Internationale Politik Gratulation Türkei

olga64
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Re: Gratulation Türkei
geschrieben von olga64
als Antwort auf apollonia vom 18.04.2017, 17:22:36
Wir werden in Europa damit leben müssen, weil ich nicht davon ausgehe, dass europäische Staaten ihre Truppen zu dem Natoverbündeten in die Türkei entsenden werden.
Die Auswirkungen des Referendums, bei welchem fast die Hälfte der Türken nicht dafür stimmten, werden erst in ca 2 Jahren umgesetzt werden.
Erdogan wird sich stärker an den nächsten Autokraten binden, Herrn Putin und wenn möglich und durchführbar an einen weiteren, Herrn Trump.
Es scheint sich zu realisieren,dass weltweit der Trend zum "sog. starken Mann" geht - auch das muss akzeptiert werden, was relativ einfach ist, weil wir keinerlei Einfluss darauf nehmen können.
Haben wir davor Angst? Dann sollten wir bedenken,dass die grössere Schwester der Angst immer die Hysterie ist - lassen wir uns von dieser nicht beeinflussen. Olga
adam
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Re: Gratulation Türkei
geschrieben von adam
als Antwort auf olga64 vom 18.04.2017, 17:44:35
Erdogan wird sich stärker an den nächsten Autokraten binden, Herrn Putin und wenn möglich und durchführbar an einen weiteren, Herrn Trump.
Es scheint sich zu realisieren,dass weltweit der Trend zum "sog. starken Mann" geht...


Das glaube ich nicht, Olga.

Denn dann würde sich der sunnitische Islamist ins schiitische Lager begeben. Wie sollte er so Mossul für die Türkei bekommen? Dafür braucht er die sunnitische Zustimmung und selbst die ist unwahrscheinlich, weil die Türken bei den Arabern, als Nachfolger der Osmanen, sehr unbeliebt sind.

Trump ein starker Mann? Wenn sein großes Mundwerk weiter mit derzeitiger Geschwindigkeit kleiner wird, bleibt bald keine Stärke mehr übrig. Es scheint in den USA Bande zu geben, deren sich kein Präsident so einfach entledigen kann.

Am wahrscheinlichsten scheint mir, daß Erdogan schon 2019 gescheitert ist und die Verfassungsreform nicht umgesetzt wird. Er hat einfach zu wenig Unterstützung, selbst im eigenen Land.

--

adam
Mitglied_69e81d4
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Re: Gratulation Türkei
geschrieben von ehemaliges Mitglied
als Antwort auf olga64 vom 18.04.2017, 17:44:35
Jetzt einmal ganz herzlich: Danke Olga

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carlos1
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Re: Gratulation Türkei
geschrieben von carlos1
als Antwort auf apollonia vom 18.04.2017, 17:22:36
"Das Ende ist noch lange nicht da, es geht erst los.Ein Volk ist gespalten, wer nicht zur AKP gehört stehen schwere Zeiten bevor." appolonia

Mir war nicht zu einer Gratulation zumute, heigle, als ich das Ergebnis am Fernseher erfuhr. Ich rechnete mit einem eindeutigeren Votum im Wahlgang für das Experiment Erdogans. Allerdings: Bei weniger engem Abstimmungsergebnis gäbe es mehr Klarheit für die EU und für die dt. Poliitk, wie mit Erdo umzugehen wäre. Da er aber nur den Anspruch erheben kann das halbe "Volk" (die Kurden nicht gerechnet) habe sich für seinen Weg eindeuting entschieden, kommt mehr Verantwortung auf uns zu. Wir müssen die Rückwirkungen auf weite Teile der Bevölkerung in der Türkei bedenken und ebenso auch, dass zumindest ein großer Teil der Abstimmungsberechtigten in Dtld für Erdogans Weg gestimmt hat.

