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Innenpolitik Wir Älteren und die Nazizeit

schorsch
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RE: Wir Älteren und die Nazizeit
geschrieben von schorsch
als Antwort auf freddy-2015 vom 20.02.2022, 10:32:35
Es gehörte in vielen Fällen Todes-Mut dazu zu fliehen...................................geschrieben von freddy-2015
Es gehörte wohl noch viel Todesmut dazu, dort zu bleiben und - weil offen nicht mögleich - im "Untergrund" für die Freiheit zu wirken.
Das stimmt nicht Schorsch, die DDR waren zu 99 % angepasste Bürger und ein Untergrund kam für sie nicht in Frage. Der einzige Widerstand der für die Masse Sinn machte war lange Zeit die Flucht, auch nach der Mauer.
Agenten gab es trotzdem, aber es waren wenige.
Was später folgte, war eine ganz andere Sache.
"zu 99 % angepasste Bürger" mag vielleicht stimmen. Aber es waren einige unter diesem einen Prozent, die zwar so klug waren, sich angepasst zu zeigen, aber in einem ganz kleinen Kreis emsig tätig waren, das System von unten anzuknabbern.
wandersmann
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RE: Wir Älteren und die Nazizeit
geschrieben von wandersmann
als Antwort auf schorsch vom 20.02.2022, 08:48:38
.............
Es gehörte in vielen Fällen Todes-Mut dazu zu fliehen...................................

...........................
 
Es gehörte wohl noch viel Todesmut dazu, dort zu bleiben und - weil offen nicht mögleich - im "Untergrund" für die Freiheit zu wirken.
So muss das wohl gewesen sein, schorsch.
Wer sich damals weigerte, in die SED einzutreten, der kam in den Tagebau oder gleich nach Bautzen, um seine Kinder musste er sich gar nicht erst kümmern, die wurden ihm weggenommen und kamen ins Heim. Dort mussten sie dann unter unmenschlichen Bedingungen in den erzgebirgischen Schwefelgruben schuften. Die meisten starben jung.
Die Todesmutigen, die in der ostdeutschen Hölle verblieben waren tatsächlich nicht zu beneiden. Wöchentlich 3 mal zum Verhör beim örtlichen Stasimann, wer kein Bekenntnis zum Sozialismus ablegte, sah die Sonne nicht so schnell wieder. Kann man sich heute gar nicht mehr vorstellen. Eheschließungen zwischen SED-Mitgliedern und Parteilosen waren zwar nicht direkt verboten, waren aber auch nicht gern gesehen. Wer am 1. Mai die Fahne nicht raushängte, hing selbst irgendwann.
JuergenS
JuergenS
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RE: Wir Älteren und die Nazizeit
geschrieben von JuergenS
wenn ihr jetzt einen neuen Schwerpunkt: "DDR" hier pflegen wollt, dann wird es zu einseitig, und nicht mehr lobenswert.

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wandersmann
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RE: Wir Älteren und die Nazizeit
geschrieben von wandersmann
als Antwort auf JuergenS vom 20.02.2022, 11:00:24

Da hast Du ja auch im Prinzip recht, für einige der hier Schreibenden aber ist der Übergang Nazizeit-DDR eher fließend, die Unterschiede beider Systeme marginal. Deswegen vielleicht gibt es immer mal wieder diesen Seitwärtsdrift.

lupus
lupus
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RE: Wir Älteren und die Nazizeit
geschrieben von lupus
als Antwort auf freddy-2015 vom 20.02.2022, 10:32:35

Ja, Freddy, das triffts schon eher.
lupus

PS.:
Eigentlich war es wohl eher für alle der hier schreibenden Altersgruppen eher fließend. Für Interesse an grundsätzlichen politische Dingen fehlte das Alter.
Ich kann mich nur erinnern, dass mein Großvater nicht mehr unter der Decke Radio hörte.
Das war nicht mehr lebensgefährlich und wurde es auch nicht wieder.
Meine Frau, etwas jünger als ich, hat wohl noch einmal Leute auf der Straße mit Heil ...... belustigt.

Da fällt mir noch eine die damaligen Verhältnisse charakterisierende Begebenheit ein.
Mein Großvater, ein schlauer ortsbekannter Barbier, hatte die Gelegenheit kurz vor Weihnachten etwas Essbares in dieser schlechten Zeit zu organisieren. Er schacherte von einem Bauer aus dem Nachbarort ein nicht registriertes Ferkel und wollte das nächtens bei Schnee mit einem Schlitten holen. Auf das tote Tier in einem Sack drapierte er zwei Ofenrohre zur Tarnung.
Er begegnete zwei berittenen Feldgendarmen die nach einem kurzen Plausch sicher wegen der Ofenrohre weiter ritten.
Es ist anzunehmen dass ihn die Ofenrohre nach den Regeln dieser Zeit das Leben gerettet haben
 
