Internationale Politik Der witzige Herr Böhmermann

adam
adam
Mitglied

Re: Der witzige Herr Böhmermann
geschrieben von adam
als Antwort auf ehemaliges Mitglied vom 12.04.2016, 12:38:15
es geht aber um Satire, nicht um einen Meinungsaustausch oder um Diskussionen.
Das ist der große Unterschied zu einem Forum. Man kann das m. E. überhaupt nicht vergleichen.

Satire muss überziehen, wenn sie wirksam sein will, gerade das ist das Charakteristische an einer Satire.


Es sitzt ja auch nicht die Satire allgemein auf der Anklagebank, sondern nur der klar umrissene "Fall Böhmermann". Und auch nur diesem Fall wird das Urteil gelten.

Auch zukünftige Satiren werden sich in den Randgebieten des Erlaubten bewegen, sonst sind es keine Satiren. Du hast in dem Sinn ja Recht, was die Satire allgemein betrifft.

PS: Irgendwie habe ich mir jetzt selbst widersprochen, was den Bezug auf einen Freispruch anbelangt??

--

adam
ttrula
ttrula
Mitglied

Re: Der witzige Herr Böhmermann
geschrieben von ttrula
als Antwort auf Karl vom 12.04.2016, 12:41:22
Forumsfrieden, Weltfrieden,
es sind tiefgreifende Problematiken.

Auch Bushido hat noch einen Schmerzen in diesem Zusammenhang: Wird Kunst mit zweierlei Maß gemessen? Warum wird sein Schaffen indiziert und Böhmermann wird gefeiert?
Er macht da Parallelen aus.

Auf der sicheren Seite ist man als Forenadministrator sicher, wenn man sowohl gewollte als auch ungewollte Satire nicht duldet.
wandersmann
wandersmann
Mitglied

Re: Der witzige Herr Böhmermann
geschrieben von wandersmann
Ich habe eher den Eindruck, dass diese Satire B.'s offensichtlich sehr notwendig war, obschon ich befürchte, dass er sie für Einige hier ein paar Stufen zu hoch platziert hat.

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Re: Der witzige Herr Böhmermann
geschrieben von ehemaliges Mitglied
als Antwort auf wandersmann vom 12.04.2016, 12:53:56
". . . für Einige hier ein paar Stufen zu hoch platziert"

Wohl war! Satire ist nämlich eine Kunstform, vergleichbar mit Literatur, und hat nichts, aber rein gar nichts mit Diskussionen oder Meinungsaustausch zu tun.

Ein sehr guter Kommentar ist der hier unten und entspricht dem, was ich meinte, nur viel besser geschrieben.
Karl
Karl
Administrator

Re: Der witzige Herr Böhmermann
geschrieben von Karl
als Antwort auf ttrula vom 12.04.2016, 12:52:03
Es geht um Schmähungen, nicht um Satire. Diesen Unterschied muss man schon machen, den machte Böhmermann ja auch, er wollte ja gerade den Unterschied zwischen Schmähungen und Satire deutlich machen.

Das geht m. E. aber nicht dadurch, dass man die personenbezogenen Schmähungen dann trotzdem loslässt und nur in eine Rahmengeschichte verpackt.

"Ich meine es nicht so, aber der Karl ist sowas von saudumm, dass es weh tut" könnte trotzdem schmerzen

Karl
mane
mane
Mitglied

Re: Der witzige Herr Böhmermann
geschrieben von mane
Wer den "witzigen Herrn Böhmermann" noch nicht kennt - hier ist die Sendung Neo Magazin Royale vom 31.3.2016 mit dem ungeschnittenen Gedicht, welches etwa ab der 12. Minute präsentiert wird.
Mane

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ttrula
ttrula
Mitglied

Re: Der witzige Herr Böhmermann
geschrieben von ttrula
Dank manes Link konnte ich mir nun die Veranstaltung anschauen.

Und da frage ich mich ehrlich, wie akademisch wird denn die Stelle herausseziert, an der in einer ausdrücklich als solche bezeichneten Satiresendung keine Satire stattfindet??

