Forum Politik und Gesellschaft Innenpolitik Corona - Unentschuldbare Versäumnisse der Politik

Innenpolitik Corona - Unentschuldbare Versäumnisse der Politik

RE: Corona - Unentschuldbare Versäumnisse der Politik
geschrieben von ehemaliges Mitglied
als Antwort auf ehemaliges Mitglied vom 28.03.2020, 09:06:36

....und zeigt,wie das Händewaschen richtig geht 

Tina03
Tina03
Mitglied

RE: Corona - Unentschuldbare Versäumnisse der Politik
geschrieben von Tina03

Hier einmal nicht mehr zu dem, was war, sondern dazu, was noch kommen könnte, z. B. das Handy-Tracking.

So allergisch ich unter normalen Umständen selbst auf jede Einschränkung meiner/unserer Freiheit reagiere, befinde ich mich bezüglich eines Handy-Trackings in einem Dilemma.
 
Das Handy-Tracking war erwiesenermaßen eine der wirksamsten Maßnahmen im Hinblick auf den schnellen Erfolg von Südkorea bei der Bewältigung der Pandemie.

Außerdem kostet nicht mit allen Mitteln gegen die Ausbreitung der Pandemie anzugehen, Menschenleben und bedeutet für jene, die dadurch einen geliebten Menschen verlieren, ein lebenslanges Trauma. Vielleicht nicht nur für diese, sondern auch für Ärzte, die, wie in Italien und Spanien, Entscheidungen über Leben oder Tod treffen müssen.
 
Welches Gewicht hat dem gegenüber die vorübergehende Aufgabe einzelner bürgerlicher Freiheiten?
 
Meine Ambivalenz beruht auf Zweifeln bezüglich des ’vorübergehend’. Allerdings ist der Gesetzentwurf von Jens Spahn zum Handy-Tracking daran gescheitert, dass ein verantwortungsvoller Umgang mit Daten bzw. das unwiderrufliche Löschen zu einem vorgegebenen Zeitpunkt bei einem „Outsourcing“ der Datensammlung an ein Wirtschaftsunternehmen (es stand die Telekom im Raum), wohl kaum zu  gewährleisten ist. Dies zeigt, dass die Demokratie durch die Notwendigkeit von Mehrheiten bei schwerwiegenden Entscheidungen mit einer gewissen Sicherheitsbremse ausgestattet ist. Aber kann man sich darauf verlassen, dass diese Bremse immer zum Tragen kommt?
 
Andererseits müssen wir – jetzt wie auch später – ohnehin stets wachsam bezüglich Einschränkungen oder dem „Aufweichen“ unserer Freiheiten sein. Die Erfahrung hat aber gezeigt, dass wir Deutschen uns relativ leicht mit Entscheidungen unserer Regierenden abfinden und nicht so schnell mit Protestaktionen bei der Hand sind, wie beispielsweise die Franzosen, sondern uns damit begnügen, unseren Unmut bei der nächsten Wahl (oft genug mit den dämlichsten aller Mittel, dem Wahlboykott oder gar dem Wählen der AfD) zu demonstrieren.
 
Es würde mich sehr interessieren, wie andere STler zu einem eventuellen Handy-Tracking, das (für den Fall, dass die bisherigen Maßnahmen nicht den beabsichtigten Erfolg bringen) sicherlich noch nicht völlig vom Tisch ist, stehen …
 
 

JuergenS
JuergenS
Mitglied

RE: Corona - Unentschuldbare Versäumnisse der Politik
geschrieben von JuergenS
als Antwort auf Tina03 vom 28.03.2020, 14:57:12

meine Variante ist, dass das Handy nicht immer mit mir ist.

schmunzel: ich freue mich, wenn sich wenigstens durch Tracking-Verfolgung jemand für mich noch interessiert.


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werderanerin
werderanerin
Mitglied

RE: Corona - Unentschuldbare Versäumnisse der Politik
geschrieben von werderanerin
als Antwort auf Tina03 vom 27.03.2020, 18:20:42
Die Sendung bei Illner war wirklich sehens,- und hörenswert. Man konnte eigentlich sehr oft nur mit dem Kopf schütteln, was so alles versäumt bzw. gar nicht beachtet wurde !

