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Internationale Politik europe-shouldn-t-worry-about-migrants-it-should-worry-about-creeping-fascism

carlos1
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Re: europe-shouldn-t-worry-about-migrants-it-should-worry-about-creeping-fascism
geschrieben von carlos1
als Antwort auf olga64 vom 27.08.2015, 15:41:02
" ... es ist sehr wichtig, die Gründe für die Flucht akribisch zu studieren. Karl


Ein Blick auf die Politszene des Nahosttheaters der letzten Tage. In Kairo wird die Bestellung einer gemeinsamen Eingreiftruppe der arabischen Liga gegen den IS auf unbestimmte Zeit verschoben. Im Irak protestieren Zehntausende gegen entnervende Stromausfälle, gegen zerstörerische Korruption der Herrschenden und wegen der verrottenden Infrastruktur. Im Libanon gehen die Menschen wegen des stinkenden nicht entsorgten Mülls auf die Straßen und treibt sie in den Aufstand gegen die Herrschenden. Saudi-Arabien und die Emirate zerbomben derweil den Jemen, das Armenhaus der arabischen Welt. Die Türkei bombt ebenfalls gegen die verbotene PKK, die die einzig wirksame Truppe in der unmittelbaren Vergangenheit gegen den IS stellte. Das US-Verteidigungsministerium läaat untersuchen, ob die Erfolgsberichte der Flüge gegen den IS frisiert worden sind. Diese seien offizieller Lesart zufolge erfolgreich gewesen und hätten den IS geschwächt. Zwischenzeitlich hat sci der IS etabliert und beherrscht ein Gebiet so groß wie Großbritannien.

Man muss kein Hellseher sein, um zu begreifen und vorherzusagen, dass der IS unter diesen Voraussetzungen weiter bestehen wird und ein Fixwert auf der Karte des Nahen Ostens bleiben wird. Bezüglich Syriens herrscht rege Reisetätigkeit zwischen Riad, Washington, Teheran und Moskau. Ein Ziel steht in Vordergrund seitdem Palmyra in IS-Hand ist. Ein Rest von Präsident Assads Macht in Syrien muss erhalten werden, sonst würde dem IS der Weg nach Damaskus frei gemacht. Derweil geht die jahrtausendealte religiöse und sprachliche Multikultur in Nahost unter den Schlägen des IS dem Untergang entgegen. Religiöse Minderheiten werden durch den IS unterdrückt, verdrängt oder ermordet. Wen wundert es, dass die Menschen fliehen?

Der Staat Irak ist im Zerfall begriffen. Einen Teil (mit Mossul) hat der IS besetzt. Es gibt einen kurdischen, sunnitischen und schiitischen Sektor. Das Staatsgefüge des Irak zerfällt wie auch das Staatsgefüge der gesamten Nahostregion. Die Auflösung der Grenzen ist im Gange. Die Hoffnung, dass sich die riesigen Flüchtlingslager/Auffanglager in Jordanien, Libanon und im kurdischen Teil des Irak als Provisorien erweisen, sehe ich nicht mehr. Ein großer Teil der Bevölkerung des Libanon besteht aus Flüchtlingen.

Ein Drittel der Arabischen Liga besteht aus gescheiterten Staaten, ein Drittel ist schwach und ein Drittel ist strikt autoritär regiert. Es gibt keinen arabischen Staatschef, eine moralische und politische Autorität von internationalen Rang und Format, der für alle sprechen könnte. Es existiert weit und breit keine tragfähige Demokratie, die einen wirksamen Sozialstaat entwickeln könnte. Von 280 Mio Einwohnern der Region sind mehr als 50% unter 30 Jahre alt. Für sie gibt es kein Konzept in irgendwelcher Form für Partizipation am Staat. Ich verstehe gut, dass sich junge Familien aus den Auffanglagern der Region auf den Weg machen, um in Europa sicher leben zu können, um der Hoffnungslosigkeit zu entgehen, um eine Perspektive für die Zukunft zu haben.

