Internationale Politik Liberale Strömungen im Islam

Karl
Karl
Administrator

RE: Liberale Strömungen im Islam
geschrieben von Karl
als Antwort auf adam vom 26.11.2017, 20:31:52

karl
Ich schrieb, dass ich es als sinnvoll ansehe, wenn wir die in ihrer Mehrheit friedlichen Muslime als Verbündete im Kampf gegen die Radikalen gewinnen. 

Der Kampf gegen die radikalen Islamisten ist meine Sache - und wohl auch Deine. Wieso ich Unterstützer gegen diese nicht suchen sollte, nur weil sie Muslime wären, verstehe ich nicht. Natürlich wäre ich froh, wenn die gemäßigten Muslime die Oberhand über die Radikalen gewännen. Deshalb muss ich doch nicht selber zum Islam konvertieren. 

Also ich wiederhole in aller Ruhe: Ich sehe es als sinnvoll an, die in ihrer Mehrheit friedlichen Muslime als Verbündete im Kampf gegen die Radikalen zu gewinnen. 

Karl

 
RE: Liberale Strömungen im Islam
geschrieben von ehemaliges Mitglied
als Antwort auf Karl vom 26.11.2017, 21:09:26
Also ich wiederhole in aller Ruhe: Ich sehe es als sinnvoll an, die in ihrer Mehrheit friedlichen Muslime als Verbündete im Kampf gegen die Radikalen zu gewinnen. geschrieben von karl
Ich häng mich hier mal mittig an.
Natürlich ist 'der islam' als solcher friedfertig.
Solange es nicht gegen den eigenen Glauben geht.
Falls aber doch - dann brennt der Busch aber.
Da können auch liberale Moslems zu Hyänen werden.
Und wenn sich die Machtverhältnisse ändern.

Ich würde damit deswegen meine Bedenken haben, mit (noch) Liberalen jedweder Coleur (nicht nur Glaubensgemeinschaftliche) zusammenzugehen.
Eine uralte, bewiesene Wahrheit ist ein russischer Spruch:
Dein Freund von heute kann Dein Feind vor morgen sein.
Und die Amies sagen dazu.
Schreite leise und bedächtig, aber trage immer einen dicken Knüppel bei dir.

Das gilt (für mich) sowohl für Christen als auch für Moslems, und auch für jegliche andere Art von Glauben. Auch im Geschäftsleben. Und ganz besonders in der Politik.

Ich wünschte, die Welt wäre anders und durchweg friedlich, aber ich erkenne durchaus, dass sie auch von Dummköpfen und Heissblütigen beeinflusst ist. Ich weiss auch wie es war, als auf mich geschossen wurde; die Narbe ist zu sehen.
mane
mane
Mitglied

RE: Liberale Strömungen im Islam
geschrieben von mane
als Antwort auf adam vom 26.11.2017, 10:06:18

Lieber Adam,

obwohl es in diesem Thread hauptsächlich um Beispiele für liberale Strömungen im Islam gehen soll, stimme ich vielen deiner kritischen und zweifelnden Gedanken zu. Ich habe eine Weile über deine Worte nachdenken müssen, hatte einiges geschrieben, um sie zu entkräften - und habe alles  wieder gelöscht.

Ein grundsätzlich nachsichtiger Umgang mit dem Islam und den Muslimen halte ich für falsch. Ich erinnere mich an die Ereignisse der Silvesternacht vor zwei Jahren auf der Domplatte in Köln. Es dauerte sehr lange, bis deutlich ausgesprochen werden durfte, was schon lange klar war. Nämlich, dass es junge Männer, überwiegend aus Nordafrika waren, die massenhaft Frauen sexuell belästigten. Schönrederei fand statt, denn die Taten durften nicht mit der Herkunft der Täter in Zusammenhang gebracht werden. Viele haben ein schlechtes Gewissen, besonders den Menschen aus der Dritten Welt gegenüber, andere haben Angst in die rechte Ecke geschoben zu werden.

Der syrische Politikwissenschaftler Bassam Tibi, ein gläubiger Muslim, ist der Meinung, dass islamische Bürger Deutschland nicht ernst nehmen. Die vielen Neuankömmlinge aus der Welt des Islam haben eine andere Erziehung genossen, wollen gerne hier leben, lehnen aber oft europäische Werte ab. Bassam Tibi setzte  sich viele Jahre für einen aufgeklärten, liberalen Islam ein und stellt sich aktiv dem weltlichen Herrschaftsanspruch der (gewalttätigen) politischen Ausprägung des Islam entgegen und kämpfte für einen integrationsfähigen Reformislam. Mittlerweile hat er seinen Optimismus verloren und hält den Euro Islam für gescheitert.

