der verlorene Teddybär


ja, er ist weg. Es war kein schöner Bär - er war recht schlank und auch nicht knuddelig, eher steif und hart, aber es war ein persönliches Geschenk zu meinem 10-ten Geburtstag, als wir schon bei meinem neuen "Vater" wohnten. Er wußte, daß ich mir sowas wünsche und meine Gefühle erobern wollte.
Mit den Gefühlen hat das geklappt, wir wurden zu einer Symbiose. Am Sonntag putzte ich ihm immer seine Bäckerschuhe, damit er wieder frischen Fußes in die Backstube gehen konnte.
Der Teddy hatte auch einen Namen, den ich nie laut ausgesprochen habe - er hieß "Herr Höhne". Zu meinem Stiefvater sagte ich anfangs nur "Meester" (Meister),das Wort Vati ging mir nicht über die Lippen. Das gesamte Personal sprach ihn mit "Meester" an und somit war das für mich die Lösung - trotz Teddybär.
Wir verstanden uns wirklich gut - ich half ihm im Bäckereibetrieb so gut ich konnte, ich fuhr einkaufen und machte die Konditorenschüsseln sauber und schaufelte auch die Kohlen mit in den Schuppen. Ich war immer dabei. Er belohnte mich mit einem Stückchen Garten, in dem ich meine Blumen sähen und pflanzen konnte und das Stück gehörte mir. Und er hat sich gefreut, wenn auf dem Tisch ein Sträußchen Blumen stand, aus "meinem" Garten!
Ganz abgesehen davon, das Hühnerrevier hatte ich mir schon längst angeeignet und er freute sich, daß die Hühner zu meiner Leidenschaft wurden. Im Badezimmer Kücken aufziehen, jeden Morgen durch die Landschaft rasen um frische Brennesseln zu holen, sie klein zu hacken und mit gekochtem Ei zu vermischen, den Kücken wieder einen frischen Untergrund zu gestalten und sie zu füttern - wie eine liebevolle Glucke.
Das war mein Job und da durfte kein anderer ran.
Als meine Mutter dann so krank wurde und eigentlich nur noch in der Klinik war, da wurden wir zu vollwertigen Partnern und ich sagte erstmals "Vati" zu ihm.
Er hob mich hoch und sagte "Danke, das habe ich mir schon lange gewünscht".
Und deshalb ist mir ein lebenlang dieser Teddy so wichtig geblieben und ich finde ihn nicht.

Naja, was soll man sagen, alte Menschen neigen dazu sich in Erinnerungen zu vergraben, aber trotzdem erfreut man sich daran, sich erinnern zu können. Ich freue mich, daß bei jeder Geschichte ein bißchen Lächeln die Falten glättet und sagen kann: aber Spaß haben wir schon auch gehabt. Oder? Auch in der DDR!

ein schnupfenfreies Finchen



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Kommentare (6)

anjeli aber die Erinnerung an ihm bleibt lebenslang. Finchen, du hast ihn so wundervoll beschrieben, mach die Augen zu und du siehst ihn vor dir.

Der Teddybär meines Sohnes, jahrelang war er immer da. Er ist auch aufeinmal verschwunden
und wir wissen nicht, was mit ihm geschehen ist. Vielleicht ist er beim Umzug unbeabsichtigt in die Mülltonne gelandet.

Meine Patentante, sie wird im Juni 92 Jahre, hatte früher auch eine kleine Landwirtschaft. Sie hat ihre Küken immer mit ins Bett genommen. Sie wohnt immer noch auf dem klitzekleinen Hof, aber ohne Tiere.

anjeli
finchen ich freue mich, daß Du Dich freust! Hoffentlich hast Du meine Geschichte über Huhn Ilse auch gelesen !!
Ich habe "Hühnerlogie" buchstäblich studiert! Der Hahn mit dicken Füßen, dem auch geholfen werden mußte und all die Dinge, die waren mein Metier.
Vielen Dank für den netten Kommentar
und herzliche Grüße
das Hühner-Finchen
Maritt ... nur ein paar Worte.
Vieles aus meiner Kindheit habe ich vergessen. Erst durch Andere und deren geschichten kommt mir wieder so vieles in den Sinn.
Auch ich habe mich beim Brennesseln sammeln tausendmal "verbrannt", sie klein gehackt, mit harten kleingehackten Eiern vermischt, damit sie die Küken oder auch die kleinen Enten freudig über ihr Futter stürzen konnten.

Ich hatte es tatsächlich schon völlig vergessen. Aber, die Hühner habe ich aus meinem Garten heute schon lange verbannt. Einfach, weil sie alles kaputt machen.
Muss lachen jetzt über solche Banalitäten.

Ja, danke für deine Geschichten....
Herzlichst
Maritt



nixe44 Hallo Moni-finchen,
ich kann mich so richtig in die damalige Zeit versetzen, uns trennen ja auch nur ein paar Jährchen.

Obwohl ich in einer Stadt groß geworden bin, kenne ich auch das Dorfleben.
Bin als Kind gern auf´s Dorf gefahren, war von der frischen Luft so angetan.
Heute rümpft man die Nase. Unsere Bekannten, fleißige Haustierhalter, ermöglichten mir als Stadtkind vertraute Nähe zu den Tieren zu halten.

Im Badezimmer Kücken, bei unseren Bekannten piepste es im Gleichklang unterm Küchenherd. Manchmal bekamen die Tierchen auch eine Rotlichtbestrahlung.

Ich warte schon mit Sehnsucht auf die nächste Geschichte von Dir.
Schönen Abend noch und liebe Grüße
Monika
finchen da fällt mir doch sofort was ein. Der Küchenschrank ! Bzw. ein Küchenbuffet - in meinem ersten eigenen Zimmer.
Ach war das schön.............................
Dein Moni-Finchen
Traute So eine nette Geschichte! Das einerseits Liebe und Schutz und Anerkennung suchen und sich andererseits abkapseln von den neuen Eltern kann ich Dir nachfühlen. Dein Teddy war Dein und dem brauchtest Du nichts zu beweisen. Nur Liebhaben und gegenseitiges Trösten war Eure Beziehung. Und wenn Du Dich in die Kindheit zurückdenkst, kannst Du alles wieder fühlen.
Meine Kinderschuhchen und Milchzähnchen hat auch niemand gehütet. Ich habe auch kein Foto aus meiner Kindheit. Es war niemandem so wichtig diese Dinge für mich zu tun.
Beim Roten Kreuz müsste vom Suchdienst ein Bild sein.
Aber aus Liebe hat niemand für mich etwas von mir aufgehoben.
Ganz freundliche Grüße und ich bin auf die nächste Erinnerung gespannt,
mit freundlichen Grüßen,
Traute

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