Die Türkei hat nicht nur eine gespaltene Gesellschaft, sondern ist auch ein Land im Ausnahmezustand und zudem im Bürgerkrieg mit dem kurdischen Teil der Bevölkerung und natürlich dem IS (der durch Erdog. anfänglich gestützt wurde). Es ist absurd, wenn Erdog. auf Dauer den unterdrückten Teil der türkischen Bevölkerung, also vor allem die Kurden (15 Mio) aber insgesamt auch die Opposition als Terroristen hinstellt. Darauf zielt die Propaganda der Regierung ab. Es ist deshalb richtig Waffenlieferungen in die Türkei zu stoppen und auch die Kurden nicht mit Waffen zu beliefern, wenn nicht verhindert werden kann, dass sie von der PKK an andere kurdische Gruppen weiter geleitet werden.

Es war ein Fehler der dt. Politik Erdogan zu erlauben wahlberechtigten Türken in Dtld ihre Stimmen abzugeben. Bei weiteren angekündigten Referenden über die Todesstrafe und über einen möglichen EU-Beitritt würde der türkischen Politik ein weites Operationsfeld zugestanden werden, auf dem sie die deutsche Innenpolitik nicht nur bechäftigen, sondern unzulässig beeinflussen würde. Türkische Innenpolitik darf in der Türkei gemacht werden, nicht aber in Dtld.

Erdogan ist Islamist und seine Politik zielt auf die weitgehende Islamisierung der türkischen Kultur ab. Zu Beginn seiner Amtszeit als Min. präs. verkündete er im Wahlkampf, dass die Minarette die Bajonette seien gegen die Feinde der türkischen Kultur ...

Deutsche Innenpolitik darf in bestimmten Problemfeldern nicht von Ankara ferngesteuert werden. Die baden-würtemmbergische Landtagspräsidentin M. Aras, eine Kurdin, hat es deutlich gesagt, dass offene Worte jetzt notwendig sind. Imame, die regelmäßig aus der Türkei einreisen und nach einigen Jahren ausgetauscht werden, muss die Einreise verweigert werden. Denunziationen dürfen nicht sein, Imame, die dagegen verstoßen sind auszuweisen. Gehirnwäsche darf nicht stattfinden. Religionsfreiheit der Eltern im Falle des verweigerten Schwimmunterrichts muss gegenüber dem Wohl des Kindes zurücktreten.

Die wirtschaftlichem Erfolge Erdogans beruhten auf einer Aufblähung der Geldmenge durch einströmendes ausländisches Kapital. Das ist Vergangenheit. Die Lira stürzte ab, Die Arbeitslosigkeit liegt bei 13%. Der Tourismus geht zurück. Es wird sich erst noch zeigen müssen, wie weit die Versprechungen Erdogans tragen. Der Handel der Türkei mit der EU umfasst 44%, der mit Russland 2%. Militärisch ist die Türkei gelähmt, da ein Großteil der Offiziere im Gefängnis sitzt. NATO-Stäbe beklagen die Inkompetenz der neu entsandten Kollegen. Wirtschaftlich und militärisch verliert das Land an Bedeutung. Kulturell nähert es sich immer schneller dem turk-turanischen Niveau Mittelasiens, indem es sich von Europa entfernt. Man darf die Augen nicht davor verschließen.
Logan
Logan
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Re: Gratulation Türkei
geschrieben von Logan
als Antwort auf carlos1 vom 19.04.2017, 00:04:50
Wie war es denn bei den Engländern, als es um die Brexit- Votierung ging?
Einige haben nicht die Möglichkeit in Betracht gezogen, dass der Brexit eintreffen könnte, worauf sie nicht an der Wahl teilnahmen...
Aber hinterher regte man sich auf, wie es überhaupt zum Brexit kommen konnte.

In der Türkei allerdings soll es laut CHP zu Wahlmanipulationen gekommen sein, was sicher nachgeprüft werden wird. Zusätzlich belasteten die Nichtwähler dort und überall wo Türken abstimmen konnten das vorläufige Endergebnis - mit ihrer Enthaltung.