Bassam Tibi: Der Euro Islam ist gescheitert
Ich kapituliere. Den Euro-Islam wird es nicht geben. Er war eine schöne Hoffnung, aber die Realität ist leider eine andere. Das deutsche Modell, in dem die organisierte Religion von der Institution Amtskirche getragen wird, lässt sich nicht auf den Islam übertragen. Das wird nie gelingen.

Ich kann seine Worte nicht wirklich beurteilen, denke aber, dass ein syrischer Muslim einen anderen Einblick in das Geschehen hat, als manch anderer.

Weiter geht es mit liberalen Strömungen des Islam, die es reichlich gibt, auch wenn sie im Moment noch nicht zu großen Veränderungen führen werden – für „einflusslose Fünkchen“ halte ich sie jedoch nicht.
Du sprichst die liberale Moschee in Berlin an: Seyran Ates , die Gründerin, ist eine mutige Frau, die sich für die Rechte insbesondere muslimischer Frauen z.B. in sog. Ehrenmordprozessen eingesetzt hat. Hier ist ein kurzer Bericht, in dem sie erzählt, wie sich ihr Leben seit der Eröffnung verändert hat und was sie trotz allem weiter antreibt: Morgenmagazin
 
Hier ist eine kurze Einführung zu der ARD-Doku „Glaubenskrieger“.
 
Wer sie  sich anschauen will: Der Film zeigt junge Muslime, die sich für einen aufgeklärten Islam einsetzen. "Glaubenskrieger" ist ein dynamischer, manchmal etwas holpriger Film, der sich Zeit nimmt für die Familien, ihren Alltag und ihre Ansichten. Der lebhafte, charmante, dann wieder sehr ernste und nachdenkliche Hassan, ein Sohn irakischer Einwanderer, steht im Zentrum. Aber da sind noch Ahmed, der als ältester Sohn den Haushalt organisiert, während seine Mutter arbeitet und sein Vater im Irak gegen den IS kämpft. Oder Araik, die ihre Skepsis gegen die Aktionen überwindet. Araiks Mutter berichtete als Reporterin für einen irakischen Sender über die Aktionen der Gruppe.
Die Frauen sind verschleiert, die Männer beten - gemeinsam fordern sie, den Islam zu reformieren. "Wir müssen den Islam deutscher Identität aufbauen, einen Islam aus dieser Gesellschaft heraus, um mit euch friedlich zusammenleben zu können", ruft Hassan.
Mediathek: Glaubenskrieger
Mane
 

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Tina1
Tina1
Mitglied

RE: Liberale Strömungen im Islam
geschrieben von Tina1
als Antwort auf mane vom 23.11.2017, 23:43:32
Hallo Achill,

mit Rabeya Müller habe ich in diesem Thread, wo es um liberale Strömungen im Islam gehen soll, eine Muslimin vorgestellt, die auch Gründungsmitglied des Liberal-Islamischer-Bund  war. Weitere Stationen ihres Lebens sind: „Studium der Pädagogik, Islamwissenschaften, Ethnologie, Islam. Theologie, Mitarbeit im Bereich Religionspädagogik; langjährige Leiterin des Instituts für Interreligiöse Pädagogik und Didaktik (IPD Köln), Leiterin des FACIT- Projekts „Gendergerechtigkeit - interreligiös gedacht“  und so weiter und so fort.
Mane
 
geschrieben von mane
 Mane, es gibt auch in Deutschland viele muslimische Frauen, die sich für Frauenrechte einsetzen. Als Beispiel:Sabatina James, Frau Ates( Anwältin). Sie kümmern sich um Frauen die Gewalt u Diskriminierung in ihren Familien oder in muslimischen Verbänden erleben. Frauen die vor einer Zwangsheirat fliehen. Aber diese Frauen, die Projekte  bekommen keine Unterstützung vom Staat.

Die liberalen muslimischen Frauen u. Männer, die Frauen helfen wollen, die den Islam reformieren wollen oder die sich vom Islam getrennt haben, bekommen Morddrohungen. Und das in Deutschland. Frau Ates wurde vor Jahren von einem muslimischen Mann in den Kopf  geschossen, weil sie der Frau des Mannes helfen wollte.

