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Internationale Politik Asyl für russische Deserteure in Deutschland ?

olga64
olga64
Mitglied

RE: Asyl für russische Deserteure in Deutschland ?
geschrieben von olga64
als Antwort auf Rispe vom 30.09.2022, 17:27:43

Wenn Menschen spekulieren, Ängste äussern usw. ist das natürlich auch das Ergebnis aus diesen dramatischen Zeiten. Jeder wird für sich entscheiden müssen, ob er oder sie lieber verdrängen wollen oder den sich immer massiver drohenden Gefahren auch gedanklich stellen.
In der aktuellen Rede von Putin zu der neuerlichen Annektion verkündet er diese und fordert diie Ukraine auf, an den Verhandlungstisch zurückzukehren, aber zu akzeptieren,dass Russland von seinen bisherigen Positionen nicht abweichen wird.
Und Verhandlungen auf dieser Grundlage wollen auch einige hier in diesem Forum? Das kann ich am wenigsten verstehen.
Eine russische Bürgerin wurde im TV interviewt, die süffisant grinsend erklärte, Russland würde nun endlich wieder grösser werden und wir alle haben uns schnellstens darauf einzustellen.
Putin erklärt, das grosse Übel seien die USA, die Russland ausradieren wollen.
Diese Sichtweise haben auch Deutsche oft, insbesondere in Ostdeutschland, wo ich aber diese seltsame Liebe zu Putin immer schon mit Antiamerikanismus übersetzt habe.
Ob er nun mit dem Einsatz von Nuklearwaffen droht oder Ernst macht - kann keiner ausser ihm beurteilen. Aber sollte es zu einem Gegenschlag durch drei Nato-Nuklearstaaten dann kommen, dürften wir -  wenn überhaupt - in einer völlig anderen Welt wieder aufwachen. Olga

Rispe
Rispe
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RE: Asyl für russische Deserteure in Deutschland ?
geschrieben von Rispe
als Antwort auf olga64 vom 30.09.2022, 17:51:57

Zitat "Und Verhandlungen auf dieser Grundlage wollen auch einige hier in diesem Forum? Das kann ich am wenigsten verstehen."

Ja, Olga, am Schreibtisch hier in Deutschland kann man viel fordern. Das ist alles Geschwätz.
Ich nehme derartige Aussagen einfach nicht mehr ernst. Es lohnt sich eigentlich gar nicht, sich damit auseinanderzusetzen.
Wir hier können schonmal gar nichts fordern oder machen. Das können nur die Beteiigten.Und was nützen alle Forderungen von außen, wenn bei denen die Vorausssetzungen dafür nicht da sind?

Ansonsten stimme ich auch allem anderen zu, was du hier schreibst.

Der-Waldler
Der-Waldler
Mitglied

RE: Asyl für russische Deserteure in Deutschland ?
geschrieben von Der-Waldler
als Antwort auf Rispe vom 30.09.2022, 17:27:43
...
Auch die ganzen Spekulationen, ob Putin nur blufft mit der Atombombe oder ob er wirklich dazu bereit wäre, sind so vollkommen überflüssig und nur nervig, weil alles nur auf Vermutungen beruht, auch bei vielen Talkshow-Gästen.
...

Hallo, Rispe,

ich kann mir vorstellen, dass das ein Ausdruck von Angst ist. Viele wagen es kaum, sich selbst einzugestehen, dass sie große Angst haben. Ich habe sie. Und ich gebe das auch offen zu. Ich habe Angst um uns, um mir nahe Menschen, aber auch generell um "die Menschen", um die nächste Generation, überhaupt um alle, die durch einen Despoten dermaßen in die Knie gezwungen werden sollen, und um die, an die niemand mehr denkt, weil alles sich auf diesen Krieg fokussiert. Wer spricht noch von Tigray, vom Jemen, von Syrien, von vielen anderen Orten? Wenn ich mir bewusst mache, dass der Globus an so vielen Stellen schon brennt, und dann ein Verbrecher zündelt und zündelt, dann habe ich schlicht eine Sch***-Angst. Wenn ich Fotos und Filme der Menschen in der Ukraine sehe, völlig verzweifelt, aber auch von vielen Menschen in Russland, die nun, wie Du beschriebst, oft gegen ihr Gewissen töten sollen und müssen,  schnürt es mir den Hals zu.