Erschreckend für mich war, dass die Studie vom RKI wohl in den berühmten Schubladen verschwand.
Waren die Maßnahmen, die man hätte treffen müssen vielleicht zu immens hoch...oder stand der Föderalismus zwecks Umsetzung wieder mal Wege...?

Da hatte man als Zuschauer schon so manch Frage im Kopf und selbst Lauterbach hielt sich wohl mit seinen Äußerungen noch smart zurück, denke ich..., holte nicht zum Rundumschlag aus, wohlwissend, was er lostreten könnte.

Die Sendung und die damit einher gehenden Informationen empfand ich als gut und wichtig.
Man muss daraus lernen und das schnell aber vor allem sollte man nach Corona nie vergessen...,
es wird ein nächstes mal geben, egal in welcher, perfiden Form !

Und dann sollten wir viel besser aufgestellt sein ! Das ist ein MUSS !


Kristine
aixois
aixois
Mitglied

RE: Corona - Unentschuldbare Versäumnisse der Politik
geschrieben von aixois
als Antwort auf Tina03 vom 27.03.2020, 18:20:42

@tina03

Vor dem Risiko von Epidemien wurde verstärkt und mehrfach nach 2003 (SARS Ausbruch) gewarnt. Nicht nur "die Politik" , auch die Unternehmer waren aufgefordert, sich endlich des Problems anzunehmen. Deshalb sollten sich die Unternehmensführer auch nicht versuchen, sich aus ihrer Verantwortung wegzustehlen, sondern geradestehen, für einen Grossteil der  wirtschaftlichen Verluste, die sie jetzt verbuchen müssen. Wie hat sich denn die Wirtschaft auf die Gefahr von Pandemien vorbereitet ?
Ich hatte in einigen Beiträgen auf dieses 'Versagen' bereits hingewiesen.

Ich zitiere nochmals aus einem Papier das Anfang dem Weltwirtschaftsforum vorgelegt wurde. Deutlicher als der Autor konnte man es nicht sagen : " Viel zu lange haben wir uns im Kreise zwischen Panik und Vernachlässigung gedreht , was die Vorbereitung auf  die Risiken von Infektionskrankheiten angeht, mit Unternehmensleitern, die sich zum größten Teil  benehmen  wie verwirrte  Zuschauer am Spielfeldrand .
Mit den zunehmenden Risiken  können wir es uns nicht leisten, auf diese Art  weiterzumachen. 2019 sollte das Jahr werden, in dem wir uns erheben,  um uns der Bedrohungen anzunehmen,   die Epidemien für unsere Unternehmen und  Zivilgesellschaften  darstellen.
Unternehmen müssen nicht das Schicksal des  Frosches  im langsam heißer werdenden Wasser erleiden. Wir haben statt dessen die Wahl , eine sicherere und stabilere Welt für alle zu gestalten."


Seien wir ehrlich : keiner hatte eine SARS Endemie diesen Aussmasses erwartet. Die Politik stritt sich um Zuständigkeiten, welchen Druck hat denn das Parlament quer über alle Parteien oder wir (als Wähler - das war zu keiner Zeit ein Wahlkampfthema, auch nicht von Herrn Lauterbach) auf die Regierenden ausgeübt, sich ernsthaft des Themas anzunehmen ?
Auch für die social media nicht (abgesehen von gelegentlichen TV Sendungen zu mitternächtlicher Stunde). Keiner sage, er hätte es nicht wissen können.

Aber das Lamentieren hilft jetzt nichts. Jetzt geht es um Standfestigkeit und Zusammenhalt, um die Krise so gut zu managen wie es unser Land (und Europa) zu tun in der Lage ist. Wie der Fussball 2006, wird auch SARS-CoV2 Deutschland verändern und tiefe Spuren hinterlassen.

