Forum Kommentare zu den Artikeln der Blogger Gruppenbeitraege "Kleine Rückschau - Schlangestehen"

Gruppenbeitraege "Kleine Rückschau - Schlangestehen"

Karl
Karl
Administrator

Hallo gerry
geschrieben von Karl
Herzlichen Dank für deinen Bericht! Schlangestehen gab es aber auch bei uns, z. B. vor der Mensa. Ich habe dabei ein lustiges Phänomen beobachtet, das aber für viele auch ärgerlich sein konnte (nur ich hatte meinen Spass, weil ich das Problem gleich mathematisch berechnet habe):

Es gibt eine bestimmte Menschensorte, deren Freundeszahl immer rapide ansteigt, wenn sie in einer Schlange stehen. Mit großem "Hallo" begrüßen sie dann möglichst weit vorne stehende alte oder neuere Bekannte, verwickeln sie in ein Gespräch und integrieren sich dabei langsam vollständig in die Schlange. Je länger die Schlange, umso wahrscheinlicher ist es, dass Bekannte entdeckt werden. Wenn dieser seitliche Zuwachs pro Minute in einer Mensaschlange die Anzahl der Essensausgaben pro Minute übersteigt, bewegen sich die ganz hinten Stehenden rückwärts. Natürlich hat dies immer mich getroffen, da ich diese Art der Freundschaften nicht mochte.

Karl
gesine
gesine
Mitglied

Genau
geschrieben von gesine
so war es lieber Gerry
ich stand als Kind auch immer in der Schlange und witzle heute ab und an bei meinen Arbeitskollegen damit, ich habe so grosse Füsse ( im Verhältnis zu meiner Körpergrösse ), weil ich immer nach Bananen anstehen musste

Später als ich selbst Familie hatte ging die Zusteilung meisst soweit, dass man seinen Pesonalausweis vorzeigen musste, weil dort auch die Kinder eingetragen waren, also je Kind eine Banane, oder Organge oder eben andere rare Artikel ...

danke Gerry
luchs35
luchs35
Mitglied

"Sie werden platziert"
geschrieben von luchs35
Nach dem 2.Weltkrieg gehörte Schlangestehen auch im Westen zum Alltag. Ich war ja noch klein, aber meine Mutter konnte mich ja nicht allen zuhause lassen, also musste ich mit. So klein ich auch noch war, erinnere ich mich bis heute daran, denn es war für mich einfach nur langweilig.

Einige Jahrzehnte später war ich im März 1990 erstmals beruflich in Dresden, eine Straßenkatastrophe als ersten Eindruck von Elbflorenz! Man bekam damals nur schlecht ein Hotelzimmer, deshalb bin ich bei Privatvermietern "untergekrochen", die mich mit Riesenfrühstück und auch sonst versuchten, die "Wessi" zu verwöhnen.
Natürlich wollte ich mich revanchieren und lud die vierköpfige Familie zum Abendessen in ein von ihnen empfohlenes Restaurant oben am "Weißen Hirschen" ein, von dem man einen prächtigen Blick auf Dresden runter hatte.

"Sie werden platziert" war das erste, was ich auf einem Schild sah. Davor eine ellenlange Schlange. Normalerweise hätte ich da zuhause sofort kehrt gemacht, aber meine Begleiter sagten mir, ich müsse uns einfach beim Ober am Eingang anmelden. Also ging ich nach vorn, sah mit Riesenverblüffung, dass das Restaurant halbleer war, besonders dort, wo man eben das Panorama genießen konnte.

So weit ,so gut. Ich fragte den Ober, wie lange wir warten müssten nach der Anmeldung.

Der guckte mich nur an und sagte nur :" Oh, gar nicht. Wo wollen Sie denn sitzen? "
Verdutzt fragte ich, ob es Platz gäbe , um auf die Stadt runterzusehen.
Selbstverständlich- Platz zur Auswahl.

Bevor ich mich wundern konnte schoben mich die Bekannten ohne ein Wort zu sagen einfach weiter , dem Ober hinterher.

