Internationale Politik Wie klug ist ein Wirtschaftskrieg mit Russland?

Danke für deinen ausführlichen und guten Bericht, liebe Olga. Ich kenne nun Russland nicht aber kann mir ein etwaiges Bild durchaus machen.
Die Geschichte verweist ja mehrfach darauf, dass Revolutionen immer "von unten" kommen, um neues entstehen zu lassen. Wie es sich in Russland letztendlich gestalten wird, bleibt wohl noch (!) offen.

Was man hört, ist ja das russische Volk recht "abgeschnitten" von Tatsachenberichten aus der Ukraine lebt, sie "glauben", es handelt sich um eine eine Art Befreiung ..., nicht aber dass es sich um einen Krieg handelt.

Ich frage mich, gibt es keine anderen Medien mehr, woraus man sich Informationen ziehen kann ? Die Bevölkerung spürt doch immer mehr, dass so manches so nicht stimmen kann. Banken schließen oder man steht stundenlang an.

Zu sehen sind aber auch einige Demos, die kurzerhand im Keime erstickt werden, was ja auch heißt, man nimmt es nicht hin, ein Brudervolk zu vernichten. Werden wir mehr Demos und somit ein Aufbäumen seitens der russischen Bevölkerung sehen oder hat das Volk dann doch Angst...

Eine traurige Zeit für die Ukraine !


Kristine

 

Es dürfte auch in Russland nicht anders sein als z.B. in Deutschland, wo sich auch nicht alle Menschen für Politik interessieren, zumal nicht für Weltpolitik.
Wie man hört, konsumieren insbesondere die älteren Menschen die sog. Staatsmedien, die streng nach Kreml-Vorgänge "informieren". Die Jüngeren machen es über soziale Netzwerke, von denen nicht alle geschlossen werden können -das geht meist nicht mehr in unseren Zeiten.
Aber in diesem Riesenland mit vielen ethnischen Gruppen ,Zeitzonen, unterschiedlichen Sprachen interessierten sich schon immer Menschen, die weit von Moskau entfernt leben, nicht dafür, was dort geschieht.
Wer in Russland demonstriert, läuft Gefahr, für viele Jahre ohne Prozess ins Gefängnis oder Straflager zu kommen. Ich kann verstehen,d ass diesen Mut nur wenige Menschen haben. Aber ich kann mir auch vostellen, dass sich dort eine stille Masse bietet und irgendwann wird auch diese aufstehen und auch diesen Diktator wegjagen. Beispiele gibt es genug, wo es dieMenschen so machten.
Aber ob es besser wird? Auch dazu gibt es viele Beispiele,dass dies nicht der Fall war. Olga

Der Russland-Handel ist in den ersten 7 Minaten dieses Jahres krachend eingebrochen - aber das zeigt natürlich auch,dass es immer noch Unternehmen gibt,die auf dem russischen Markt unterwegs sind.
Das liegt auch daran,dass nicht alle Bereiche der Wirtschaft mit EU-Sanktionen belegt sind.

Ein grosser TEil der weltweiten Staatengemeinschaft habe keine Sanktionen gegen Russland verhängt und wären sicher auchdaran interessiert, die Geschäftsaktivitäten europäischer Unternehmen zu übernehmen.

Der Warenverkehr mit Russland ist von 35 Mrd Euro im Zeitraum Januar - Juli 2022 auf 8.4 Mrd Euro zurückgegangen.
Der Rückgang der Importte um 89% auf 2.7 Mrd Euro - insbesondere, weil Russland keine Gaslieferungen durch die Pipelines mehr liefert, obwohl dafür nie EU-Sanktionen bestanden haben.
Als Handelspartner für Deutschland wird Russland dadurch noch weniger relevant. Das Land lag früher mal auf Platz 14 und rutschte nun auf Platz 36 in nur einem Jahr ab.

Aktuell wird immer mehr Warenaustausch über zentralasiatische Lnder abgewickelt. Hier fällt insbesondere Kirgistan auf und es besteht der Verdacht,dass sanktionierte Waren über dieses Land nach Russland gelangen.
(Textpassagen übernommen aus dem SZ-Artikel "Russland-Handel bricht ein" von Thomas Fromm vom 20.9.2023)  Olga

Hallo Olga64,

nur den Warenaustausch zwischen Deutschland und Russland DIREKT kommt in deiner Betrachtung zur Sprache.  Diese Bilanz kann weder Russland noch Deutschland feiern.

