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Innenpolitik Karlsruher Verfassungsrichter erlauben Sterbehilfe

RE: Karlsruher Verfassungsrichter erlauben Sterbehilfe
geschrieben von ehemaliges Mitglied
als Antwort auf novella vom 27.02.2020, 16:55:32
Soweit ich informiert bin, müssen die Ärzte sich zu einer solchen Aktion auch bereit erklären. Wer nicht dazu bereit ist, beim Sterben zu helfen, der muss es auch nicht tun. - Ist diese Information falsch? Ich glaube nicht.

Ich habe oft das Gefühl, dass unser Staat die Menschen lieber leiden sieht (als Strafe für ein unchristliches Leben?) als ihnen zu helfen.
Ich hoffe doch sehr, dass auch Ärzten so viel Freiheit erlaubt wird.
Freiheit darf ja nicht einseitig zugestanden werden, sonst wäre es ja
für Ärzte ein MUSS.

Bei Deinem letzten Satz bekomm ich Schnappatmung.
Ich versteh nicht, woher solche Gefühle bei Dir kommen.
Muss ich aber auch nicht wissen.

Clematis


 
RE: Karlsruher Verfassungsrichter erlauben Sterbehilfe
geschrieben von ehemaliges Mitglied
als Antwort auf novella vom 27.02.2020, 16:55:32

Das ist richtig. So wenig, wie ein Gynäkologe verpflichtet ist, einen Abortus vorzunehmen, so wenig kann ein Arzt zur Sterbehilfe verpflichtet sein, es ist im Ermessen des Arztes und seinem Gewissen. Ich bin froh, dass Ärzte nicht mehr bestraft werden können für ein eventuelles Bereitstellen von Medikamenten, mit denen ein Patient  (in der Abwesenheit des Arztes)  auf eigenen Wunsch aus dem Leben scheiden kann, sei es unter der Mithilfe eines Verwandten oder allein. Von einem alten Freund, der mehr als 40 Jahre seine Allgemeinpraxis führte, weiss ich aus verschiedenen Erzählungen, dass er Patienten, die er sehr viele Jahre begleitet hat und die ihn einige Male darum baten, weil sie unheilbar und sehr schwer erkrankt waren, diesen Dienst nach reiflicher Überlegung und langen Gesprächen erwiesen hat und beim letzten Hausbesuch etwas da liess. Natürlich unentgeldlich. Das ist schon viele Jahre her und ich habe vor diesem Mann auch heute noch grossen Respekt- denn schliesslich hatte er sich strafbar gemacht.  Ich glaube kaum, dass irgend ein Arzt diese Entscheidung leichtfertig trifft und sicher nicht auf Drängen der lieben Erben

olga64
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Mitglied

RE: Karlsruher Verfassungsrichter erlauben Sterbehilfe
geschrieben von olga64
als Antwort auf novella vom 27.02.2020, 16:55:32
Soweit ich informiert bin, müssen die Ärzte sich zu einer solchen Aktion auch bereit erklären. Wer nicht dazu bereit ist, beim Sterben zu helfen, der muss es auch nicht tun. - Ist diese Information falsch? Ich glaube nicht.

Ich habe oft das Gefühl, dass unser Staat die Menschen lieber leiden sieht (als Strafe für ein unchristliches Leben?) als ihnen zu helfen.
Nochmals, liebe Novella: es gibt noch kein an das Urteil angepasstes Gesetz!

Den letzten Satz verstehe ich nicht ganz: der Staat sind wir ja alle. Soll das also bedeuten, dass wir alle beim Töten assisitieren sollen/müssen?
Da unsere Gesellschaft ja wirklich nicht vorwiegend nach christlichen Mustern lebt - was verstehen Sie unter "unchristlichem Leben"? Mit Verlaub, dieses Argument ist ein wenig weit hergeholt. Olga

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novella
novella
Mitglied

RE: Karlsruher Verfassungsrichter erlauben Sterbehilfe
geschrieben von novella
als Antwort auf olga64 vom 27.02.2020, 17:14:15

Nein, das ist jetzt ein Missverständnis, dass wir alle helfen sollten. Nein, nein. Das darf nur ein Arzt, wenn er bereit dazu ist. Und so soll es auch bleiben.
Aber mit dem jetzigen Urteil haben wir jetzt keinen gesetzlosen Zustand. Es ist lediglich so, dass ein helfender Arzt nicht mehr bestraft wird.

Zum strafenden Staat habe ich jetzt kein Argument, möchte also auch kein neues Thema aufmachen. Ich versuche, mich an Beispiele zu erinnern, die mich zu diesem Satz brachten. Clematis wollte ich damit auch nicht erschrecken.
Ich könnte nur versuchen, diesen Satz zu erklären: Warum lässt der Staat bisher nicht zu, dass ein Mensch sich zu einem Suizid entscheidet, sondern will ihn dazu zwingen, sein Leiden bis zum bitteren Ende "auszukosten". Warum ist der Staat da nicht barmherzig

olga64
olga64
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RE: Karlsruher Verfassungsrichter erlauben Sterbehilfe
geschrieben von olga64
als Antwort auf novella vom 27.02.2020, 17:20:41

Novella, vermutlich haben auch Sie "Staat" mit "Regierung" verwechselt, wie es so viele machen  - nur von  Ihnen hätte ich eine solche Formulierung nicht erwartet.

