Wirtschaftsthemen ungehörter weckruf

sittingbull
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ungehörter weckruf
geschrieben von sittingbull
" Die einzige Pflicht, die wir der Geschichte gegenüber haben, ist, sie umzuschreiben. "
Oscar Wilde

ungehörter weckruf

sitting bull
schorsch
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Re: ungehörter weckruf
geschrieben von schorsch
als Antwort auf sittingbull vom 24.08.2012, 10:34:48
Zitat aus dem Link: "....die Weichen für unsere und die europäische Zukunft werden heute gestellt....".

Sie sind schon lange gestellt - und blockiert. Sie können nur noch mit Brecheisen umgestellt werden!
carlos1
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Re: ungehörter weckruf
geschrieben von carlos1
als Antwort auf schorsch vom 24.08.2012, 10:41:47
"Die Eurozone hat den entscheidenden Konstruktionsfehler, dass sie keinen systemimmanenten Schutzmechanismus gegen die Unfähigkeit der politischen Eliten beinhaltet. Die deutsche Politik hat die europäische Idee aus den Augen verloren und nicht erkannt, welche Chancen eine Gemeinschaftswährung bietet und welche Wirtschafts- und Finanzpolitik notwendig ist, um Europa wirtschaftlich zusammenwachsen zu lassen."


Der Beitrag von sittingbull gehört eher zum Thread "Quo vadis Euro-Land?" Dort wurde in einer großen Zahl von Beiträgen schon auf im "Weckruf" angesprochenen Punkte eingegangen. u.a. auch zum Thema Konstruktionsfehler der Eurozone.

Niemand zweifelt daran, dass es "Konstruktionsfehler" gibt. Ausgerechnet die deutsche Politik soll nun aber die europäische Idee aus dem Blick verloren haben. Es gab keinen überzeugteren Europäer als Kohl. Auch er konnte Mitterand nicht von einer weitergehenden politischen Union überzeugen. Ebenso wenig andere Staaten. Die Europapolitik zeigt deutlich seit 60 Jahren, dass der entscheidende Schritt zu einem engen Zusammengehen in Europa nicht über wirtschaftliche Interessen zu leisten ist.

Die Währungsunion bot die Chance für weitere Schritte auf dem Weg zur Integration nur bei weiterem Souveränitätsverzicht. Dtld stand aber wie seit Jahrzehnten allein, wenn es um mehr Souveränitätsverzicht und engere Zusammenarbeit ging. Wer hat denn die europ. Verfassung abgelehnt in einer Volksabstimmung? Eurozone bot den Vorteil für viele Südstaaten billig an Kredite zu gelangen. Die Klage Italiens und Spaniens die Zinsen für neu aufgenommene Staatsanleihen von rund 6% seien zu hoch, sind unverständlich im Hinblick auf das Zinsniveau vor Euroeinführung von 10% bis 14%. Italien erhielt erstmals seit Kriegsende mit dem Euro eine harte Währung und dazu ein für italienische Verhältnisse ungemein günstiges Zinsniveau. Dies war der Grund dafür, dass die italienische Mafia (ein gewaltiger Konzern mit 360 MRD $ Umsatz Ende der 90er Jahre) so vehement für den Euro eintrat. In Griechenland stiegen die Löhne nach Euroeinführung um 70%. Leben auf großem Fuß, aber durch Pump. Das sollen allein die Chancen der gemeinsamen Währungspolitik gewesen sein? Wo bleibt die Verantwortung gegenüber der Gemeinschaft? Die Griechen waren bis zur Krise Hauptnutznießer des Euro. Leider stieg damit auch das Preisniveau. GR ist mit der Türkei z. B. im Tourismus nicht mehr konkurrenzfähig, weil zu teuer. Die Schuldenlast ist nur Ausdruck für dies Ungleichgewicht.