Aber wie du selber schreibst, mischen da noch andere Länder mit, die keine Sanktionen gegen Russland machen und die nur darauf lauern, bankrotte Betriebe Deutschlands zu übernehmen, um das Russlandgeschäft weiter zu betreiben. Oder es bauen sich Lieferketten auf, die sich neuer Zwischenhändler bedienen, die den Welthandel verteuern und natürlich bei uns die Inflation anheizen. Russisches Öl und Gas ist nur so lange russisch, wie es nicht an Indien oder andere Länder verkauft wird. Dann ist es indisches Gas. Obwohl dieses Gas in Indien noch nie eingeführt wurde, im selben russischen Terminal abgefüllt wurde, auf einen Tanker vielleicht einer griechischen oder südpazifischen Reederei, und dann wundersam "indisiert" an den deutschen Terminals vorbei nach Belgien gefahren wird und von dort nach Deutschland kommt.
Deutschland verliert rasant Punkte am chinesischen Autmarkt und dort wo wir Um- und Absatz machen könnten, in Russland, schließen wir die Produktion und lassen andere Player verdienen.
Diese Sanktionen bewirken nichts in dieser Form. 
Ich denke auch daran, dass zunächst auch private Vermögen russischer Oligarchen sanktioniert wurden einschließlich deren Familien, die Jachten, Häuser und Luxusautos wurden konfisziert. Jetzt kommt der eine und andere wieder ins Geschäft, die Sanktionen werden zurückgenommen. Vielleicht weil wir uns selber mehr schaden als dem russischen Staat und die politische Wirkung nicht eintritt?

Juro

Mit der 'Indisierung' von Gasexporten hätte ich so meine Probleme, denn indisches LNG würde überall als exotisches Produkt auffallen, was bei PkW-Motorenöl nicht der Fall ist.

Der Nachweis, dass Sanktionen nachhaltig den erhofften Effekt erzielen, konnte bislang nicht stichhaltig dargelegt werden. Dass durch die sanktionsinduzierten Diversifikationen von Lieferketten, durch Produktionsverlagerungen, usw. neues Wachstum generiert wurde, neue (oft auch leistungsfähige) Hersteller auf den Markt traten usw. das eher schon.

Die Unternehmer aus Russland und  seinen Handelspartnern (darunter Iran, China, Pakistan, Indien ...) sind ja auch nicht gerade deppert und innovativ genug, um die entstandenen Lücken  - manchmal mehr schlecht als recht - zu füllen.

Es ist daher nicht falsch zu sagen, dass Sanktionen hängengebliebene Strukturreformen voranbringen, dass sie Wachstum  generieren, neue Handelsströme und Netzwerke, 'einheimische' Unternehmensgründungen für substituierende Produkte stattfinden, die später dauerhaft deutsche (oder andere) Importe erübrigen oder erheblich senken.

Fazit: Die Sanktionierer zahlen unterm Strich langfristig die Zeche, die  Sanktionierten profitieren davon.

Ich schrieb es schon mal : Sarrazins  "Deutschland schafft sich ab" scheint ganz andere Begründungen zu bekommen als vom Verfasser eingearbeitet.
lupus
 

Ich schrieb es schon mal : Sarrazins  "Deutschland schafft sich ab" scheint ganz andere Begründungen zu bekommen als vom Verfasser eingearbeitet.

lupus
 

Was hat wohl dieses vor ca 15 Jahren erschienene Buch mit der Wirtschaftsleitung des heutigen Russlands in Kriegszeiten zu tun?
Das Buch von Sarrazin hat den Autor zum Millionär gemacht, es behandelt eine völlig andere Thematik und dürfte in einigen deutschen Schrankwänden seit vielen Jahren vor sich hin verstauben.
Und dann kostete es Herrn Sarrazin auch noch seine SPD-Mitgliedschaft, für die er lange juristisch kämpfte. Olga

Meine Güte Olga, Sie haben doch den Beitrag von Lupus zitiert. Er sagt doch klar und deutlich, dass die damalige Aussage von T. Sarrazin heute eine ganz andere Begründung hat, nämlich „Deutschland schafft sich ab“. 
Der Meinung sind auch viele Menschen, die von gesunder Wirtschaft wirklich was verstehen.

Der Meinung sind auch viele Menschen, die von gesunder Wirtschaft wirklich was verstehen.

Ah ja - und vermutlich zählen Sie sich dazu, wenn es um "gesunde Wirtschaft" geht ,was immer das sein mag. Olga

Bei gesunder Wirtschaft oder Wirtschaftslage wäre ich tatsächlich dabei, allerdings ist die wirtschaftliche Lage in Deutschland alles andere als gesund - sie kränkelt - hoffen wir, dass es nicht chronisch wird.