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Innenpolitik Meine Gedanken zum Tag der deutschen Einheit

werderanerin
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RE: Meine Gedanken zum Tag der deutschen Einheit
geschrieben von werderanerin
als Antwort auf Edita vom 04.10.2017, 14:49:58

Vielleicht kam das etwas quer rüber...ich meinte natürlich als erstes die "Mitwendegenerationen"..., die beide Systeme noch ganz bewußt kannten und erlebt haben...

Meine Enkel, die allesamt nach 2005 auf die Welt kamen, nehmen Deutschland als etwas, was es immer schon gab...Einheit hin oder her , es ist für sie ein "geschichtlicher Abschnitt", Gedanken machen sie sich nicht oder kaum, staunen nur hin und wieder...

Kristine

Edita
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RE: Meine Gedanken zum Tag der deutschen Einheit
geschrieben von Edita
als Antwort auf werderanerin vom 04.10.2017, 15:14:10
Vielleicht kam das etwas quer rüber...ich meinte natürlich als erstes die "Mitwendegenerationen"..., die beide Systeme noch ganz bewußt kannten und erlebt haben...

Meine Enkel, die allesamt nach 2005 auf die Welt kamen, nehmen Deutschland als etwas, was es immer schon gab...Einheit hin oder her , es ist für sie ein "geschichtlicher Abschnitt", Gedanken machen sie sich nicht oder kaum, staunen nur hin und wieder...

Kristine
Allet klar! So machtet  Sinn!    emoji_laughing

Edita
olga64
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RE: Meine Gedanken zum Tag der deutschen Einheit
geschrieben von olga64
als Antwort auf wandersmann vom 03.10.2017, 19:03:27
 
Der 9. November wäre sicher das authentischere Datum gewesen, da gebe ich Dir völlig recht.

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aurora
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RE: Meine Gedanken zum Tag der deutschen Einheit
geschrieben von aurora
als Antwort auf Edita vom 04.10.2017, 11:31:19

Liebe Edita,
wie Du sehr eindrucks-und gefühlvoll darüber schreibst, wie diese unsägliche Grenze auch in das private Leben der Menschen eingegriffen hat - das geht auch nach diesen vergangenen Jahren immer noch zu Herzen. Ich persönlich habe zum Glück so etwas nicht erleben müssen.
Für mich ist es immer noch ein Glücksgefühl - ich wohne im Thüringischen nahe der Grenze zu Bayern und bin sehr oft in Wald und Flur mit Rad oder wandernd unterwegs, wenn ich dabei sogar einige Male "über die Grenze" gehe. Erst neulich wieder beim Pilzesuchen kam ich auf dem Kolonnenweg (auf dem sich weder gut gehen und schon gar nicht radeln lässt) an einer Gedenktafel vorbei, die auf ein Verbrechen hinwies. Ein junger Mann, der auf dem Weg  durch den Wald im bayrischen Nachbarort zu Besuch war, wurde angeschossen und verblutete dann im Krankenhaus. Frau und Kind mussten das verkraften. Ganz genau so, wie es in Deinem Filmbeispiel zu sehen ist, war es auch hier. Auf Thüringer Seite stößt man immer wieder auf geschleifte Ortschaften und Gehöfte, deren Bewohner ihre Häuser bei der "Aktion Ungeziefer" - was für ein menschenverachtender Ausdruck!!! - verlassen mussten. Sehr oft sieht man in den Gärten noch Reste dieses speziellen Zaunes, der nun doch eine vernünftige Verwendung gefunden hat.
Gut zu wissen ist, dass es doch von vielen, die die DDR nicht erlebt haben, den ehemaligen DDR-Bürgern  zugestanden wird, dass sie mit enormen und gewaltigen Brüchen, mit Existenzängsten, Unsicherheit, mit dem totalen Umkrempeln ihres gewohnten Lebens
zu kämpfen hatten und viele auch daran zerbrachen.
Liebe charlie, danke für das Lied...wenn ich an Deutschland denke...(Heine lässt grüßen), das ich früher im Chor mit Inbrunst gesungen habe, und es rührt mich immer noch...
...und sehr traurig finde ich, dass heutzutage viele wichtigen moralischen Werte ganz einfach verschwunden sind und nur noch einer die erste Geige spielt : das Geld
es grüßt aurora

Edita
Edita
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RE: Meine Gedanken zum Tag der deutschen Einheit
geschrieben von Edita
als Antwort auf aurora vom 04.10.2017, 19:40:28

Gut zu wissen ist, dass es doch von vielen, die die DDR nicht erlebt haben, den ehemaligen DDR-Bürgern  zugestanden wird, dass sie mit enormen und gewaltigen Brüchen, mit Existenzängsten, Unsicherheit, mit dem totalen Umkrempeln ihres gewohnten Lebens
zu kämpfen hatten und viele auch daran zerbrachen.
 
