Internationale Politik Immer nur Israel ?

Karl
Karl
Administrator

Re: Die Diskriminierung der ROMA
geschrieben von Karl
als Antwort auf sysiphus vom 15.08.2010, 14:15:46
Die Sinti und Roma in Westeuropa sind illegal eingereist und halten sich hier ebenso illegal auf.

Das hat mich jetzt einmal interessiert, ob das so stimmt. Gefunden habe ich für Deutschland Folgendes:
In Deutschland leben schätzungsweise 50.000 Roma-Flüchtlinge, davon
20.000 Kinder. Sie werden im Blickfeld des öffentlichen und
wissenschaftlichen Interesses als vorübergehend geduldete Minderheit
wahrgenommen. In Wirklichkeit dauert aber der »vorübergehende«
Aufenthalt oft bis zu zehn oder mehr Jahren, in denen ihre
Bildungsbeteiligung kaum Beachtung findet. Dabei ist für viele Roma-
Familien, deren Kinder in Deutschland geboren und aufgewachsen sind,
eine Rückkehr auf absehbare Zeit nicht möglich oder nicht zuzumuten. Quelle als PDF: http://www.unicef.de/download.php?f=content_media/presse/fotomaterial/Roma_Konferenz/benz.pdf"> http://www.unicef.de/download.php?f=content_media/presse/fotomaterial/Roma_Konferenz/benz.pdf
geschrieben von UNICEF

Darüberhinaus gibt es auch etwa 70.000 bis 80.000 Sinti und Roma mit deutscher Staatsbürgerschaft. Quelle.

Insgesamt ist der verlinkte UNICEF-Text empfehlenswert gelesen zu werden. Er zeigt auf, dass auch bei uns in Deutschland die Lebensverhältnisse der ROMA durch viele Vorurteile erschwert werden. Nachdenkenswert:
Generell zeigt sich sowohl in der Nachkriegsgeschichte der deutschen
Sinti und Roma als auch im Umgang mit den Roma-Flüchtlingen ein
Mechanismus, der Vorurteile zählebig macht. Phantasien und
Stereotypen über den angeblichen Kollektivcharakter einer Gruppe, die
öffentliche Wahrnehmung und das Handeln von Behörden prägen,
können Minderheiten in eine Lage drängen, in welcher der Augenschein
die Vorurteile zu erhärten scheint: So scheinen die Lebensverhältnisse
in den desolaten Wohnheimen an abgelegenen Standorten der Umwelt
zu bestätigen, dass die Minderheit nicht willens oder nicht in der Lage
sei, ein Teil der Stadtgesellschaft zu werden und sich gängigen
Standards anzupassen. Durch den Mechanismus der sich dem
Augenschein nach selbst erfüllenden Prophezeiung stellt das Vorurteil
die Lage her, aus deren Interpretation es sich speist. Eine wichtige Rolle
spielte dabei ein aus der sozialpsychologischen Vorurteilsforschung als
»fundamentaler Attributionsfehler« bekanntes Phänomen, demzufolge
die stereotype Wahrnehmung die Lebenslage einer als Außenseiter
betrachten Gruppe auf deren vermeintlichen Charakter zurückführt und
soziale Umstände ausblendet.
geschrieben von ebenda


Quellen zur Situation der Sinti und Roma in Europa sind auf der Webseite des Zentralrates Deutscher Sinti und Roma zu finden. Interessant ist die Rubrik Berichte/Stellungnahmen, z. B. dieser Bericht über eine Umfrage zum Rassismus in Deutschland gegenüber Sinti und Roma.
Karl
margit
margit
Administrator

Aufgewärmt
geschrieben von margit
als Antwort auf sysiphus vom 15.08.2010, 12:18:45
Sysiphus zitiert hier einen Spiegel Artikel von 2008. Die Neue Zürcher Zeitung hat bereits am 2. Juni 2006 über den geplanten Abriss von Sulukule berichtet, der Spiegel-Artikel bringt dazu nicht viel Neues.
2010 streiten wir uns jetzt darüber im ST.

