Internationale Politik Senioreninitiative in Japan

Karl
Karl
Administrator

Re: Senioreninitiative in Japan
geschrieben von Karl
als Antwort auf hafel vom 17.05.2011, 22:06:12
Sie sind für mich keine "Helden" sondern Opferlämmer, die freiwillig zur Schlachtbank gehen.
Das sehe und lese ich ganz anders. Die wissen, was sie erwartet und die wissen auch sehr genau, warum sie das tun. Ob ihr Tun sinnlos sein wird, kann ich von hier nicht wirklich beurteilen. Ich bin kein Kernphysiker, aber ich habe verstanden, dass die Errichtung eines funktionierenden Kühlsystems die Voraussetzung dafür ist, dass die Strahlung abnimmt. Darum geht es wohl. Ihr Ziel jedenfalls ist ein bewohnbares Japan.

Karl

hafel
hafel
Mitglied

Re: Senioreninitiative in Japan
geschrieben von hafel
@ Rolf:

das ist doch ein riesengroßer Unterschied. Ich verstehe nicht, wie Du so einen Vergleich hier anführst? Ungeschickter kann das Beispiel nicht mehr sein. Natürlich habe ich für die Feuerwehr allergrößten Respekt, das ist ohne Frage.

Nur was würdest Du denn denken, wenn die Feuerwehr öffentlich ausrückt und mitteilt, dass der Brand nur gelöscht werden kann in dem sie alle ihre Männer opfert…. Und das vorher bekannt gibt. Natürlich gibt es bei jeder guten Tat der Helfer auch Opfer; keine Frage. Hier wird der (meines Ermessen sinnlose) Opfergang noch angekündigt.

@ Karl:

Es wird für eine sehr lange Zeit kein unbelastetes Japan mehr geben. Noch heute, nach 25 Jahren Tschernobyl hat sich an der trostlosen Situation nichts geändert. Da muss man kein Kernphysiker sein, um zu begreifen, dass dieses Stück Japan für lange Zeit unbewohnbar bleibt. Für mich ist es noch erschreckender, wie schamlos die Betreiberfirma Tepco Regierung und Volk belogen hat. Sie wusste, dass bereits zwei Tage nach dem Unglück (im März!!) der SuperGau (die Kernschmelze) statt gefunden hat. Dem japanischen Volk reicht es dann wohl, wenn sich der Boss verneigt und "Sorry" sagt.

Hafel
senhora
senhora
Mitglied

Re: Senioreninitiative in Japan
geschrieben von senhora
Wieso „opfern“ diese Freiwilligen sich, ich lese sogar den Begriff „Selbstmörder“?
Es wird so getan, als fallen diese Menschen nach ihrem Einsatz alle tot um.

In Japan gehen die Menschen immer noch mit 60 Jahren in Rente, in Deutschland derzeit mit 65, demnächst mit 67 Jahren. Gesprochen wird schon über ein Renten-Eintrittsalter von 70 Jahren.
Im Ernstfall wären auch bei uns diese Jahrgänge, die sich in Japan freiwillig melden, alle noch mit in der Pflicht.

Von mir bekommen diese Menschen auf jeden Fall Respekt und Achtung, allein deshalb, weil sie freiwillig ein Risiko tragen wollen, welches sie nicht mehr übernehmen müssten.
Im Artikel sind ihre Überlegungen dargestellt, die ich gut nachvollziehen kann.

Senhora

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enigma
enigma
Mitglied

Re: Senioreninitiative in Japan
geschrieben von enigma
als Antwort auf senhora vom 17.05.2011, 23:44:58
Hallo Senhora,

wenn nicht klar wäre, dass das geplante Hilfsprogramm der japanischen Senioren-Initiative mit Lebensgefahr verbunden sein kann - kurzfristig oder in Raten - gäbe es die Pläne für diese Aktion überhaupt nicht.
Das steht doch wohl außer Zweifel.

