Innenpolitik VM zu Guttenberg tritt zurück

Mich graust es, wenn ich nun lesen muss, wie ein Lügner, Hochstapler und Betrüger zu einem Martyrer hochstilisiert wird. Das wäre genauso, als würde man einen Arzt, der mit gefälschter Approbation gearbeitet hat (diese Fälle gingen in letzter Zeit mehrmals durch die Presse) nach Aufdeckung dieser Fälschung seine Approbation nicht entziehen nach dem Motto: Er hat trotzdem gut gearbeitet und seine Patienenten gut behandelt (was es auch in diesen Fällen gab), also lassen wir ihn weiterarbeiten.
Jetzt wird mir auch klar, wie sich ein Berlusconi über Jahre im Amt halten konnte und noch kann: ein Mann, der unglaubliche Betrügereien begangen hat und sich mit stets neuen Gesetzen, die diesen angepasst wurden, reinwaschen konnte. Er beschimpfte seine Kritiker als von der linken Presse Gesteuerte. Der gleiche Mechanismus geschieht hier, es ist unsäglich, diese Verkehrung der Maßstäbe von Recht und Unrecht. Unglaublich ist es auch, einen solchen Betrüger und Hochstapler, als der unser vornehmer Graf sich nun herausgestellt hat, mit Politikern zu vergleichen, die in ihrer Jugend mal linke Revoluzzer waren und dabei übers Ziel hinausgeschossen sind oder mal Steuern hinterzogen haben. Das ist eine ganz andere Kategorie, da gibt es immer noch Unterschiede in den Bewertungen, übrigens auch im offiziellen Strafrecht.
Und ich bin sicher, diese Hochstilisierung zum Martyrer würde bei einem Westerwelle oder Steinmeier oder Gabriel nicht passieren. Die Verbandelung mit den Medien, sein gutes Ausssehen, seine adelige Herkunft, alles ist aufgegangen, es hat funktioniert, sie lassen sich blenden. Nicht der Betrüger ist der Anzuklagende, sondern die, die es wagen, einen solchen Blender schuldig zu sprechen.
Also doch zweierlei Maß: Leuten, die mit einem goldenen Löffel im Mund geboren wurden, alles verzeihen, Gering verdienende Kasssiererinnen, die ein übrig gebliebenes Brötchen essen, entlassen und arbeitlos machen. Das ist die ver-kehrte (im wahrsten Sinne des Wortes) Vorstellung von Moral, die bei einigen dahintersteckt.

Aber eins finde ich in dieser Debatte immerhin erfreulich: Dass unser Land offenbar doch noch nicht so tief gesunken ist wie Italien, die Demokratie hat sich bewährt, es gibt auch noch Leute, und zwar nicht wenige, die unterscheiden können und einen Betrüger zur Strecke gebracht haben. Und das meine ich in keiner Weise triumphal, auch wenn es mir von den Verteidigern so ausgelegt werden wird.

Maggy - Nachsicht und Vergebung (um die Tugenden hier zu nennen die du auch erwähnst), können sich verdammt "störend" auswirken.

Persönlich würde ich einen anderen Begriff als die Vergebung wählen, vielleicht die Einsicht.

Beides ist m.E. verbunden mit Überdenken - also mal die festgefahrenen Positionen bzw. Meinungen nochmals analysieren, indem man auch andere Meinungen gelten lässt.

Gruß von Miriam

na miriam

dann mute ich mal der Kanzlerin so viel einsicht zu, dass sie in einer ruhigen stunde sich erinnert an ihre eigenen öffentlich gesprochenen worte zum ihr so wichtigen thema des "Urheberrecht" wenn sie denn seinerzeit wahr und ehrlich und nicht verlogen gemeint waren, wie in diesem video jeder sehen und hören kann:

Merkels markige worte zum schutz des Urheberrecht

wie bitter muss es für sie sein, wenn sie sich tatsächlich erinnern sollte? Merkel, Guttenberg und dieses video im Seniorentreff, das hat auch watt kabinett-kabaretthaftes?


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pilli

Stimmt Marina,

ich bin sehr froh darüber, dass es noch funktioniert und wie heftig die Erschütterung in unserem Land ist, zeigen allein die 30 000 Unterschriften der Wissenschaftler und Unterstützer.
Ich kann mich nicht erinnern, dass es so etwas schon einmal gegeben hat.

Ich schrieb am 22.5.2009 im Blog - Tagebuch - zum Diebstahl geistigen Eigentums

Aber jetzt passiert etwas, das ich nur als Kniff der menschlichen Psyche bezeichnen kann:

Es wird nicht derjenige beschimpft (wobei eigentlich niemand beschimpft, allerdings für Klarheit gesorgt werden sollte), der dafür verantwortlich ist, also der Schreiber!

Nein, es wird auf dem herumgehackt, der diesen Betrug am Leser!! aufdeckt. Denn es ist ein Betrug am Leser mit dem Ziel, eine bestimmte Rolle einnehmen, sich in einem Licht spiegeln zu wollen, dessen Quelle nicht aus dem Schreiberling sprudelt.

Und genau dieser psychische Kniff funktioniert, wie wir weiter oben lesen konnten, immer noch.

So lange Menschen sich täuschen lassen, durch Adel, Titel und Manieren und sich weigern, der Ent-täuschung ins Gesicht zu schauen, wird es solche Kämpfe geben.

Meli

Erfreulich, dass Deutschland im Ansehen gewonnen hat und als Vorbild hingestellt wird.