 

Michiko
Michiko
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RE: Wir Älteren und die Nazizeit
geschrieben von Michiko
als Antwort auf ehemaliges Mitglied vom 20.02.2022, 10:35:45

@Rosenbusch

Ich gebe zu, es war Fehler, einen Satz aus Deinem Beitrag zu zitieren, ich wollte nur nochmals meine Meinung zum Thema loswerden. Dass Du Fakten ignorierst, habe ich nicht Dir unterstellt, sondern generell habe ich das in einigen anderen Beiträgen festgestellt, genauer gesagt ging es um die Reparationen, deshalb von mir ein ganz langer Beitrag zu diesem Thema.
Es war auch nicht eine Gruppe von Intellektuellen, die DDR zu Fall brachten, das waren die Bürgerrechtler und ganz gewöhnliche Menschen, die sich schon lange bei den Montagsdemonstrationen versammelten, die einfach genug hatten vom System und der Mangelwirtschaft. Und nicht erst jahrlang warten wollten, nachdem sie einen Antrag auf "Ausreise" gestellt hatten, deshalb im Vorfeld schon mal ihre Arbeit verloren, bis endlich der Antrag genehmigt wurde ... oder auch nicht. Und diejenigen, die nicht unter Gefahr für Leib und Leben über die verminte Grenze flüchten wollten. Die DDR-Flüchtlinge in der Prager Botschaft September 1989 sind fast alle im Westen geblieben, einige wenige kehrten nach dem Mauerfall zurück.
Hätte Franz-Josef Strauss nicht 1983 mit einen Milliardenkredit der DDR weitere Jahre des Überlebens gesichert, wäre es mit dem Ende der DDR vlt. schneller gegangen. Den Soli haben übrigens alle zahlen müssen, auch der Osten.

So liebe Rosenbusch, nun nichts für ungut und auch JuergenS, ich habe fertig.

Michiko


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RE: Wir Älteren und die Nazizeit
geschrieben von ehemaliges Mitglied
als Antwort auf Michiko vom 20.02.2022, 12:22:21
@Rosenbusch

Ich gebe zu, es war Fehler, einen Satz aus Deinem Beitrag zu zitieren, ich wollte nur nochmals meine Meinung zum Thema loswerden. Dass Du Fakten ignorierst, habe ich nicht Dir unterstellt, sondern generell habe ich das in einigen anderen Beiträgen festgestellt, genauer gesagt ging es um die Reparationen, deshalb von mir ein ganz langer Beitrag zu diesem Thema.
Es war auch nicht eine Gruppe von Intellektuellen, die DDR zu Fall brachten, das waren ganz gewöhnliche Menschen, die sich schon lange bei den Montagsdemonstrationen versammelten, die einfach genug hatten vom System und der Mangelwirtschaft. Und nicht erst jahrlang warten wollten, nachdem sie einen Antrag auf "Ausreise" gestellt hatten, deshalb im Vorfeld schon mal ihre Arbeit verloren, bis endlich der Antrag genehmigt wurde ... oder auch nicht. Und diejenigen, die nicht unter Gefahr für Leib und Leben über die verminte Grenze flüchten wollten.
Hätte Franz-Josef Strauss nicht 1983 mit einen Milliardenkredit der DDR weitere Jahre des Überlebens gesichert, wäre es mit dem Ende der DDR vlt. schneller gegangen. Den Soli haben übrigens alle zahlen müssen, auch der Osten.

So liebe Rosenbusch, nun nichts für ungut und auch JuergenS, ich habe fertig.

Michiko
Nochmal kurz Michiko
natürlich war es nicht die Gruppe der Intellektuellen die die Montagszüge anführten, es waren viele, auch das war ein Missverständnis und dass den Soli alle zahlten, weiß ich.
Ich habe auch Verständnis dafür, wenn jemand das Land in dem er/sie die meiste Zeit gelebt oder sogar geboren wurden, verteidigt und auch dafür, wenn jemand meint das Leben damals wäre für sie oder ihn besser gewesen. Mir ging es einfach nur um Klarstellung.
Rosenbusch
RE: Wir Älteren und die Nazizeit
geschrieben von ehemaliges Mitglied
als Antwort auf ehemaliges Mitglied vom 03.02.2022, 16:21:35

Wenn ein Helmut Schmidt etwas erzählte, dann entsprach das den Fakten, .........
 Allein dieser Satz sagt doch schon alles. Leicht kann ich auch sagen: "Das, was Helmut Schmidt sagte, musste den Fakten entsprechen."  Wer will den heute noch nachweisen, ob das, was er als richtig darstellte, auch richtig war. Es war doch nur seine Sichtweise  der Realität und Darstellung seiner Person während der Hitlerzeit.