Es bleibt deshalb zu hoffen, dass dieses Jahrhundertereignisses  zu mehr als nur ein paar kosmetischen Korrekturen (wie z.B. ein paar hunderttausend Masken mehr im Lager)  führt, sondern konstruktiv die eher tiefgreifenderen Probleme angeht,  die ursächlich sind für die jetzt allen deutlich gewordene Verwundbarkeit unserer, auf einem Tiger reitenden,  Wohlstandstandsgesellschaft.
Wir sind gerade dabei, herunterzupurzeln. Das geht nicht ohne Verletzungen.  Wollen wir erneut aufsteigen und weiterreiten ?
 

aixois
aixois
Mitglied

RE: Corona - Unentschuldbare Versäumnisse der Politik
geschrieben von aixois
als Antwort auf Tina03 vom 28.03.2020, 14:57:12

Vor ein paar Tagen habe ich eine Karte Teralytics  gesehen, aus der Veränderungen im Mobilitätsverhalten abgelesen werden können.
Die Daten kamen in erster Linie von anonymisierten smartphone Daten aus ca 30 Millionen Verträgen. Sie zeigen , dass im Süden (grün) wesentlichen weniger "Bewegung" stattfand (weil Vorschriften eher und strikter kamen) als im Norden (rot). Ich kann den Nutzen solcher Erhebungen zur Einschätzung der Wirksamkeit von epidemiologischen Regelungen durchaus erkennen, und hätte gegen eine derart ANONYMISIERTE Daten-Nutzung nichts einzuwenden.

Vorausgesetzt es bleibt dabei und wird wieder eingestellt, wenn keine echte Notwendigkeit mehr besteht.
Dass dies nicht angemessen (unter Beteiligung des Parlaments) kontrolliert und sichergestellt werden kann,

kann nicht nicht glauben.
 


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JuergenS
JuergenS
Mitglied

RE: Corona - Unentschuldbare Versäumnisse der Politik
geschrieben von JuergenS
als Antwort auf aixois vom 28.03.2020, 18:49:11

ich steh offensichtlich auf dem Schlauch, die Erläuterung  unter dem Bild scheint mir das Gegenteil auszusagen?

RE: Corona - Unentschuldbare Versäumnisse der Politik
geschrieben von ehemaliges Mitglied
als Antwort auf JuergenS vom 28.03.2020, 19:27:41

Keine Sorge, @heigel, Du stehst nicht auf dem Schlauch, ich seh das auch so. Der Autor irrt.....

Tina03
Tina03
Mitglied

RE: Corona - Unentschuldbare Versäumnisse der Politik
geschrieben von Tina03
als Antwort auf aixois vom 28.03.2020, 17:47:00
@anxios

Es bleibt deshalb zu hoffen, dass dieses Jahrhundertereignisses  zu mehr als nur ein paar kosmetischen Korrekturen (wie z.B. ein paar hunderttausend Masken mehr im Lager)  führt, sondern konstruktiv die eher tiefgreifenderen Probleme angeht
 
Für die Zukunft gilt es, vorzusorgen, d. h. zu bedenken, welche Gegebenheiten im Falle einer Krise zum Bumerang werden könnten und Vorkehrungen zu treffen, dass das nicht noch einmal oder zumindest nicht in dem Umfang geschieht, wie es jetzt  der Fall eworden ist.

Versorgungsengpässe sind vor allem dadurch aufgetreten, dass wir uns bezüglich vieler Produkte in gefährliche Abhängigkeiten begeben haben, und zwar hauptsächlich, um alles so billig wie möglich zu bekommen. Dafür kaufen wir in der jetztigen Notlage z. B. Mundschutz, der bisher 69 Cent pro Stück kostete, zum Preis von 20 Euro ein. Einige Produkte kosten aktuell sogar das 100- bis 200fache.

Eine Maschine, die (bisher) 200.000 Euro kostet(e), stellt 144.000 Mundschutzmasken pro Tag vollig automatisch her, würde sich also relativ schnell amortisieren. Leider haben wir in Deutschland keine davon, und sie ist derzeitig auch nicht lieferbar.

Selbstverständlich müssen wir, sowohl aus wirtschafts- als auch sozialpolitischen Gründen, auch Produkte aus anderen Ländern beziehen. Dabei muss aber, wie es jedes Unternehmen macht, darauf geachtet werden, sich nicht von nur einem oder zwei Kunden/Lieferanten ahängig zu machen, sondern auf Diversfikation zu setzen. Im Hinblick auf die Liefersicherheit ist ferner der Sitz vor allem des/der Hauptlieferanten zu bedenken.

