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Aktuelle Themen Tag der deutschen Einheit

hugo
hugo
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Re: Tag der deutschen Einheit
geschrieben von hugo
als Antwort auf adam vom 05.10.2012, 09:40:53
danke, adam,,,bin ich foh, das dieser Beitrag jetzt von Dir kam.
Ich hatte heute Nacht fast gleiche Eindrücke geschildert, dann aber doch nicht ins Forum eingefügt.

eher habe ich den Eindruck: wenn das ein Film über die Machenschaften und schlimmen Üblichkeiten des SED Systems unter besonderer Betrachtung der Stasi hätte sein sollen, wär es ein gelungener -auch für Außenstehende lehrreicher- Film gewesen.

Da er jedoch den Anspruch erhebt, Zitat: "Am Beispiel der erfundenen Familiengeschichte wird das Leben in den 1980er
Jahren in Dresden und der DDR widergespiegelt." ist das jedoch eine sehr einseitige stasilastige und das überwiegend übliche Leben des Normalbürgers ausklammernde Filmdingsda geworden.

genau so gut kann man einen 5 Teiler über die Dopingpraxis der DDR im Spitzensport drehen und dies als Widerspiegelung des Lebens in der DDR anbieten,,es wär trotz vieler richtiger Detailaussagen usw. genau so dürftig, ja falsch.

hugo
justus39
justus39
Mitglied

Re: Tag der deutschen Einheit
geschrieben von justus39
Es wäre besser gewesen, wenn ich vor dem Film das Buch gelesen hätte, aber das Buch nach dem Film hat sich bei mir noch nie so bewährt.

Der Film will das Leben und die Situation in einer bürgerlich intellektuellen Familie unter den Bedingungen einer proletarischen Parteidiktatur widerspiegeln. Das habe ich verstanden und da konnte ich mich auch hineindenken. Die Partei hat Intelligenzler immer mit etwas Misstrauen und Unsicherheit betrachtet.
Insofern kann man das Werk mit den Buddenbrooks vergleichen. Dort wird auch die Geschichte einer Familie erzählt und nicht das Leben unter der Monarchie erklärt.

Wissenschaftler, Pfarrer, Schriftsteller und Ärzte und Künstler passten nicht an das berechenbare Schema der Partei. Insofern war der Film für mich sehr interessant und auch realistisch.
Die NVA habe ich anders und kameradschaftlicher erlebt, aber das war auch wesentlich früher.
Es wäre sicherlich falsch, diese Probleme auf die ganze Bevölkerung hochzurechnen.
Da muss ich adam Recht geben.
Die Mehrheit des Volkes lebte unter ähnlichen Bedingungen, hatte aber wieder mit anderen Problemen zu kämpfen.

Es war ein guter spannender realistischer Film über eine bürgerliche Familie in der DDR, mehr aber auch nicht.

justus
clara
clara
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Re: Tag der deutschen Einheit
geschrieben von clara
als Antwort auf adam vom 05.10.2012, 09:40:53


Wie ich es immer wieder erlebe, kam und kommt es garade zwischen Menschen der einfacheren Art zu den meisten Mißverständnissen. Menschen, die mit dem einen oder dem anderen System praktisch nichts zu tun hatten und plötzlich mit großen Problemen konfrontiert wurden. Plötzlich gehörten die einen zu den "Siegern", die anderen zu den "Verlierern" und beide wußten eigentlich nicht warum, weil weder der eine etwas besonders richtig, noch der andere etwas absichtlich falsch gemacht hatte. Sie hatten sich nur um ihre Angelegenheiten, in ihrer kleinen Welt, gekümmert.

adam
geschrieben von adam

Alle Menschen in allen Systemen haben "praktisch" mit ihrem jeweiligen System zu tun. In der DDR waren es Mangelwirtschaft und Restriktionen, die den Menschen tagtäglich zu schaffen machten, zumal sie die Glitzerwelt Westdeutschland per Fernsehen vor Augen hatten. In der BRD sind es Arbeitslosigkeit und andere Probleme. Alle versuchen, sich ein kleines privates Glück aufzubauen und zu erhalten.

Auch "einfachere" Menschen wissen nach eventuell vergeblichen Versuchen (17. Juni!) um die Aussichtslosigkeit, etablierte und im Fall DDR von einer Großmacht unterstützte Diktaturen kurzfristig abzuschaffen. Ohne diese "einfachen" Menschen können Revolutionen aber nie erfolgreich verlaufen. Auch in Demokratien gelingen berechtigte Forderungen nicht so ohne Weiteres, mit dem Unterschied, dass wenigstens durch freie Wahlen versucht werden kann, Änderungen zu erreichen.