All diese liberalen Muslime, die voll integriert sind, die den Islam reformieren wollen, wie es auch mit dem Christentum passiert ist, leben unter Polizeischutz u. das in Deutschland. Muslime, die die Freiheit u Demokratie in Deutschland aufrechterhalten wollen, weil sie froh sind, dass sie in einem Rechtsstaat, in Freiheit u. Selbstbestimmung leben dürfen, werden bedroht. Aber sie kämpfen trotzdem weiter gegen Verbote u Zwänge in ihrer  Religion, sie sind für Selbstbestimmung, Also jeder Mensch muss das Recht haben, die Religion wählen zu dürfen,  in der er leben will oder auch ohne Religion leben darf, auch wenn er als Muslim geboren wird. Das dürfen sie aber nicht. Darauf steht die Todesstrafe. Und in Deutschland bekommen diese Muslime Todesdrohungen.
Diese liberalen Muslime kämpfen gegen Unterdrückung der Frauen, gegen Zwangsverheiratung, gegen   Verbote u. Kontrolle der Sexualität, sie kämpfen gegen Geschlechtertrennung, wie man es in den Moscheen erlebt.
Vieles was im Namen der Religion u. Tradition verlangt wird, die Regeln, das Gesetz ist, hat in meinen Augen nichts mehr mit Religionsfreiheit zu tun, sondern es richtet sich gegen die Selbstbestimmung, gegen die Demokratie. Meine Meinung, die niemand teilen muss.

Mansour spricht einige Themen in dem Interview (Video) an.
. .
Tina

https://www.youtube.com/watch?v=kUPV056ciQE

Video : Im Dialog: Michael Krons mit Ahmad Mansour am 16.09.16
 
Tina1
Tina1
Mitglied

RE: Liberale Strömungen im Islam
geschrieben von Tina1
als Antwort auf mane vom 27.11.2017, 23:21:29

Lieber Adam,

obwohl es in diesem Thread hauptsächlich um Beispiele für liberale Strömungen im Islam gehen soll, stimme ich vielen deiner kritischen und zweifelnden Gedanken zu. Ich habe eine Weile über deine Worte nachdenken müssen, hatte einiges geschrieben, um sie zu entkräften - und habe alles  wieder gelöscht.

Ein grundsätzlich nachsichtiger Umgang mit dem Islam und den Muslimen halte ich für falsch. Ich erinnere mich an die Ereignisse der Silvesternacht vor zwei Jahren auf der Domplatte in Köln. Es dauerte sehr lange, bis deutlich ausgesprochen werden durfte, was schon lange klar war. Nämlich, dass es junge Männer, überwiegend aus Nordafrika waren, die massenhaft Frauen sexuell belästigten. Schönrederei fand statt, denn die Taten durften nicht mit der Herkunft der Täter in Zusammenhang gebracht werden. Viele haben ein schlechtes Gewissen, besonders den Menschen aus der Dritten Welt gegenüber, andere haben Angst in die rechte Ecke geschoben zu werden.

Der syrische Politikwissenschaftler Bassam Tibi, ein gläubiger Muslim, ist der Meinung, dass islamische Bürger Deutschland nicht ernst nehmen. Die vielen Neuankömmlinge aus der Welt des Islam haben eine andere Erziehung genossen, wollen gerne hier leben, lehnen aber oft europäische Werte ab. Bassam Tibi setzte  sich viele Jahre für einen aufgeklärten, liberalen Islam ein und stellt sich aktiv dem weltlichen Herrschaftsanspruch der (gewalttätigen) politischen Ausprägung des Islam entgegen und kämpfte für einen integrationsfähigen Reformislam. Mittlerweile hat er seinen Optimismus verloren und hält den Euro Islam für gescheitert.
Bassam Tibi: Der Euro Islam ist gescheitert
Ich kapituliere. Den Euro-Islam wird es nicht geben. Er war eine schöne Hoffnung, aber die Realität ist leider eine andere. Das deutsche Modell, in dem die organisierte Religion von der Institution Amtskirche getragen wird, lässt sich nicht auf den Islam übertragen. Das wird nie gelingen.