Der Höhepunkt der Flüchtlingswelle ist noch nicht erreicht. Es ist erst der Anfang. Europa versinkt in Ratlosigkeit, wo es handeln müsste. Anstelle von Herrn Restle mit seinem genialen Kommentar, der im ST so gut ankommt, der vor allem die Bundesregierung für ihr Zusammengehen mit korrupten Regimen die Schuld gibt und das Versagen im Kosovo auch noch uns anlastet, weil wir nicht wie versprochen geholfen haben, erinnere ich mal an die arabischen Eliten, die Regierungen etc., die alles treiben ließen und lassen. Regierungen souveräner Staaten sind nicht Objekt einer deutschen Erziehungsarbeit. Es kommen Flüchtlinge zu uns, die nicht gelernt haben, ihren Müll in eine Tonne zu werfen, auch wenn sie nur 10 m entfernt steht. Nach der Räumung eines Teils der Schleyerhalle in Stuttgart las ich, dass eine Unmenge Müll zu entsorgen war. Eine arabische Regierung, die für die Demokratie nichts taugt, könnte aber durchaus durchsetzen, das die Müllentsorgung funktioniert.
Mitglied_81b4260
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Re: europe-shouldn-t-worry-about-migrants-it-should-worry-about-creeping-fascism
geschrieben von ehemaliges Mitglied
als Antwort auf carlos1 vom 28.08.2015, 17:42:19
....ein "schöner" Erfolg des "Kriegs dem Terror"
Und der Mutation des lieben zum bösen Diktator.
dutchweepee
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Re: europe-shouldn-t-worry-about-migrants-it-should-worry-about-creeping-fascism
geschrieben von dutchweepee
als Antwort auf ehemaliges Mitglied vom 28.08.2015, 17:49:55
Das hast Du gut formuliert mart. Carlos versucht nichts weiter, als das Versagen der US-Außenpolitik schön zu reden. Oder war es am Ende gar kein Versagen, sondern vielleicht oder ganz bestimmt war dieses Chaos das Ziel, um Nordafrika und Europa zu destabilisieren?

Der schlimmste Effekt für die USA wäre ein einiges Nordafrika und eine funktionierende europäische Union. Beides hat die USA offen und verdeckt, politisch, wirtschaflich, geheimdienstlich und militärisch über Jahrzehnte unterminiert.

Wenn ich mit den Menschen aus Syrien spreche die zu uns gekommen sind, so benennen sie nicht den IS oder Assad als Ursache für Ihre Flucht oder das Elend, sondern benennen ganz klar den Feind, dessen Name auf den Granatsplittern steht, die sie in ihren zerstörten Häusern gefunden haben. Es waren keine kyrillischen Buchstaben.

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carlos1
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Re: europe-shouldn-t-worry-about-migrants-it-should-worry-about-creeping-fascism
geschrieben von carlos1
als Antwort auf dutchweepee vom 28.08.2015, 19:03:39
"Carlos versucht nichts weiter, als das Versagen der US-Außenpolitik schön zu reden. Oder war es am Ende gar kein Versagen, sondern vielleicht oder ganz bestimmt war dieses Chaos das Ziel, um Nordafrika und Europa zu destabilisieren?

Der schlimmste Effekt für die USA wäre ein einiges Nordafrika und eine funktionierende europäische Union. Beides hat die USA offen und verdeckt, politisch, wirtschaflich, geheimdienstlich und militärisch über Jahrzehnte unterminiert." Dutch


Das ist schlicht idiotisch. Du lebst in Verschwörungstheorien. Es lohnt nicht auf diesen Krampf zu antworten.
pschroed
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Re: europe-shouldn-t-worry-about-migrants-it-should-worry-about-creeping-fascism
geschrieben von pschroed
als Antwort auf carlos1 vom 28.08.2015, 19:55:39
Carlos Danke
Das breite Denken ist nicht so einfach.

Philippe
Karl
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Re: europe-shouldn-t-worry-about-migrants-it-should-worry-about-creeping-fascism
geschrieben von Karl
als Antwort auf carlos1 vom 28.08.2015, 17:42:19
@ carlos1,

mein Kommentar geht in die Richtung von mart1. Du schilderst das Chaos, das ohne Frage eine Folge des illegalen Überfalls der USA auf den Irak ist. Ohne diesen hätten wir heute diese Vielzahl von Flüchtlingen nicht.

