurde unterlag einem genauso grossen Wandel in der Geschichte wie die Lebenswirklichkeit der Menschen sich wandelte.

So ist es nur verständlich – man könnte auch sagen ganz richtig – wenn ein sehr schöpferisches Wesen - auf diesem Planeten Erde, in dieser Ecke des Universums ist das der Mensch - die es umgebende Welt als eine Schöpfung betrachtet. Wenn dieses Wesen auch noch in einem hierarchisch organisierten Umfeld sich entwickelt so sucht es konsequenterweise natürlich auch nach dem obersten Herren dieser Schöpfung – wir nennen ihn Gott.

Man kann viele solche Betrachtungen anstellen und kommt doch immer zu dem Schluss, dass Gott ein Bild ist. Im grotesken Widerspruch zur Forderung vieler Religionen sich kein Bild von Gott zu machen.

Doch der Glaube an Gott entfesselt in den Menschen Kräfte die zum staunenswerten Aufschwung ganzer Kulturkreise führen – aber später wenn die geistigen Inhalte schön langsam aber stetig von Priester/Pfaffen/Geistlichen mit eingebildetem und verblendetem Wortdebris zugemüllt wurden – zu ihrem Untergang führt.

Kann etwas was solche kraftvolle Wirkung entfaltet nicht existent sein? Wenn man Religion und Gott als eine hohe Kunstform betrachten kann, so lösen sich alle möglichen Wiedersprüche und Missverständnisse auf. Wenn man die Schöpfungsgeschichte wie ein Oper betrachtet. So kann man wieder staunen über die tiefe Einsicht die darin versteckt sein kann. Die Schöpfungsgeschichte beschreibt exakt den Stufenaufbau der Welt, phasenweise Entwicklung von einfachen Zuständen zu komplexen Strukturen. Von einfachen Organismen zu geistigen Wesen die auf die Worte der geistigen Welten hören (-und sie evtl missverstehen)

Heute sehe keinen Wiederspruch mehr zwischen Wissenschaft und Religion. Man muss nur beide mit der angemessenen geistigen Haltung betrachten.
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greisi
ingo
ingo
Mitglied

Es ist faszinierend..
geschrieben von ingo
als Antwort auf greisi vom 27.06.2007, 16:27:59
...wieviel (auch) hier über "jemanden" geschrieben wird, den es für viele nicht gibt. Ob wohl über jemand anderen als Gott (Allah) jemals soviel nachgedacht wurde?+++Kurz meine Vorgeschichte: Ich wurde kath. getauft und bin mit 12 Jahren zu den Evangelen konvertiert. Ich glaube uneingeschränkt an Gott; schon deshalb, weil ich keine Erklärung für den so komplexen "Ablauf der Welt" habe. Ereignisse, die für mich grausam und unfassbar sind, halte ich für "gottgewollt". Das eine oder andere schreckliche Ereignis in der Weltgeschichte oder in meinem Umfeld hat sich später sogar als "Sinn machend" herausgestellt; egal, ob es bis dahin 1 Jahr oder 100 Jahre gebraucht hat. Die Frage, wer, wo, wie Gott ist, stelle ich mir nicht mehr, weil sie stets in eine Sackgasse führt. Verdeutlichen kann ich das an folgendem Vergleich: Wenn ich mal das Glück habe, bei Dunkelheit unter einem riesigen klaren Himmel zu sitzen (war am schönsten in Melbourne....riesengross und klar.....und ich habe sogar ganz kurz den Grossen Wagen gesucht :o)))und mir die Sterne zunächst mit blossem Auge ansehe, weiss ich, dass es dahinter noch die Milchstrasse und andere Sterne gibt. Nehme ich mir dann das Fernglas und sehe, was dahinter ist, stelle ich mir noch die Frage: Und? Was kommt DAhinter? Und an dieser Stelle glaube ich einfach, dass das, was dahinter ist, unendlich-also ohne Ende ist; und wenn ich mich in die Gedanken nach dem Dahinter hingeben würde, käme ich nicht weiter; einfach, weil Unendlichkeit nicht vorstellbar ist. Und nun schliesse ich meinen Kreis: Gott ist für mich nicht vorstellbar; warum sollte er es auch sein; aber ich glaube, dass er hinter allem steckt. +++ Übrigens: Ich habe auch schon manches Mal mit Gott gehadert, was mich aber noch nie davon abgehalten hat, an ihn zu glauben....
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kreuzkampus
adam
adam
Mitglied

Re: Was bedeutet für euch der Begriff 'Gott'
geschrieben von adam
als Antwort auf ehemaliges Mitglied vom 24.06.2007, 09:09:27
Gott ist der, der im Leben die "Türchen" öffnet, durch die es weiter geht.
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adam

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