Günter Seufert schreibt zum Schluss seines Artikels: "Das Werkeln für die Museumsstadt geht indessen weiter. Die nächste Station ist Süleymaniye, das Viertel hinter der Universität Istanbul. Hier ... soll nicht Byzanz wiederbelebt werden, sondern das Osmanenreich. Türkische Holzhäuser sollen neu entstehen, mit Luxuswohnungen, Geschäften und Boutique-Hotels. Zehntausend Einwohner müssen dafür die Koffer packen."

Darf ich zur weiteren Diskussion einen Vorschlag machen?
1. Wer weiß etwas über die gegenwärtige Situation in Sulukule?
2. Hat jemand weitergehende aktuelle Informationen außer Spiegel und Neue Zürcher Zeitung?
3. Wer weiß etwas über die Einwohner von Süleymaniye und deren Situation?
Mitglied_81b4260
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Mitglied

über Sulukule gibt es einen Dokumentarfilm
geschrieben von ehemaliges Mitglied
als Antwort auf margit vom 15.08.2010, 19:14:59
von Naomi Steuer

SULUKULENIN SON GÜNLERI - Die letzten Tage von Sulukule

Istanbul 2009

Dokumentarfilm, 42'00

Regie, Kamera, Schnitt: Naomi Steuer

Musik: Salewski

Die Roma Istanbuls lebten seit byzantinischer Zeit in Sulukule. Bis die Stadtregierung und ein großes türkisches Bauunternehmen 2006 anfing, das Weltkulturerbe dem Erdboden gleich zu machen und damit das Leben und die Jahrhunderte alte Kultur seiner Bewohner zu zerstören. Die Regisseurin begleitet die letzten in den Trümmern verbliebenen Familien von Sulukule durch ihren Alltag. Jeder Zukunft beraubt und tief deprimiert, aber voll von schrägem Witz und einem eigentümlichen Schillern verleben die Menschen die letzten Tage des sterbenden Sulukule.

SULUKULENIN SON GÜNLERI ist das erste größere Dokumentarfilmprojekt von Naomi Steuer. Auf eigene Faust, ohne Team und Filmförderung zieht die Regisseurin durch die Trümmer von Sulukule, dem Romaviertel Istanbuls. Sein Abstieg begann schon 1991, als die sogenannten Vergnügungshäuser geschlossen wurden, für die es berühmt war. Seine Unterhaltungs-, Musik- und Tanzkultur aber lebte immer weiter und die Bewohner schlugen sich so durch.

So offenbar ungerecht und dramatisch die Situation ist, so konsequent vermeidet der Film jede moralische Stellungnahme. Die Bewohner selbst sind es, die eine Mitleid heischende oder romantisierende Perspektive an jeder Stelle verhindern.

Was bleibt, sind die Legenden. Kurze, und umso buntere Einblicke in Szenen aus alten türkischen Filmen zeigen, dass diese Legenden auch schon zu Lebzeiten Sulukules erzählt wurden. Der Kontrast zwischen den romantisch stilisierten Darstellungen dieser Ausschnitte und den zugemüllten Ruinen von heute könnte grösser kaum sein. Realität, eine Frage der Wahrnehmung – und der Erzählung.
http://www.naomisteuer.com/index.php?/dokument/sulukulenin-son-guenleri/
geschrieben von http://www.naomisteuer.com/index.php?/dokument/sulukulenin-son-guenleri/


Ja, und wo er zu sehen ist?.... das ist schwierig herauszufinden.
Jedenfalls im Rahmen von »Cityscale« im Münchner Lothringer 13 vom 22. Juli bis 19. September 2010, wo ein künstlerisches Austauschprojekt über das Leben und Arbeiten in den Großstädten München und Istanbul stattfindet.


