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Soziales Umgang mit den alten Eltern

usabima
usabima
Mitglied

Umgang mit den alten Eltern
geschrieben von usabima
Guten Tag zusammen,

meine alten Eltern machen mir große Sorgen:

Sie werden in diesem Jahr 90 Jahre alt, führen seit 67 Jahren Krieg gegeneinander und leben mit etlichen Hilfen noch in ihrer eigenen Wohnung. Beide sind ziemlich krank und sehr hilfsbedürftig.
Ich gebe mein Bestes, aber es wird immer schwerer, denn es ist für mich aufgrund der Vergangenheit reine Pflichterfüllung, leider kein Bedürfnis. Außerdem bin ich selbst Erwerbsunfähigkeitsrentnerin.

Meine Mutter kann (will?) schon lange nicht mehr laufen, braucht einen Rollstuhl (den wir ihr vor einigen Jahren auch gekauft haben) Mein Vater wird dement, ich muss ihn zu allen Arztbesuchen begleiten, damit er beim Ohrenarzt nicht von seinen Kramnpfadern und beim Hautarzt nicht von seinen Augen berichtet und dann zu Hause jammert, daß ihm niemand hilft.

Mein Vater ist schon lange sehr depressiv, besonders im Winter, eigentlich schon immer und es wurde immer intensiver, seine Selbstmordgedanken waren kaum auszuhalten - so hat er endlich von einer Neurologin ein Antidepressivum verordnet bekommen, dass er nicht immer regelmäßig nahm, obwohl es die häusliche Situation sehr entspannte, als er das Medikament bekam.

Wir waren dann bei der Ärztin, die ihm nochmals alles in ausfühlicher Ruhe erklärte und er versprach, das Medikament doch weiter zu nehmen. Das ging ein paar Monate auch ganz gut. Er war auch besser ansprechbar, vergaß nicht mehr so viel, alle fanden es hilfreich, daß er in Behandlung war und die Medikamente nahm.

Nun las er zum xten-Mal den Beipackzettel, verstand wieder etwas völlig falsch und nun will er es gar nicht mehr nehmen, denn was wir ihm zu erklären versuchen, ist selbstverständlich alles falsch, nur er allein weiss alles richtig - (er hat ein paar Pickel bekommen - die Saslbe, die der Hautarzt verschrieb, half nicht SOFORT, es dauerte drei Wochen, aber solange darf das nach seiner Meinung nicht dauern, das ist ihm zu viel, so lange zu warten. Da die Pickel nur von DIESEM Medikament kommen KÖNNEN, wie er meint, hat er die Pillen nun einfach abgesetzt. Seine Aggressivität ist schlimm!)

er hat sie wirklich von sich aus einfach abgesetzt, weigert sich, je weider zu dieser Ärztin zu gehen, die ist ja dumm, dennoch klagt er über Beschwerden, meint, er sei doch nicht verrückt, wird ganz oft ziemlich aggressiv, weint dann aber auch wieder(was mich zutiefst berührt und auch gleichzeitig lähmt)

Augenblicklich ist die Situation so, daß er "sich nicht entmündigen" lässt, daß er sich nicht "von einer verantwortungslosen Ärztin krank machen und am Ende töten lässt", er will lieber heute als morgen sterben, geht aufs Hochhaus und springt runter, wir werden schon sehen......

Er ist nicht ansprechbar, wir können reden, was wir wollen, er hört nicht hin, wiederholt seine
"Sprüche" und ich bin am Verzweifeln, zumal ich noch anderweitige (ehrenamtliche) Verpflichtungen habe, die ich erfüllen muss, ich kann nicht rund um die Uhr "Händchen halten" und ich will das auch nicht, ich denke, ich darf auch mein eigenens Leben noch führen.

Doch was soll ich tun? Ich möchte, daß es den beiden gut geht - das werde ich nie erreichen, denn
sie hassen sich und machen sich gegenseitig das Leben schwer, wo immer sie es können (und, das dürfen sie mir glauben, in 67 Jahren haben sie das bis zur Perfektion zu praktizieren gelernt)

Wenigstens die Versorgung soll doch aber stimmen, dazu gehört, daß sie auch die medizinische Hilfe erhalten, die sie benötigen - aber was mache ich, wenn sich mein Vater weigert, zum Arzt zu gehen?
Er weigert sich auch, einen Gehstock zu benutzen, kann aber wirklich nur noch schlecht laufen. Er ist ansich die Unvernunft in Person.

Viele meiner Freunde (meine Eltern haben keine Freunde, hatten nie welche) meinen, ich sollte den Kontakt völlig abbrechen, sie allein machen lassen, aber das ist für mich kein Weg.

Wie gehen andere mit solch einer Situation um?

