einen Kofferraum voll Fußball-Schuhe...


... noch zu DDR-Zeiten, als sich die Einreisebedingungen lockerten.
Mein Cousin war Trainer bei einem örtlichen Verein - ganz klein und ergeizig obendrein. Die Mannschaft lief in allem möglichen Schuhwerk ein oder keines.
Ich war mal wieder auf Besuch und überlegte mir, was ich an dem nicht vorhandenen Schuhwerk ändern konnte.
Da ich als Geschäftsfrau einer Textil-Druckerei sehr viele Verbindungen hatte, fing ich das Kontakten an.
Ein Verein aus München ließ mich hoffen und man schleppte alle Größen an.
Die örtlichen Vereine sprach ich auch noch an - Jugend-Schuhwerk war gefragt.
Meine Bitte um Aussortierung fiel nicht auf leeren Boden - es waren Haufen von Schuhen, die mich erreichten.
Eine Freundin half mir beim Sortieren und beim Beschriften.
Es mußte alles in einen Mazda 323 Combi rein.
Wir gaben uns große Mühe mit der Sortierung und Ausmusterung.
Die Rücksitze waren umgeklappt, meine privaten Klamotten paßten auch noch rein - auch noch mein Hund Karlchen - und wir fuhren los.
6 Stunden Fahrzeit war angerechnet - doch Grenze? - und wie versteht man das jetzt dort?
Jedenfalls ging es schneller, als ich es sonst erlebte, man winkte durch, nach der Abgabe des Personalausweises.
Darauf mußte man nun warten......ich wartete. Karlchen mußte dringend pinkeln und ich stieg aus. Mit Hund an der Leine lief ich an der Grenzposten-Station herum und schon wurde ich als auffällig eingestuft. Ein "Flintenweib", wie sie genannt wurden, kam auf mich zugeschossen und belehrte mich, daß ich vor meinem eingetragen Ziel nicht mehr aussteigen dürfe. Und Punkt.
"Und der Hund"? war meine Frage.
"der kann pinkeln wo er will, doch nicht auf unserem Staatsgelände".
Karlchen hatte sich inzwischen entleert, zum Glück nicht an ihrem Bein und wir fuhren weiter ohne Probleme.
Kaum von der Autobahn runter und heimatliche Gefühle schnuppernd, ging ich auch ins Gebüsch - was tat das gut......
Im Nachhinein hat das Flintenweib durch Karlchen die Schuhe gerettet.
Oder Karlchen die Schuhe vor ihr.
Endlich wieder zu Hause angekommen, wurde sofort eine Vereinsfeier organisiert. Mein Cousin, der Fußballtrainer bei der Jugend war, eröffnete ein Fest der Fußballschuhe.
Ein Fest, an dem ich als Ehren-Spielführerin mit einem Wimpel geehrt worden bin.
Der Wimpel hängt noch heute bei mir an der Wand - ich bin stolz darauf - ein schweißtreibender Wimpel in den Vereinsfarben - doch ich habe es gerne getan und auch riskiert.
Und es ist alles gelungen - wir sind noch immer das Volk -
auch mit Tricks kann man agieren.
mit späten Grüßen
euer Moni-Finchen


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Kommentare (6)

Komet da warst Du aber wirklich mutig. Mir fiel schon kurz vor der Grenze das Herz in die Hosentasche. Einmal hatte ich Zigarren als Geschenk mit - die haben sie mir schon an der Grenze zerkrümelt. Es gäbe noch eine Menge aufzuzählen.

Liebe Grüße Ruth
finchen ... ja, es war jedesmal ein riskantes Unternehmen, wenn ich die Grenze zur DDR übertrat. Ob im Zug oder per Auto - jedesmal war es der reinste Streß. Man wußte nie, auf wen man an der Grenze traf. Doch mit der Kenntnis und der gewissen Gelassenheit, kamen auch Tonträger in die DDR. Strengstens verboten, wie es hieß.
Es war mir wurscht - meine Restfamilie mußte ausgestattet werden. Und Punkt ...
Immer für ein Abenteuer bereit - das war die damalige DDR.
Liebe Grüße
dein Moni-Finchen
omasigi Liebes Finchen,
nur 2x über die inner deutsche Grenze gefahren auf die Leipziger Messe.
Aber das Grenzerlebnis habe ich von beide Male in lebhafter Erinnerung.
Du hast aber Mut gehabt.
grüssle
Sigrid
anjeli ich kann mir gar nicht vorstellen, dass meine Enkel keine Fußballschuhe hätten.
Mein Enkel Yannik hat Schuhe mit einer pinkfarbenen Ferse.
Der Kleine hatte schon mal knallrote Schuhe, da habe ich ihn an seinen Schuhen erkannt, wenn er ganz weit weg war.



Das war aber ein sehr riskantes Abenteuer, das du mit List
überstanden hast.

anjeli
finchen ALDI - Einkaufstüten !!
Das Prestige-Objekt sondersgleichen....
Du Traute, es war allgemein bekannt, daß Möbel z.B, die Quelle und Neckermann verkauften, aus DDR-Produktionen stammten. Was bei Euch blieb, war wirklich Ausschußware - mit kleinen Fehlern wo auch immer - doch die Modelle glichen sich in allen Formen, Farben etc.
Die Schrankwand bei meiner Cousine im Wohnzimmer sah genauso aus, wie die, die unsere Eltern hatten.
Ich habe regelmäßig Kataloge eingeschmuggelt und dann kam das große Hallo - na, gucke doch an - wie meine Cousine zu sagen pflegte. "ja, diese Schweinepriester" - daß lasse ich mal weg.
Es war mit vielen anderen Sachen so - z.B. eine Wäscheschleuder - ach nee, sagte meine Cousine, als ich meine zu ihr brachte.
Bei mir wurde sie ausgemustert, doch sie war noch intakt.
Dieses Modell, das wir dann im HO gesehen haben, das war das Gleiche für sauteures Geld.
Meine Erika war mir noch nach -zig Jahren dankbar, daß ich die Schleuder über die Grenze gebracht hatte.
Und jedes Jahr präsentierte sie mir dieses Modell: gucke mal, die läuft immer noch.................
mit einfühlenden und wissenden Grüßen
Dein Moni-Finchen
Traute Du bist ein pfiffiges mutiges Mädchen. Und ein Herz für die Benachteiligten schlägt auch noch in Dir.
Du kannst Dir gar nicht vorstellen was für ein Kult mit Westsachen getrieben wurde, damals.
Sicher hat das dem Verein einen großen Auftrieb gegeben. Es ist doch bekannt, dass das Bewusstsein, eine große Rolle spielt, wenn die Sportler Höchstleistungen bringen wollen/sollen.
Sicher hat es den Gegnern auch Argumente geliefert, warum sie nur noch verlieren konnten, mit Westschuhen war eben nicht gut Kirschen essen
Die Qualität der Arbeit war bei uns auch gut, aber das Material, welches verarbeitet wurde war oft nur Ersatzstoff, wofür auch immer..
Danke noch im Namen der Burschis,
sagt Traute und grüßt noch einmal freundlich

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