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Aktuelle Themen Tag der deutschen Einheit

dutchweepee
dutchweepee
Mitglied

Re: Tag der deutschen Einheit
geschrieben von dutchweepee
als Antwort auf ehemaliges Mitglied vom 04.10.2012, 09:09:31
@klaus

Ich hatte damals auch viele "Verbesserungsvorschläge" für den Staat DDR und habe die lautstark und zeitig kund getan, aber so wie Du es darstellst ist das falsch. Vor allem ist Dein Nazi-Vergleich verwerflich. Ich war auch mehrmals in Gewahrsam und saß auch "vor der Lampe". Jedoch wurde ich nie zusammen und halbtot oder ganztot geschlagen, wie vor 1945 Tausende in der Prinz-Albrecht-Straße 9.

Mir gefällt der Beitrag von Ein Lächeln für Dich - ich fühle ähnlich und im Nachhinein denke ich, dass ich all die Dinge, die wir nicht durften oder nicht hatten, auch hinterher nicht gebraucht habe - selbst die sieben Jahre in Holland waren wie eine Flucht vor dem "Neudeutschland".
silhouette
silhouette
Mitglied

Re: Tag der deutschen Einheit
geschrieben von silhouette
als Antwort auf ehemaliges Mitglied vom 04.10.2012, 08:25:25

Zum damaligen Zeitpunkt war allerdings noch lange nicht "alles gelaufen" und es gehörte eine gehörige Menge Mut dazu, diese Inszenierung an der richtigen Stelle so auf die Mauer und Demonstrationen zu beziehen.
Vielleicht hat es ja auch bei Modrow den Nachdenkprozess angeregt.

War es nicht so, dass besagte Premiere exakt an dem Abend stattfand, an dem bei den Verantwortlichen (siehe Aussage Berghofer) über Panzer oder Nichtpanzer (beim Großen Bruder anfragen) diskutiert wurde? Soo weit von "Prag 21.8.68" war das gar nicht entfernt
sittingbull
sittingbull
Mitglied

Re: Tag der deutschen Einheit
geschrieben von sittingbull
als Antwort auf dutchweepee vom 04.10.2012, 10:19:34
ich fühle ähnlich und im Nachhinein denke ich, dass ich all die Dinge, die wir nicht durften oder nicht hatten, auch hinterher nicht gebraucht habe
geschrieben von dutch


das ist die interessante seite einer überlegung .

und das :

Ich war auch mehrmals in Gewahrsam und saß auch "vor der Lampe". Jedoch wurde ich nie zusammen und halbtot oder ganztot geschlagen, wie vor 1945 Tausende in der Prinz-Albrecht-Straße 9.
geschrieben von dutch


trennt den "realen sozialismus" von "bürgerlichen diktaturen" .

sitting bull

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justus39
justus39
Mitglied

Re: Tag der deutschen Einheit
geschrieben von justus39
als Antwort auf silhouette vom 04.10.2012, 10:27:47
Es ist für mich immer wieder erstaunlich wenn ich sehe wie vieles scheinbar zufällig zusammenkam um letztendlich die Grenze gewaltlos zu öffnen. Mich überläuft auch heute noch die Gänsehaut wenn ich daran denke, wie leicht es auch hätte ganz anders und sehr blutig ausgehen können wenn nur ein einziger Umstand nicht so günstig gewesen wäre.
Dazu waren in den letzten Tagen einige sehr sachliche Dokumentationen zu sehen. Dabei gab es Situationen, die ich zwar vermutet hatte aber nicht bestätigt bekam und so auch noch nicht gesehen hatte.
Welche Menschenmassen sich spontan auf die Grenze zu bewegten nachdem Schabowskis bedeutungsvoller Satz über die Westsender verbreitet wurde.
Alles griff wie ein Uhrwerk ineinander, und sogar der Altmeister Beethoven hatte daran seinen Anteil:
CHOR DER GEFANGENEN (Fidelio)
O, welche Lust!
in freier Luft den Atem
leicht zu heben, O, welche Lust!
nur hier, nur hier ist Leben,
der Kerker eine Gruft, eine Gruft!
ERSTER GEFANGENER
Wir wollen mit Vertrauen
auf Gottes Hülfe,
auf Gottes Hülfe bauen,
die Hoffnung flüstert sanft mir zu,
wir werden frei, wir finden Ruh,
wir finden Ruh'.
GEFANGENE
O Himmel Rettung,
welch ein Glück,
o Freiheit, o Freiheit,
kehrst du zurück?
ZWEITER GEFANGENER
Sprecht leise, haltet euch zurück,
wir sind belauscht mir
Ohr und Blick.

GEFANGENE
Sprecht leise, haltet euch zurück,
wir sind belauscht mir
Ohr und Blick.
gerry
gerry
Mitglied

Re: Tag der deutschen Einheit
geschrieben von gerry
als Antwort auf ehemaliges Mitglied vom 04.10.2012, 09:09:31
Danke Klaus, besser kann man es nicht formulieren!
Das ist genau meine Meinung, Du hast mir aus dem Herzen gesprochen.
Ich werde nie die Tränen derer Vergessen, die 1952 aus der "Sperrzone" in das Landesinnere
umgesiedelt wurden, weil sie "politisch nicht tragbar" waren, sprich: Eine eigene Meinung hatten.
Wieviel Angst hatten die Bonzen vvor dem eigenen Volk?
hafel
hafel
Mitglied

Re: Tag der deutschen Einheit
geschrieben von hafel
@ dutch: "ich fühle ähnlich und im Nachhinein denke ich, dass ich all die Dinge, die wir nicht durften oder nicht hatten, auch hinterher nicht gebraucht habe"


Einfach toll.