Liebe Aurora, JA - dieses Zeitzeugnis zeigt wirklich eindrucksvoll, wie  "politisch labile und asoziale Elemente" gebrochen und gefügig gemacht wurden,
meiner Meinung nach sind es aber viel zu wenig Menschen und vor allen Dingen auch Politiker, die wirklich verstehen und nachvollziehen können und wollen, was zig tausenden von ostdeutschen Menschen, vom Kleinkind bis zum Greis, widerfahren ist, und das nur ..... weil sie zur falschen Zeit am falschen Ort gelebt haben!
Hätten sie z.B. in Niedersachsen oder in Hessen gelebt, wäre ihr Leben anders verlaufen!
Es geht dabei nicht nur um Geld und Wohlstand, es geht um Würde und Achtung, die ihnen über Jahrzehnte durch Erniedrigung, Selbstgefälligkeit, Selbstherrlichkeit, Arroganz und Ignoranz mit Errichtung der Mauer und der gleichzeitigen Vervollkommnung der DDR-Diktatur genommen wurde und bis 1987 verweigert wurde!
Und wenn man die Sensibilität besitzt sich da reinzufühlen, dann kann man ohne große Mühe verstehen, warum so mancher Ostdeutscher so denkt wie er denkt!
Ich habe, wenn ich heute noch Leute in meinem Alter aus Ostdeutschland kennenlerne, und wir kommen über diese Zeit auch ins Gespräch, immer das Gefühl, daß ich mich entschuldigen möchte, was natürlich auch totaler  Blödsinn ist, aber es gibt immer noch so viel altes Leid, was unausgesprochen und unterdrückt in Menschen schlummert, es ist einfach unmenschlich neues Leid draufzupacken!

Edita


 
olga64
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RE: Meine Gedanken zum Tag der deutschen Einheit
geschrieben von olga64
als Antwort auf Edita vom 05.10.2017, 08:11:36

DA ich nie Verwandtschaft in die frühere DDR hatte, waren meinen Kontakte zu Menschen aus diesem Staat vielfältig und auch nicht hochemotional. Im Gegensatz zu manchem Westdeutschen war ich oft in der früheren DDR (Ostberlin und auch Leipzig) und auch nach der Maueröffnung immer wieder. Es interessierte mich immer, wie zwei so grundverschiedene Gesellschaftssysteme bei Menschen mit gleicher Biografie so lange überleben konnten.
Oft traf ich auch DDR-Bürger auf Reisen z.B. in die UdSSR; dort war es dann auch möglich, offenere Gespräche mit ihnen zu führen als es vermutlich in ihrer Heimatregion der Fall gewesen wäre.
Ich habe es mir bis heute so erklärt, dass DDR-Bürger ihre Selbstbestimmung und ihre Freiheit an den Staat delegiert haben, der ihnen umgekehrt die Fürsorge für ihr Leben garantierte (solange es sich dieser Staat leisten konnte, dies zu tun). DAnn kam die sehr schnell (zu schnelle) Wende und vermutlich haben viele damit gerechnet, dass der Staat sie wieder fürsorglich betreut, sie aber umgekehrt in einer Demokratie mit Freiheiten leben werden und selbstbestimmt und frei keinen hohen Preis dafür bezahlen müssen.
Es kam aber anders: unser westliches Gesellschaftssystem ist auf Eigenleistung der Individuen aufgebaut, springt aber ein, wenn jemand Hilfe benötigt (mit einem der grosszügigsten Sozialhaushalte weltweit). ABer es war und ist anders und damit scheinen auch fast 30 Jahre danach viele noch nicht abfinden wollen.
Aber es gibt auch die, die es von Anfang an auch als Chance verstanden haben und ihr Leben entsprechend anpassten und vermutlich heute keinesfalls eine frühere DDR zurückhaben wollten.
Änderungen und ihre Prozesse sind immer schwierig und es kommen dann, wie immer in solchen Fällen, die Sätze wie "früher war auch nicht alles schlecht, früher war alles besser bis hin zu "wir wollen die alte DDR zurück".
Auch der Hass auf Frau Merkel und Herrn Gauck dürfte daraus resultieren, weil einige sich wohl erhofften, dass gerade die ehemaligen "Ossis" mehr für sie tun würden als für alle anderen. Aber auch dies war ein Missverständnis und eine Fehlinterpretation der demokratischen Gepflogenheiten. Olga


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werderanerin
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RE: Meine Gedanken zum Tag der deutschen Einheit
geschrieben von werderanerin
als Antwort auf olga64 vom 05.10.2017, 14:47:52

Ich möchte manchmal einen "Wessi" gesehen oder miterlebt haben..., der das alles verkraften hätte müssen, wie es die ehemaligen DDR Bürger mussten/wollten.

Die Menschen im "Westen" hatten es doch von Anfang an gelernt , in einer Marktwirschaft aufzuwachsen, für sich selbst verantwortlich zu sein , sich durchzusetzen und zu sorgen...das konnten die DDR Bürger aber nicht und es ist doch irgendwie nachzuvollziehen, dass das "damals" alles nicht ganz einfach war.

Es ist in der DDR ALLES auf einmal zerbrochen..., Betriebe wurden platt gemacht und Tausende Arbeitslose gab es, Viele sahen keine Perspektive mehr.