Und dass diese Gefahr auch von den hier Schreibenden gesehen wird, teilt sich in jedem einzelnen Beitrag in diesem Thread mit, den es ohne diesen Hintergrund doch überhaupt nicht gäbe.

Wie viele Todesfälle oder Erkrankte es unter den (“freiwillig -verpflichteten”?) Helfern in Fukushima nach Einsätzen vor oder in den verstrahlten Reaktoren bereits gegeben hat, ist letzten Endes unklar, weil vermutlich immer noch einiges unter der Decke gehalten wird.

Den Freiwilligen, die sich an einer solchen Senioren-Aktion beteiligen wollen, gehört auf jeden Fall meine Hochachtung, denn sie wissen mit Sicherheit, worauf sie sich einlassen würden.

Enigma

schorsch
schorsch
Mitglied

Re: Senioreninitiative in Japan
geschrieben von schorsch
als Antwort auf ehemaligesMitglied23 vom 17.05.2011, 17:52:12
Ich gehe mal davon aus, dass nicht mal 1 % der Senioren, die sich für den Einsatz melden, tauglich wären; Untaugliche einzusetzen wäre unverantwortlich, sie könnten mehr schaden als nützen.

Dann fehlen mir im Moment Rückmeldungen aus Fukushima, ob der Aufruf eines Einzelnen oder einer kleinen Gruppe von dortigen Senioren überhaupt einen Erfolg hatte, resp. wie das Echo darauf in Japan selber war;

- haben sich weitere Senioren gemeldet?

- wie hat Tebco darauf reagiert?

Und als Letztes - aber für mich Wichtigstes: Wer von den Tebco-Oberen hat sich bis dato zu einem freiwilligen Einsatz gemeldet?
Mitglied_bed8151
Mitglied_bed8151
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Re: Senioreninitiative in Japan
geschrieben von ehemaliges Mitglied
als Antwort auf schorsch vom 18.05.2011, 09:19:05
frage nicht, was TEPCO für dich tut. frage dich, was du für TEPCO tun kannst.

--
Wolfgang

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adam
adam
Mitglied

Re: Senioreninitiative in Japan
geschrieben von adam

Die ursprüngliche Frage Margits lautete: Ist das nun "typisch japanisch" oder wäre ein solches Verhalten auch in unserer Kultur vorstellbar?

Dazu nochmal meine Antwort: Ja, dieses Verhalten wäre in unserer Kultur auch vorstellbar.

Beweisen kann ich meine Vermutung nicht, der Gegenbeweis dürfte aber ebenso schwierig werden.

--

adam



hafel
hafel
Mitglied

Re: Senioreninitiative in Japan
geschrieben von hafel
als Antwort auf senhora vom 17.05.2011, 23:44:58
@ Senhora:


Ich bewundere Deine Naivität in dieser Frage. Das Grausame am Strahlentod ist der schleichende, langsame Tod, der sich über einen langen Zeitraum hinziehen kann. Das gab es ja auf der Welt alles schon einmal. Vielleicht schaust Du mal in den Spiegelbericht.

Wie würdest Du es denn anders benennen, wenn sich jemand, bei Bewustsein seiner Tat, Gift einnimmt, was langsam, aber todsicher, wirkt. Ist das kein Selbstmord?

Ich kann nur über so eine Aussage: "die fallen ja nicht sofort tot um" wundern. Was ist das nur für eine Einstellung?

Hafel











Re: Senioreninitiative in Japan
geschrieben von ehemaliges Mitglied
als Antwort auf enigma vom 18.05.2011, 07:16:49

Den Freiwilligen, die sich an einer solchen Senioren-Aktion beteiligen wollen, gehört auf jeden Fall meine Hochachtung, denn sie wissen mit Sicherheit, worauf sie sich einlassen würden.
Enigma