 
Mane
geschrieben von mane

Mane ich teile deine Meinung. Über Seyran Ates habe ich in meinem Kommentar geschrieben.
Tina
 
Tina1
Tina1
Mitglied

RE: Liberale Strömungen im Islam
geschrieben von Tina1
als Antwort auf Karl vom 26.11.2017, 19:35:13
Die Frage ist meiner Meinung nach, wie können wir die liberalen Strömungen und die nicht fundamentalistischen Ausrichtungen im Islam unterstützen. M. E. kann das nicht funktionieren, wenn wir sie einfach als nicht-existent definieren.
Karl
geschrieben von karl
Karl du hast recht. Aber es  gibt doch genug liberale Muslime, die in die Öffentlichkeit gehen,die den Islam reformieren wollen, Die für Demokratie für Selbsbestimmung sind. Die sich kritisch mit dem Islam auseinandersetzen, die vieles hinterfragen. Die Integration wollen u. keine Parallelwelten, Die sich für Frauenrechte u gegen Geschlechtertrennung stark machen Die ihre Religion privat leben, sie nicht das wichtigste ist, ihr Leben nicht bestimmt. Sie sind froh, dass sie in einer Demokratie leben dürfen  Also du hast doch liberale Muslime die du unterstützen kannst. Aber ich finde bei dir nichts, wo du diese liberalen Muslime je benannt hast. Wo du schreibst, dass es gut ist, dass Muslime jetzt in Dialog treten, über ihre Religion offen sprechen, sie gemeinsam ihre Religion reformieren wollen, so wie es mit dem Christentum  passiert ist. Wenn die Muslime nicht offen über alles reden, dikutieren, dann übernehmen die Rechtspopulisten u. Islamisten dasThema .

Vielleicht schaust du dir mal die Videos an, dann kannst du erfahren was Muslime sich von der Gesellschaft wünschen. Ich denke, dass ist doch das wichtigste, nicht was du oder wir wollen..Die Muslime sollen darüber entscheiden, was sie wollen oder nicht. Wir sollten uns als Nichtmuslime da nicht einmischen.

Und du kannst von  Samuel Schirmbeck bei Lanz erfahren, was er über viele Jahre in Ägypten erlebt hat u.. welche Veränderungen sich abgespielt haben. Und er äußert sich über die Diskussionen die in Deutschland stattfinden..
Tina
 


 

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adam
adam
Mitglied

RE: Liberale Strömungen im Islam
geschrieben von adam
als Antwort auf mane vom 27.11.2017, 23:21:29

Ich kann seine Worte nicht wirklich beurteilen, denke aber, dass ein syrischer Muslim einen anderen Einblick in das Geschehen hat, als manch anderer.

Weiter geht es mit liberalen Strömungen des Islam, die es reichlich gibt, auch wenn sie im Moment noch nicht zu großen Veränderungen führen werden – für „einflusslose Fünkchen“ halte ich sie jedoch nicht.
Du sprichst die liberale Moschee in Berlin an: Seyran Ates , die Gründerin, ist eine mutige Frau, die sich für die Rechte insbesondere muslimischer Frauen z.B. in sog. Ehrenmordprozessen eingesetzt hat. Hier ist ein kurzer Bericht, in dem sie erzählt, wie sich ihr Leben seit der Eröffnung verändert hat und was sie trotz allem weiter antreibt:
 
geschrieben von mane
Hallo mane,

danke für deine Antwort.

Dir sind die liberalen Strömungen im Islam wichtig und du hoffst, daß von ihnen Änderungen in Richtung eines reformierten Islam ausgehen. Der Meinung, daß dies gelingen könnte, bin ich nach wie vor nicht. Mir ist die Ortung dieser liberalen Erscheinungen wichtig und ich sehe sie in Deutschland, vielleicht noch Europa, nicht aber im Zentrum der islamischen Welt, von wo aus eine wirkliche Reform ausgehen müßte, also aus Mekka, Riad und Kairao. Was du anführst ist sicher bemerkenswert, hat aber meiner Ansicht nach mit dem Islam als Religion wenig zu tun, ist von den Machern eher eine Islammode, an westliches Leben angelehnt und kommt in Alibifunktion an die Öffentlichkeit, die Ohnmacht der hiesigen Gesellschaft gegenüber dem Islam kaschierend. Da sehe ich mich eher pessimistisch wie Bassam Tibi. Die Integration ist in 50 Jahren in weiten Kreisen Türkischstämmiger nicht gelungen, führte in Parallelgesellschaften und sie wird noch weniger beim Gros von Arabern gelingen, die sich nicht integrieren wollen.