Clara

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Re: Tag der deutschen Einheit
geschrieben von ehemaliges Mitglied
als Antwort auf hugo vom 05.10.2012, 10:01:33
"Am Beispiel der erfundenen Familiengeschichte wird das Leben in den 1980er
Jahren in Dresden und der DDR widergespiegelt." ist das jedoch eine sehr einseitige stasilastige und das überwiegend übliche Leben des Normalbürgers ausklammernde Filmdingsda geworden."
geschrieben von hugo


Wie soll denn das funktionieren - einen Film, der das gesamte Leben in der DDR widerspiegelt- zu drehen.
Die Aussage die du zitiert hast, ist natürlich in dieser Formulierung Fehl am Platze.
Wenn z.B. ein Krimi gedreht wird, spielt das "ganz normale Leben" auch eine untergeordnete Rolle und es entsteht ganz sicher nicht der Eindruck, dass das ganz normale Leben eine Abfolge v. Morden und anderen Straftaten ist.

Ich denke mal, dass es hier mehr um den Konflikt vieler Bürger - und besonders der sog. Intelligenz ( ein DDR-Begriff, denn ich schon zu DDR-Zeiten hasste)- mit dem Totalitarismus einer Diktatur ging.
Das - mit filmischen Mitteln richtig darzustellen, ist ohnehin schon schwierig, weil natürlich auch in diesem Konfliktbereich das ganz normale Leben nebenher funktionierte und bei dieser "Klienthel" sicher auf einem recht hohen Niveau.
Aber gerade hier wurde die Einengung auf allen Gebieten besonders stark wahrgenommen.
Das ist meines Erachtens nicht schlecht rübergekommen.

Einige Bereiche, wie z.B. die Szenen im NVA-Bereich sind natürlich auch überspitzt dargestellt und damit eine Übertreibung der "durchschnittlichen Zustände" in der damaligen NVA.
Ich habe sie -war allerdings 20 Jahre früher bei dem "Verein" z. Grundwehrdienst- so extrem micht kennengelernt.
Ich weiß aber v. ehemaligen Schülern, dass die Zustände bei der Truppe sich in einigen Bereichen sehr negativ entwickelten, ganz zu schweigen von dem, was sich im DDR-Militärgefängnis Schwedt abspielte. Das hätte jeden Bundesbürger vom Sockel gehauen und die Massen in Aufruhr gebracht. Dinge, wie 3 Monate Haft ohne Gerichtsurteil, 60- Stunden-Arbeitswoche fast ohne Lohn und andere menschenverachtende Schikanen waren an der Tagesordnung.

P.s. sehe gerade, dass justus ähnl. Beobachtungen hat.
dutchweepee
dutchweepee
Mitglied

Re: Tag der deutschen Einheit
geschrieben von dutchweepee
als Antwort auf clara vom 05.10.2012, 12:46:27
clara: "... zumal sie die Glitzerwelt Westdeutschland per Fernsehen vor Augen hatten."

Erzähl mir jetzt nicht, dass die Westler bis 1989 alle im Hopserlauf durch die Freiheit getänzelt sind. Da gabs genug Elend, Arbeitslosigeit und Probleme. Bis zur Maueröffnung habe ich im Osten keinen Bettler oder Obdachlosen gesehen und die gabs wohl im Westen zu hauf. Und der Westalltag sah auch nicht immer so luxuriös trallalabunt aus, wie die Serie "Ein Herz und eine Seele" mit dem Ekel Alfred darstellt.
clara
clara
Mitglied

Re: Tag der deutschen Einheit
geschrieben von clara
als Antwort auf dutchweepee vom 05.10.2012, 13:38:38
@ dutchweepee

Nichts anderes schrieb ich, wenn Du nochmal genau hinschaust! Statt "In der BRD sind..." hätte ich "in der alten BRD waren... " schreiben sollen, dann wäre deutlicher heraus gekommen, was ich sagen will. Der Begriff "Glitzerwelt" wird meistens im negativen Sinn verwendet, als etwas Oberflächliches, hinter dem sich die Wirklichkeit verbirgt.
Es liegt mir fern, das Leben in der DDR schlecht und das in der alten BRD gut zu reden. Als DDR-Bewohnerin hätte ich mir aber auch gewünscht, übersiedeln zu können, allerdings nicht nur wegen der Bananen!

Clara

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Klaro
Klaro
Mitglied

Re: Tag der deutschen Einheit
geschrieben von Klaro
als Antwort auf dutchweepee vom 05.10.2012, 13:38:38
...wie gut, dass du das so schreibst. Genauso ist es nämlich und leider haben wohl damals viele aus dem Osten gemeint, bei uns im Westen ist alles "golden".
Ich kann mir zwar vorstellen, dass man es als 40 Jahre "Eingesperrter" dann so empfindet - was ja auch richtig ist, weil alles andere ist besser, weil es Freiheit bedeutet -, aber die Wirklichkeit war oft auch ganz "beschissen" bei uns hier.

Klaro
olga64
olga64
Mitglied

Re: Tag der deutschen Einheit
geschrieben von olga64
als Antwort auf Klaro vom 05.10.2012, 15:39:44
aber die Wirklichkeit war oft auch ganz "beschissen" bei uns hier.