Karl

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carlos1
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Re: europe-shouldn-t-worry-about-migrants-it-should-worry-about-creeping-fascism
geschrieben von carlos1
als Antwort auf ehemaliges Mitglied vom 28.08.2015, 17:49:55
"....ein "schöner" Erfolg des "Kriegs dem Terror"
Und der Mutation des lieben zum bösen Diktator. mart1


Mart, was du schreibst ist im Ansatz richtig. Der Irakkrieg führt auf lange Sicht zum Zerfall des Irak und destabilisiert die Nahostregion. Der Iran ist die dominante Regionalmacht geworden. Um einen "Krieg gegen den Terror" zu führen, hätten die USA den Irak nicht angreifen müssen. Sie hatten doch bereits Afghanistan besetzt. Es war ein Trugschluss den Irak wie etwa Nachkriegsdeutschland demokratisieren zu wollen. Vor allem hätte dies in der Besatzungspolitik seinen Niederschlag finden müssen.

Wer "vom lieben zum bösen Diktator" nach deiner Ansicht mutiert haben soll, wird nicht klar. Wenn du mit Diktatoren keine Beziehungen pflegen willst, müsstest du dich heutzutage aus der Politik zurückziehen und auch auf Außenbeziehungen verzichten. Dazu gehören auch wirtschaftliche Beziehungen.

Außenbeziehungen sind immer dann leicht zu pflegen, wenn gemeinsame Grundüberzeugungen bei den Regierenden vorhanden sind. Dazu gehören Auffassungen darüber, was "gut" und was "böse" ist. Interessen sind selten deckungsgleich.

c
Mitglied_81b4260
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Re: europe-shouldn-t-worry-about-migrants-it-should-worry-about-creeping-fascism
geschrieben von ehemaliges Mitglied
als Antwort auf carlos1 vom 28.08.2015, 19:55:39
Die Gesamtzahl der Todesopfer der Kriege in Afghanistan, Pakistan und dem Irak wird öffentlich drastisch unterschätzt. Sie liegt bei weit über 1 Million.
Dies ist das Ergebnis einer Untersuchung, die die deutsche, US-amerikanische und kanadische Sektion der Internationalen Ärzte für die Verhütung des Atomkrieges ( IPPNW ) heute 12 Jahre nach Beginn des Irakkrieges zeitgleich in Berlin, Washington und Ottawa veröffentlichen (siehe Body Count: Casualty Figures After 10 Years of the »War on Terror« - Iraq, Afghanistan, Pakistan ).

Die Rechtfertigung von Kriegen ist immer auch eine Frage ihrer öffentlichen Wahrnehmung. Im Fall des sogenannten "Krieges gegen den Terror" war eine öffentliche Diskussion über die Opfer unerwünscht. Wenige Zahlen wurden bekannt gegeben und diese schienen erheblich zu niedrig. US-General Tommy Franks sagte am 18. März 2002 in Bagram, Afghanistan, auf Fragen von Journalisten nach den Opfern des Krieges: "Wir zählen keine Leichen."

Laut der US-amerikanischen IPPNW-Sektion unterstreicht die Untersuchung das Ausmaß menschlicher Zerstörung, die weltweit Hass anfeuere, in einer Zeit, in der die US-Regierung neue und erweiterte Militäroperationen im Irak und in Syrien erwäge. Außerdem liefere "Body Count" den Kontext, um den Aufstieg brutaler Kräfte, wie den des IS zu verstehen, die als Folge der US-Politik weiter gedeihen würden.

"Nach geschätzten Kosten von mehr als drei Billionen US-Dollar, für einen über mehr als ein Jahrzehnt geführten Krieg in Zeiten unserer eigenen schwierigen Wirtschaftslage, müssen wir unsere volle Verantwortung anerkennen und daraus die entsprechenden Lehren ziehen, um eine tragische Zuspitzung der explosiven Situation, in der wir uns heute befinden, zu vermeiden," heißt es in der Pressemitteilung der US-amerikanischen IPPNW-Sektion zur Veröffentlichung der Untersuchung.

