Krankenhausgeschichten


Zweimal lag ich eine Woche lang auf der Isolierstation.
Wie herrlich das Alleinsein kann habe ich bei meinen 7 weiteren
Krankenhausaufenthalten erfahren.

Ich war bis zum späten Abend alleine im Zimmer.
Dann wurde eine Frau, etwa in meinem Alter, auf mein Zimmer
geschoben. Elend sah sie aus und in dieser Nacht war an Schlaf nicht
zu denken. Bis dahin wusste ich nicht wie viel aus einem leeren Magen
noch herauskommen kann. Sie hat gebrochen und gebrochen und tat mir
furchtbar leid. In der Nacht ging es wieder los und ich schellte nach der
Nachtschwester. Es verging eine ganze Weile bis sie kam. In der Zwischen-
zeit war die Nierenschale übergelaufen. Im und um das Bett herum
Erbrochenes. Die Nachtschwester brachte die Bettpfanne, machte
sauber und bezog das Bett neu. In der Zwischenzeit war auch die Bett-
pfanne vollgebrochen und die Patientin entschuldigte sich noch dafür,
dass sie so viel Arbeit machte und ich nicht zum Schlafen kam.
Am nächsten Tag stellte sich heraus, sie hatte einen Darmverschluß, und
wurde sofort operiert.
Heutzutage darf man, im Gegensatz zu früher, schon kurz nach einer OP das
Bett verlassen.
Meine Bettnachbarin, Frau A., musste dringend zur Toilette. Aber noch dringender
war das Bedürfnis den angefangenen Satz noch schnell zu Ende zu bringen.
Dann ging leider alles sehr schnell….ein verzweifelter Ruf von der Toilette:“
Kommen Sie mal rein!!!“ Ich öffnete die Tür und da stand sie mit heruntergelassener
Hose, hilflosem Blick und ich sah das ganze Malheur. Die herbeigerufene Kranken-
schwester brachte dann frische Wäsche (einen neuen „Netzschlüpfer, frische weiße
OP-Strümpfe und ein frisches „Engelshemdchen). Zum Glück nahm sie es selber mit
Humor.
Nächstes Krankenhaus, neue Mitpatientin.
Meine Bettnachbarin war für ihre 85 Jahre noch beneidenswert fit.
Es war das erste Mal, dass sie überhaupt im Krankenhaus war.
Sie war sehr bestimmend und hielt die Krankenschwestern tüchtig in Schach.
Das Essen schmeckte ihr nicht, das Kopfkissen taugte nichts, ihr vollgemüllter Nachttisch
wurde nicht ordentlich sauber gemacht usw. Ihr Mann brachte Brot und Wurst mit,
welches die Schwestern dann im Kühlschrank für sie aufbewahrten.
Sie lag im KH wegen einem leichten Schlendergang und ein wenig zittriger Hände. Mit Spritzen in den Rücken wurde Nervenwasser herausgezogen und danach ging es ihr schon sehr viel besser. Das Prozedere sollte noch zwei- bis dreimal wiederholt werden, doch
diesen Schmerzen wollte sie sich nicht noch einmal aussetzen. Beim Blutdruckmessen
verzog sie schmerzhaft das Gesicht und jammerte, oh Gott oh Gott, warum muss ich noch
solche Schmerzen erleiden.
Um 19.00 Uhr sagte sie gute Nacht und ich sagte:“ Ich schaue mir noch einen Film an,
um 22.00 Uhr versuche ich dann auch zu schlafen!“
Gegen 21.00 Uhr ging sie zur Toilette, stellte sich anschließend wütend vor mein Bett „Gute Nacht!!!!“. Ich machte den Fernseher aus und sagte nichts.
Am nächsten Tag um 19.00 Uhr sagte sie wieder „gute Nacht“. Ich sagte, diesmal schaue ich
den Film bis zum Ende, so früh kann ich nicht schlafen und liege dann wach.
Gegen 2.00 Uhr in der Früh musste ich zur Toilette, öffnete den Deckel und die Hinterlassen-
schaft meiner Bettnachbarin sah mich an, wie schon in der Nacht zuvor auch.
Na ja, dachte ich…sie ist halt eine alte Frau, obwohl ich es schon äußerst eklig fand.
Um 7.00 Uhr morgens kamen die Schwestern zum Bettenmachen, Blutdruckmessen usw.
„Geht das auch etwas leiser!!!!“ schimpfte Frau B. böse.
Nein, sagte die Schwester, sie müssen jetzt sowieso aufstehen, gleich gibt es Frühstück.
Gegen Mittag, ich kam gerade wieder zurück von einer CT-Untersuchung,
stand die Toilettentür weit auf. Ich machte die Tür von außen zu. Gleich darauf wurde sie
von innen wieder geöffnet. „Stört sie das jetzt so sehr, dass die Tür auf war?“
Ja, meinte ich, es ist ja wohl kein Problem die Tür zu schließen um Geruchsbelästigung
zu vermeiden. Aber schlimmer finde ich es, wenn man die Toilettenspülung nicht benutzt.
Das kommt bei mir nicht vor, meinte Frau B., nachts habe ich nur nicht abgezogen um sie
nicht zu stören. DANKE FÜR DIE RÜCKSICHTNAHME.
Nächstes Krankenhaus, neue Bettnachbarin.
Frau C., war so alt wie ich und hatte einen 16 Jahre jüngeren Lebensgefährten.
Sie trug Pampers. Wegen ihrer Krankheit spürte sie weder Harndrang noch funktionierten
die Schließmuskeln. Sie ging häufig zur Toilette und hatte das Problem so ganz gut im Griff.
Die Schwestern brachten ihr einen verschließbaren Becher für eine Urinprobe.
Morgens werde ich wach und glaubte meinen Augen nicht zu trauen.
Der Becher mit der Urinprobe stand auf dem Esstisch. Meine Mahlzeiten habe ich von diesem
Moment an, an meinem Nachttisch eingenommen.
Dasselbe Krankenhaus, neue Bettnachbarin.
Ich wurde an der Halswirbelsäule operiert.
Frau D. hatte einen Wirbelsäulen-Kompressionsbruch. Der Termin für ihre OP stand schon fest, wurde dann aber erst einmal auf Eis gelegt. Es wurden alternative Behandlungen eingesetzt. In der Zwischenzeit hatte Frau D. alle ihre (geschätzen 30) Bekannten telefonisch von der bevorstehenden OP unterrichtet. Nun gab sie allen wieder Bescheid, dass sie vorläufig wohl nicht operiert wird.