Erst als wir schon saßen und ich mich immer noch nicht von meiner Verwunderung erholt hatte, grinsten die nur und erklärten, dass der Ober sofort an meinem Akzent (badisch) den Wessi erkannt habe. Und da spielte wohl die Erfahrung mit, dass die auch mit dem begehrten Westgeld bezahlten (war tatsächlich so, ich hatte nur wenig Ostgeld, wer wechselte da schon groß)

Ehrlich, ich schämte mich dann doch, als ich sah, dass die Ober bis zu einer gewissen Uhrzeit lauerten, ob noch mehr Wessis kommen - und ihre eigenen Leute vor der Tür Schlange stehen ließen, bis sie halbwegs sicher waren, da kommen keine Wessis mehr.
Erstaunlich war aber, dass keiner wegen dieser Bevorzugung meuterte. Das hat mich echt erschüttert, sie waren wohl diese Behandlung gewöhnt. Meine Gastfamilie dagegen freute sich wie Bolle, dass sie es endlich mal geschafft hatten, in der "ersten Reihe" - sprich Panoramafenster- zu sitzen!

Solche und ähnliche Erlebnisse hatte ich lange Zeit danach noch, bis dann die DM eingeführt wurde. Irgendwie traurig, aber so war das damals!

Daran hast du mich wieder erinnert, Gerry.

Luchs

PS.: Mit meiner damaligen Gastfamilie bin ich übrigens noch immer in Verbindung

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lotte2
lotte2
Mitglied

Schlangestehen - anekdotisch
geschrieben von lotte2
aber jedes Wort wahr und selbsterlebt ...

Warnemünde - zu Besuch bei meiner Schwester - diese Inhaberin von drei kleinen Kindern - Spaziergang am alten Strom -
eine Schlange in Sicht -- Schwester stößt mich als letztes Glied dazu -- ich verblüfft... merke, dass es sich um eine Kinderbekleidungs- HO handelt will gerade "stramm stehen"...
Schwester kommt zurück, sagt erleichtert:"Es gibt Hosen, aber die habe ich schon vor kurzem in Rostock " erstanden"..."
Und wir konnten ohne Warteshleife zur Mole weiterwandeln ...
Gillian
Gillian
Mitglied

Erlebnis 1980
geschrieben von Gillian
Wir hatten zwei Wochen Urlaub: Die erste Woche in der CSSR (Prag, Pilsen und versch. Seen) und danach wollten wir noch eine Woche in Dresden verbringen (Hotel auch schon gebucht). Bei den Tschechen war alles komplikationslos und wunderschön, oft brachte der Wirt noch Stühle und schuf für uns Platz, sofern das Lokal voll war.
Und danach Dresden! Es war wie ein Schock. Das Schild "Sie werden plaziert" (damals noch ohne t) verfolgte uns in der Innenstadt wie eine Seuche.
Wir sind dann in einen Außenbezirk gefahren und haben in einer einfachen Gaststätte gegessen (Löbtauer Fass, wenn ich mich richtig erinnere), und natürlich auch getrunken und uns mit den Dresdnern unterhalten (es war grade ein Fußballspiel gegen Berlin gewesen). Wir waren mit allen Gästen im Gespräch, und das war viel schöner als in einem piekfeinen Etablissement am Altmarkt, wo man uns vergraulen wollte.
Aufmucken hätte nichts genützt. Wir haben uns tatsächlich viel zu viel gefallen lassen.
Gillian
carlos1
carlos1
Mitglied

Die Suche
geschrieben von carlos1
Herbst 1987 in Berlin-Ost. 25DM eingetauscht in Mark der Deutschen Notenbank. Frohgemut mache ich mich auf die anvisierten Bauwerke zu besichtigen. Es gibt viel zu sehen. Alles erinnert an frühere Besuche. Gegen Mittag meldet sich der ganz normale Hunger. Ich suche ein Restaurant. Ich muss lange suchen, bis ich endlich eines entdecke. Aber es ist anders als gewohnt. Ein Schild mahnt streng an der Eingangstür: "Essen nur nach Anmeldung." Das Problem der Schlange wird somit elegant gelöst. Ein Blick nach innen durch eines der Fenster beweist, dass alle Tische belegt sind. Keine Chance. Wo ist der nächste Immbissstand? Nach längerem Suchen finde ich einen. Zu essen gibt es nichts. Dafür aber trinke ich eine Ost-Cola. Dann ab ins Pergamon-Museum. Dort erstehe ich ein Stück Kuchen.

Ein paar Bananen hätten viel Zeit und Mühe beim Suchen erspart.



c.

