Forum Politik und Gesellschaft Religionen-Weltanschauungen Zum 70. Todesjahr Dietrich Bonhoeffers

Religionen-Weltanschauungen Zum 70. Todesjahr Dietrich Bonhoeffers

justus39
justus39
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Re: Zum 70. Todesjahr Dietrich Bonhoeffers
geschrieben von justus39
als Antwort auf Sirona vom 09.04.2015, 18:50:20
Danke für den Beitrag und dem Link zu dem beeindruckenden Abschiedsbrief von Klaus Bonhoeffer.
Es macht mich wütend und traurig diese vorbildlichen Menschen von primitiven Fanatikern ermordet wurden, und es macht sprachlos, dass auch heute wieder aufrechte Menschen diesem braunen Mob weichen müssen.

Auf dieses Gymnasium ging unsere Tochter und jetzt zwei unserer Enkel
justus
Sirona
Sirona
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Re: Zum 70. Todesjahr Dietrich Bonhoeffers
geschrieben von Sirona
als Antwort auf justus39 vom 09.04.2015, 20:01:52
Justus, dann hoffe ich dass Deine Enkel auch darüber aufgeklärt werden wer Bonhoeffer war.
Ich schreibe es deshalb, da mein 13-jähriger Enkel ein Schiller-Gymnasium besucht und noch nicht einmal wusste wer Schiller war. Im Foyer der Schule hängt ein großes Bild von Schiller, ich musste ihm erst sagen wer dieser Mann auf dem Bild ist.
Meine Frage, ob sein(e) Lehrer(in) bei seinem ersten Schultag in diesem Gymnasium über Schiller etwas erzählt hätte, verneinte mein Enkel.
Mein Sohn ist Lehrer und er bestätigte, dass der Lehrplan so eng gestaltet ist, dass für Dichtkunst kaum Zeit investiert werden kann. Ich finde es sehr schade dass nur sehr spärlich über die großen Denker und Dichter berichtet wird.
Wahrscheinlich kommt es aber auch auf die Schulleitung an, ob sie Wert auf solche Dinge legt. Meine anderen Enkel z.B. besuchen ein Geschwister-Scholl-Gymnasium und wurden sofort am 1. Schultag über diese Geschwister informiert.

Sirona
arno
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Re: Zum 70. Todesjahr Dietrich Bonhoeffers
geschrieben von arno
als Antwort auf Sirona vom 09.04.2015, 20:28:27
Moin,

Bonhoeffer war, wie unzähligen Sozialdemokraten und Kommunisteneinfach ein hoch anständiger und extrem mutiger Mann, der aus einer tiefen Überzeugung, gegen einen Unrechtsstaat aufbegehrte.
Seine Verbundenheit und seine "Heimatliebe" zu Deutschland hat er teuer bezahlen müssen.

Es muß erwähnt werden, dass die meisten kirchlichen Würdenträger
die Nazis in ihrem Vernichtungsfeldzug gegen die Juden unterstützten. Selbst die oberste Spitze des Vatikans, Papst Pius XII incl. seinem Umfeld gehörten dazu. Auch diese meinungsbildenden Persönlichkeiten haben ihre Kraft und ihren Fanatismus in ihrem Glauben gefunden.

Ein Kardinal war Aufseher eines Konzentrationslagers auf dem Nord-Balkan!

Es ist ein gewaltiger Irrtum, anzunehmen, dass der Glaube
hilfreich für die Problemlösung sein könnte, vielmehr ist der Glaube die URSACHE und/oder Untermauerung von Konflikten mit hunderttausenden Toten jährlich.


Gruß
arno

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Sirona
Sirona
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Re: Zum 70. Todesjahr Dietrich Bonhoeffers
geschrieben von Sirona
als Antwort auf arno vom 09.04.2015, 22:02:22
Arno, das ist Deine Meinung, die ich nicht ganz teilen kann.
Mein Thema handelte von einem Menschen, der aufgrund seines Glaubens im Widerstand gegen das Naziregime stand und deswegen umgebracht worden ist. Wenn Du Dich einmal mit Bonhoffers Beweggründen auseinandersetzen könntest, dann würdest Du erkennen, dass gerade die Dinge, die Du aufzählst, von ihm verurteilt worden sind.

