“Willkommen an Bord Mrs. William Coutts”
so hiess es, als ich mit meinen beiden Enkeln Selina und Robert die Ausstellung “Titanic: The Artefact Exhibition” in Melbourne besuchte.

Das Besondere an der Rundfuehrung war, dass Besucher waehrend des Rundgangs durch die Ausstellung in die Identitaet eines Titanicpassagiers von 1912 schluepften. Auf meiner Bordkarte fand ich weitere Informationen ueber meine “Namensgeberin”. Ich war 36 Jahre alt und wollte mit meinen beiden Kindern mit der Titanic zu meinem Mann nach New York fahren.

Die Ausstellung liess Mythen und Helden sowie Verantwortliche wieder aufleben. Es wurde auf Einzelschicksale und die ganz unterschiedlichen Beweggruende der Reisenden aufmerksam gemacht. Neben den beruehmten Opfern der Katastrophe wie Benjamin Guggenheim oder J.J.Astor, waren es vor allem die “kleinen Leute” und Immigranten, die mit der Titanic in der Hoffnung auf ein besseres Leben in die USA uebersetzen wollten.

So wie ich. Mein Mann, der als Kohlearbeiter in Brooklyn sein Auskommen verdiente, hatte endlich genug Geld zusammen, um seine Familie zu sich zu holen. Um Geld zu sparen, fuhren wir dritter Klasse. Zwei Waschraeume mussten fuer 700 Passagiere der untersten Kategorie reichen.

Erst 1985 gelang es einem franz./amerik. Forscherteam einen Teil der Ueberreste der Titanic aus 4.000m Tiefe zu bergen. Jedes Artifakt musste aufwendig konserviert werden. Ob Porzellan, Schuhe oder Tagebuecher, jeder Gegenstand erzaehlte seine ganz persoenliche Geschichte. Da war z.B die Geldboerse des Major Arthur Peuchen, oder der Hut des Zweite-Klasse-Passagiers Edgar Andrew, der zu der Hochzeit seines Bruders reisen wollte.

Eine der aufwendigsten und am haeufigstens wiedererkannten Nachbildung der Ausstellung ist die grosse Treppe. Neben dieser Originalnachbildung ist die Schiffsglocke aus dem Kraehennest der Titanic, die von Fredrick Fleet gegen 23.30 Uhr drei Mal als Warnung vor Eis gelaeutet wurde, ein sehr beeindruckendes Exponat.

Im Ballsaal tanzten, lachten und amuesierten sich die Leute und das Schiff steuerte in die Katastrophe. Unser Fuehrer erzaehlte sehr anschaulich, so auch, dass man zu spaet reagierte, der Kapitaen konnte eine Kollision mit dem Eisberg nicht mehr vermeiden und das Schiff sowie seine Passagiere waren dem Untergang geweiht. Ich bekam eine Gaensehaut, als ich an die Schiffbruechigen dachte, die im eisigen Wasser des Atlantiks versuchten zu ueberleben. Auch meine Enkel waren ganz Ohr. Sie kannten den Film “Titanic” und Selina gestand mir, sie haette sich den Film wegen der schoenen und tragischen Liebesgeschichte dreimal angesehen.

Im letzten Raum der Ausstellung sind riesige Tafeln mit den Namen der Opfer angebracht. Ich suchte nach dem Namen Mrs. William Coutts. Mein Name war nicht aufgefuehrt. Meine Kinder und ich hatten wie 178 andere Dritte-Klasse-Passagiere ueberlebt – doch 529 Menschen in der dritten Klasse konnten nicht gerettet werden.