Natürlich gab es auch diejenigen, die wieder auf die Beine gekommen sind, sich durchgeschlagen und nicht gejammert haben aber es gab halt auch die, die zur Wendezeit schon 50 oder älter waren..., eigentlich noch arbeiten wollten/mussten aber Niemand sie mehr brauchte...ich denke, das ist die wirkliche "Verlierergeneration", denn sie kamen zum großen Teil nicht mehr auf die Beine.

War man jünger hatte man viele Chancen und die meisten haben sie auch ergriffen, neu begonnen und sind froh über die Einheit . Probleme gibt es immer aber Chancen und neue Wege gehen ist nunmal nicht einfach.

Das alles darf man nicht vergessen und unterschätzen, die Gräben werden sich schließen aber noch nicht jetzt, das bedarf noch viel Zeit !

Kristine

olga64
olga64
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RE: Meine Gedanken zum Tag der deutschen Einheit
geschrieben von olga64
als Antwort auf werderanerin vom 05.10.2017, 15:10:15

WEr damals 50 oder älter war, dürfte heute grossenteils nicht mehr leben und kann auch nicht mehr befragt werden.
Aber wie sieht es eigentlich mit denen aus, die relativ bald Rentner wurden und deren Rente m.W. schon höher war als eine solche in der früheren DDR. Es waren in der DDR ja immer mehr Frauen berufstätig als im Westen und hatten demzufolge einen eigenen Rentenanspruch, was bei dieser Generation im Westen oft nicht der Fall war.
Es sollte sich auch keiner aus der früheren DDR Vorstellungen hingeben,dass ein Leben "in der Marktwirtschaft" nur Vorteile bot. Sicher ist, dass die Chancen grösser waren und derjenige, der sie ergreifen konnte oder wollte, auch einen guten Weg vor sich hatte. ABer auch verbunden mit viel Arbeit, vielen persönlichen Opfern (z.B. aufgrund geforderter hoher Flexibilität und Mobilität) und auch sehr oft mit Rückschlägen. Aber hier war dann wohl doch wieder der Unterschied, dass in dieser Sozialisierung Menschen wussten,dass sie wieder aufstehen und es erneut versuchen müssen. WEr dies nicht machte, delegierte ebenfalls einen Grossteil seiner Selbstbestimmung und auch Freiheit "an den Staat", weil dieser für seinen Lebensunterhalt aufkommen sollte. Olga 

werderanerin
werderanerin
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RE: Meine Gedanken zum Tag der deutschen Einheit
geschrieben von werderanerin
als Antwort auf olga64 vom 05.10.2017, 15:20:24

Kenne aus meiner eigenen Familie und dem weiteren Umfeld Einige, die damals zur Wendezeit 50 + waren und nach Betriebszusammenbrüchen oft nur den Weg sahen, in den Vorruhestand zu gehen, alles aber mit finanziellen Abstrichen !

Da bekanntermaßen ja in der DDR die Gehälter eh nicht so hoch waren, waren natürlich die entspr. Bezüge  auch nicht so hoch und das schleppte sich doch durch..., schließlich konnte man ja dieses nicht mehr "aufbessern"...also waren die Renten dann nicht sehr hoch.

Ich möchte hier keine Presche für irgendein System schlagen..., es geht doch immer um Menschen , die in Systeme hinein geboren wurden/werden, nichts dafür können und versuchen, ein gutes Leben zu haben...auch wir haben damals selbstbewußt gelebt, auch wenn das vielleicht nicht in deine Vorstellungen hinein passt !

Kristine

Edita
Edita
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RE: Meine Gedanken zum Tag der deutschen Einheit
geschrieben von Edita
als Antwort auf olga64 vom 05.10.2017, 14:47:52

Liebe Olga,
wenn man persönlich das  willkürliche Auseinanderreißen von Familie nie erlebt hat, ist es natürlich schwer, "das emotionale Moment", auch nach 56 Jahren, von betroffenen Menschen zu verstehen oder gar nachzuvollziehen.

Zitat Olga:
Ich habe es mir bis heute so erklärt, dass DDR-Bürger ihre Selbstbestimmung und ihre Freiheit an den Staat delegiert haben, der ihnen umgekehrt die Fürsorge für ihr Leben garantierte (solange es sich dieser Staat leisten konnte, dies zu tun).

Liebe Olga - diesen Satz empfinde ich als ungeheuerlich - und macht mich fassungslos!
Ich glaube, daß Sie den Film, den ich eingestellt habe nicht angeschaut haben, meine Beiträge in diesem Thread beziehen sich nicht auf Wohlstand, Geld oder Versorgung, sondern rein auf die menschenverachtende Willkür, die meist in den sozialen Abstieg führte, aber auch in sehr vielen Fällen mit willkürlichem Erschießen endete, nämlich dann wenn die Menschen ihre Selbstbestimmung und ihre Freiheit nicht an den Staat delegieren wollten, die die Menschen ab dem Mauerbau zu ertragen hatten!

Bitte schauen Sie sich dieses Zeitzeugnis an!

Edita

 


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