In der Psychologie gibt es das Phänomen, dass man die schlimmsten Angst-Szenarien immer wieder benennt, um (unbewusst) die Gefahren zu bannen oder zu minimieren ("Katastrophendenken"). Ich glaube, das passiert gerade bei vielen. Mir gelingt es noch meistens, das ganz bewusst zu stoppen, indem ich mir etwas Gutes tu, mir einen "problemlosen" Film anschaue, ein humorvolles Buch lese, oder auch spontan essen gehe, usw.. Aber diese Ablenkmanöver gelingen mir öfter als früher auch nicht...

DW

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olga64
olga64
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RE: Asyl für russische Deserteure in Deutschland ?
geschrieben von olga64
als Antwort auf Der-Waldler vom 30.09.2022, 18:07:42

Bei jedem äussert sich seine berechtigte Angst anders (und wer jetzt erklärt, er habe keine Angst, den stufe ich als LügnerIn ein).
Über die Grausamkeiten auch des Herrn Putin in Syrien spricht bis heute fast keiner - auch nicht in diesem Forum. Es gab eine Zeit, da musste ich mich monatelang DiskutantInnen gegenüber erwehren, weil ich die militärische Hilfe Putins diesem syrischen Schlächter gegenüber immer wieder anprangerte. Man wollte mich überzeugen, dass solche Freundschaftsdienste, also wenn es um das Abschlachten der eigenen, syrischen Bevölkerung geht, doch was ganz Normales und Erstrebenswertes seien.

Meine Befürchtung bei diesem Krieg ist aber auch ,dass er eine Vorbildfunktion für alle Diktatoren dieser Welt heute und morgen sein kann, die erfahren, das Grausamkeiten und Machtansprüche Einzelner sich doch lohnen können.
Bin jetzt auch gespannt, wer in Brasilien die Wahlen gewinnen wird: dieser unsägliche Bolsonaro oder Lula? Es ist immerhin die grösste Demokratie Südamerikas.
Meine Ablenkungsmanöver funktionieren immer schlechter; meist bin ich dann auch mit Leuten zusammen, die ähnlich verzweifelt denken wie ich und sich auch so ohnmächtig fühlen - eine Gefühlslage, die wir liberalen, informierten und doch lebensfrohen Menschen bisher so nicht kannten.
Auch meine Abwehrmassnahmen gegenüber Leuten ,die immer noch vemritteln wollen, dass an Putin viel Gutes dran sein soll und dieser Überfallkrieg in der Ukraine in Wirklichkeit von anderen augelöst wurde, sinken aber allmählich. Dafür fehlt mir allmählich die Kraft und auch die Lust, für andere, die nicht zu überzeugen sind, noch viel Energie aufwenden zu wollen. Olga

adam
adam
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RE: Asyl für russische Deserteure in Deutschland ?
geschrieben von adam
als Antwort auf olga64 vom 30.09.2022, 17:51:57

Putin erklärt, das grosse Übel seien die USA, die Russland ausradieren wollen.
Diese Sichtweise haben auch Deutsche oft, insbesondere in Ostdeutschland, wo ich aber diese seltsame Liebe zu Putin immer schon mit Antiamerikanismus übersetzt habe.
Ob er nun mit dem Einsatz von Nuklearwaffen droht oder Ernst macht - kann keiner ausser ihm beurteilen. Aber sollte es zu einem Gegenschlag durch drei Nato-Nuklearstaaten dann kommen, dürften wir -  wenn überhaupt - in einer völlig anderen Welt wieder aufwachen. Olga
Hallo Olga,