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Mitglied_81b4260
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Mitglied

Re: über Sulukule gibt es einen Dokumentarfilm
geschrieben von ehemaliges Mitglied
als Antwort auf ehemaliges Mitglied vom 15.08.2010, 21:50:34
Der oben erwähnte Film wird gezeigt am:



Filmabend
Import Export, München
Datum:Monday, 20.09.10
Eintritt:5.00 €
Beginn:20:00 Uhr
Typ:Kultur
Künstler:„Sulukulenin son günleri/Die letzten Tage von Sulukule“ - Dokumentarfilm über die letzten Tage einer der ältesten Romasiedlungen der Welt (Regie: Naomi Steuer, 42 min, 2010, Türkisch mit dt. Untertiteln)
schorsch
schorsch
Mitglied

Re: Die Diskriminierung der ROMA
geschrieben von schorsch
als Antwort auf ingo vom 15.08.2010, 13:55:37
Und wie stehst Du dazu, dass lt. Befragung 79 % der Franzosen für den Abriss sind?
geschrieben von kreuzkampus


Wie viele Prozente der Deutschen zwischen 1930 und 1944 waren für die Endlösung?
EehemaligesMitglied58
EehemaligesMitglied58
Mitglied

Re: Die Diskriminierung der ROMA
geschrieben von EehemaligesMitglied58
Nachdem wir, wie üblich dank des menschenfreundlichen und antirassistischen eingriffs in das thema, vom anliegen des Eröffners abgedrängt wurden, eine kleine positive geschichte.
Gestern kam im fernsehen ein film über das leben der ZIGEUNER in Moldawien.
Dort hat sich eine ganze stadt mit ständigem zulauf aus ganz Europa ausschließlich aus ZIGEUNERN gebildet.
Erstaunt war ich über einen überdurchschnittlichen reichtum, tolle villen und fröhliche feste allenthalben.
Woher das geld dafür kommt und wie es verdient wird, wurde nicht gesagt, dafür wurde gezeigt, wie anläßlich einer hochzeit auf der straße (soll brauchtum sein) mit Bündeln von Dollarnoten im takt der musik gewedelt wurde.
Die braut war nicht sehr glücklich, denn sie wurde (ebenfalls brauchtum) von den eltern des bräutigams abgekauft.
Die Stadt wird vom oberhaupt der Zigeuner, dem sogenannten Baron (einem Zigeunerbaron) regiert.
Übrigens legten die einwohner wert darauf und bezeichneten sich selbst als ZIGEUNER und wollten auch so benannt werden.

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Medea
Medea
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Re: Die Diskriminierung der ROMA
geschrieben von Medea
als Antwort auf EehemaligesMitglied58 vom 16.08.2010, 12:35:32
Diese Sendung habe ich ebenfalls gesehen. Wiederholt wurde von der Bevölkerung betont, daß sie Zigeuner seien und sich auch so nennen.

Ich bin seit vielen Jahren mit einer Sinti-Familie befreundet, ich habe das hier schon dann und wann erwähnt, die sich über die angebliche politische Korrektheit der Deutschen amüsieren, sie nicht als Zigeuner zu bezeichnen.
Wir sind Zigeuner und wollen das auch bleiben.

Vor Jahren kam im Alten ST eine Verwandte von Django Reinhard hier zu Wort, die sich ebenfalls als
Zigeunerin bezeichnete. Es wird nichts Ehrabschneidendes darin gesehen.

Medea
Re: Die Diskriminierung der ROMA
geschrieben von ehemaliges Mitglied
Hart am rechten Rand entlang
„Nicolas Sarkozy lässt Roma abschieben und beginnt so seinen Vorwahlkampf. Es geht kräftig nach rechts.