Ziel des IPPNW-"Body Count" ist es, der Öffentlichkeit wie EntscheidungsträgerInnen in Regierungen und Parlamenten die tatsächlichen Opfer des sogenannten "Krieges gegen den Terror" vor Augen zu führen. Die internationale Ärzteorganisation setzt sich für ein Ende des Krieges ein und will weiteren sinnlosen Kriegen vorbeugen.


Es nutzt nichts die Augen zu verschließen.
Der Krieg gegen den Terror ist voll in die Hosen gegangen. Wenn nicht beabsichtigt,dann gröblichst fahrlässig. Beides ist kriminell.

Oder wenn man es lieber kürzer und poetischer mag:
Das eben ist der Fluch der bösen Tat,
Daß sie, fortzeugend, immer Böses muß gebären.


Quelle: »Wallenstein. Die Piccolomini«, 1799

DER FLUCH DER BÖSEN TAT ist der Titel des letzten Buchs von SchollLatour.
carlos1
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Re: europe-shouldn-t-worry-about-migrants-it-should-worry-about-creeping-fascism
geschrieben von carlos1
als Antwort auf Karl vom 28.08.2015, 20:16:17
"Du schilderst das Chaos, das ohne Frage eine Folge des illegalen Überfalls der USA auf den Irak ist. Ohne diesen hätten wir heute diese Vielzahl von Flüchtlingen nicht." Karl


Karl, woher weißt du, dass dieses Chaos "ohne Frage" allein und ausschließlich im Krieg gegen den Irak angelegt war und wir nur deshalb die Flüchtlingsströme haben? Das ist eine These, keine fundierte Erklärung. Zugegebenermaßen aber eine vereinfachte Deutung von Ereignissen. Ich mache sage mir diese These selber vor, aber daran glauben tue ich nicht.

Wir haben aber heute auch Flüchtlinge aus Pakistan, Libanon u. a. islamischen Ländern. Was haben diese mit dem Irak zu tun? Nichts. Sie haben aber vielleicht etwas mit dem Modernitätsrückstand in islamischen Ländern zu tun.

Unter der Außenpolitik verstehe ich etwas anderes als Kaffesatzleserei und ideologische Einspännerei. Es könnte also sein, dass ich hier am falschen Ort bin, an dem nur eine Meinung vertreten werden sollte.

c
adam
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Re: europe-shouldn-t-worry-about-migrants-it-should-worry-about-creeping-fascism
geschrieben von adam
als Antwort auf carlos1 vom 28.08.2015, 20:56:23
Carlos,

Du bist hier ja nicht der Einzige, der nicht versucht, die Geschehnisse in ein vorgefertigtes Weltbild zu pressen.

Wir haben aber heute auch Flüchtlinge aus Pakistan, Libanon u. a. islamischen Ländern. Was haben diese mit dem Irak zu tun? Nichts. Sie haben aber vielleicht etwas mit dem Modernitätsrückstand in islamischen Ländern zu tun.


Dem arabischem Islam und seinen Machthabern laufen die Menschen davon. Niemand kann das aushalten. Der Bürgerkrieg beschleunigt den Vorgang, zieht ihn vor. Natürlich ist der Krieg der USA gegen Saddam Hussein dabei ein Faktor, aber ihn als alleinige Ursache zu sehen, hat eher etwas mit der Sicht einiger, die USA, den "Westen", als so etwas wie den omnipotenten Allesverursacher zu sehen. Aber niemand auf dieser Welt ist omnipotent. Niemand kann in die Zukunft sehen und nur rückwärts zu blicken verschleiert den Blick auf die Gegenwart.

Dem IS und seinem Staat gebe ich keine große Zukunft. Einmal weil ihm auch die Menschen davon laufen, zum anderen, weil er in Arabien mit allen Staaten in Konkurrenz um die Macht steht und stehen wird. Einziger Gewinner könnten die Mullahs in Teheran sein.

--

adam

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