Stichwort sind Angst, Gefühle bei einnem Thema, das Vernunft fordert. Gefühle sind kaum kontrollierbar, es sei denn. man kommt ihnen mit Ratio. Asyl für russische Fahnenflüchtige? Ja natürlich. Dafür wurde unsere Asylgesetzgebung geschaffen. Aber kontrolliertes Asyl, d.h. kontrollierte Asylanten, fern ab von politischen Kontroll- und Entscheidungszentren mit beschränktem Bewegungsrecht, zeitlich begrenzt ohne Arbeitsrecht, ohne Nachzugsrecht für Angehörige.
Putin regiert über Angst, also Gefühle. Dem müssen wir die Ratio entgegensetzen. Es spielt keine Rolle, ob wir Angst vor Atomwaffen haben. Es sind dehalb nicht die Waffen, mit denen Putin uns beherrscht, sondern die Angst. Soll er drohen und mit der eigenen Angst fertig werden und mit der Angst der eigenen Bevölkerung.
Wir müssen unserer ostdeutschen Verwandtschaft die Angst nehmen, die sie innerlich an Russland bindet, Ratio, Vernunft verhindert, ja verbietet auch den Rassismus. Aufklärung, also Lernen ist auch hier das Stichwort. So schließt sich der Kreis.

--

adam





 
schorsch
schorsch
Mitglied

RE: Asyl für russische Deserteure in Deutschland ?
geschrieben von schorsch

Wenn Putin behauptet und verlangt, dass an den "Verhandlungstisch" zurückgegekehrt werden müsse, macht er dies nur im Wissen, dass er die Formulare bereits ausgedruckt hat, die Selensky nur noch unterschreiben müsste, dass er bedingungslos kapituliere - und die ganze Ukraine in die "Sowjetunion" zurückkehre.


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MarkusXP
MarkusXP
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RE: Asyl für russische Deserteure in Deutschland ?
geschrieben von MarkusXP
als Antwort auf schorsch vom 30.09.2022, 18:41:36
Wenn Putin behauptet und verlangt, dass an den "Verhandlungstisch" zurück gegekehrt werden müsse, macht er dies nur im Wissen, dass er die Formulare bereits ausgedruckt hat, die Selensky nur noch unterschreiben müsste, dass er bedingungslos kapituliere - und die ganze Ukraine in die "Sowjetunion" zurückkehre.
Ich weiß ehrlich gesagt auch nicht mehr über was Putin nun eigentlich verhandeln will Schorsch! Russische Pässe werden verteilt, Volksabstimmung mit 99% Zustimmung, Annexion und Eingliederung bei Mütterchen Russland ... wo soll da die Verhandlungsmasse sein, es sei denn, die Ukraine nickt alles ab!

Mit den letzten Aktionen hat Russland Pflöcke eingeschlagen, die jede Verhandlung blockieren! Die Sache ist so verfahren, dass mir die Phantasie fehlt, wie dieses Elend zu einem Ende kommen soll ...
MarkusXP
olga64
olga64
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RE: Asyl für russische Deserteure in Deutschland ?
geschrieben von olga64
als Antwort auf adam vom 30.09.2022, 18:38:23