Dreißig mal:“ Ich werde jetzt noch nicht operiert usw….., die jeweiligen Gesprächsteilnehmer
kamen gar nicht zu Wort. Tschüß und vorläufig möchte ich bitte keine Besuche oder Anrufe.

Ihr Handy klingelte, dann auch noch das Telefon, man kann auch zweigleisig reden…..
und außerdem auch noch meine, eher seltenen, Gespräche mithören.
Entschuldigung darf ich mal was zu ihrem Telefongespräch sagen? Ich war erstaunt. Sie
hatte sehr genau zugehört.
Am Tag redete sie ununterbrochen. Ich las, doch das störte sie nicht, ich machte die Augen zu, sie redete weiter, ich drehte mich um, es nützte nichts. Zum Glück konnte ich aufstehen
und ging auf Wanderschaft.
Bei der Visite hatten die Ärzte Mühe ihren Redefluß zu stoppen.
Tagsüber redete sie, nachts jammerte sie vor Schmerzen, redete aber auch dann noch wie ein
Wasserfall, indem sie genau beschrieb wann, wo und wie diese Schmerzen schon einmal aufgetreten waren und wo die Stärke der Schmerzen, auf einer Scala von 0 bis 10, anzusiedeln
seien. Am liebsten hätte ich gesagt:“ Die größten Schmerzen müsste sie am Mund haben vom
unentwegten quasseln. Aber…., sie war ansonsten sauber und lieb.
Alles Gute hat man eben nicht immer beisammen.

