Internationale Politik Die Kraft der Stille

Sein Bild war überall in den Medien zu sehen – und es ging eine große Kraft von diesem Menschen aus, eine Kraft mit der er auch andere überzeugen konnte, sich dem stillen Protest auf dem Taksimplatz, anzuschließen.

Wer ist er eigentlich?

Sein Name ist Erdem Gündüz – und dieses Stillstehen, gehört nur bedingt zu seinem Alltag – denn er ist eigentlich Tänzer und Choreograf.

Seinen friedlichen Widerstand, erklärt Erdem Gündüz mit den folgenden Worten:

"Einer meiner Gedanken war, dass ich die aktuellen Geschehnisse hinterfragen wollte, den Zustand hinterfragen wollte, was im Grunde jeder Künstler tut.
Und wenn es um den Tanz geht, dann muss man auch sehen, dass Stehen ebenfalls ein Ausdruck des Tanzes sein kann.
Genauso wie auch die Stille eine Musik sein kann."

Ja – die Stille kann ein viel überzeugenderer Protest sein, als das laute Skandieren von Parolen, begleitet von Armbewegungen die uns eigentlich auch an Drohgebärden erinnern könnten – und die m.E. alles andere als überzeugend sind.

Erdem Gündüz sagt weiter:

"Ich kenne meine Rechte. Wenn eine einzelne Person eine Aktion unternimmt, dann gibt es keine Probleme. Wenn es aber drei Personen sind, die irgendwo Tee trinken, dann können diese schon als eine Terrorgruppe bezeichnet werden, so ist die Rechtslage in der Türkei."

Erdem Gündüz bekam am 5. September den Medienpreis M100 in Potsdam – für seinen stillen Protest gegen die brutale Vorgehensweise der türkischen Polizei.

Man sollte auch erwähnen, dass der Künstler, auch wenn er damals wegen seines Stehvermögens verhaftet wurde, seinen eigenen Mut überlebt hat, anders als andere die auch protestiert haben.

Die Bilanz dieses Sommers: es gab vier Tote, mehr als 7000 Verletzte – ganz zu schweigen von der hohen Anzahl der Verhaftungen.

Dieses Beitrag stüzt sich auch auf Informationen des Senders 3sat (Kulturzeit) - da es mir unmöglich war, zu dem Zeitpunkt persönlich in die Türkei zu fahren...

Miriam

Eigentlich ist Aufmerksamkeit, sich auf etwas konzentrieren, immer mit Stille verbunden – und nicht mit Aktionismus.

Was mir außerdem wichtig erscheint, ist die Ansteckungskraft der Stille.

Zwar brüllen die Massen auch gerne wenn sie auf einem Vorbrüller treffen (wollt Ihr den totalen Krieg?) – aber im Nachhinein betrachtet, erscheinen diese nachgeahmten Brüllorgien, eher wie eine Karikatur.

Inne zu halten wenn um einen herum Aktionismus herrscht, benötigt viel Kraft.
Es ist auch eine Art gegen dem Strom zu schwimmen, trotz des kräftigen Sogs des Stromes – und auch eine Art Kräftemessen mit dem Strom zu wagen.

Meine Bewunderung gillt diesen mutigen Menschen, die manchmal auch viel riskieren - weil sie stundenlang, mitten auf einem belebten Platz oder an einer Brücke, regungslos stehen und die Stille zelebrieren.

Miriam

Der Mann hat mich auch begeistert ...er verkörpert den WIDERSTAND.

CHAPEAU!

Ja - erinnert ein wenig an dieses Bild:



- es ist erstaunlich welch innere Kraft Einzelne aufbringen können...

() qilin

1990 wurde von einem aus Bayern importierten Intendanten der in der DDR beliebte Jugendsender DT-64 abgeschaltet und der RIAS auf die angestammte UKW-Frequenz geschaltet. Spontan trafen sich in Dresden, Leipzig, Chemnitz, Berlin, Brandenburg etc tausende Jungendliche und setzen sich auf die Straßenbahngleise. Die Forderung war die sofortige Abschaltung des RIAS und Fortführung des Programms von DT-64. Immer wenn die Polizei einen von uns weggeschleppt hatte, kamen zwei neue aufs Gleis - der ÖPNV war lahmgelegt und viele Passagiere setzten sich solidarisch zu uns aufs Gleis.

Binnen 24 Stunden war DT-64 wieder auf Sendung und existiert auch heute noch als mdr-SPUTNIK.

Mareike

Tja lieber Dutch - schon toll. Einige Jahre vorher hätten sich diese Jugendlichen dies sicher nicht getraut, wenn Bautzen als Endziel gewunken hätte?
Diese Form der BEstzungen und des Wegtragens haben wir in den 68er Jahren ja praktisch erfunden und natürlich oft daran teilgenommen. Damals wollten wir ja alle Arbeiter dazu bekehren, sich nicht mehr ausbeuten zu lassen. Das Problem war nur, dass wir keine Arbeiter kannten und die wenigen, die mit uns sprachen, uns erklärten,dass sie nicht daran interessiert sind, weil sie ein Auto, ein Einfamilienhaus usw. kaufen möchten und zudem mehrmals im Jahr in Urlaub fahren wollen. Für theoretische Verbesserungsvorschläge von Studenten hatten sie einfach keine Lust. Das werde ich nie vergessen -war schon recht peinlich, was wir damals so gemacht haben. DAs war auch die Zeit, wo es in studentischen Zirkel chic war, die DDR als tollen Staat zu betrachten - wir mussten ja nicht mit dem Mangel und der Unfreiheit leben. Olga

1990 wurde von einem aus Bayern importierten Intendanten der in der DDR beliebte Jugendsender DT-64 abgeschaltet und der RIAS auf die angestammte UKW-Frequenz geschaltet. Spontan trafen sich in Dresden, Leipzig, Chemnitz, Berlin, Brandenburg etc tausende Jungendliche und setzen sich auf die Straßenbahngleise. Die Forderung war die sofortige Abschaltung des RIAS und Fortführung des Programms von DT-64. Immer wenn die Polizei einen von uns weggeschleppt hatte, kamen zwei neue aufs Gleis - der ÖPNV war lahmgelegt und viele Passagiere setzten sich solidarisch zu uns aufs Gleis.

Tja lieber Dutch - schon toll. Einige Jahre vorher hätten sich diese Jugendlichen dies sicher nicht getraut, wenn Bautzen als Endziel gewunken hätte?

Nunja - da sie gegen den RIAS, und dessen Einflussnahme auf die DDR-Jugend protestiert hätten, wäre der Staat sicher kulant mit Ihnen umgegangen.

Oh Mann Olga ...willst DUUUUUUUUUU mir erklären, wie ich mich als DDR-Jugendlicher gefühlt habe?
Ich habe dort gelebt und auf den Gleisen gesessen.

Wie überheblich bist DU denn drauf?

Dutchie, ich kann mich erinnern, wie der Intendant hieß. Er wollte auch das Sandmännchen eliminieren (die Ossis sagten dazu "mühlfenzeln" ), und das ist heute auch noch da .
LG - G.