Internationale Politik Entsetzen in Norwegen

Karl
Karl
Administrator

Re: Entsetzen in Norwegen
geschrieben von Karl
als Antwort auf rolf † vom 24.07.2011, 19:53:56
Sueddeutsche: Dies war nicht die Tat eines Verwirrten.
Anders Behring Breivik hinterlässt ein riesiges Manifest. Wer wissen will, warum diese Tat geschah, kann die Gründe erfahren. Breivik verfolgte die Jugendlichen auf kaltblütige Art, denn er brauchte möglichst viele Opfer, um seinem Manifest das Gewicht einer Botschaft zu geben, die niemand ignorieren kann. Die Arbeit, diesen Ernst zu verstehen, darf man sich nicht ersparen - denn dies war nicht die Tat eines Verwirrten.
geschrieben von Thomas Steinfeld (Sueddeutsche.de)
Breivik war nicht schuldunfähig "irre", sondern er handelte nach Plan. Er setzte um, was in vielen Hassblogs im Internet an menschenverachtender Ideologie geschrieben wird. Karl
Mitglied_81b4260
Mitglied_81b4260
Mitglied

Re: Entsetzen in Norwegen
geschrieben von ehemaliges Mitglied
als Antwort auf Karl vom 24.07.2011, 20:33:30
... Ihr (bezieht sich auf das "Manifest") Thema ist die „Islamisierung“ mit all ihren Nebenthemen vom Anti-Multikulturalismus bis zum „wehrhaften Christentum“. Die Grundthesen, die dort debattiert werden, finden sich auch in den offenen Debattenforen etablierter, seriöser Medien.
Wer Breiviks „Manifest“ querliest, wird dort wenig finden, das er nicht auch in den Postings zu Themen der internationalen Tagespolitik finden könnte. Es sind Dokumente der Auflehnung gegen die Political Correctness, deren Autoren unter dem Schutzmantel der Anonymität die Möglichkeit sehen, ihr Gefühl von Ohnmacht und vom Betrogen-Werden durch ein politisches „Establishment“, das auf die „wirklichen Sorgen“ der Bürger keine Rücksicht nimmt und die „Wahrheit“ über die Bedrohung der abendländischen Kultur verschweigt, in Form offener Aggression auszuagieren.

Unter den Postern, die dort aus sich herausgehen, sind viele, die in der wirklichen Welt ein ehrbares bürgerliches Leben leben. Man sollte darauf vertrauen, dass Gewaltexzesse wie jener von Oslo und Utøya ein gewisses Maß an Nachdenklichkeit auslösen.
Menschen, die mit den gesellschaftlichen Veränderungen, die Zuwanderung und kulturelle Entgrenzung mit sich bringen, nicht zurechtkommen, als Terror-Brandstifter zu denunzieren wird das Problem nicht lösen...
geschrieben von MICHAEL FLEISCHHACKER in der PRESSE


adam
adam
Mitglied

Re: Entsetzen in Norwegen
geschrieben von adam
als Antwort auf Karl vom 24.07.2011, 17:52:28
@ adam,

ich halte es nicht für verwerflich, sondern für absolut notwendig, die Hintergründe zu beleuchten, die zu dieser Tat geführt haben. Diese Tat war nämlich nicht die Tat eines Irren, sondern eine sehr gut vorbereitete, strategische Bluttat mit dem Ziel, seine verquere Ideologie bekannt zu machen.
geschrieben von karl


@karl,

ich halte es nicht für verwerflich, die Hintergründe der Tat zu beleuchten, sondern die Tat auf eine Gruppe, die einer Ideologie anhängt, zu projezieren. Denk daran, daß der Anschlag von New York auch ohne den Islam nicht denkbar gewesen wäre, die Tat aber nicht auf die Muslim als Anhänger dieser Religion übertragen werden kann.

Daß die Ultrarechten sich jetzt von der Tat distanzieren, ist doch nur begreiflich. Es heißt nicht, daß sie ähnlich angedachten Taten verbergen wollen. Ich habe mich in den 70ern auch von Sympathien für die Anfangszeit von Bader-Meinhof distanziert und ich hätte es zu keinem Zeitpunkt in Betracht gezogen, aus ideologischen Gründen gewalttätig zu werden. Ich weiß ziemlich genau, wie es ist, von den NPD-Leuten im Dorf noch nachträglich vorverurteilt zu werden.

Man muß diesen Leuten gegenüber argumentieren, ihnen klar machen, daß sie mit rassistischen, religiös diffamierenden und Abgrenzung nach außen, genau den Menschen schaden, die sie vorgeben schützen zu wollen. Ihnen zu unterstellen, sie seien potenzielle Mörder, hat eher ein kontraproduktives "Jetzt erst recht" zur Folge. Auch kommt erst bei Argument und Gegenargument an den Tag, was wirklich hinter der Ideologie steckt. Dann kann dem Denken gegebenenfalls politische Motivation abgesprochen werden und der Staatsanwalt hat das Sagen.