Zuhause angekommen, musste Selina gleich als erstes ihren Papa anrufen.
Ohne lange Begruessung ging’s gleich los.
Oh Papa, wir waren auf der Titanic. Wir haben die grosse “Grand Staircase” gesehen. Du weisst doch, die Treppe auf der sich Leonardo DiCaprio und Kate Winslet begegnet sind. Wir waren die Kinder von Mister und Mrs. William Coutts und konnten unsere Dritte-Klasse-Kabine besichtigen. Die war vielleicht eng. Und im grossen Ballsaal war jede Menge altes Porzellan und der Fuehrer hat uns genau von dem Eisberg erzaehlt, auf den das Schiff zusteuerte und dass wir alle dem Untergang geweiht seien. Nur wenige wuerden ueberleben. Im letzten Raum waren die Tafeln der Ertrunkenen und alle suchten nach ihren Namen. Auch wir beide und Oma. Aber wir haben unseren Namen nicht finden koennen. Jedoch neben uns stand ein Ehepaar und ploetzlich zeigt sie mit dem Finger auf einen Namen, nimmt die Hand ihres Mannes und sagt ganz erschrocken – Mein Gott wir sind untergegangen. Da hat Oma den Arm um uns gelegt und gesagt – Wir haben Gott sei Dank ueberlebt.

Jetzt musste sie kraeftig Luft holen und Papa, 20.000 km entfernt in Deutschland am anderen Ende der Leitung kam endlich auch einmal zu Wort. Es wurde ein l a n g e s Gespraech.

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Kommentare (14)

koala mit dem Frachter unterwegs, von Hafen zu Hafen, soll heute wieder 'in' sein. Nur werden die Kabinen mehr Komfort aufbieten, wie zu Deiner Zeit, denke ich mir. Ich kann mir gut vorstellen, dass die Reiseroute mit ihren Hafenstopps nach Peru damals sehr interessant war. Auch viele Auswanderer von Deutschland/Oesterreich nach Australien mussten von Genua aus ihre Reise antreten.
Es ist im Alter schoen, solche Erinnerungen zu haben.
Herzlich
Anita/Australien
Komet wie lange man heute mit dem Schiff von Genua bis Peru unterwegs ist, kann ich leider nicht sagen. Wir haben diese Tour 2x gemacht und waren 4 Wochen unterwegs. Damals ging es nur von Genua aus. Von Deutschland aus haben wir kein Schiff bekommen. Das erste mal haben wir unseren ganzen Hausrat mitgenommen. Die Kabinen waren wirklich sehr klein und die Betten noch übereinander.Das Interessante war, es hatte auch Waren geladen, und deshalb in vielen Häfen für einen Tag halt gemacht. Man konnte aussteigen und sich im jeweiligem Land umsehen. War schon toll.

Herzliche Grüße Deine Ruth
koala Wie lange ist man heute von Genua bis nach Peru mit dem Schiff unterwegs?
Wir treffen hier immer wieder Weltumsegler. Ich koennte ihnen stundenlang zuhoeren. Die meisten Leute koennen anschaulich erzaehlen. Die letzten hatten per Hand ihre Route aufgezeichnet. Ich 'sehe' dann in Gedanken wie es war. Aber ich selbst moechte so etwas nicht unternehmen.
Es gruesst Dich herzlich
Anita/Australien
Komet auch ich habe mir den Film angesehen. Ich werde es kein 2. Mal tun. Wir hatten einmal Ende November Anfang Dezember mit dem Schiff, auf der Fahrt von Genua nach Peru, so ein unruhiges Meer, dass das ganze Geschirr nachts aus den Schränken fiel. Wie viele über der Reling hingen, brauch ich sicher nicht schreiben.
Danke für Deinen schönen Bericht.
Herzliche Grüße von Deiner Ruth.
omasigi das Bild hier schadet nicht.
Ich habe mich gefreut, dass Du es doch bei mir eingestellt hast.
Erinnerungen werden wach.
Bei uns ist es anscheinend jetzt richtig Winter geworden nach den 2 Tagen Regen.
Aber Holz haben wir genuegend vor dem Haus.
Liebs gruessle
Sigrid
koala Der Bauplatz sollte Unter Deinen Artikel . Entschuldigung
Anita
koala Ich fuehle so wie Du, Haende haltend zusammen .....
Wir haben z.Zeit sehr angenehmes Winterwetter. Nachts ca. 12 Grad,tags ueber 20 Grad, fast windstill und blauer Himmel mit Sonnenschein.
Es gruesst Dich herzlich
Anita
bei uns waren die Bauplaetze schon gerodet wie Du sehen kannst