Böhmermann verwendet das gleiche Stilmittel wie kurz vorher bei einer Buchvorstellung: Ich darf hier nicht sagen kaufen Sie es, drum sage ich usw usw.
Durch die ganze Sendung zieht sich die Veräppelung von Nationalstolz (#MakeGermanyGreatAgain) und dann geht er mit seinem Team an die Auslotung von Schmerzgrenzen mittels Deko (türkische Flagge weht im Hintergrund) und türkischer Untertitelung des Schmähgedichts. Mimik, Gestik, Sidekick - nichts unterscheidet sich vom Rest der Satiresendung.

Ich bleibe dabei: hier geht es um die Frage, was darf Satire in unserem Land. Die Variante, dass es gar keine Satire war, weil B. ja selbst gesagt hat, ein Schmähgedicht sei keine Satire, halte ich für unglaubwürdig und nicht zutreffend.
Tina1
Tina1
Mitglied

Re: Der witzige Herr Böhmermann
geschrieben von Tina1
Der Artikel im Stern zeigt auf, um was es Erdogan wirklich geht. Für was er die Schmähkritik benutzt. Ich glaube für Erdogan war u ist das ganze ein Test, indem er ausloten will, wie es um seine Macht, seinen Einfluß in Bezug Frau Merkel/Regierung, durch den Deal, steht und deshalb macht er die Situation auch zur Staatskrise. Er will deutlich aufzeigen wie er Frau Merkel in der Hand hat. Und er macht in seinen Äußerungen seine Anhänger scharf, für eventuelle machtvolle Demonstrationen, auch in Deutschland. Der Deal hat Erdogan viele Türen in Deutschland geöffnet u. die wird er stark für sich nutzen.
Tina

Linktipp: Wie Erdogan Merkel zum Duell herausfordert

Lässt die Kanzlerin das Verfahren gegen Böhmermann zu, wird von einem Kotau die Rede sein. Lässt sie es nicht zu, ist womöglich der EU-Türkei-Deal gefährdet. Erdogan hat Merkel in ein Dilemma manövriert.

Soweit ist es schon, dass im Deutschlandfunk ernsthaft die Frage gestellt wurde, ob der Deal zwischen der Türkei und der EU an Jan Böhmermann scheitern könnte. Das liegt vor allem daran, dass man dem egomanen (Achtung: keine Satire!) türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan durchaus zutraut, die Abwicklung des Flüchtlings-Ringtausches zu bremsen, falls ihm nicht Genugtuung verschafft wird.

Dass es so weit gekommen ist, geht auch auf das Konto der Kanzlerin selbst. Nach einem Telefonat mit dem türkischen Ministerpräsidenten Ahmet Davutolu hatte sie ihren Sprecher Steffen Seibert in der Bundespressekonferenz ungefragt sagen lassen, Böhmermanns Gedicht sei "bewusst ehrverletzend". Im Kanzleramt war man offenbar davon ausgegangen, dass Erdogan damit sediert und die Sache vom Tisch sei. Nichts dergleichen. Ankaras Autokrat, der sich auch in diesem Fall als Opfer von Verschwörern, politischen Widersachern und Ehrverletzern inszeniert, sinnt auf juristische Rache. Nun sitzt Merkel in der Falle: Nachdem Nachdem sie den Böhmermann-Erguss schon als "bewusst ehrverletzend" qualifiziert hat, kommt sie kaum umhin, dem Ersuchen der Türken nachzugeben. Und damit hätte Erdogan die deutsche Kanzlerin genau dort, wo er sie haben will: moralisch an seiner Seite. Eine gruselige Vorstellung.
Einstweilen sollten alle Beteiligten den Adrenalinspiegel wieder herunterfahren. Es ist skurril bis lächerlich, dass eine nicht besonders gelungene Grenzverletzung zu einer bilateralen Staatsaffäre aufgepumpt wird."
geschrieben von Andreas Petzold

von mir fett gedruckt
olga64
olga64
Mitglied

Re: Der witzige Herr Böhmermann
geschrieben von olga64
als Antwort auf Karl vom 12.04.2016, 12:44:35
Böhmermann Das sehe ich anders. Warum kann die Bundesregierung nicht die Justiz entscheiden lassen, die Strafverfolgung also durchwinken? Wir haben Gewaltenteilung, die Justiz ist unabhängig und kann freisprechen.