Vorgestern habe ich spät nachts noch eine Dokumentation gesehen über eine saudische Poetin, die nur unter Pseudonym in Erscheinung treten kann und ihr Leben riskiert. An ihrem Beispiel kann man erkennen, wie das Bild des aktuellem Islam aussieht: Weit entfernt von liberalen Tendenzen. Edit: Die Ausnahmen bestätigen und festigen Jahrhunderte alte Regeln. Ein ähnliches Prinzip wie bei der Kath. Kirche.

Hissa Hilal - eine Stimme hinter dem Schleier Dokumentarfilm


--

adam
adam
adam
Mitglied

RE: Liberale Strömungen im Islam
geschrieben von adam
als Antwort auf Karl vom 26.11.2017, 21:09:26
Der Kampf gegen die radikalen Islamisten ist meine Sache - und wohl auch Deine. Wieso ich Unterstützer gegen diese nicht suchen sollte, nur weil sie Muslime wären, verstehe ich nicht. Natürlich wäre ich froh, wenn die gemäßigten Muslime die Oberhand über die Radikalen gewännen. Deshalb muss ich doch nicht selber zum Islam konvertieren. 

Also ich wiederhole in aller Ruhe: Ich sehe es als sinnvoll an, die in ihrer Mehrheit friedlichen Muslime als Verbündete im Kampf gegen die Radikalen zu gewinnen. 

Karl

 
geschrieben von karl
Karl, ich habe alle meine Beiträge im Thread in aller Ruhe geschrieben. ;-)

Nein, der Kampf gegen radikale Muslime ist nicht meine Sache. Er ist Sache der Polizei und der Justiz, allenfalls noch der Bundeswehr. Ich wiederhole noch mal: Wie käme ich dazu, mich für den Islam als Religion ins Zeug zu legen? Als Konfessionsloser verwahre ich mich gegen religiöse Belästigungen aller Art. Und verwechsle das nicht gleich wieder mit Ablehnung gegen Muslime. Das ist ein Unterschied. Das ist wie bei jeder zwischenmenschlichen Beziehung in der Gesellschaft. Wer von mir verlangt, nach seinem Konzept zu denken und zu leben, kann nicht mein Freund werden. Wer sich mir gegenüber anständig benimmt, den frage ich nicht nach der Religion. Das gilt natürlich auch für Muslime und dafür müssen sie nicht einmal radikal sein. Allerdings kenne ich keinen radikalen Muslim, mein marokkanischer Nachbar, samt angeblicher Frau, sind meine einzigen muslimischen Bekannten, streng gläubig, und trotz vieler Diskussionen kommen wir gut miteinander aus. Die Iraker, die wir im Haus hatten, sind wir nach zweieinhalb Jahren los geworden. Das hatte nur oberflächlich mit dem Islam zu tun. Das war ein krimineller Clan, der allerdings meine schlechten Erfahrungen mit islamischem Selbstverständnis geradezu perfekt ergänzt, ja bestätigt hat.

--

adam

 
Tina1
Tina1
Mitglied

RE: Liberale Strömungen im Islam
geschrieben von Tina1
als Antwort auf mane vom 27.11.2017, 23:21:29

Lieber Adam,



Weiter geht es mit liberalen Strömungen des Islam, die es reichlich gibt, auch wenn sie im Moment noch nicht zu großen Veränderungen führen werden – für „einflusslose Fünkchen“ halte ich sie jedoch nicht.
Du sprichst die liberale Moschee in Berlin an: Seyran Ates , die Gründerin, ist eine mutige Frau, die sich für die Rechte insbesondere muslimischer Frauen z.B. in sog. Ehrenmordprozessen eingesetzt hat. Hier ist ein kurzer Bericht, in dem sie erzählt, wie sich ihr Leben seit der Eröffnung verändert hat und was sie trotz allem weiter antreibt: 
Mane
 
geschrieben von mane
Liebe Mane,

wir kennen den Koran nicht, wir haben nie unter dem Koran gelebt u daher sind wir auf Muslime, auf Islamkenner, Islamgelehrte angewiesen, um mehr über den Koran u Islam zu erfahren. Muslime die sich jetzt öffentlich mit dem Islam beschäftigen, vieles hinterfragen, ihre Meinung zum Islam äußern, sind sehr mutig,
denn ein Muslim darf den Koran nicht hinterfragen, es ist das letzte Wort Gottes, es steht über alles. Das allein ist nichts Gutes, denn man verbietet das Denken der Muslime.

