Innenpolitik Österreich wagt Türkis-Grün ( = Schwarz-Grün)
Ja, Olga, das wäre ein eigener Thread wert, aber Sie wissen, wie kompliziert das Parteiwesen der Schweiz ist. Das jetzt hier zu erklären, würde zu weit führen.
Gespannt bin ich auf jeden Fall wie es nun in unserem Nachbarland Österreich weitergeht, wenn morgen auch das Ergebnis der Kongresswahlen feststeht und die neue Regierung unter dem neuen und alten Bundeskanzler Sebastian Kurz und Vize Werner Kogler dann schon zu Beginn der kommenden Woche mit ihrer Arbeit beginnen können.
Ich könnte mir vorstellen, dass morgen noch etliche offene Fragen beantwortet werden müssen, wobei es auch Überraschungen geben kann, obwohl ich eigentlich damit rechne, dass jeder, der abstimmt, sich im Klaren ist, dass sich das Land jetzt festigen muss, um nicht doch noch ins Chaos abzudriften, das mit viel Vernunft bisher verhindert werden konnte.
Kanzer Kurz und Vizekanzler Kogler haben eigentlich einen recht zuversichtlichen Eindruck gemacht, und ich baue dabei etwas auf den mehr erfahrenen Politiker Kogler, und Kurz weiß, dass ein falscher Zungenschlag auch das Ende seiner Kanzler-Karriere bedeuten könnte.
Morgen wissen wir (vielleicht) mehr.
Luchs35
Sehen Sie wirklich Herrn Kogler als Politiker erfahrener als Herrn Kurz?
Herr Kogler machte seine Politkarriere bei den Grünen in Österreich, die bislang aber nur eine untergeordnete Rolle dort spielten. Dort war er viele Jahre Abgeordneter im N ationalrat.
Herr Kurz war immerhin vorher trotz seiner jungen Jahre Aussenminister und im realen politischen Geschäft tätig und ist jetzt seit einigen Jahren Kanzler von Österreich.
Auch für Herrn Kogler dürfte es eine seiner letzten Chancen sein, politisch operierend tätig zu werden. Olga
Ich hoffe auch, dass diese Koalition funktioniert.
Aber wenn man sich das Regierungsprogramm so ansieht, trägt es hauptsächlich eine türkise (und tw. auch noch eine blaue )Handschrift. Das ist auch die Meinung von namhaften Politik - Journalisten.
Die Grünen dürfen sich zwar über ein Super- Ministerium (Umwelt, Verkehr) freuen, allerdings haben die Türkisen ihnen vorsorglich einen türkisen Staatssekretär als Aufpasser hinein gesetzt.
Inneres, Verteidigung und Finanzen sind fest in türkiser Hand.D.h. Maßnahmen zum Klimaschutz können zwar ausgearbeitet werden, aber wenn der Finanzminister dafür kein Geld hat, ist es auch sinnlos.
Weiters wurden bereits Verschärfungen im Migrationswesen (z.B. ein Ausreisezentrum für abgelehnte Asylwerber und eine sog. Sicherungshaft zur Vorbeugung bei möglichen Gefährdern, ohne dass sie bereits straffällig waren) angekündigt. Weitere Flüchtlinge will Kurz keinesfalls aufnehmen. Das Kopftuchverbot bis 14 Jahre kommt überdies.
Statt eines Frauenministeriums gibt es ein türkises Integrationsministerium, von dem aber eher weitere Restriktionen zu erwarten sind.
Neugierig bin ich auf die ökosoziale Steuergestaltung, die angekündigt wird. Fliegen soll teurer werden, Bahnfahren günstiger.
Was im Regierungsprogramm nicht zu finden ist: Maßnahmen zum Abbau der Kinderarmut (von den Grünen im Wahlprogramm), die bes. durch die letzten Beschlüsse von Türkis - Blau zustande kam: dieser sog. Familienbonus unterstützt hauptsächlich den Mittelstand, während Familien mit zu geringem Einkommen keinerlei Nutzen davon haben, da es sich um einen Steuerfreibetrag handelt, den Niedrigverdiener nicht nutzen können.
Also, obwohl ich diese Koalition als wesentlich besser als die vergangene türkis - blaue halte, bin ich etwas skeptisch. V.a. fürchte ich, dass die Grünen enorm an Stimmen verlieren werden und vielleicht bei der nächsten Wahl wieder aus dem Parlament fliegen. Ob die grüne Basis diese Machtverteilung mitträgt, ist auch die Frage. Natürlich ist die türkise Macht aufgrund des Wahlergebnisses größer, aber in einer Regierung zu sitzen, in der Beschlüsse gefasst werden, die den Grünen diametral entgegen stehen - das wird weder die grüne Basis noch die Grün - Wähler wirklich glücklich machen.
DAs Problem ist immer bei Koalitionen, wo eine Partei die Oberhand hat und die andere dann mitregieren darf und zudem noch ein Parlament vorhanden ist, das sicherlich viele Ideen und Projekte vonvornherein zerstören möchte.
Wäre schade, wenn die Grünen in Österreich den Weg der deutschen SPD gingen und irgendwann nicht mehr erkennbar sind.
