Von der Mutter mit auf den Weg gegeben


Heute habe ich mich an das Einpacken des Geschirrs gemacht. Ganz schwarze Finger habe ich von dem Zeitungspapier, denn jedes Stück, ob Gläser, ob Teller, Tassen und so weiter wurde sorgsam eingewickelt, der Karton auch sorgsam ausgefüttert. Etwas an Geschirr bleibt noch bereit für die noch offenen Tage bis zum Umzug. So wird nach und nach ein Schrankfach nach dem anderen leer.

Ich schaute nach, was hinter der Schrankklappe über der Abzugshaube noch so - kaum beachtet – versteckt lag. Eine kleine Plastiktüte: ein zusammengefaltetes Stück Briefpapier und eine Filmdose?!

Ich breitete das Papier aus: ein Brief von meiner Mutter – leider ohne Datum – noch aus Bonn, bevor sie nach Bayern ins Altenheim zog. Ach wie liebe ich ihre Handschrift, so natürlich und schnörkellos.

Nun, mein Taschentuch hatte Dienst – es ließ sich nicht unterdrücken. Ich las die Zeilen – mir kam es vor, als läse ich sie zum allerersten Mal. Ich las einmal, zweimal, fragte mich, ob ich die Zeiten davor den niedergeschriebenen Gruß verstanden und beachtet hatte.

Gerade Zeit genug, ganz ernst darauf zu achten, dass dieser Gruß noch vor dem Einzug des Hab und Gut in das neue Heim getragen wird. Ich will es meinem Schatz mitgeben, denn sie ist in jedem Falle vor Ort, ich komme ja erst nach dem Abschied von Wohnung und der Reise von sechs Stunden am Ziel an.

Noch nie habe ich einen Umzug so sachlich und überlegt und mit reichlich Zeit ausgeführt. Es waren der Umzüge so viele, so, wie sie mir als kleinen Jungen meine Mutter voraus gesagt hatte. Und da hinkte früher trotz aller Aufmerksamkeit immer etwas da quer.

ortwin


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Kommentare (2)

tranquilla das ist ja eine geschicht, die ging mir unter die haut und beinah kamen die tränen.

ich habe ja schon einige geschichten von dir gelesen und ich ahne, wie teuer dir deine mutter war. ich konnte mir gut vorstellen, wie du dich gefühlt hast.

ich wünsche dir für deinen umzug und vor allem auch für den lebensabschnitt alles gute und viel glück

herzlich grüßt dich
tranquilla
Traute Das alles kann ich Dir nachfühlen. Ich ziehe vor Weihnachten noch zu meinem Sohn ins Haus.
auch ich bin viel umgezogen. Nach der Vertreibung aus der Heimat. Aber es waren immer positive Erlebnisse, die freiwilligen Umzüge.
Viel Glück für Dich und Dein Vorhaben.
Viele Grüße,
Traute

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