Klaro


Wie meinen Sie das? Im Westen hatten und haben wir doch die Möglichkeiten, unser Leben selbst zu gestalten - das hat dann vermutlich für einige den Nachteil, dass sie sich selbst um ihr Wohlergehen kümmern müssen. Verwechseln sollte auch keiner persönliche Schicksalsbeeinträchtigungen oder Fehlentscheidungen, die dann zu negativen ERgebnissen führen.
Nicht der "Staat" ist für jedes einzelne Schicksal zuständig - sondern der Mensch selbst. Das empfinden wohl frühere DDR-Bürger auch sehr anstrengend und ungewohnt - ich bin aber sicher, dass sich dies schon bei der ersten Nachfolgegeneration, also den jetzigen jungen Menschen, stark geändert hat. Olga
hugo
hugo
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Re: Tag der deutschen Einheit
geschrieben von hugo
als Antwort auf olga64 vom 05.10.2012, 15:45:51
hm olga,, Du kannst hier mit Engelszungen reden vonwegen Glück auf der Strasse, jeder seines Glückes Schmied und mehr solchen Quark,,
wenn man hier im Westen nach dem Kriege in den schweren Zeiten die es hier auch gab (wenn auch etwas kürzer weil sich eher die Erfolge einstellten)nicht die nötigen Voraussetzungen mitbrachte

-Kapital egal woher und/oder
-Beziehungen und/oder
-eine gute, möglichst spezielle Bildung
-die Bereitschaft bis an den Rand seiner Möglichkeiten zu rackern
-die nötige Gesundheit, Cleverness,,,
-zufällig den richtigen Riecher für eine lohnende Entscheidung usw,,
-und das nötige Quantum Glück im rechten Moment an der richtigen Stelle zu sein,,

dann konnte es auch hier so manchen Knick in der Karriere, im Beruf, im Lebenslauf usw geben bis zum Totalverlust aller vorher ersparten Rücklagen und aufgebauten Sicherheiten.

Die gebratenen Tauben flogen keineswegs für Jedermann durch die BRD und vielfach wurde eben nicht mit Champagner sondern mit Wasser gekocht,,

ich hatte und hab reichlich Kontakte im Westen (Vater, Bruder, 3 Cousinen, mehrere Tanten usw,),und dazu Mutter, Schwiegereltern Großeltern die so oft sie konnten gen Westen Besuchsreisen machten und das ohne verbundene Augen und Ohren,,und dazu die relative Ausnahme das ein Teil der Westverwandtschaft über viele Jahre hinweg ihren Jahresurlaub bei uns hier im Osten verbrachte. Dazu ein halbes Dutzend Arbeitskollegen die viele Jahre lang zur See gefahren waren und einiges von der Welt kannten.

ich weiß das sie auch immer wieder gen Westen zurückreisten und warum sie nicht hier um Aufnahme baten *g*
aber ich weiß auch das und warum meine hiesigen Verwandten welche nach "Drüben" fuhren immer immer wieder hier in die verruchte, marode, stasiverseuchte mängelbelastete DDR zurückkehrten weil ?
na weil beiderseits (Politiker, Medien,,)übertrieben wurde,,,

ergo waren mir der Rias, die ARD und/oder das ND und das Ostfernsehen nie die alleinigen Fixpunkte der Wissensvermittlung,,eher das Gegenteil

Das Leben im Westen war nie so golden und das Leben in der DDR nie so unerträglich wie uns gegenseitig eingetrichtert wurde.
hugo
olga64
olga64
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Re: Tag der deutschen Einheit
geschrieben von olga64
als Antwort auf hugo vom 05.10.2012, 16:23:09
Ich weiss ja nicht, wie alt Sie sind Hugo. Als ich "nach dem Krieg" (ca 1963) mein Studium und meine Berufslaufbahn in Angriff nahm, kam es auf mich an - da ich keine gebratenen Tauben verlangte(Fleisch ist nicht so meine Geschmacksrichtung) und auch damals keinen Champagner (den gönnte ich mir dann später) musste ich viel arbeiten, um meine Ziele zu erreichen. DAs hat mir nie geschadet und macht mich bis heute froh und stolz, dass es mir so gut gelungen ist.
Den Preis, dass ein "Staat" sich um alles in meinem Leben kümmert und mich dafür in einem Staatsgefängnis einsperrt, hätte ich nicht bezahlen wollen. Das sahen ja auch immer mehr Menschen in der EX-DDR so, wenn sie ihr gelobtes Land unter schwierigsten Bedingungen verliessen oder dann in einer friedlichen Revolution die Gefolgschaft völlig aufkündeten.
Das Drama ist eigentlich nur, dass dieses sozialistische Experiment für lange Zeit erledigt sein wird, da es sich zeigte, dass der Machthunger einiger Menschen dies alles kaputtmachte und gerade bei Herrn Honecker und seinen Kumpanen am Ende der Realitätsverlust all dies beförderte. Olga

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