Ich weiss, daß gerade alte Menschen viel Kontakt brauchen, aber es ist für mich immer eine Qual, denn wenn ich da bin, sind sie beide an NICHTS interessiert. Berichte ich mal von mir und/oder von dem, was ich erlebe, dann kommt kaum Resonanz, allenfalls Kritik, meist gehen beide sofort dazu über, die "Sündenregister" des Partners runterzuleiern, von mir eine Stellungnahme zu fordern - schlimm.

Nebenbei machen sie allerhand "Unsinn" mit dubiosen Bestellungen, unangemessenen Beschwerdebriefen, alles Dinge, die ich dann wieder (zeitaufwändig) gradebiegen muss - ich weiss grad nciht so recht weiter, will nicht in Selbstmitleid verfallen, aber doch einen Weg finden, mit dem wir alle gut leben können - natürlich kommt ein betreutes Wohnen NIEEEEEMALS für sie in Frage, allerdings würde mein Vater 90 Jahre!) immer wieder gern ausziehen, meine Mutter allein lassen - doch brauchen sie sich auch irgendwie, denn mein Vater würde z.B. niemals etwas essen, was ich gekocht habe, ne, er meint, ich kann gar nicht richtig kochen u nd ich verwende "abartige" Zutaten.

So könnte ich noch Seiten füllen - das kanns nicht sein, also nochmals meine Frage: Wer hat ähnliche Erfahrungen und welche Möglichketien habe ich das nötige zu tun, ohne auf der Strecke zu belieben?
Gruss

usabima
sissismam
sissismam
Mitglied

Re: Umgang mit den alten Eltern
geschrieben von sissismam
als Antwort auf usabima vom 29.04.2009, 14:16:45
oh,oh, da habe ich immer gedacht, ich hätte es schwer!
mein vater inzw,95 j und pflstufe 3 lebt seit bald 8 jahren bei mir.
inzw. ist er bettlägerig und redet kaum noch.
aber wie er noch beweglicher war, war eigentlich das einzige was er von sich gab (so wie bei dir auch) kritik. dies war falsch, das wollte er nicht..kennste ja.
in den ganzen jahren nicht ein gutes wort. wenn die katze oder der hund in sein zimmer gingen hat er mit ihnen geredet und sich gefreut, wenn ich reinkam hat er kaum aufgeblickt. und wenn ich was erzählt habe kam selten eine antwort. so wurde es im laufe der zeit hier immer ruhiger.
da ist im laufe der jahre eine menge wut entstanden die man runterschlucken muss, was nicht immer einfach ist.
auch mir hat man schon geraten, ihn doch in ein pflegeheim zu geben.
aberich sehe das wie du (kontakt abbrechen), ich weiss nicht, wie ich damit leben könnte. und schliesslich ist er mein vater, der früher auch einiges für mich getan hat.
so richtig konkrete vorschläge habe ich leider nicht für dich. das einzige wäre vielleicht, dass du dich mal bei der caritas erkundigst und beraten lässt. die kennen sich mit solchen situationen aus und helfen gerne.
wünsche dir weiterhin viel kraft
liebe grüsse



--
sissismam
Drachenmutter
Drachenmutter
Mitglied

Re: Umgang mit den alten Eltern
geschrieben von Drachenmutter
als Antwort auf usabima vom 29.04.2009, 14:16:45
Dazu habe ich Dir eine PN geschrieben, denn darüber schreibe ich nicht so gerne öffentlich.

LG,
--
woelfin

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olga64
olga64
Mitglied

Re: Umgang mit den alten Eltern
geschrieben von olga64
als Antwort auf Drachenmutter vom 29.04.2009, 14:52:36
Mein Bruder und ich haben unsere kürzlich verstorbene Mutter (92 Jahre alt) schon vor ca 8 Jahren, als sie nicht mehr allein leben konnte, in ein gutes Pflegeheim gegeben. Eine persönliche Pflege wäre uns nicht möglich gewesen, da wir zum einen beruflich stark eingespannt sind und waren und ausserdem nicht in München wohnten, wo meine Mutter von Geburt an lebte.
Auch ein Delegieren z.B.an Ehefrauen oder (-männer) empfanden wir als nicht realisierbar. Das Pflegeheim wurde durch eine geringe Rente inkl. Witwenrente meiner Mutter plus Pflegeversicherung finanziert; den Differenzbetrag von ca 1000.-- Euro bezahlten mein Bruder und ich.
Meine Mutter, die bis zum Schluss geistig sehr fit war, fühlte sich bis zu ihrem Ende in diesem Heim sehr wohl; sie lebte in einem 1-Zi-App. mit Blick auf den Garten. Das Personal war nett und geduldig und nicht unterbezahlt, worauf wir grossen WErt legten.
Ich glaube, dass es besser ist, so mit seinen alten Eltern zu verfahren als z.B. Pflege selbst zu übernehmen und dann sind am Ende alle Beteiligten total frustriert. Dies macht dann sicher auch die Zahlung der Pflegeversicherung nicht wett und ist ausserdem nicht mehr durchführbar, wenn Mann und Frau anspruchsvoll berufstätig sind.
Dann lieber den finanziellen Anteil an Profis leisten.
--
olga64
Re: Umgang mit den alten Eltern
geschrieben von ehemaliges Mitglied
als Antwort auf olga64 vom 29.04.2009, 16:46:31

Unser Hausarzt, den ich zu einem ähnlichen Fall mal befragt hatte, war der Meinung, daß
"Kinder" durchaus das Recht hätten, ein eigenes Leben zu führen. Selbst wenn man einen Elternteil
oder Beide in ein Heim bringt - aus welchen Gründen auch immer -, so soll das "Kind" niemals!!!
ein schlechtes Gewissen haben.