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senhora
senhora
Mitglied

Meine Erinnerung ....
geschrieben von senhora
Obwohl die Ostdeutschen trainierte „Schlangensteher“ waren, fiel ihnen das Schlangestehen beim Arbeitsamt wesentlich schwerer.
Ich hätte auch nach der Wende lieber nach Bananen angestanden, als nach Arbeit. Aber wie immer, alles Gute ist nie beieinander.

Dabei waren mir Bananen nie so wichtig, ärgerlicher fand ich, dass ich kaum Möglichkeiten hatte, die Bücher meiner Wahl zu erstehen, obwohl sie in der DDR verlegt wurden. Leider gehörte ich zu der Sorte DDR-Bürger, die nicht die erforderlichen Beziehungen hatte, Westgeld schon gar nicht, Privilegien auch nicht.
Zum Glück waren die Bibliotheken ziemlich gut ausgestattet, was ich heute etwas vermisse.
Als die Werksbibliothek in meinem Betrieb (ja die gab es) aufgelöst wurde, konnte ich eine Menge Bücher zum Schnäppchenpreis erstehen. Hölderlin, Flaubert, Camus, Edgar Allen Poe, Erich Fromm u.v.a. standen danach in meinem Bücherschrank.

Senhora
lotte2
lotte2
Mitglied

zu senhora
geschrieben von lotte2
Ja, Du hast Recht ..
mit irgendwie nach Kritik " riechender" Literatur war das so eine Sache..
aber auch da gab es für" Privilegierte" eine Möglichkeit, an " Unter dem Ladentisch-Ware" heranzukommen.
Eine meiner Schwägerinnen war/ist eine große Leserin vor dem Herren. Sie hatte - natürlich mit meinem Bruder - eine gut gehende Konditorei ( Stichwort:privat)... ganz in der Nähe der Buchhandlung ...
Na ja: wer immer gut bedient wird - wird auch immer gut rückbedient ...
Heifine
Heifine
Mitglied

Schlangestehen
geschrieben von Heifine
Ist das herrlich, alle Eure Kommentare zu lesen. Jetzt kann man doch mit einem Schmunzeln daran zurück denken. Es war nicht schön, aber es war nun mal unser Leben. Übrigens fing das Schlangestehen in der Kaufhalle schon am Eingang an, man wartete auf einen Korb oder Wagen, dann stand man am Fleischstand, Wurststand, Käsestand usw und dann endlich an der Kasse,ja und so entstanden dann persönliche Kontakte. Wir hatten aber nicht nur den Dederonbeutel oder das Dederonnetz, nein, wie beneideten wir die Einkäufer mit den bunten Plastetüten aus dem Westen. Ich hatte leider keine "Westbeziehungen" und freute mich, wenn ich mal so einen bunten Beutel bekam. Einmal habe ich auch fast 2 Stunden hinter einer langen Schlange gestanden, ohne zu wissen, was dann kommt. Es gab dann Likörgläser aus Rauchglas, die ich schließlich auch kaufte. Ich wollte ja nicht umsonst angestanden haben. Die Gläser stehen noch heute unbenutz im Schrank.
Heidi
tilli
tilli
Mitglied

Gerry ich danke dir!
geschrieben von tilli
Ich gabe erst heute alle deine Beiträge gelesen.Ja, ich danke dir, das du
alles geschrieben hast.
Ich stamme aus Oberschlesien, ja und die Schlangen waren bei uns nicht bloß für Bananen, Orangen.Das konnten wir gar nicht kaufen. Bei uns waren Lebensmittelkarten.lange nach dem Krieg,Und im Jahre 1981 ging gar nichts mehr.Fleich, Wurst,Zucker.Na ja alles wurde knapp.Wenn ich denke, das ich glücklich war, wenn ich außer Knochen noch etwas von besseren Fleich bekommen hatte.
Heute ist dort eine Auswahl, das man denken muss wo ging die Waare damals??.Es war halt so. Gut, das meine Kinder und Enkelkinder es nicht erleben mussten.
Dein Kommentar Luchs ist die Warheit.Es ist schon schlimm, wie man sich fühlte, wenn man die Zloty nicht eintauschen konnte. Das die Menschen sich fühlten wie die Untere
Klasse.
Jetzt sind die Erinnerungen an diese Zeit, als wäre es ein schlimmer Traum . Unsere Kinder, können es sich gar nicht vorstellen, das wir es so lange ausgehalten haben.
Viele Grüße für alle Mitglieder unserer Gruppe.
Tilli

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