Dass bei fast jedem Thema die Verfehlungen der Kirchen aufgezählt werden finde ich inzwischen langweilig. Wir alle sind diesbezüglich durchaus bestens informiert. Dabei werden die Schandtaten der Kirche mit dem Evangelium auf eine Stufe gestellt. Dass die eigentliche christliche Botschaft dadurch verraten worden ist, wird dabei nicht bedacht und alles in einen Topf geworfen. Das was im Laufe der Jahrhunderte geschehen ist, hat mit der eigentlichen christlichen Lehre überhaupt nichts zu tun. Hätte sich die Kirche an diese gehalten, niemals hätten diese Gräuel passieren können. Auch das hat Bonhoeffer bemängelt.

Außerdem sollte man echte Überzeugung nicht mit Fanatismus verwechseln, Bonhoeffer war alles andere als fanatisch. Oder ist jemand fanatisch der gegen Unrecht ankämpft?

Sirona
Klara39
Klara39
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Re: Zum 70. Todesjahr Dietrich Bonhoeffers
geschrieben von Klara39
als Antwort auf Sirona vom 10.04.2015, 08:11:03
Sirona, es gibt ja meiner Ansicht nach auch positiven Fanatismus! Wenn einer wie D.Bonhoeffer sogar sein Leben für seine Überzeugung riskiert, finde ich nichts Schlechtes daran.
Klara39
arno
arno
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Re: Zum 70. Todesjahr Dietrich Bonhoeffers
geschrieben von arno
als Antwort auf Sirona vom 10.04.2015, 08:11:03
Moin, Sirona,

die Liebe zu Deutschland war für den Schlesier Bonhoeffer der
Grund, aus dem sicheren Amerika nach Deutschland zurückzukehren.

Nicht seinen Glauben, sondern die Verbundenheit zu und mit
Deutschland, also seine "Heimatliebe", hat er teuer bezahlen müssen.


Meistens wird dies argumentativ verdreht in Foren angewendet

Mein Beitrag sollte schlicht verdeutlichen, dass der Glaube des
Bonhoeffers
und im Gegensatz dazu, der Glaube der Mehrheit
des deutschen Volkes, sowie der Glaube der meinungsbildenden
Kirchenführer
die jeweilige Einstellung und Handlungsweise
argumentiv untermauert haben.


Für Bonhoeffer, wie für seine Widersacher gilt nach wie vor:

Der Glaube ist ein Wahn und eine die Lebensführung
behindernde Überzeugung, an der der Glaubende der Unvereinbarkeit
mit der objektiv nachprüfbaren Realität unbeirrt festhält.


"Das, was im Laufe der Jahrhunderte geschehen ist", hat sehr wohl
mit der eigentlichen christlichen Lehre zu tun. Sie ist die Basis
des Glaubens mit deren Hilfe die schlimmsten Taten gerechtfertigt
wurden, gerechtfertigt worden sind und gerechtfertigt werden!


Aber eine kritische Auseinandersetzung mit dem Glauben scheint
bei geprägten Gläubigen nicht möglich zu sein.

Gruß arno

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justus39
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Re: Zum 70. Todesjahr Dietrich Bonhoeffers
geschrieben von justus39
als Antwort auf Sirona vom 10.04.2015, 08:11:03
Dass bei fast jedem Thema die Verfehlungen der Kirchen aufgezählt werden finde ich inzwischen langweilig. Wir alle sind diesbezüglich durchaus bestens informiert.

Sirona

Die Verfehlungen der staatlichen Institutionen stehen hinter den Fehlern kirchlicher Einrichtungen nicht zurück, sie werden nur nicht so gebetsmühlenartig bis zur Grenze des Erträglichen wiederholt. Wahrscheinlich will man damit von den umfangreicheren Vergehen des Staates ablenken.