Karl[/
geschrieben von Karl
quote]

Karl, das Problem ist dieser § 103, der vermutlich allen bisher unbekannt war, da er seit Schah von Persien`s Zeiten nicht mehr gefragt war; er erinnert ja auch an die antiquierte Vorstellung der Majestätsbeleidigung.
Dieser § sollte schnellstmöglichst entrümpelt werden, was aber in der Causa Erdogan nichts nützt, da er ja noch existent ist.
Trotz aller Stimmung "nous sommes Böhmermann" und auch "höchstmedialer Zustimmung" vom Chef des Springer-Verlages und einem Liedchen von Herrn Hallervorden, denke ich schon, dass es beleidigend ist, einen Menschen als "Ziegenficker" zu bezeichnen. Wenn ich dies wieder mal auf unser Forum umlege, da haben sich die Sittenwächter schon darüber aufgeregt, wenn man den Begriff "vögeln" verwendete.
Die Regierung (in diesem Fall bestehend aus Kanzlerin, Auswärtigem Amt und Justizministerium) kann nun eigentlich nur alles falsch machen aufgrund des existenten §: stellte sie sich vor Böhmermann und stimmt einer staatsanwaltlichen Einschaltung nicht zu, werden viele aufschreien, dass die Unabhängigkeit unserer Gerichte bedroht ist - wird einer gerichtlichen Aufarbeitung zugestimmt, werden andere die Meinungsfreiheit in Gefahr sehen und wieder andere vermutlich die Humorfreiheit. Das sind dann z.B. diejenigen, die in Hawai-Hemden mit unfrisierten Haaren schon länger auf einer Einsatz und Beachtung an der Comedy-Front warten und freudig den Böhmermann-Zug entern.
Parallel müssen die Gerichte sowieso aktiv werden,da Erdogan ja in seinem Namen Anzeige wegen Beleidigung gestellt hat. Nun kann sich natürlich der deutsche Mensch auf den Standpunkt stellen, dass Erdogan dringend beleidigt werden soll und muss - aber das ist keine juristische Grösse.
Und wie kann es dann weitergehen?
Macht dieser unberechenbare Herr Erdogan wirklich Ernst und schickt die Flüchtlinge (es wohnen immerhin 3 Mio auf seinem Territorium) per Fähren und Bussen in Richtung Deutschland? Finden wir das dann noch immer gut und zeigen uns solidarisch mit Herrn Böhmermann? Ich wage es zu bezweifeln.
Zumal der Flüchtlingspakt mit der Türkei ja keine ausschliessliche Sache zwischen Frau Merkel und Herrn Erdogan ist, sondern eine EU-Angelegenheit, der 28 Staaten zugestimmt haben (dies wird von deutschen Menschen oft nicht berücksichtigt).

Auf dieser ganzen Eskalationslaufbahn hätte es sicher noch eine Chance gegeben für Herrn Böhmermann, eine humorige Entschuldigung in Richtung Türkei zu senden. Aber er musste natürlich nie einen Eid leisten, dass er SChaden vom deutschen Volk abwenden würde. Dies müssen "nur" unsere Politiker, die wieder mal eine schwierige und auch sehr unnötige Aufgabe zu erledigen haben. Olga
ttrula
ttrula
Mitglied

Re: Der witzige Herr Böhmermann
geschrieben von ttrula
als Antwort auf olga64 vom 12.04.2016, 15:53:49
Die Machtposition Erdogans aufzuzeigen, halte ich keineswegs für unnötig.
Wer wen wie erpresst in der EU ist oft den Massen nicht bekanntgegeben.

Der übliche juristische Ablauf nach einer empfundenen Beleidigung wurde von Böhmermann ja gleich zur Information angehängt. Vieles verläuft im Sande, manches wird nach Jahren durch ein Strafgeld geahndet.

Aber hier geht es um ERDOGAN, dem rohen Ei mit der Macht zur selbst umgesetzten Strafe.

Ich frage mich, wieviele der jetzt auf dem Plan befindlichen Satiregeschmackshüter ähnlich argumentieren würden, wenn beispielsweise an Frau v. Storch der Unterschied zwischen erlaubter Satire und Schmähgedicht zelebriert worden wäre?

Geht es wirklich um das Mittel oder geht es um die Person?

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