Aus früheren Krankenhausaufenthalten könnte ich noch eine Menge mehr berichten.
Da gab es noch Sechsbettzimmer und geregelte Besuchszeiten.
Man musste nach der OP auf die Bettpfanne. Das war bei weitem noch unangenehmer.

Wichtel Carola




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Kommentare (6)

wichtel könnte es werden "unsere KH-Geschichten".
Ich denke das KH-Personal, Ärzte wie auch Schwestern, könnte da noch eine Menge an Geschichten beisteuern.
Jetzt bin ich erst mal froh zu Hause zu sein, um mich ein wenig zu erholen.
Leider stehen mir nächstes Jahr noch zwei OP´s bevor.

Lieber Gruß Carola
Gitte45 das hast du wundervoll und humorvoll erzählt.

Deinen Humor hätt ich haben müssen, als meine
Bettnachbarin frühmorgens, als wir uns gegenüber
am Frühstückstisch in unserem Zimmer saßen und
sie ihr Gebiss auf das Frükstückstablett legte.
Auch sonst war sie alles, von deinen Erlebnissen,
in einer Person.
Doch nach diesem Erlebnis durfte ich das Zimmer
wechseln.
Wünsche dir weiterhin gute Besserung
herzlichst Gitte
Traute Eine authentische Erzählung, gut und zum schmunzeln anregend über die
menschlichen Schwächen.
Habe zum Glück ein von Dir nicht benanntes Kümmernis, frisch erlebt.
Der hundsgemeine Schnarcher. Zum weiteren Glück nach fünf Tagen bin
ich wieder in meinen vier Wänden allein, wie schön.
Aber sonst, nur nette Mädchen eines Jahrgangs.
Mit Beifall für Dein so nett geschriebenes Erlebnis.
Mit freundlichen Grüßen,
Traute
Traute 2(Traute)


ehemaligesMitglied62 Hallo, Wichtel Carola!
Da, wo ich wohne, gibt es noch immer 6-Bett-Zimmerund geregelte Besuchszeiten.
Diese Woche konnte ich es genießen, letztes Jahr hatte ich Glück, da war ich "nur" in
einem 5-Bett, aber mit 4 Pflegefällen zusammen! Gegen das Gequatsche schütze ich mich
so: Die großen Kopfhörer von der Stereoanlage und meinen Diskman, das hilft ungemein!
Wir sollten uns mit unseren Geschichten zusammentun, vielleicht würden wir ein Buch
schaffen!
Alles Gute wünscht Dir Ulfhild
ladybird liebe Carola, das könnte unser Mario Bahr geschrieben haben,Dein Erlebnis ist mit Pointen gespickt, allerdings sind sie alle sehr bedauerlich, wenn man, wie Du diese erleiden muß. Ich dachte immer,der Krankenhauskeim sei gefährlich, dabei sind es die Bettnachbarn, die so schaden.
Hoffentlich hatte diese Qual inzwischen ein Ende und ich kann Dir eine wahre Erholung und Genesung wünschen,herzlichst Renate
sarahkatja Lieber Wichtel,
ein Wunder, dass Du dabei nicht zum Goliath geworden bist.

Trotzdem mußte ich im Nachhinein lachen, denn so ähnlich habe
ich es auch erlebt.

Besonders "ertragreich" ist es, wenn die Damen vom "Dorfe"
kommen, schwerhörig sind und im jeweiligen Dialekt am heißgelaufenen
Telephon und auch bei ihrem zwischenmenschlichen Drang untereinander,
ihrem Mitteilungsbedürfnis frönen.

Ich wünsche Dir, dass Du ganz gesund wirst und bleibst und kein weiterer
Krankenhausaufenthalt mehr nötig sein wird.

Gruß von Sarahkatja

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