Das Karlsruher Urteil sagt explizit aus, dass nun der Gesetzgeber gefragt ist. Ich weiss also nicht, ob schon juristische Sicherheit für die Ärzte besteht, die jetzt  in diesem Sinne aktiv werden wollen.
Normalerweise erfolgen Gerichtsurteile auf gültigen Gesetzen und zwar von dem Tag an, wo das Gesetz Faktum ist. Alles was zurückliegt oder in die Zukunft weist, ist davon nicht betroffen.
Aber betroffene Ärzte werden dies sicherlich vorher prüfen lassen. Olga

novella
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RE: Karlsruher Verfassungsrichter erlauben Sterbehilfe
geschrieben von novella
als Antwort auf olga64 vom 27.02.2020, 17:27:22

Nein, ich verwechsle den "Staat" nicht mit der "Regierung". Mir sind die Wege in der Gesetzgebung durchaus klar. Wenn ein Gesetz erlassen und gültig wird, dann ist es ein Gesetz des Staates als Gemeinwesen.


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RE: Karlsruher Verfassungsrichter erlauben Sterbehilfe
geschrieben von ehemaliges Mitglied
als Antwort auf novella vom 27.02.2020, 17:20:41

Vielleicht bring das Lesen der offiziellen Pressemeldung des Bundesverfassungsgerichts von gestern ja ein wenig Klärung - hier ist der Link dazu


Damit entfällt die Strafandrohung für Mediziner, die wiederholt Beihilfe zum Suizid leisten, etwa indem sie tödliche Medikamente zur Verfügung stellen. Einnehmen müssen Patienten diese weiterhin selbst, die aktive Sterbehilfe bleibt verboten.
Dem Gesetzgeber sei es nicht von Verfassungs wegen untersagt, die Suizidhilfe zu regulieren, so das BVerfG. „Er muss dabei aber sicherstellen, dass dem Recht des Einzelnen, sein Leben selbstbestimmt zu beenden, hinreichend Raum zur Entfaltung und Umsetzung verbleibt.“

siehe Artikel in Medical Tribune

novella
novella
Mitglied

RE: Karlsruher Verfassungsrichter erlauben Sterbehilfe
geschrieben von novella
als Antwort auf ehemaliges Mitglied vom 27.02.2020, 17:34:10

Danke für die Links, WoSchi! Ich zitiere mal aus dem einleitenden Beitrag hier: " Dieses Recht schließe die Freiheit ein, sich das Leben zu nehmen und auf die freiwillige Hilfe Dritter zurückzugreifen. Das gilt ausdrücklich für jeden, nicht nur für unheilbar Kranke. (Az. 2 BvR 2347/15 "
Ich habe noch einen  Artikel gefunden, der das Urteil erklärt .

Rosi65
Rosi65
Mitglied

RE: Karlsruher Verfassungsrichter erlauben Sterbehilfe
geschrieben von Rosi65
als Antwort auf ehemaliges Mitglied vom 27.02.2020, 17:10:44
 Ich glaube kaum, dass irgend ein Arzt diese Entscheidung leichtfertig trifft und sicher nicht auf Drängen der lieben Erben
geschrieben von WoSchi


Ich finde das BGH-Urteil ebenfalls begrüßenswert.


In unserem Grundgesetz, Artikel 1 steht: "Die Würde des Menschen ist unantastbar, sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt."

So hat jeder Mensch, m. E., auch ein Recht mit seiner Selbstbestimmung (Grundrecht) auf die Letzte Hilfe der Freitodbegleitung, um in  Würde sein Leben beschließen zu können.

Wenn der Arzt den letzten Wunsch des Patienten respektiert ist er von der Lebensrettungspflicht entbunden. Er macht sich damit nicht strafbar.
Dabei darf es sich aber nicht um Geschäftsmäßigkeit handeln.

Rosi65
 
olga64
olga64
Mitglied

RE: Karlsruher Verfassungsrichter erlauben Sterbehilfe
geschrieben von olga64
als Antwort auf Rosi65 vom 27.02.2020, 17:50:29

Man sollte auch immer die Rolle des Arztes betrachten: diesen BEruf haben diese Menschen ergriffen ,weil sie Leben retten, bzw. verlängern wollen.
Es zu beenden, wollen die meisten sicherlich nicht.  Ich möchte auch nicht in der Haut von Ärzten stecken, die mit einer solchen Notlage eines Patienten konfrontiert sind und sich dann entscheiden müssen. Da sollte sich dann keinesfalls wieder eine Negativ-Sicht z.B. auf Ärzte aufbauen, die nicht töten wollen. Olga


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