Wie das jetzt ausgeht, weis glaube ich niemand.

Logan
carlos1
carlos1
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Re: Gratulation Türkei
geschrieben von carlos1
als Antwort auf carlos1 vom 19.04.2017, 00:04:50
"Die wirtschaftlichem Erfolge Erdogans beruhten auf einer Aufblähung der Geldmenge durch einströmendes ausländisches Kapital. Das ist Vergangnehit. Die Lira stürzte ab, Die Arbeitslosigkeit leigt bei 13%. Der Tourismus geht zurück." carlos1


Erganzend zu meinem Beitrag von gestern Abend möchte ich den Link zum Interview mit Muhterem Aras nachreichen.

http://www.stuttgarter-zeitung.de/inhalt.landtagspraesidentin-muhterem-aras-die-gehirnwaesche-ist-wirklich-fatal.089d59ce-d502-4725-a44b-1cd4e29c0a8c.html

Korrigieren muss ich die Feststellung, dass die Arbeitslosigkeit in der Türkei bei 13% liegt. Sie liegt derzeit bei 11,3%. Der Zufluss deutschen Kapitals lag 2016 bei ca. 400 Millionen EUR. Im Jahr zuvor betrug er noch das Doppelte. Die Gesamtinvestitionen deutscher Unternehmen in der Türkei ist hoch: 6 800 Unternehmen sind dt. Tochterunternehmen . Das Versprechen Erdogans Stabilität und Wohlstand zu sichern und zu mehren ist nur mit einer größeren Beteiligung ausländischen Kapitals zu erreichen. Ein größere Rolle für die Türkei in der Globalisierung wie sie das Projekt "Seidenstraße" verspricht, wird ohne anhaltende und gesteigerte Zufuhr ausländischen Kapitals nicht möglich sein. Von daher ist das Wahlergebnis von 51,4% nicht nur eng. Es kann auch den Kulminationspunkt der Erdoganschen Politik markieren. Hinzu kommt der Bürgerkrieg im eigenen Land, von der schmählichen Niederlage der durch die Säuberungen betroffenen türkischen Armee im Syrienkonflikt gegen den IS gar nicht erst zu reden. Unsere Medien berichten darüber nicht oder nur am Rande.

Interessant ist, dass die Regierung May in GB das Seidenstraßenprojekt auch ins Auge fasst, für die neue globale Machtstellung GBs. Von der Insel aus sollen irgendwann in nächster Zeit Züge mit britischen Waren über den europ. Kontinent in kürzester Zeit Innerasien und Fernost erreichen. Herr Putin wird sich daran erfreuen und und ebenso die Chinesen.

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carlos1
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Re: Gratulation Türkei
geschrieben von carlos1
als Antwort auf Logan vom 19.04.2017, 11:21:27
"In der Türkei allerdings soll es laut CHP zu Wahlmanipulationen gekommen sein, was sicher nachgeprüft werden wird. Zusätzlich belasteten die Nichtwähler dort und überall wo Türken abstimmen konnten das vorläufige Endergebnis - mit ihrer Enthaltung." Logan


Logan, die Medien melden solche Manipulationen. Darunter verstehe ich zunächst einmal die Verwendung vorgestempelter Wahlscheine. Schlimmer noch sind aber Veränderungen der Auszählungsmodalitäten am Tage der Wahl. Das wäre etwa so wie eine offizielle Änderung der Regeln des Fußballspiels während eines wichtigen Spiels.

Siegesfeiern machen vergessen, dass Versprechen vorausgingen: Wachsender Wohlstand, innere Stabilität. Daran werden auch die Sieger langfristig gemessen werden. Die Türkei ist kein stabiles Land, sondern ist von inneren Gegensätzen zerfressen. Das Geld im Portemonnaie der Bürger ist darüber hinaus der Gradmesser für das Wohlstandsversprechen.