--

adam

Anzeige

luchs35
luchs35
Mitglied

Re: Entsetzen in Norwegen
geschrieben von luchs35
als Antwort auf adam vom 24.07.2011, 21:00:24
Was die krude Gedankenwelt dieses Anders Breivik mit dem zentralen Fremdenhass noch unverständlicher macht, ist das problemlose Zusammenleben von Norwegern und ihren Zuwanderern, die hauptsächlich aus Pakistan stammen - ungefähr im gleichen Mengenverhältnis wie etwa die Türken in Deutschland. Dieses Multikultileben klappt in Norwegen bis auf einzelne Zwischenfälle ausgezeichnet. Dass die rechtspopulistische " Fremskrittpartiet" diesen Muslimanteil immer wieder zur eigenen Popolarisierung missbraucht ist unbestritten. Aber tatsächlich gilt diese Partei als gemässigt, und sie distanziert sich von den Rechtsradikalen, die aber im Gegensatz zu anderen nordischen Ländern bisher noch nie Ansätze zur Gewalt zeigten.

Die Regierung der sozialdemokratischen Arbeiterpartei steuert den politischen Kurs seit 20 Jahren mit großem Erfolg.

Auch der übliche soziale Sprengsatz fehlt in Norwegen, es gilt mit seinen 4.5 Mio.Einwohnern durch sein Erdölvorkommen, von dem das Volk profitiert, als das reichste Land der Welt, das sich auch noch weitgehend dem Friedensgedanken verschrieben hat.

Breivik , der als 32jähriger Mann noch immer bei seiner Mutter lebt, weder Freundin noch Freunde hat, offenbar nicht zu den Mittelosen gehört (kauft sich eben mal eine Farm und 6 Tonnen Kunstdünger ), hat sich wohl seine "Ideologie" und sein Weltbild aus allerlei Vorgaben zusammengebastelt, was schlußendlich zu diesem Exzess der Gewalt führte. Hohe Intelligenz (so die Polizei) und wahnhafte Vorstellungen mit Überhöhung der eigenen Person könnten ein Schlüssel zu diesem Verhalten sein - er glaubt ja nach Aussage seines Anwaltes, dass er für dieses Massaker nicht bestraft werden müsse. Dieser Realitätsverlust war sicher ebenfalls ein Grund zu dieser maßlosen Enthemmung, für die es kaum Worte gibt.

Luchs
adam
adam
Mitglied

Re: Entsetzen in Norwegen
geschrieben von adam
als Antwort auf luchs35 vom 24.07.2011, 23:13:51
@luchs,

mir geht es nicht darum, eine rechtspopulistische Gruppierung in Schutz zu nehmen. Meine Argumentation endet vor der Zuordnung im politischen Spektrum.

Ein derartiger Rückschluß mit Verurteilung einer ganzen Menschengruppe war vielleicht die schwärzeste Stunde der Demokratie in der Bundesrepublik, die zum sogenannten Radikalenerlaß führte. Die Berufung auf die Wehrhafte Demokratie halte ich nicht für angebracht, wenn es um pauschale Verurteilungen geht. Hier ist nicht die Legislative zuständig, sondern im Einzelfall die Justiz oder im Verbotsverfahren einer politischen Partei das Bundesverfassungsgericht.

Das nur zur Klärung meiner Beiträge.

--

adam

Karl
Karl
Administrator

Re: Entsetzen in Norwegen
geschrieben von Karl
als Antwort auf adam vom 25.07.2011, 00:00:35
Heute korrigiert sich die BZ und Gleiches ist heute wohl in vielen Tageszeitungen zu lesen:
... Statt dessen haben wir es nun mit einem Massenmörder zu tun, der sich als antiislamischer Kreuzfahrer sieht und dessen Hass der multikulturellen Gesellschaft gilt. Als "christlichen Fundamentalisten" hat die Polizei ihn bezeichnet, was keinem der Tausenden, die nach der Tat in den Kirchen des Landes Trost suchten, eine Mitverantwortung auflädt. Aber: Gleiches muss auch für alle Muslime gelten, wenn wieder einmal ein muslimischer Fundamentalist ein Verbrechen begeht".
geschrieben von Leitartikel BZ vom 25.7.2011 von Hannes Gamillscheg
@ Adam,

ich denke darauf können wir uns einigen. Es sind gerade diese hasserfüllten Verallgemeinerungen auf den einschlägigen Webseiten gegen die es sich zu wenden gilt.