Die rechtsliberale spanische Zeitung El Mundo betrachtet den Rücktritt von Karl-Theodor zu Guttenberg als ein gutes Beispiel für die Spanier. "Der Rücktritt Guttenbergs, des Stars in der Regierung von Bundeskanzlerin Angela Merkel, beweist, dass es abgesehen von juristischen Konsequenzen auch eine politische Verantwortung gibt." In Spanien werde gegen diese goldene Regel leider immer wieder verstoßen. Guttenberg war der angesehenste Minister in Deutschland und dazu berufen, eines Tages Merkels Nachfolger zu werden.

Lieber Eco,
da versteh ich echt die Welt nicht mehr, da begeht ein angesehener Minister eine Sauerei (schreibt z. B. auch Heribert Prantl) zu keiner Zeit hat dieser Mann, nicht einmal bei seinem Rücktritt, das Rückgrat, das Ausmaß seiner Sauerei auch nur ein ganz klein wenig einzugestehen. Ja im Gegenteil, er findet immer neue Schuldige, und er hat alles nicht BEWUSST gemacht. Wie dreist musss man sein, um solche Kaltschnäuzigkeit an den Tag zu legen. Der Gipfel an Geschmacklosigkeit ist dann auch noch, dass tote und verletzte Soldaten für seine Rechtfertigung herhalten müssen. Er spricht von seinen Soldaten und Schutzbefohlenen, das ist eine solche Heuchelei, echt da stellen sich bei mir die Nackenhaare auf. Seine Soldaten hat er immer besucht, wenn er zu Hause Schwierigkeiten hatte. Dass ein Verteidigungsminister seine Soldaten im Einsatz fragt, ob sie für ihren Einsatz etwas benötigen, verdammt das ist seine Pflicht, bei Guttenberg ist das eine besondere Leistung.
Noch einmal, viele Soldaten kommen aus Afghanistan traumatisiert zurück, wiederum viele davon müssen vor Gericht Ihre Ansprüche auf Behandlung gerichtlich einklagen, der Bundestag hat Voraussetzung geschaffen, dass diesen traumatisierten Soldaten besser geholfen werden kann, nur der Herr Guttenberg hat das als VM noch nicht übernommen.

Ja was soll man daraus für einen Schluss ziehen, Soldaten sind für Guttenberg nur wichtig gewesen, wenn sie ihm genutzt haben.
Ich habe von Guttenberg immer nur gehört er hat Fehler gemacht und das nicht bewusst, ja klar jede Straftat ist ein Fehler, aber eben nicht nur ein Fehler, sondern auch eine Verletzung unserer Rechtsordnung. Wollen wir wegen Guttenberg unseren Rechtsstaat aufkündigen? Weil er so beliebt ist, kann er nicht bestraft werden, so hätten es manche gerne. Wer so etwas unterstützt, der weiß wohl nicht was er tut, so wie Gutttenberg, lange sieben Jahre lang.

Josef

Doch hier geht es den Kritikern nur noch um die Vernichtung eines Menschen und das wird mit einer schon fast sexistischen Freude betrieben, denn da kann man jetzt mal so richtig "die Sau rauslassen" und dreinschlagen, ohne Konsequenzen für sich selbst befürchten zu müssen. Das sind für mich Verhaltensweisen aus der untersten Schublade. Tugenden wie Nachsicht und Vergebung werden mit Füssen getreten.

e k o

@eko,

sexistische Freude? Mal in aller Ruhe eko: Geht`s noch?

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adam

Ich glaube, es ist simpler.




.... das ist der Weg der Berlusconisierung

Auch da ist ja ein Hauptargument vieler Italiener "Es gibt niemand anderen, der den Job so gut macht."

War recht lustig was ich heute früh im auto auf der fahrt nach leipzig über die einschätzung der affähre G in Italien gehört habe.
Die befragten Italiener äußerten absolutes unverständnis warum ein minister wegen so einer "LAPPALIE" (sagen die Italiener) zurücktreten muß.
Das wäre in Italien vom wähler unter ulk abgebucht worden.
Unverständnis auch, daß ein prominenter selbst an einer doktorarbeit werkelt.
Sowas kauft man sich in Italien.
Ja , ja die Italiener, aber die haben sich wenigstens in D ohne aufhebens total integriert.

Ich vergaß die Fortsetzung dieses Artikels in der El Mundo, die zweitgrößte und rechtsliberale Tageszeitung in Spanien.

[i]"Obwohl die Kanzlerin an ihm festhalten wollte, sprachen sich Mitglieder der eigenen Partei für den Rücktritt aus. So etwas ist in Spanien undenkbar, wo die Parteifreunde sich gegenseitig decken und niemand seinem Chef zu widersprechen wagt. Deutschland ist auch in dieser Hinsicht ein Vorbild.»[/indent]


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Stimmt gram. Hier kann man in eine italienische Sendung, die deutsch interpretiert wird, hineinhören (bitte bis zum Ende).
Ja, das versteht man unter Berluskonisierung, die Verzahnung von politischer Macht, Vermögensmacht und Medieneinfluß.

Und was das "Schwarmverhalten" anbetrifft, so fliegt dieser natürlich denjenigen nach, die sich in ihrer Eitelkeit gekränkt fühlen, nämlich dem Kreis der Promovierten und Habilitierten (hoffentlich habe ich das richtig geschrieben), die sich in ihrer Verurteilung mit Schaum vor dem Mund geradezu überschlagen.

Hervorhebung von mir.

Eko,

merkst Du eigentlich überhaupt nicht, dass es hier nur einen gibt, bei dem man dieses Gefühl hat, nämlich bei Dir selbst? Ich finde, Du kontrollierst Dich nicht.

Karl