Er war und ist der Meinung, daß ab einem gewissen Alter (fit hin oder her...) die Eltern stur und
dickköpfig werden und uneinsichtig sind.

Man soll sich darüber hinweg setzen, wenn man nicht selbst vor die Hunde gehen will.

Bei uns stellte sich das Thema dann nicht mehr - vor unserer Entscheidung starb mein Vater überraschend
schnell zuhause.



karin2
olga64
olga64
Mitglied

Re: Umgang mit den alten Eltern
geschrieben von olga64
als Antwort auf ehemaliges Mitglied vom 29.04.2009, 17:06:01
Völlig richtig - die Pflege der Eltern geschieht oft nicht ganz uneigennützig: die Zahlungen der Pflegeversicherung und oft noch die Renten der alten Menschen werden genommen, um z.B. das Einfamilienhaus abzubezahlen. Wieviel Frust sich hier auf allen Seiten aufbaut - oft werden alte Menschen, weil sie schwierig wurden oder sind, auch noch geprügelt oder schlecht oder gar nicht mehr ernährt. Auch hier gibt es eine Dunkelziffer (logischerweise spricht keiner darüber) und die Totenscheine für die alten Menschen und deren Gründe für das Ableben werden sehr oft nicht gründlich kontrolliert.
--
olga64

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usabima
usabima
Mitglied

Re: Umgang mit den alten Eltern
geschrieben von usabima
als Antwort auf olga64 vom 29.04.2009, 17:13:25
Guten Abend und Euch allen lieben Dank für Eure Postings - besonders was sissismam so schreibt, ist mir ein Trost - es könnte ja noch viel schlimmer kommen, doch nein, bei mir aufnehmen kann ich aus räumlicher Enge keinen der beiden und so bleibt mir das erspart und ich kann vor sissismam nur große Hochachtung haben und ich wünsche ihr alle Kraft der Welt, die da wohl nötig ist....

Wie hilfreich für mich, daß ich gehen kann. Ein Schutz für mich.

Ja und dann das von karin2 erwähnte "Recht auf Verwahrlosung" - am Ende bin (und das überlege ich ernsthaft!) ich diejenige, die nicht loslassen kann? Schwierig, schwierig.....



usabima
usabima
usabima
Mitglied

Re: Umgang mit den alten Eltern
geschrieben von usabima
als Antwort auf olga64 vom 29.04.2009, 17:13:25
Guten Abend und Euch allen lieben Dank für Eure Postings - besonders was sissismam so schreibt, ist mir ein Trost - es könnte ja noch viel schlimmer kommen, doch nein, bei mir aufnehmen kann ich aus räumlicher Enge keinen der beiden und so bleibt mir das erspart und ich kann vor sissismam nur große Hochachtung haben und ich wünsche ihr alle Kraft der Welt, die da wohl nötig ist....

Wie hilfreich für mich, daß ich gehen kann. Ein Schutz für mich.

Ja und dann das von karin2 erwähnte "Recht auf Verwahrlosung" - am Ende bin (und das überlege ich ernsthaft!) ich diejenige, die nicht loslassen kann? Schwierig, schwierig.....



usabima
schorsch
schorsch
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Re: Umgang mit den alten Eltern
geschrieben von schorsch
als Antwort auf usabima vom 29.04.2009, 14:16:45
Hast du dir schon mal Gedanken darüber gemacht, dass deine Eltern, würden sie sich nicht immer wieder diese Kleinkriege führen, schon lange tot sein könnten? (

--
schorsch
usabima
usabima
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Re: Umgang mit den alten Eltern
geschrieben von usabima
als Antwort auf schorsch vom 30.04.2009, 10:49:22
Hallo,

ja, ein Professor für Psycho"kram" sagt immer, daß böse Menschen länger leben und all der (unnötige!) Streit, die wechselseitigen Verletzungen halten wohl in Trab/jung....

doch das bringt mich nicht so richtig weiter, ich möchte eigentlich, daß es ihnen (den Umständen entsprechend) gut geht und daß sie wenigstens gut versorgt sind. (und wenn ich mir dann keine unterlassene Hilfeleistung vorwerfen lassen muss - umso besser)

Gruss
usabima

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