Angeln

…. Der Mensch, ob alt er oder jung,
braucht Freiezeitbeschäftigung,
weil, wer sich nicht beschäftigt hält,
bestimmt in Depression verfällt.
…. Der Möglichkeiten gibt es viele:
Brett-, Karten- und Gesellschaftsspiele,
Gedichte oder Briefe schreiben,
sich Bier mit Eisbein einverleiben,
radfahren, wandern, segeln, schwimmen,
den Gipfel des Mont Blanc erklimmen,
die Tasten des Klaviers behämmern,
den Hund ausführn beim Morgendämmern,
verwundert in den Himmel starren,
auf das, was niemals eintritt, harren, -
woraus hervorgeht: Kaum ein Tun
ist gegen Hobbytum immun.
Schnell oder langsam, spät und früh,
allein, zu zweit, jetzt oder nie,
wenn so ein Hobby erst gefällt,
ist es das schönste auf der Welt.
Der Täter leistet jeden Schwur:
Dies, dies allein und dieses nur.
…. Ein feste Burg und edler Hort
des Hobbys ist der Angelsport,
dem, einzeln oder im Verein,
sich treu die Petrijünger weihn.
…. Da steht ein Mensch am Rand des Teiches
gleich wie am Tor des Himmelreiches,
in eine Regenhaut gehüllt,
von Hoffnung und von Wahn erfüllt,
und wartet stumm, dass in der Nähe
das Unwahrscheinliche geschähe.
So steht er da und starrt ins Leere,
als ob das Leere alles wäre.
Versunken ist die Gegenwart.
Die Zeit verrinnt. Er steht und starrt.
Er steht und starrt, er starrt und steht.
Minuten tropfen, Zeit vergeht.
…. Da ruckt es an der Angelschnur.
Es zuckt sein Arm, doch wenig nur.
Die Wellen plätschern, Zeit verrinnt.
Er steht und starrt und starrt und sinnt.
Das Wasser plätschert vor sich hin.
Man wüsste gern: Ist etwas drin?
,,,, Schon wieder ruckt es an der Leine.
Der Angler zuckt, doch nur zum Scheine.
Er steht versteinerten Gesichts.
Denn nichts geschieht, es tut sich nichts.
Er starrt aufs kaum bewegte Nass
bewegungslos und ohne Hass,
fest überzeugt und unbeirrt,
dass er der Sieger bleiben wird.
,,,, Es plätschert leise. Viele Stunden
sind unbemerkt dahingeschwunden.
Bis es auf einmal wieder ruckt,
worauf der Mensch zusammenzuckt,
doch konzentrierter als vorher.
Man merkt sofort, es geht um mehr.
Er reißt die Angel scharf nach oben.
Sein Gleichmut ist wie weggestoben,
ein Bündel von Begeisterung.
Er sprüht von Energie und Schwung,
stemmt seine Füße in den Sand,
Gemüt und Muskeln angespannt,
spreizt wie ein Ringer seine Beine,
zieht stark und heftig an der Leine,
kein Zweifel, durch verstärktes Ziehen
kommt jetzt der Lohn für seine Mühen.
,,,, Neugier und Staunen ringsumher.
Er zieht,- jedoch die Schnur ist leer.
Ihn stört es offensichtlich nicht,
denn unbewegt bleibt sein Gesicht.
Kein Schrei des Zorns, nicht einmal „schade“.
Er greift nach einer neuen Made,
spießt sie am Angelhaken auf,
ein neues Spiel nimmt seinen Lauf.
…. Der Dichter aber schleicht sich fort
voll Achtung vor dem Angelsport


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Kommentare (8)

ladybird

Köstlich zu lesen...(kleine Nachhilfe für Angler..)
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mit Gruss ladybird

silesio

@ladybird  
Und du lieferst uns, um uns den Mund wässrig zu machen, eine Tabelle der möglichen Sorten

ehemaliges Mitglied


Wenn man ungestört bleiben will, ist so eine Angelschnur sicher sehr hilfreich. Ich mag es aber nicht, wenn ein Fisch an der Angel um sein Leben kämpft.

Ich sitz auch ohne Angel gerne am Wasser und die Gedanken kommen und gehen, scheinen  im Wasser zu versinken und Stille stellt sich ein.
Hin und wieder angle ich dann einen interessanten, gebadeten Gedanken wieder heraus und bin zufrieden.


liebe Grüße
WurzelFluegel
 

silesio

@WurzelFluegel  
Wunderschön am Wasser, egal, ob es windstill ist oder stürmt. Die Bewegungen übertragen sich auf die Phantasie und zaubern immer neue Bilder

Tulpenbluete13

Hallo Christoph

Es gibt zweierlei Menschen: die die Angeln und die die nicht Angeln.

Ich gehöre zur zweiten Spezies und bewundere immmer die Angler die den ganzen Tag tiefenentspannt (so wirkt es für mich) ins Wasser starren.

Und wie die es - wie immer brillant- in Verse gefasst hast, kommt es den meisten nicht auf den Fang an....viele geben diesen weg und manche mögen gar keinen Fisch (Vielleicht haben sie ihn auch langsam satt...???.)

Vielleicht sollten alle Ungeduldigen Angeln damit sie evtl. ruhiger werden????

Beim Lesen Deines Gedichtes keimte in mir der Verdacht auf daß Du - nachdem Du Dich so gut auskennst- zu den Angler zählst??

Egal wie auch immer, ich habe Dein Gedicht schmunzelnd gelesen..es ist einfach köstlich..

Petri heil
ruft Dir und allen Anglern zu
Angelika😃
 

silesio

@Tulpenbluete13
Petri Dank!
Nein, ich habe nie einen 79 kg schweren Hecht gefangen, dessen Foto dann durch sämtliche Internetseiten gegangen ist.
Aber ich kann
 mir gut vorstellen, wie ich acht Stunden ins Wasser, also ins Nichts starre -
und die Zeit vergesse

Roxanna

Geduld ist des Anglers Stärke
mit ihr geht stets er zu Werke,
merkt gar nicht wie die Zeit vergeht,
während er dort am Wasser steht.

Vielleicht kommt es auf's Fischen gar nicht an,
möglich, er will nur mal Ruhe haben, dieser Mann.
Oder er denkt sich einen Reim aus für'n ST,
wahrlich er ist gelungen, wie ich hier seh'. 😁

 
Lieben Gruß
Brigitte

silesio

@Roxanna
Angler sind oft Philosophen. Deshalb geben sie die geangelten Fische oft wieder der nassen Freiheit zurück 


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