Die nächste Präsidentschaftswahl in Frankreich steht zwar erst 2012 an. Aber Amtsinhaber Nicolas Sarkozy hat den Vorwahlkampf bereits begonnen – und er hat gezeigt, in welche Richtung es geht: kräftig nach rechts. Die Abschiebung der Roma, die am Donnerstag begann, ist nur ein Teil des scharf am Rassismus vorbeischrammenden Diskurses, den Sarkozy in diesem Sommer eingeschlagen hat. Dazu gehört auch die Forderung, Kriminellen die französische Staatsbürgerschaft zu entziehen. Und das in einer Republik, die sich historisch als Schmelztiegel von Menschen unterschiedlicher Herkunft versteht. Und in der auch der Vater des Präsidenten, ein aus Ungarn stammender Adliger, einst Aufnahme gefunden hat.
Jetzt kommt jener Sarkozy wieder hervor, der 2005 noch als Innenminister mit dem „Kärcher“ die französischen Vorstädte vom „Gesindel“ reinigen wollte. Damals wie heute läutet Sarkozy damit inoffiziell den Wahlkampf ein. Dieses Gebaren sollte dazu dienen, Wähler aus dem Umfeld der rechtsextremen Front National abzuwerben. Was ihm gelang. Doch diese Wähler wollen gehalten werden. Und der Front National könnte unter Marine Le Pen noch gefährlicher werden. Denn die Tochter des langjährigen Parteichefs könnte die Partei entstauben und auch für jüngere und weibliche Wähler attraktiver machen.
Wie viel Augenwischerei in den Parolen Sarkozys steckt, macht die Abschiebung der Roma deutlich: Die Personen können als EU-Bürger sofort wieder aus Rumänien oder Bulgarien nach Frankreich einreisen. Dennoch ist eine Personengruppe insgesamt stigmatisiert worden, ebenso wie Sarkozy Ausländer und schwere Kriminalität in einen unmittelbaren Zusammenhang gebracht hat. Das ist noch kein Rassismus. Aber man könnte es – wie die französische Tageszeitung „Le Monde“ – als Anstachelung zum Rassismus einordnen. Immer wieder zieht Sarkozy die Mauer zwischen den echten Franzosen und den anderen – ob sie nun Franzosen oder richtige Ausländer sind. Alle Stereotypen, Vorurteile und Verallgemeinerungen sind ihm da recht.
Doch die gerufenen Geister können selbst Sarkozy gefährlich werden. Ermutigt von der Verengung der Politik auf einen Sicherheitsdiskurs wird sein eigenes politisches Lager kreativ und fordert: Eltern krimineller Kinder bis zu zwei Jahre in den Knast; und Geldstrafen für Bürgermeister, die nicht für Ordnung sorgen. Da musste der Chef dann zurückrudern.“

Ich habe diesen Artikel ausnahmsweise vollständig eingestellt, statt ihn zu verlinken. Da stellt jemand einen uralten Artikel ein, um zu demonstrieren, dass auch die Türkei Verbrechen begeht (was ohnehin jeder weiß), statt auf die hochaktuelle Lage der Abschiebungen der Roma in Frankreich einzugehen. Der Hinweis darauf wird als Ablenkungsmanöver diskreditiert, obowhl genau dies gerade jetzt vor unserer Haustür passiert.
Aber dass es um die Lage dieser unterdrückten Minderheit gar nicht ging, war von Anfang an klar und wurde durch die nachfolgenden Kommentare sowie die Ignoranz von Marts Recherchen noch klarer. Die Roma sind dem Threadeinsteller herzlich egal, er hatte andere Intentionen im Sinn.

senhora
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Re: Die Diskriminierung der ROMA
geschrieben von senhora
als Antwort auf ehemaliges Mitglied vom 20.08.2010, 10:19:03
Mein Blick fiel heute auf diese Meldung.
12.000 Roma sollen Deutschland verlassen
Nachdem in Frankreich Roma-Siedlungen aufgelöst wurden, sollen auch in Deutschland Mitglieder der Minderheit verstärkt abgeschoben werden.

Wie schnell Deutschland doch auf diesen Zug aufspringt, als hätten die politischen Endscheidungsträger nur auf ein passendes Beispiel gewartet.

Senhora
margit
margit
Administrator

Re: Die Diskriminierung der ROMA
geschrieben von margit
als Antwort auf EehemaligesMitglied58 vom 16.08.2010, 12:35:32
Hallo Gram,

der Film und die Stadt interessieren mich. Kannst Du bitte schreiben, in welchem Programm der Film lief und wie die Stadt heißt? Damit würde ich mir google-Zeit sparen. Vielen Dank im Voraus

Margit

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