Diese Menschen haben nicht meine Hochachtung, sondern in erster Linie mein Mitleid. Denn sie wissen mit Sicherheit nicht (Karl behauptet das ja auch), worauf sie sich einlassen.
Sie gehen in ein havariertes Kernkraftwerk nach einem Supergau! Alte Menschen! Ihre Absicht ist ehrenwert und rührend, das ja, ich verurteile sie nicht, aber sie tun mir leid, denn „sie wissen nicht, was sie tun“, das glaube ich wirklich.
Hafel hat recht: Die Regierung und Tepco dürften dieses Opfer nicht annehmen.
Und er hat nochmal recht, wenn er sagt, dass dieses Wir" aus der "unfreien" Gesellschaft kommt.
Zu mir hat eine Bekannte, der ich das erzählt habe und die genauso entsetzt war wie ich, gesagt: „Das ist auch eine Art Kadavergehorsam, darauf sind diese Menschen gedrillt“.
Und das sollen wir bewundern? Nein, ich bin weiterhin empört! Empört darüber, dass alte Menschen so verheizt werden und dass dies hier seine Billigung findet vom sicheren unverstrahlen Schreibtisch aus.
Es ist obendrein grenzenlos naiv zu glauben, das Opfer von alten Menschen würde einen Sinn machen. Sie können mit ihrem guten Willen kein verstrahltes Gebiet reinigen, und kein einziger Japaner von den Jungen, für die sie es tun, wird dadurch länger leben. Die ganze Gegend ist verstrahlt und wird es über viele Generationen bleiben. Das kann eine liebe, gutwillige Oldiegruppe, die nun für Volk und Vaterland, aber vor allem für einen korrupten Konzern und eine offensichtlich unfähige Regierung verheizt wird, leider nicht retten. Die sind rührend, aber bemitleidens- und nicht bewundernswert.


enigma
enigma
Mitglied

Re: Senioreninitiative in Japan
geschrieben von enigma
als Antwort auf ehemaliges Mitglied vom 18.05.2011, 10:03:13
Hallo Marina,

nun, da sind wir - zumindest teilweise - anderer Meinung.

Aus meiner Sicht möchte ich es noch einmal so formulieren:
Ich bewundere die Senioren und ich bemitleide sie gleichzeitig, gerade weil ich davon ausgehe, dass sie sehr genau wissen, was sie tun - und es auch von ihrer Qualifikation her tun können, wenn ich den von Margit eingestellten Artikel richtig in Erinnerung habe. Weil sie alt sind, wollen sie die geplanten Aktionen eben im Team angehen.

Aus meiner Sicht sind das absolut keine “Schafe” oder auch nur “liebe und gutwillige Oldies”, sondern Menschen, die den kommenden Generationen dieses “Opfer” bewusst bringen wollen, gerade weil sie wissen, dass von den Betreibern und auch von der japanischen Regierung höchstwahrscheinlich nicht viel zu erwarten ist.

Da muss ich - wie andere Foristen auch - fragen: Ist das wirklich so schwer nachzuvollziehen, dass Menschen eine völlig andere Reaktion erbringen als sie höchstwahrscheinlich bei uns kommen würde?
Adam meint ja sogar, dass eine solche Aktion auch in D möglich wäre.
Möglich, das kann man eben nicht genau wissen, obwohl ich eher denke, dass das nicht der Fall sein würde.

Ich glaube nicht, dass wir das, was die japanischen Senioren tun wollen, nach unseren Maßstäben moralisch bewerten können oder sollten?
Sie haben eben eine völlig andere Vorstellung von dem, was sie für die Gesellschaft, also für die Menschen, vor allem die nachkommenden Generationen, nicht für die Obrigkeit und die Betreiber, tun sollten.

Es geht nicht darum, dass die nähere Umgebung von Fukushima wieder bewohnbar wird. Es ist klar, dass das wahrscheinlich nie mehr der Fall sein wird.
Aber es geht darum, noch Schlimmeres zu verhindern, denn die Reaktoren sind ja immer noch eine tickende Zeitbombe.

Woraus schließt Du übrigens, dass Karl auch der Meinung ist, dass die Senioren da nicht wirkungsvolle Hilfe leisten könnten?
Das habe ich nirgendwo gelesen.

Grüße an Dich
Enigma


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