Wenn man sich vieles anhört oder liest, dann erfährt man, das der Koran alles beinhaltet, Gewalt u friedliches. Das kann man nicht trennen, es gehört zusammen. Der Islam ist auch immer politisch, da es in muslimischen Ländern keine Trennung zwischen Religion u Staat gibt. Über dem Koran entwickelt sich bei den Muslimen ein gewisses Islamverständnis, eine Ideologie. Es gibt also nicht den liberalen Islam, sondern nur liberale Muslime. Wenn Muslime friedlich ihren Islam leben, was die meisten tun, dann weis man aber nicht welches Islamverständnis sie innehaben u was sie an ihre Kinder weiter geben, siehe Parallelgesellschaften.
In der Richtung äußert sich Mansour. Deshalb sind Diskussionen über den Islam innerhalb der muslimischen Community sehr wichtig. Es ist wichtig, dass man den Kindern u Jugendlichen ein Islamverständnis anbietet, dass Demokratie nicht ausschließt. Man muss sie für die Demokratie, für die Selbstbestimmung begeistern. Ansonsten kann es zur Radikalisierung führen. Die Jugendlichen müssen die Möglichkeit in einer freien Welt haben, ihre Religion zu hinterfragen u zu kritisieren. Sie müssen selbst entscheiden dürfen, welchen Weg sie gehen wollen. Ohne dass sie von streng gläubigen Muslimen ausgeschlossen werden.
Tina
 
mane
mane
Mitglied

RE: Liberale Strömungen im Islam
geschrieben von mane
als Antwort auf Tina1 vom 29.11.2017, 07:45:37

Liebe Tina,

ich habe mir deine eingestellten Videos angeschaut und deine Kommentare dazu gelesen.

Ahmad Mansour beschreibt sehr einleuchtend, welche Rolle die Tabuisierung der Sexualität bei der Radikalisierung von Jugendlichen spielt. Er spricht von seinen eigenen Erfahrungen, als ihm jeglicher Umgang mit dem weiblichen Geschlecht als Sünde und schmutzig vermittelt wurde. Das führt zu Spannungen bei den Jugendlichen und manche suchen und finden Befreiung im Dschihad. Wenn Sexualität als etwas Sündhaftes gesehen wird, dann führt das dazu, dass kein normaler Umgang zwischen den Geschlechtern möglich ist.

Auch Ahmed Mansour spricht, ähnlich wie BassanTibi, darüber, dass viele Muslime die westliche Gesellschaft als schwach und inkonsequent ansehen. Werte und Gesetze werden nicht klar kommuniziert. Sie benehme sich z.B. rassistisch, wenn sie zulässt, dass Mädchen diskriminiert werden, weil sie nicht die gleichen Rechte wie Jungen haben. Es wird zugelassen, dass Mädchen nicht am Schwimmunterricht teilnehmen, dass sie nicht mit auf Klassenfahrt dürfen.  Das sei intolerant.

Samuel Schirmbeck war für die ARD 10 Jahre (bis 2001) Korrespondent in Algerien. Er erlebte hautnah den Wandel von einer westlich orientierten in eine islamische Gesellschaft mit.Er wehrt sich gegen die Behauptung, der Islam habe mit den Taten, die in seinem Namen geschehen, nichts zu tun. Er unterscheidet nicht zwischen Islam und Islamismus:

 „Der Islam hat für alles seinen Platz. Wir haben im Islam ganz wunderbar den freundlichen, toleranten Muslimen, dann habe wir den gemäßigten Islamisten, dann haben wir den extremen Islamisten, dann den missionierenden Salafisten, dann den Djihadisten, also den Salafisten, der aggressiv ist – und für all dies hat der Koran sozusagen eine Stelle – und deshalb geht es darum, den Islam vom Islamismus zu befreien. Die Vorstufe dazu wäre, dass man nicht leugnet, wie es hier getan wird, also von den Grünen und Linken vor allem, dass der Islamismus zum Islam gehört.“

Wie schon oft geschrieben, ist es falsch, alle Muslime unter Generalsverdacht zu stellen – die Mehrheit der Muslime sehe ich als friedlich an und weit entfernt vom Islamismus. Die Crux ist nur, dass sich die Minderheit der Islamisten genauso wie alle übrigen Muslime auf den Koran stützen, der sowohl als Botschaft der Liebe wie auch als Botschaft des Hasses verstanden werden kann. Die damit einhergehenden Widersprüchlichkeiten müssten aufgelöst werden, was nur die Muslime selbst machen können.
Mane
 

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