Internationale Politik Gewaltige Explosion in Beirut (Libanon)
Mir wären Champignons lieber.
Karl
Zurück zum eigentlichen Thema:
Karl
Danke Karl, dass Du das Klavierspiel eingestellt hast.
Hab es im TV gesehen und gehört und war tief berührt, aber voller Verständnis.
Und mir fiel wieder Felix Mendelssohn Bartholdy ein. In einem Brief an seine Eltern schreibt er von seiner Italienreise und seinem Besuch bei einer "Generalin" in Mailand, Beethoven-Kennerin und -Freundin.
Dort bekam er erzählt:
ihnen ist ein Kind gestorben. Beethoven kam, drückte ihre Hände und sagte kurz:
wir machen Musik.
Setzte sich ans Klavier und spielte 2 Stunden ohne Unterlass.
Wohl dem, der im größten Schmerz musizieren kann.
Der Rest müsste eigentlich in (), aber ich find, es gehört dazu:
Die Generalin hat seitdem das Klavier nicht mehr geöffnet, bis - ja bis Felix kam und
spielte und sie setzte sich auch nach langer Zeit wieder ans Klavier.
der liebenswerte Felix Mendelssohn Bartholdy hats bewirkt.
Und ein General weinte vor Freude!
Clematis
Damit traf er den wesentlichen Punkt der Libanesen, die seit langer Zeit diesbezüglich auf einen Wandel hoffen und dafür demonstrieren, denn resignieren wollen die Menschen dort nicht. Eher wollen sie die Dinge selbst in die Hand nehmen, was vor einiger Zeit - bevor Corona ins Land schwappte- durch Demonstrationen gezeigt wurde.
Jetzt packen die jungen Libanesen mit ihren Aufräumeinsätzen kräftig mit an, um die schlimmsten Schäden zu beseitigen.
In Arbeitsbrigaden räumen sie den Schutt auf Laster oder versuchen in oberen Etagen von beschädigten Häusern eingeschlossene Menschen mit dem Notwendigsten zu versorgen und zeigen mit ihrem ausgeprägten Zusammenhalt ihre Solidarität, denn sie wissen, dass sie von der korrupten Regierung nichts zu erwarten haben.
Noch sind die Menschen in einem Schockzustand , aber nun ist zu erwarten, dass sich bald die Wut Bahn brechen und in Rebellion verwandeln wird.
Luchs35
WEnn man die Bilder gesehen hat, wo viele junge Menschen mit BEsen und Schaufeln versuchten,die Trümmer einigermassen zu beseitigen, sich aber niemand von der sog. Staatsmacht blicken liess, um evtl. Wasser und Nahrungsmittel zu verteilen oder ein Räumkommando einzusetzen, kann man auch die Sätze von Bürger verstehen,die gegenüber Monsieur Macron flehten, den eigenen Politikern kein Geld mehr zu geben.
Jetzt appelliert Präsident Diab an die Internationale Staatengemeinschaft , dem Libanon zu helfen.
Und- auch wenn vieles in dem Land hausgemacht ist - dürfen die 7 Millionen Einwohner des Landes nicht von der Weltgemeinschaft einfach im Stich gelassen werden.
Luchs35
BEirut ist bisher immer wieder aufgestanden, trotz 15 Jahre Bürgerkrieg, politische Attentate, Luft- und Sprengstoffanschläge - und dabei beherbergen sie noch ca 2 Mio Flüchtlinge.
Auch zum Ablauf der ca 3.000 Tonnen Ammoniumnitrat kann man heute interessante Details lesen:
Der grosse Frachter mit dieser Ladung landete am 23.9.2013 in Beirut an. Die Ladung war für die Fabrica de Explosivos de Mocambique bestimmt.
Das Schiff fuhr unter der Flagge der Republik Moldau und hatte eine 10-köpfige BEsatzung und setzte sich ab Georgien in Fahrt.
Der Eigner war ein Russem, der damals auf Zypern residierte.
Er gab vor, die Durchfahrtsgebühren für den Suezkanal nicht aufbringen zu können; das Schiff sollte im Libanon zusätzliche Fracht aufnehmen,damit mit diesem Erlös die Durchfahrt durch den Suezkanal bezahlt werden kann.
Doch die Maschinen passten nicht mehr in den Laderaum; ausserdem stellte eine Inspektion vor Ort gravierende technische Mängel fest.
Der Kapitän und drei weitere BEsatzungsmitglieder wurden 11 Monate nicht von Bord gelassen; die libanesischen Behörden wollten das Schiff und die gefährliche Fracht loswerden. Aber der Schiffseigner gab das SChiff auf und der Ladungseigentümer die Ladung. Es wurde weder Heuer noch Hafengebühren bezahlt.
Der frühere Schiffseigner und auch der Kapitän wiesen nach der Explosion jegliche Verantwortung von sich; man wäre ja weitergefahren, wenn man auf die Hafensteuer verzichtet hätte.
Irgendwann erkannen die libanenischen Behörden ,dass auch die als Geisel genommene Besatzung sich unter grosser Gefahr befand (dass auch Beirut unter einer solchen stand, bemerkte anscheinend niemand).
Man liess die Besatzung frei und deponierte die Ladung 2015 in einem Lagerhaus am Hafen. Obwohl vor der Gefährlichkeit seit 2014 gewarnt wurde, kümmerte sich niemand darum. Unsachgemässe Lagerung plus ungeeignetes Klima wurden schon damals warnend immer wieder erwähnt.
Man wollte die Ladung in einer Auktion verkaufen oder es der Armee übergeben ode einem privaten Sprengstoffhersteller. Nichts davon geschah.