Zur Verdeutlichung nur ein mir bekanntes Beispiel:
Bei Antibiotika sind wir nahezu vollständig von China und Indien abhängig. In Indien wird in ganz speziellen Mischmaschinen (die fast nur noch Indien hat) eine breiartige Mischung aus vielen verschiedenen Stoffen hergestellt, die Indien allein aus China bezieht. Dieses Gemisch wird dann (u. a.) nach Deutschland geliefert und hier von Pharmafirmen in Kapseln abgefüllt oder in Tabletten gepresst und unter dem Namen der Pharmafirmen verkauft. - Angesichts der logistischen Auswirkungen der Pandemie, würde es mich nicht wundern, wenn Antibiotika bei uns demnächst zur Mangelware würden.

Viele der Maschinen, mit denen die derzeitig dringend benötigten Produkte, einschließlich medizinischem Gerät, in den Lieferländern hergestellt werden, stammen aus Deutschland. Ich meine, es müsste möglich sein, dafür zu sorgen, dass zumindest einige dieser Maschinen auch in Deutschland oder anderen europäischen Ländern stünden, so dass im Notfall die Produktion dieser hochgefahren werden könnte.

Eine weitere Lehre aus der jetzigen Situation: Ausschließlich auf Just-in-time-Lieferungen zu setzen, kann sich ebenfalls als Boomerang erweisen. Den Kosten der Lagerhaltung, zumindest im Ernstfall umgehend benötigter Produkte, stehen geringe Transportkosten entgegen (und kurze Transportwege helfen dem Klima).

Eine Ursache unseres Mangels an Pflegekräften ist, dass der Beruf hier wegen der inzwischen untragbaren Arbeitsbedingungen bei mieser Entlohnung so unanttraktiv geworden ist, dass Fachkräfte ihn vorzeitig aufgeben und Nachwuchskräfte erst gar nicht mehr zu bekommen sind. Außerdem dauert die Ausbildung neuer Kräfte zu lange, um als Lösung in Notfällen in Betracht zu kommen.

Darum habe ich überlegt, dass es unter den vielen Asylbewerber*innen vielleicht Menschen gibt, die in ihrer Heimat in Pflegeberufen tätig waren und nur allzu froh wären, hier arbeiten zu können (ich kenne zwei perönlich).

Insofern sollte in der derzeitigen Lage m. E. das Thema Berufsanerkennung neu überdacht werden - vielleicht nach einem Praktikum in einer Klinik - oder die Möglichkeit einer Beschäftigung als Hilfskräfte für die hier ausgebildeten und qualifizierten Pfleger*innen. Deren Zeit wird momentan sicherlich in nicht unerheblichem Maße von nichtfachlichen Aufgaben (wie Zimmer umräumen, Betten vorbereiten etc.) in Anspruch genommen.

Wären wir solcherart vorbereitet gewesen, hätten wir schneller auf die Ankunft des Virus reagieren können. - Mir heute von einem zur Zeit in Südkorea weilenden Deutschen übermitteltes Zitat eines Koreaners:
„Problem der Deutschen ist, dass sie nach dem Ausbruch in China zu lange gewartet haben. Worauf eigentlich? Ob Corona auch für Nichtasiaten ansteckend ist? Haben die Nudeln statt Gehirn im Kopf? – Sorry, nur ein Scherz.“
 
aixois
aixois
Mitglied

RE: Corona - Unentschuldbare Versäumnisse der Politik
geschrieben von aixois
als Antwort auf JuergenS vom 28.03.2020, 19:27:41

Grün = starke Veränderung  (gewünschte Verringerung) der Bewegungen (war zu der Zeit schon verpflichtend)

rötlich /rostfarbig = geringe bis keine Veränderung im Verhalten (= Leute bewegen sich nur kaum oder gar nicht weniger als vor den Aufforderungen (freiwillig), möglichst zuhaus zu bleiben

Fazit: freiwillig ändern sich die Leute kaum, wenn sie aber dazu verpflichtet werden, dann schon.


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