Eine Gemeinschaftswährung bietet auch Chancen für ein Zusammenwachsen (s. Text). Richtig. Chancen gehen aber immer auch mit Risiken einher. Wo Chancen sind, muss es weiterhin auch Verantwortung geben. Es kann nicht sein, dass die Erhöhung des Lebensstandards einiger souveräner Staaten auf Dauer durch andere finanziert wird. Die Rückführung des Preisniveaus ist natürlich eine schrecklich und bietet die Möglichkeit an Solidarität zu appellieren.

Oscar Wilde kann ich nicht zustimmen. Wieso sollen wir gegenüber der Geschichte eine Pflicht haben? Wir müssen verhindern, dass schlimme Entwicklungen nicht eintreten. Geschichte muss deshalb nicht umgeschrieben werden. Sie wird ohnehin von jeder Generation neu geschrieben. Die Idee Europa entspringt dem Grauen der beiden Weltkriege. Es waren Männer wie deGaulle und R. Schuman zusammen mit Adenauer die nach dem Krieg den Weg der Versöhnung und Zusammenarbeit beschritten. Die Nachkriegsgeneration, die den Aufbruch in eine Zeit der Zusammenarbeit der Volker nach dem Krieg bewusst erlebt hat, verschwindet langsam von der Bildfläche. Einer neuen Generation von Politikern ist die Europaidee kein Herzensangelegenheit. Das gilt für alle Staaten. Für die Bürger der neuen Bundesländer, die in einem anderen sozialen Umfeld aufwuchsen gilt das Gleiche. Es geht heute in der Politik vor allem ums Geld, es geht ums richtige Krisenmanagement, um das Implementieren von ökonomischen, politischen, juristischen Mechanismen, die die Bürger eher als Bedrohung wahrnehmen denn als Rettung. Dabei ist Europa doch schon ein gutes Stück vorangekommen. Die Europäer lernen sich kennen. Vielleicht erwächst aus Krisen etwas wie eine europ. Identität?? Europa muss auch von unten her wachsen. Wer würde denn einen Herrn Venizelos oder den Herrn Samaras in GR kennen, wenn es die Krise nicht gäbe? .......... etc. ..........

Schorsch meint, dass "....die Weichen für unsere und die europäische Zukunft werden heute gestellt....". Das ist m. E. trivial, weil die "Weichen" immer in die Zukunft gestellt werden. Das "Heute" gibt es eigentlich nicht. Es gibt die Vergangenheit und die Zukunft. Wie lange dauert denn der jetzige Augenblick? Das Heute ist nur eine Metapher für einen Übergang, der nicht messbar ist als Größe. Wir müssen nicht vom Heute ausgehen, sondern von der Vergangenheit und aus ihr heraus die Zukinft gestalten. Da ist ein Weckruf durchaus angebracht.
Karl
Karl
Administrator

Re: ungehörter weckruf
geschrieben von Karl
als Antwort auf carlos1 vom 15.09.2012, 10:47:05
Das Heute ist nur eine Metapher für einen Übergang, der nicht messbar ist als Größe. Wir müssen nicht vom Heute ausgehen, sondern von der Vergangenheit und aus ihr heraus die Zukinft gestalten. Da ist ein Weckruf durchaus angebracht.
Dein Satz klingt trivial, aber er beinhaltet das Problem. Wir können nur aus der Vergangenheit Wissen über Möglichkeiten in der Zukunft gewinnen. Kein Wunder, dass unsere Entscheidungen manchmal falsch sind.

Ich stimme nicht mit dem Autor hinter SBs Link (Jens Berger) überein, wenn es schreibt "Die Eurokrise geht ins dritte Jahr und die immer aussichtslosere Entwicklung hat mittlerweile den Optimismus verdrängt." Ich bin immer noch nachhaltig optimistisch und glaube sogar, dass sich in Euroland die Lage entspannt hat. Die Krise dürfte aber weiter wandern nach China, was uns auch nicht unberührt lassen wird.

Karl
david
david
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Re: ungehörter weckruf
geschrieben von david
als Antwort auf Karl vom 15.09.2012, 16:22:57
Man kann das Leben nur rückwärts verstehen, aber man muss es vorwärts leben.

Sören Kierkegaard

bf

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