Eigenartigerweise tut man sich auch gerade in Deutschland schwer damit, den aktiven Kampf der Pfarrer und intellektuellen Theologen gegen den Hitlerfaschismus anzuerkennen.
Inzwischen wird aber auch der Pfarrer und promovierte Theologe Dietrich Bonhoeffer international als Märtyrer des 20. Jahrhunderts gewürdigt.

In London finden wir ihn in einer Skulpturenreihe an der Westwand der Westminster Abtei neben den Märtyrern Maximilian Kolbe, Manche Masemola, Janani Luwum, Großfürstin Elisabeth von Russland, Martin Luther King, Óscar Romero, Esther John, Lucian Tapiedi und Wang Zhiming

justus
Sirona
Sirona
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Re: Zum 70. Todesjahr Dietrich Bonhoeffers
geschrieben von Sirona
als Antwort auf arno vom 10.04.2015, 09:17:47
Bonhoeffer wurde einmal gefragt:
Wenn du die Möglichkeit hättest, Hitler umzubringen, würdest du das tun? Wie kann man als Pastor jemanden umbringen, auch wenn er noch so böse ist? Bonhoeffer hat gesagt: Ja. Wenn ich auf einer Straße mit vielen Menschen bin und ein Verrückter fährt die Menschen um, was muss ich dann tun? Muss ich da als Pastor die Toten segnen und den Sterbenden helfen, oder muss ich versuchen, auf das Auto aufzuspringen und den Verrückten zu stoppen, auch wenn das mein oder sein Leben kostet?"
Dietrich Bonhoeffer hat die Antwort auf diese Frage mehr als einmal gegeben: Man muss dem Rad in die Speichen fallen. Dafür bezahlte er vor 70 Jahren im Konzentrationslager Flossenbürg mit seinem Leben.


Diese Haltung würde ich nicht als Fanatismus deuten, denn dieses Wort „Fanatismus“ hat immer einen faden Beigeschmack. Ich würde eher sagen, dass Bonhoeffer große Menschlichkeit und auch Verantwortung gegenüber seinen Mitmenschen auszeichnete.

Es mag sein dass Bonhoeffers Liebe zu seiner Heimat ausschlaggebend war für seine Rückkehr nach Deutschland, aber vielmehr hat ihn die Sorge um seine Familie und Freunde dazu bewogen, da er ihnen in diesen schweren Zeiten beistehen wollte. Er hat nicht an seine eigene Sicherheit gedacht.

Sirona
justus39
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Re: Zum 70. Todesjahr Dietrich Bonhoeffers
geschrieben von justus39
als Antwort auf arno vom 10.04.2015, 09:17:47
Aber eine kritische Auseinandersetzung mit dem Glauben scheint
bei geprägten Gläubigen nicht möglich zu sein.

Gruß arno
geschrieben von arno

Mit jemanden, der überhaupt nicht weiß was Glaube für einen Menschen in Not bedeutet, welche Kraft und Stärke er verleihen kann und wie er in einer scheinbar hoffnungslosen Lage Trost und Hoffnung spendet, mit dem ist es auch völlig sinnlos, darüber eine Diskussion zu versuchen.
Da finde ich bei einem Blinden, mit dem ich mich über Farben unterhalte, mehr Verständnis.

Wer an nichts glaubt, verzweifelt an sich selber.

Johann Wolfgang von Goethe
(1749 - 1832)
deutscher Dichter der Klassik,
Naturwissenschaftler und Staatsmann


justus
Sirona
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Re: Zum 70. Todesjahr Dietrich Bonhoeffers
geschrieben von Sirona
als Antwort auf justus39 vom 10.04.2015, 09:31:37
Justus, gut dass Du es erwähnst. Von Gegnern der Christenheit werden stets die Schandtaten der Kirchen aufgeführt, während sie Frevel vieler Staatsmächte noch nicht einmal Erwähnung finden. Es ist nicht abzustreiten dass die Kirchen im 3. Reich versagt haben, aber verursacht hat diese entsetzlichen Geschehnisse letztendlich die staatliche Obrigkeit.

Sirona

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