Lieber Adam,

mit meiner Ratio kann ich Ihnen  uneingeschränkt recht geben - aber bei mir dominieren derzeit die Gefühle, die aus dieser monatelangen Unsicherheit und Unberechenbarkeit dieses kleinen Mannes im Kreml ausgehen. Soeben sah ich ihn wieder im TV, als er wiegenden Schrittes durch diese Goldtüren im Kreml eingelaufen ist und seine Annexions-Rede gehalten hat. Und draussen war Volksfest mit Gesang und Trara, während parallel junge Menschen in Busse und Flugzeuge verfrachtet werden, um sie auf ihre Todesfahrt zu schicken.
Meine Angst geht auch dahingehend,dass sich auch dadurch sukzessive alle Beteiligten überlegen werden, wie und wie intensiv sie der Ukraine noch helfen werden - auch bei Waffenlieferungen. Es ist ja zukünftig recht einfach, damit russisches Territorium zu treffen und weitere "rote Linien aus Putins Sicht" zu überschreiten.
Nicht umsonst hat heute nach der Rede Selenskij mit medialer Betreuung einen Aufruf an die Nato gestartet, die Ukraine umgehend aufzunehmen, "weil man einander vertraut und hilft".
Glaube eher, dass dies nicht geschehen wird und dass auch Selenskij das erahnt.
Aber sowohl er als auch Putin sind ihren Völkern gegenüber verantwortlich und müssen sich als vorzeitige Sieger dieses unseligen Krieges darstellen. Und das wird nach meiner Meinung noch lange so weitergehen.

Adam - ich versuchte jetzt, in meine vorhandene Gefühlswelt soviel Ratio einfliessen zu lassen, wie es mir derzeit möglich ist. Zu mehr bin ich momentan nicht fähig. Olga

adam
adam
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RE: Asyl für russische Deserteure in Deutschland ?
geschrieben von adam
als Antwort auf olga64 vom 30.09.2022, 19:13:29

Olga,

das verstehe ich nur allzu gut, in einer Welt, die von Gefühlen beherrscht wird.

Wir müssen uns allerdings überlegen, wie uns Putin schaden kann. Doch nur über unsere Angst, also über die Gefühle. Was passiert, wenn Putin wirklich taktische A-Waffen, biologische- oder chemische Kampfstoffe einsetzt? Er generiert für sich dieselben Folgen wie für seine Gegner. Ein Patt, die gleiche Situation wie vor dem Einsatz der tabuisierten Waffen. Nur ein Unterschied bleibt für alle Zeiten und gerade wir Deutschen können ein Lied davon singen. Putin wird für Russland dafür verantwortlich sein, das Tabu gebrochen zu haben.
Was können wir tun? Liefern wir der Ukraine so viel Leopard 2 wie möglich. Dieser Panzer ist meines Wissens nicht mit einem Nuklearschutz versehen, wie das Entwicklungsmodel A70. Aber der Panzer ist "watfähig", das heißt er funktioniert auch unter Wasser. Er ist also gegen die äußere Umgebung abschottbar und kann auch in verseuchtem Gebiet eine gewisse Zeit operieren. Das wäre für den Krieg ein Vorteil, den auch Putin berücksichtigen muß und ihn daran hindert könnte, die genannten Waffensyteme einzusetzen.
Derzeit Putin nachgeben hieße, den Krieg nach der Ukraine auf Nato-Gebiet zu ziehen. Putins imperialistische Politik gebietet das.

--

adam



 

olga64
olga64
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RE: Asyl für russische Deserteure in Deutschland ?
geschrieben von olga64
als Antwort auf adam vom 30.09.2022, 20:07:40

Lieber Adam,

ich habe es oft - hoffentlich überzeugend - dargestellt, dass ich keinerlei militärische oder waffenspezifische Expertise besitze und mir diese auch nicht aneignen möchte.
Ich bin auch immer noch auf dem Status, den ich seit Kriegsbeginn in der Ukraine hatte und habe, dass ich keine eigene Meinung dazu habe, ob es einem angegriffenen Land wirklich hilft, wenn immer mehr Waffen geliefert werden. Waffen bringen auch Tod und Zerstörung, egal von wem sie bedient und verwendet werden.
Diese meine innerliche Zerrissenheit ist Bestandteil meiner gegenwärtigen, persönlichen Problematik und verstärkt meine Unsicherheit bis hin zu Angst, was sich dieser kleine Mann im Kreml, der nichts mehr zu verlieren hat, als nächsten Schritt einfallen lässt. Gut,dass Leute wie ich hier keine weitreichenden Entscheidungen fällen müssen. Olga


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