Die geheimnisvollen Begabungen meiner Väter, nämlich des Stiefvaters und meines Schwiegervaters



Ich beginne mit meinem Schwiegervater, weil er die Wunder, die er für seine Kinder erlernt hatte, auch noch mir, der staunenden Schwiegertochter vorführte.

Es handelte sich um ein Oster-Wunder, er konnte nämlich handwarme, rohe Eier legen.
Ich gehe davon aus, daß ihm eine zweite Person von rückwärts heimlich ein Ei gereicht hatte, das er vorsichtig unter den Hosenbund schob. Anschließend begann er schrecklich aufgeregt zu gackern, sich nach allen Seiten zu verbiegen, Hüften und Knie wirkten wie aus Gummi. Er schwitze förmlich vor Plage.
Plötzlich lief er puterrot an, ging unter beachtlichem Lärm in die Knie und drückte ganz gewaltig.
Dann war das Wunder vollbracht, langsam löste er aus seinem Hosenbein das soeben gelegte, wirklich rohe Ei.
Obwohl ich schon über 30 Jahre alt war, konnte ich das Rätsel nie wirklich lösen. Sehr wahrscheinlich eine Kombination aus Beweglichkeit und sehr viel Trainig. Ich gehe aber sicher davon aus, daß er anfänglich mit harten Eiern trainiert hatte.

Nun zu meinem Stiefvater, dem Glück meiner Kindheit. Er besaß, vielleicht auch, weil er Künstler war und Kinder sehr liebte, ungeheure Fantasie. Wenn ich erschöpft und weinend nach einem zu langen Ausflug auf seinen Schultern saß, wußte er sofort Rat; er erzählte mir die Geschichte von den vier Haarmaschen der Lydia, die gewaschen und gebügelt im Kasten lagen, um an speziellen Tagen ausgeführt zu werden. Da ich Rot immer liebte, war es wohl diese Masche, die aus ihrer Perspektive auf meinem Kopf am meisten von der Welt sah. Wenn sie dann wieder in den Kasten zurückgelegt wurde, umschwärmten sie die zu Hause gebliebenen und wollten unbedingt wissen, was sie erlebt hatte. Einmal wurde die orange Masche so eifersüchtig, daß sie vorübergehend sogar eine zitronengelbe Farbe annahm. Für mich war das natülich nicht zu sehen, weil, kaum hatte ich sie herausgenommen, sie vor Freude wieder ihre normale Farbe annahm. .... Ich liebte seine Geschichten ....

Ein anderes Mal zauberte er für mich. Wir saßen am Küchentisch, mein Vater nahm seinen Ehering herunter und versprach, ihn ins Schlafzimmer unter den Polster meiner Mutter zu zaubern. Ich fand das äußerst unwahrscheinlich und glaubte ihm natürlich nicht.
Er stützte den Ellbogen auf die Tischplatte und rieb mit dem Ehering an seinem Handgelenk. MehrmaLs zeigte er mir, daß der Ring immer noch vorhanden war, obwohl sein Handgelenk schon etwas errötete. Die "kleine Lydia" frohlockte, aber ... plötzlich war der Ring weg und ich fassungslos, wo war er hingekommen?
Über Aufforderung lief ich ins Schlafzimmer, riß den Polster hoch und - tatsächlich - da lag er. Ich war hin und weg und mein Stolz auf meinen Stiefvater wucherte nur so dahin.
Wenn er auch meine Mutter als Helferlein hatte, so war er doch ein wundervoller Mensch, dem ich meine liebsten Erinnerungen verdanke.
Nur kurz noch unser erstes Treffen: Meine Mutter stellte ihn mir, der damals etwa 4jährigen, als meinen zukünftigen Vater vor. Angeblich blieb ich eine Weile wortlos stehen, betrachtete den Mann intensiv, dann öffnete ich meine Arme, lief auf ihn zu und umarmte ihn ganz fest. Wir waren wohl füreinander geschaffen.
Lydia
 

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Kommentare (1)

protes

lächel, ja was väter und großväter alles können wenn sie wollen
wie großmütter und mütter (oder umgekehrt) auch
lg hade


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