RE: Wir Älteren und die Nazizeit
geschrieben von ehemaliges Mitglied
als Antwort auf ehemaliges Mitglied vom 06.03.2022, 00:45:10
Wenn ein Helmut Schmidt etwas erzählte, dann entsprach das den Fakten, .........
 Allein dieser Satz sagt doch schon alles. Leicht kann ich auch sagen: "Das, was Helmut Schmidt sagte, musste den Fakten entsprechen."  Wer will den heute noch nachweisen, ob das, was er als richtig darstellte, auch richtig war. Es war doch nur seine Sichtweise  der Realität und Darstellung seiner Person während der Hitlerzeit.
geschrieben von Udoz
 
So weit ich weiß, bezog ich mich auf sein Alter, er hatte erlebt, was viele von nur noch aus Filmen und Büchern kennen.
Meine Güte, warum muss du gleich so aggressiv sein. 
olga64
olga64
Mitglied

RE: Wir Älteren und die Nazizeit
geschrieben von olga64

Aufgrund der steigenden Umfragezahlen der Nazipartei AFD beschäftige ich mich wieder mehr mit den Gräueltaten der Nazis in ihrer Ur-Form,da ich denke,die Sympathisanten der AFD wünschen eine Rückkehr in diese deutschen Zeiten, auch wenn sie beschwichtigend erklären, sie seien nur Protestwähler, aber niemals im Leben selbst Nazis.
Auf solche Verdrängungs-Mechanismen und evlt. Selbstbetrug gebe ich nicht viel - war nach der Originalzeit der Nazis auch nicht anders als auf wundersame Weise niemand etwas mitbekommen hatte, was damals geschah.

Gestern sah ich eine hochinteressante und erschütternde Doku über das bayerische Adelsgeschlecht der Wittelsbacher und hier im Besonderen dern Herzog Franz von Bayern, der in diesen Tagen 90 Jahre alt wird und Vorsitzender dieser für Bayern so wichtigen Familie ist.

Nach dem missglückten Stauffenberg-Attentat gegen Hitler wurde in "Sippenhaft" der deutsche Adel, bzw. dessen Angehörige, von den Nazis eingesammelt. Die Wittelsbacher versuchten noch, nach Ungarn zu fliehen, um dort ins Exil zu gehen,bzw. nach Italien. Da aber die Nazis immer weitere Erfolge hatten, gab es bald keine Zufluchtsländer mehr.
Sie wurden - wie andere Adelige auch - systematisch von den Nazis verfoglt und auf einer Odyssee in diverse KZ`s. Sie wurden aber pfleglicher behandelt als andere KZ-Insassen, weil die Nazis hofften, mit diesem adeligen Faustpfand bei den Alliierten eine bessere Verhandlungsmasse zu haben, um zu erwartende, eigene Strafen zu reduzieren.

Herzog Franz von Bayern und sein Bruder sprechen erst seit ca 10 Jahren über diese Erlebnisse in ihrer Kindheit. So ist besonders verstörend der Aufenthal im KZ Flossenbürg, wo die Familie neben der Bordell-Baracke unterkam. Die Kinder durften tagsüber immer für kurze Zeit ins Freie (die Eltern nicht) und erkundeten auch die Umgebung, wo sie auch die Krematorien und gestapelten Leichen entdeckten, die darauf warteten, verbrannt zu werden.
Da die Nazis den Vormarsch der Alliierten befürchteten, versuchten sie ihre Todesproduktion zu steigern, was aber auch Unterbringungsprobleme für die Leichen bedeutete. Franz von Bayern und auch sein Bruder erlebten die als Kinder zwischen 7 - 11 Jahren; vor der Baracke, wo die Familie wohnte, wurden Leichen gestapelt und die Buben überlegten sich recht realisitisch, wann sie umgebracht werden und auf welche Art und Weise.

Die Eltern der Kinder wurden krank und in Nazi-Krankenhäusern behandelt; für die Mutter der Kinder war dies so hochdramatisch, dass sie nach der Befreiung und nach dem Krieg nie wieder deutschen Boden betrat.
Ich empfehle diese Doku sehr, weiss aber natürlich auch, dass diejenigen auf ihrem AFD-Trip, die sie zur Abschreckung sehen sollten, dies sicher nicht machen. Alle anderen verweise ich auf die Mediathek der ARD.

Erwähnenswert ist noch,dass Franz von Bayern homosexuell ist (was in München immer ein offenes Geheimnis war, worüber aber nicht laufend gesprochen wurde). Er outete sich jetzt kurz vor seinem Geburtstag und erklärte auch, dass er seit 43 Jahren in einer sehr glücklichen Beziehung mit seinem Partner leben würde,der nun auch hochoffiziell bei entsprechenden Events usw. an seiner Seite auftritt.

Olga
 


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