omasigi ja ich daran erinner ich mich sehr gut, den mein Mann sagt seidem, er fliegt nicht ohne mich
rueber nach Dt. und ich darf nicht ohne ihnn.
Seine Meinung ist wir sind jetzt als Rentner in der Lage sowas gemeinsam zu tun.
Er will meine Hand halten sollte was auf dem Flug schief gehen. Ich muss Dir sagen ich bin damit einverstanden.
Oh je mehr will ich hier nicht schreiben.
Sei mal ganz lieb von mir gegruesst. Habe Deinen Bericht hier vor knapp einer 1/2 Std. meinem Mann erzaehlt.
Alles Liebe Dir.
Sigrid

koala Kannst Du Dich noch gut an den Film erinnern? Was mir damals am nahesten ging war die Szene, wie sich das aeltere Ehepaar Haende haltend in ihr Bett legte. Wenn wir danach geflogen sind und hatten Turbulenzen, musste ich immer an diese Szene denken.
Es gruesst Dich
Anita/Australien
koala Ja, es fehlten Rettungsboote und das bei einem solchen neuen Luxusschiff. Ich dachte, das wuerde nur auf alten Kaehnen passieren, so wie in meiner Geschichte "Abenteuerlust", die ganz auf Wahrheit beruht.
Gruss
Anita/Australien
koala Ich war durch den Film Titanic 'vorgewarnt'. Aber es war schon ergreifend. Bevor die Enkel kommen, studiere ich schon wochenlang vorher alle Anzeigen, was wo los ist. So waren wir einmal in dem Krokodil-Zoo, dessen Besitzer spaeter beim Tauchen durch den Stich eines Rochens in die Herzgegend starb. Vielleicht wurde es in den deutschen Medien erwaehnt. Dort hatten wir die Beiden mit einer riesigen Pythonschlange um die Schultern fotografieren lassen. Dazu hatte Mut gehoert!!! Auch wenn die Fotografin sagte, die Schlange sei ganz friedlich. Anschliessend sagten beide, manno war die schwer!!!
Es gruesst Dich
Anita
omasigi nicht ansehen. Dann brachte uns ein Gast den Video mit aus Deutschland.
Als der Video das 1. mal lief bin ich sicher 3 mal davon gelaufen, es hat mich zu
sehr mitgenommen.
Das letzte Mal als ihn Jugendliche aus unserer Colonie sehen wollten, haben wir
eine Pause eingelegt. Haben ueber das bereits gesehene gesprochen.
Liebe Anita, das Erlebnis auf dieser Ausstellung gewesen zu sein wird bei Dir und Deinen Enkel noch lange nachwirken.
Danke, dass Du uns durch diesen Bericht mitgenommen hast.
gruessle
Sigrid
anjeli der besonderen Art war das für dich und deine Enkelkindern.
Du hast alles schön geschrieben und ich fühlte mich auch an Bord und auf dieser
berühmten Treppe.
Ich glaube, daß vielleicht noch mehr Menschen gerettet hätten werden können. Die
Verantwortlichen sind ja davon ausgegangen, daß die Titanic unsinkbar ist. Es mangelte
auch an Rettungsbooten.

Eine Frau, die letzte Überlebende ist mittlerweile auch gestorben.

Grüße von anjeli/ulla
samti das war ganz sicher ein besonderer Tag für dich und deine Enkel. Wohl aber auch ein sehr bedrückender, könnte ich mir denken. Du hast es sehr interessant erzählt. Sich selbst als Passagier dort zu bewegen, der einmal überlebt hat, oder auch nicht, läßt wohl auch Gänsehaut fühlen. Liebe Grüße mit Sonnenschein pur schicke ich dir. Helga

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