Die Wahlergebnisse in den Tourismushochburgen sprechen eine deutliche Sprache. Nicht einmal in Istanbul hatte Erdog. eine Mehrheit der Stimmen, also dort, wo er als Oberbürgermeister den Beginn einer steilen Karriere startete. Die Spaltung dr Gesellschaft manifestiert isch sehr deutlich in einem Stadt-Land Gegensatz. Vor allem Akademiker, gut ausgebildete Türken, das säkularisierte Establishment, sind Zielscheibe des Zorns des Mchthabers, gehen in die Emigration oder sitzen im Gefängnis. Wie soll ein Land sich entwickeln, in dem Bürger Angst haben laut zu denken. Meinungs- und Informationsfreiheit sind Voraussetzungen für die Modernisierung eines Landes und dessen Entwicklung.

Viele Grüße
c
wandersmann
wandersmann
Mitglied

Re: Gratulation Türkei
geschrieben von wandersmann
als Antwort auf carlos1 vom 19.04.2017, 16:16:31
Wie soll ein Land sich entwickeln, in dem Bürger Angst haben laut zu denken. Meinungs- und Informationsfreiheit sind Voraussetzungen für Entwicklung.


Ich kann mir gut vorstellen, dass die Zustimmung für Erdoğan auch darin mit begründet liegt, dass für einen Großteil des türkischen Volkes die von Dir hier angesprochenen "postmaterialistischen" Werte, wie Presse- und Redefreiheit, keine unmittelbare Priorität besitzen. Der materielle Wohlstand steht im Vordergrund, und in dieser Hinsicht hat die Türkei unter der Führung Erdoğans ja durchaus positive Tendenzen aufzuweisen. Wirtschaftsaufschwung, Bau von Straßen und Metro, kostenloses Lehrmaterial für die Schüler, soziale Absicherung für Arbeitnehmer. Das allein schon sind in diesem Kulturkreis Pfunde, mit denen sich wuchern lässt.
Logan
Logan
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Re: Gratulation Türkei
geschrieben von Logan
als Antwort auf carlos1 vom 19.04.2017, 16:16:31
Ja, @Carlos so ist es.

Stand heute hat Erdogan mit ca. 60% der Wählerstimmen gerechnet, dass er dieses Ziel nicht erreichen wird, wurde ihm noch während des Urnenganges der Bevölkerung und der Ergebnisse der im Ausland beheimateten Landsleute deutlich vor Augen geführt. Was also liegt da näher, als zu manipulieren.
Ich schrieb hier, in diesem Strang glaube ich war es, das er es schon hinbekommt diese Wahl für sich zu entscheiden.
Und gerade musste ich im Videotext des TV lesen, dass es wieder einmal Oppositionelle traf, die man aus der Wohnung heraus verhaftet hat – außerparteiliche Oppositionelle offenbar, die es traf.
Wenn er weiterhin derart drastisch gegen seine Landsleute vorgeht, verliert er seine allerletzte Glaubwürdigkeit. Dann wird es zu Massenprotesten Im Land kommen, zu Aufständen.

Und wieder einmal wird dann Blut fließen für die Freiheit...

Logan
JuergenS
JuergenS
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Re: Gratulation Türkei???
geschrieben von JuergenS
als Antwort auf Logan vom 19.04.2017, 16:42:50
zumindest setz ich nun 3 Fragezeichen hinter die von mir gewählte Überschrift.
Allerdings glaube ich nicht, dass sich eine Wahlüberprüfung ergeben wird, die Gründe habt ihr ja geschildert
Ich denke, auch bei einem Erfolg des Nein zur Verfassungsänderung hätte man Wege gefunden, dies zu ignorieren, die Machtstrukturen sind zu festgefügt durch E.
Ein Arrangement mit dem System in der Türkei, rein geprägt durch die Interessen, wird bleiben. Das haben Staaten immer so gehalten, auch wenn sie noch so negativ sich gegenüberstanden.
Ich denke, die Türkei wird aber nicht syrische Verhältnisse bekommen. Hoffe ich zumindest.

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