Ironie an:

Welcher Mensch braucht schon Rede - Reise- und Pressefreiheit und demokratische Strukturen?

Ironie aus.

Welch armselige Gedanken!

Hafel

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Re: Tag der deutschen Einheit
geschrieben von ehemaliges Mitglied
als Antwort auf ehemaligesMitglied41 vom 04.10.2012, 01:28:13
"Ich muss mich nicht mehr rechtfertigen und ich muss mich auch nicht dafür schämen, dass ich 56 Jahre in der DDR gelebt habe...Ich finde es nicht in Ordnung, wenn noch immer die ehemaligen DDR Bürger überwiegend mit der Stasi in Verbindung gebracht werden."
geschrieben von ein_laecheln_fuer_dich


Dafür, dass du DDR-Bürger warst, musst du dich wahrlich nicht schämen und niemand wird das von dir verlangen. Es wird dich auch niemand mit der Stasi in Verbindung bringen, nur weil du DDR-Bürger warst.

Niemand bringt DIE DDR-Bürger überwiegend mit der Stasi in Verbindung, wie du schreibst, sondern das SED-Regime und ihre aktiven Helfer. Leider waren das mehrere Hunderttausend.
Die vielen Hundertausend (genaue Zahlen gibt es bis heute nicht ) mit kleineren oder größeren Stasiakten können ja nichts dafür, dass sie mit der Stasi "in Verbindung" waren.
Es wird dir übrigens auch niemand die Hälfte deines Lebens in "Abrede stellen" wollen. Das geht schon überhaupt nicht.

Aber - nimm es mir nicht übel - deine Bemerkungen klingen zumindest nach einem Versuch der Verharmlosung der Vergehen des SED-Regimes.
Motto: War doch alles nicht so schlimm - es gab doch auch gute Seiten...
Kommt mir als "Auswertung" einer anderen Diktatur irgendwie bekannt vor.
Re: Tag der deutschen Einheit
geschrieben von ehemaliges Mitglied
als Antwort auf dutchweepee vom 04.10.2012, 10:19:34
"Jedoch wurde ich nie zusammen und halbtot oder ganztot geschlagen, wie vor 1945 Tausende in der Prinz-Albrecht-Straße 9...Vor allem ist Dein Nazi-Vergleich verwerflich."


Es wurden aber nachweislich in Stasihaft Leute geschlagen, psychich und mit medizin. Mitteln gequält, Ehepartner und Verwandte in Sippenhaft genommen, politisch orientierte Kindesentziehungen und Zwangsadoptionen vorgenommen ... - und das sind Nazimethoden.
Du findest massenweise Hinweise im Internet, in Dokumentationszentren, ehemal. Stasigefängnissen dazu.

Das heißt noch lange nicht, dass ich das Ausmaß der Taten beider Regime verglichen hätte.
Ich bin mir durchaus über die Verbrechen der Nazis bewusst und werde sie garantiert nicht, was den verbrecherischen Umfang betrifft mit der DDR-Diktatur vergleichen.

Übrigens "dass (du) all die Dinge, die wir nicht durften oder nicht hatten, auch hinterher nicht gebraucht haben", halte ich- ausgerechnet bei dir- für so unsinnig, dass ich es nicht kommentieren möchte.
pippa
pippa
Mitglied

Re: Tag der deutschen Einheit
geschrieben von pippa
Bei aller Freude über die Wiedervereinigung, bei der mich die ewig gleichen Sprechblasen allerdings so langsam anöden, sollten wir nicht die Verlierer vergessen.

Die gab und gibt es nämlich auch im Westen.

@ sil
Wenn ich das so lese, habe ich das Gefühl, dass sich auch die Schweizer die Schweiz bald nicht mehr leisten können.
Die Hochgebirge-Wandergruppe meines Mannes besteht seit 30 Jahren, hat einen Schweizer Wanderführer und ist in diesem Jahr zum ersten Mal in Österreich gewandert, weil offensichtlich selbst die Hütten in der Schweiz für einen Normalverdiener zu teuer wurden.

Pippa
silhouette
silhouette
Mitglied

Re: Tag der deutschen Einheit
geschrieben von silhouette
als Antwort auf justus39 vom 04.10.2012, 10:46:50
Richtig, justus,
genau von diesem Chor war gestern in der Doku auch die Rede, und von dem Gänsehautgefühl der Opernbesucher.

Ich werde nie vergessen, wie am Tag der letzten oder vorletzten Leipziger Montagsdemonstration ich mit einem Handwerker, der mir schlechten Gewissens eine etwas hoch geratene Rechnung für seine Arbeiten bei meinem Hausumbau persönlich gebracht hatte, vor meiner Glotze saß und wie uns gar nicht wohl war. Ich sagte noch: "Leute, geht nach Hause, die schicken Panzer und schießen Euch zusammen wie beim letzten Mal in Prag".

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