Wie wunderbar ist doch ein Bett.
O wenn doch jeder eines hätt!
Zwei Meter lang, ein Meter breit,
der Gipfel an Bequemlichkeit,
die Festung der Intimität,
wohin kein Hauch von außen weht.
Da ist Genuss und Freude nur,
Erholung und Entspannung pur
am Tage, noch mehr in der Nacht,
ob Neumond herrscht, ob Luna lacht,
ob´s stürmt, ob´s regnet oder schneit,
bei Sonnenschein und Dunkelheit.
   Wer seine Nacht im Bett verbringt,
weil Müdigkeit ihn dazu zwingt
zumal er wieder viel zu spät
am Abend vorher schlafen geht,
merkt in der Regel irgendwann,
dass es im Bett sehr nett sein kann,
so kuschelwuschelwischelweich,
ein Vorgeschmack vom Himmelreich.
   Jedoch am Morgen, wenn die Welt
sich kaum von Osten her erhellt
und er, von Engelchen umsäumt,
unsagbar süße Sachen träumt,
obwohl die Welt im Allgemeinen
nicht süß ist, sondern mehr zum Weinen,-
wenn also durch das Traumgefild
ein schrecklicher Alarmton schrillt,
als ob das strafende Gericht
am jüngsten Tag der Welt anbricht,
fährt diesem Menschen immer wieder
Erbitterung durch Geist und Glieder.
Und während die Geräusche schwellen,
sucht er sich blind und taub zu stellen,
was aber keineswegs gelingt,
weil dieser Ton selbst Stahl durchdringt.
Er bohrt sich hartnäckig-gemein
ins Inn´re des Gehörgangs ein,
gleich spitzen Nadeln oder Speeren,
die leicht das Trommelfell versehren.
   Er kann nur mühsam an sich halten,
nicht in der Lage umzuschalten
von dem, worin er sich befand,
vom Dämmer- in den Wachzustand,
weshalb er wütend und erregt
auf unsichtbare Feinde schlägt,
die sich partout nicht schlagen lassen.
   Allmählich schafft er´s, sich zu fassen.
Die Nacht in ihm, die Nacht um ihn
beginnt sich schon zurückzuziehn,
obwohl der Ort, wo er sich bettet,
ihn weiterhin fest an sich kettet.
Er fühlt sich innerlich zerrissen
im warmen Pfuhl der weichen Kissen,
und wenn er sich auch heftig schämt,
zeigt sich sein Willen wie gelähmt.
Er, weiß, die Stunde hat geschlagen,
jetzt oder nie muss er es wagen;
er muss es tun, jetzt oder nie,
es gibt nur eine Therapie,
sofort muss er die Chance ergreifen,
die warme Decke abzustreifen,
um einzutauschen seinen Himmel
mit jenem irdischen Getümmel,
was man gemeinhin Alltag nennt
und jeder zur Genüge kennt.
   Noch ist nicht klar, wohin die Waage
sich senken wird in dieser Frage.
Er zögert, wartet, überlegt,
bedenkt, betrachtet und erwägt,
was spricht dafür, was spricht dagegen,
warum, wieso, weshalb, weswegen,
und wühlt stets tiefer im Morast.
Der rechte Zeitpunkt ist verpasst.
Er zieht nun, endgültig verloren,
die Decke über beide Ohren,
als Schwäch- und Feigling, der er ist,
kein Held im Kampf, nur Zivilist,
Kanonenfutter des Geschicks,
Spielball der Mächte, weiter nix.
   Zum zweiten Male tutet jene
das Mark durchdringende Sirene,
wie um die Toten zu erwecken,
die schlaff in ihren Gräbern stecken,
doch nicht dran denken, sich zu rühren,
weil sie wohl keine Lust verspüren.
Wenn es zum dritten Male tutet,
ist er erschöpft, frustriert, verblutet,
ein Nichts, ein Schatten, eine Niete,
ein Freudenfeuer, das verglühte.
Zurückbleibt, wie dereinst bei Düppel,
ein höchst bedauernswerter Krüppel.
   Dann dreht er sich, moralisch pleite,
zufrieden auf die andre Seite,
und falls er nicht von dannen kroch,
liegt er wahrscheinlich heute noch.
 


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Kommentare (7)

ehemaliges Mitglied

Ich weiß ja nicht, was dich bewog, meine morgendliche Verfassung so öffentlich online zu stellen, lieber silesio, wo bleibt da der Datenschutz 😉?  Aber es sei dir verziehen...nur den Krüppel finde ich gar nicht nett!

ertappte und erheiterte Grüße
WurzelFluegel

Karl

@WurzelFluegel  

ich fragte mich auch "Woher weiß der das über mich?" 😄

Karl

ehemaliges Mitglied

@karl  
big brother silesio is watching us - take care 😅

WurzelFluegel

Tulpenbluete13

Lieber Christoph

das war ja ein langes Bett... aber vortrefflich gereimt...erinnert mich ein wenig an Eugen Roth.
Wenn man zugrundelegt daß man ja fast die Hälfte seines Lebens im Bett verbringt war es schon mal fällig ein Lobgedicht zu schreiben...
Dabei hast du noch die "Fortsetzung" vergessen....
Nämlich das Aufstehen aus demselbigen..wobei ich meine wenn man anfängt sene Extremitäten aus dem Bett zu bewegen.!?!...
Wahrscheinlich ist das eine andere Geschichte.. Wie wäres- so nach dem Motto: Fortsetzung folgt..."
Egal- wie aich immer: Ich habe verstehend geschmunzelt.
Danke für Dein Loblied auf das Bett

herzlichen Gruß Angelika

Karl

@silesio

ich möchte mich @Via anschließen.  Ich habe Deine Bettgeschichte mit Schmunzeln gelesen und mich an Ähnliches erinnert. 😁

Karl

 

Christine62laechel

Lieber Christoph,

man muss wirklich den Eindruck haben, dass Du das wieder ganz ohne Mühe verfasst hast. Und das nennt man - Talent!

Mit Grüßen
Christine

Via

silesio - Meister der Wortspiele!
Sehr schön, wieder einmal eines deiner herrlichen Werke lesen zu dürfen.
Hab Dank dafür und sei herzlich gegrüßt von
Via


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