Karl

Anzeige

Mitglied_81b4260
Mitglied_81b4260
Mitglied

Re: Entsetzen in Norwegen
geschrieben von ehemaliges Mitglied
als Antwort auf Karl vom 25.07.2011, 06:25:45
Ich möchte einen Gedanken einbringen, der sehr wahrscheinlich als absud und zu weit hergeholt beurteilt werden wird.
Für mich war das Lesen von "Hitlers Wien" augenöffnend und ich sehe manche dieser Tendenzen auch heute, verstärkt und beschleunigt durch das Internet.

Daher möchte auf diese Rezensionhinweisen, die ich als sehr gute Zusammenfassung empfinde.

Eine geistige Verbindung zu heutigen Verhältnissen mag der Leser ziehen oder abwehren - interessant ist die Lektüre des Buches und der Reszension allemal.
luchs35
luchs35
Mitglied

Re: Entsetzen in Norwegen
geschrieben von luchs35
als Antwort auf adam vom 25.07.2011, 00:00:35
mir geht es nicht darum, eine rechtspopulistische Gruppierung in Schutz zu nehmen. Meine Argumentation endet vor der Zuordnung im politischen Spektrum.
geschrieben von Adam


Das würde ich gerade dir auch niemals unterstellen, Adam , ich habe lediglich meine Gedanken zu vielen Mosaiksteinen der Tagesmeldungen, Links, Interviews, Aussagen zu den Hintergründen etc. zusammmengefasst, also keinen Bezug zu einem Beitrag erstellen wollen - und ich hatte mich einfach bei dir "angehängt".

Was dieser Massenmörder in seinem Hass auf alles Fremde ausgebrütet hat, kann man sowieso kaum in Worte fassen oder irgendwie begreifen. Eine Meldung heute Morgen im DRS (Schweizer TV) wies darauf hin, dass Brevik unter Drogen gestanden sein soll, als er dieses Massaker anrichtete. Das wäre aber höchstens eine Erklärung für die Kälte und jeglichem Mangel an Mitgefühl, mit dem er diese Tat ausführte. Aber man muss das wohl trennen von der langen Vorbereitungszeit und dem taktischen Vorgehen inklusive des Wissens, dass nach der Explosion in der Stadt die Polizeikräfte dort gebunden sind und er lange Zeit freie Bahn auf der Insel hatte.

Es sprengt einfach die unsere Vorstellungskraft, sich in die Motive des Täters hineinzudenken.

Nun führt angeblich auch noch eine Spur zu den Rechtsradikalen in Deutschland, denn laut Aussage der Polizei stand auch die Bundeskanzlerin Angela Merkel auf seinem Vernichtungsplan.

Womöglich kommen die untersuchenden Behörden auch noch zu dem Schluss, dass Brevik mit seinen wirren Vorstellungen von gewissen Gruppen instrumentalisiert wurde.

Luchs



dutchweepee
dutchweepee
Mitglied

Re: Entsetzen in Norwegen
geschrieben von dutchweepee
als Antwort auf luchs35 vom 25.07.2011, 09:37:48
Dieser Oslo-Attentäter war kein Irregeleiteter der mit seinen Attentaten nur "Attention" erregen wollte. Er hat zielgerichtet die Jugend der in Norwegen regierenden Sozialdemokratie erschossen, um eine linke Zukunft in seinem Land zu schwächen. Das ist gezielter, geplanter, politischer Mord. Das hat nichts mit den wahllos tötenden Oktoberfest-Faschisten in Deutschland und den Oklahoma-Bombern zu tun.

Das ist eine neue Qualität!
adam
adam
Mitglied

Re: Entsetzen in Norwegen
geschrieben von adam
als Antwort auf Karl vom 25.07.2011, 06:25:45
Heute korrigiert sich die BZ und Gleiches ist heute wohl in vielen Tageszeitungen zu lesen:
... Statt dessen haben wir es nun mit einem Massenmörder zu tun, der sich als antiislamischer Kreuzfahrer sieht und dessen Hass der multikulturellen Gesellschaft gilt. Als "christlichen Fundamentalisten" hat die Polizei ihn bezeichnet, was keinem der Tausenden, die nach der Tat in den Kirchen des Landes Trost suchten, eine Mitverantwortung auflädt. Aber: Gleiches muss auch für alle Muslime gelten, wenn wieder einmal ein muslimischer Fundamentalist ein Verbrechen begeht".
geschrieben von karl
@ Adam,

ich denke darauf können wir uns einigen. Es sind gerade diese hasserfüllten Verallgemeinerungen auf den einschlägigen Webseiten gegen die es sich zu wenden gilt.

Karl
geschrieben von Leitartikel BZ vom 25.7.2011 von Hannes Gamillscheg


Einverstanden karl.


@Luchs,

ich weiß, daß Du mir nichts unterstellen wolltest. Deine vorläufige, journalistische Bilanz hat mir die Gelegenheit gegeben, den Hintergrund meiner Argumentation darzulegen.

--

adam


Anzeige