Das hätte auch Auswirkung auf die Rolle der Grünen in Deutschland und deren Chancen, bei der nächsten Regierung massgeblich mitwirken zu können. Österreich ist zwar ein sehr kleines Land, aber die politischen Strukturen werden jetzt ausprobiert und beobachtet. Olga
Die Kernstücke ,Steuerentlastung der Bürger und Unternehmer von Sebastian Kurz und die Klimaschutzfrage von Werner Kogler, dürften wohl auch die Kongressmitglieder etwas in "Wallung" bringen, denn es waren wohl die härtesten Gegensätze in der bisherigen Auseinandersetzung, bei denen betont wird, gute Kompromisse gefunden zu haben. Und das wird morgen dann auch entscheidend sein.
Werner Kogler ist immerhin als Politiker seit 1999 dabei und hat bestimmt Erfahrungen gesammelt, die Sebastian Kurz noch fehlen.
Luchs35
Beide haben es nicht gerade einfach, wobei Kurz die Fäden der Macht in Händen hält:
Kurz hat seinen überwältigen Wahlerfolg zu einem großen Teil den abgesprungenen FPÖ - Wählern zu verdanken, die ihn gewählt haben, damit er das Programm von Türkis - Blau weiterführt. Die will er nun nicht vergrämen. Besonders die restriktive Migrationspolitik, die Kurz auch selbst vetritt, ist ein wichtiges Bindungsglied zu dieser Klientel.
Kogler versucht nun sein Nachgeben der eigenen Wähler - und Mitgliederschaft gegenüber zu vertreten, indem er sagt: Was wäre die Alternative? In der Regierung kann man doch noch mehr erreichen als von der Oppositionsbank aus.Und die FPÖ steht bei einem Scheitern schon in den Startlöchern bereit.
Ob dieses Argument ausreicht, ist die Frage.
Man hört allerdings schon Stimmen von Grün - Wählern, die lauten: Diese Partei wähle ich nicht mehr...
Na, ich will nicht voreilig urteilen, lasse mich einmal überraschen, wie die Arbeit der beiden so gegensätzlichen Regierungsparteien funktioniert...
Man sollte jetzt nicht den Fehler machen und Herrn Kurz sein sehr jugendliches Alter so auslegen ,dass er wenig politische Erfahrungen hat. Immerhin hat er sie in wichtigen Ämtern gesammelt, was Herrn Kogler nun in höherem Alter bevorsteht. Olga
Sehen Sie wirklich Herrn Kogler als Politiker erfahrener als Herrn Kurz?Werner Kogler ist Vokswirt mit Spezialgebiet der Umweltökonomie , der sich bestens politisch auskennt. Denn auch er hatte ebenfalls wie Sebastian Kurz bereits als Student politisch gearbeitet.
Herr Kogler machte seine Politkarriere bei den Grünen in Österreich, die bislang aber nur eine untergeordnete Rolle dort spielten. Dort war er viele Jahre Abgeordneter im N ationalrat.
Herr Kurz war immerhin vorher trotz seiner jungen Jahre Aussenminister und im realen politischen Geschäft tätig und ist jetzt seit einigen Jahren Kanzler von Österreich.
Auch für Herrn Kogler dürfte es eine seiner letzten Chancen sein, politisch operierend tätig zu werden. Olga
Nur - im Vergleich zu Kurz hat Kogler ein abgeschlossenes Studium und 20 Jahre politische Erfahrung ohne ökonomische Machtschieber hinter sich.
Sebastian Kurz hat sein Studium schon sehr früh hingeschmissen - ist also ohne Studienabschluß - und hat sich aufstrebend - schleimend - seinerzeit durch Zersetzung führender ÖVP´ler in seine heutige Macht-Position eingeschleust. Für seine politische Werbung hat sich die ÖVP ziemlich verschuldet. Na ja, so kann man auch Politik machen.
Und - wenn ich bedenke, sind während seiner Regierungszeit die mit den "Rechten" getätigten Gesetze allesamt vom Verfassungsgericht als widerrechtlich aufgehoben worden, spricht das nicht gerade für seine politischen Fähigkeiten.
Mir tut Werner Kogler leid, ich möchte jetzt nicht an seiner Stelle sein. Trotzdem drücke ich ihm - Österreich zuliebe - die Daumen.
teri
Ich nehme deshalb an, die werden sich eher gegenseitig über dem Wasser halten, sonst saufen beide ab. Und ich meine, gerade darin liegt die Chance, dass es klappen könnte.
Luchs35
Ich möchte dazu ergänzend betonen,dass die Grünen,die aus eigenem Verschulden bei der vorletzten Nationalratswahl aus dem Parlament flogen, ihren heutigen Stand Kogler zu verdanken haben.
Er betätigte sich erfolgreich als Feuerwehrmann und Notfallhelfer.
Ob die grüne Basis,die heute über den Koalitionsvertrag abzustimmen hat, genügend politischen Verstand und Pragmatismus hat,wird sich zeigen.
(Dankbarkeit ist ja keine politische Dimension.)
KOMMENTAR von Karin Riss im STANDARD