Vor 6 Monaten inspizierte der Zoll erneut das Lager und warnte, dass dieses Ammoniumnitrat ganz Beirut in die Luft sprengen könnte.
Es wird vermutet, dass der jetzige Brand, der der veheerenden Detonation vorausging, durch SChweissarbeiten ausgelöst wurde. (Ammoniumnitrat explodiert nur, wenn es eine Zündquelle gibt mit grosser Intensität).
Französische Experten sollen jetzt aufklären; es handelt sich um Spezialisten, die 2001 das Unglück in Toulouse aufklärten, wo in einer Düngerfabrik Hunderte von Tonnen dieses Stoffes explodierten, wobei 29 Menschen ums Leben kamen.
Olga
Der Zorn der Menschen im Libanon wird wohl intensiv und rasant wachsen, sodass sich ein Bürgerkrieg abzeichnen könnte.
Bislang verliefen die Proteste relativ leise, aber nach dieser Katastrophe und dem Verhalten der Regierung darf man auf einen Ausbruch der angestauten Wut der Libanesen gefasst sein.
Die Hafenbehörden hatten davor gewarnt, das Ammoniumnitrat einfach eingelagert zu lassen und schlugen vor, es sofort weiterzuverkaufen. Aber es geschah nichts, es gab nicht mal eine Antwort.
Wenn sich der Schockzustand nach dieser Katastrophe beruhigt hat, sollte die libanesische Regierung sich auf eine "heiße Zeit" gefasst machen.
Luchs35
Wollen wir mal bei den Fakten bleiben: auch ein französischer Präsident kann nicht über die Regierung eines anderen Landes bestimmen - da würde er seine Rolle wirklich zu überbeanspruchen und ich bin auch sicher, dass die junge Bevölkerung im Libanon dies auch nicht beabsichtigt, hier Einflüsse von aussen zu akzeptieren.
Auch wenn er jetzt um Hilfe gebeten wird und "nur lächelt" - er wird vermutlich nicht die alte Regierung erschiessen, bzw. in das Gefängnis werfen lassen ,weil ihm dafür die Kompetenzen fehlen.
Mit Bürgerkrieg hat der Libanon leider Erfahrung; der letzte dauerte 15 Jahre.
Ich glaube eher, wer dort noch irgendwo Geld hat (und das sind ja relativ viele), wird das Land verlassen und anderswohin gehen. Dann bleiben die Alten, Kranken und vermutlich auch die,die immer prekär leben werden, weil ihnen die Voraussetzungen für ein anderes Leben fehlen.
Es wäre sinnvoll, die Menschen zum Bleiben zu animieren - trotz allem.
Macron ist natürlich in seinem Element. Abgesehen davon ,dass Frankreich eine klassische Rolle im Libanon spielt, sollte er aus diplomatischen Gründen irgendwann aufhören, in voller Lautstärke das dortige Regime anzuprangern. Denn die verhärten sich dann, treten überhaupt nicht mehr vor das Volk, sondern greifen zurück auf ihr sicher vorhandes, auf Schweizer Bankkonten deponiertes Vermögen und gehen ins Exil.
Und dann erhebt sich natürlich die Frage, die immer aufkommt in solchen Situationen: kommt was Gutes nach und woher sollte das kommen,bzw. warum schlummerte es so lange im Verborgenen? Olga
Dass es in dem Land nach einer Zeit der Ruhe wieder brodelt, ist verständlich, und diese auch von der Regierung mit verschuldete Katastrophe, nach der rund 300 000 Menschen ihr Zuhause verloren haben, wird seine Resonanz in diesem einst als die "Schweiz des Orients" bezeichneten Land finden.
Bei seinem Besuch ließ Macron keinen Zweifel daran, dass ohne Reformen das Land versinken wird, wenn die Korruption nicht beendet wird.
Immerhin warten die Libanesen seit Jahrzehnten auf einen Wandel, was immer wieder Aufstände mit sich brachte.
Luchs35
Hoffentlich enden dann solche Reformbemühungen nicht so wie beim sog. arabischen Frühling und auch der Libanon wird ein Land wie z.B. Libyen oder das Nachbarland Syrien. Die strategischen "Aufteiler", der Iran und Russland dürften schon vor der Grenze warten, um auch hier ihre Spielchen zu treiben.
Trotz der Sonntagsreden des Monsieur Macron - für die finanziellen Mittel, um dem Libanon zu helfen, benötigt er die EU - La France kann das aus bekannten Gründen nicht allein schaffen. Olga
Da kann ich mir so einiges vorstellen, Olga, wer nun mit Hilfsangeboten den Fuß in die Tür stellen will, denn alleine kommt der Libanon aus diesem furchtbaren Desaster nicht heraus. Ein zerstörtes Gebiet mit einer Bevölkerungsmenge von 300 000 nun obdachlosen Menschen wird wohl kaum soviel Anreiz bieten, dass sich andere Staaten darüber die Köpfe einschlagen, nachdem in den Nachbarländern ein Zustand herrscht, der kaum nachahmenswert sein dürfte.
Innerhalb des Landes dürfte aber ein neuer Bürgerkrieg zu erwarten sein, denn die Schuld für diese verheerende Katastrophe geht vor allem zulasten der verantwortungslosen Regierung, die jegliche Warnungen ignorierte.
Doch erst wird wohl in der Bevölkerung der Schock zu verdauen sein, bevor auch hier die Kämpfe beginnen, um die Regierung loszuwerden. Und hier ist wiederum die Frage, wen diese um Hilfe bittet - siehe Syrien, die Russland ins Land geholt hat.
Luchs35