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Internationale Politik Wikileaks - Sargnagel des freien Internets?

dutchweepee
dutchweepee
Mitglied

Re: Wikileaks - Sargnagel des freien Internets?
geschrieben von dutchweepee
als Antwort auf andreadoria vom 04.12.2010, 14:48:41
@andreadoria

Es ist eine andere Dimension, ob ich kleines Journalisten- und Grafikerwürstchen von anderen Leuten oder Behörden ausspioniert und denunziert werde, oder ob ein Politiker oder eine Regierung (mit einem erheblichen Macht- und Rechtsapparat im Hintergrund) angegriffen wird. Eine Regierung kann sogar Gesetze ändern, wenn ihr was nicht passt - die Möglichkeit habe ich offensichtlich nicht.

Also bedarf eine Privatperson wie andreadoria oder dutchweepee eines besonderen Schutzes, den ich einer Regierung oder einer Person die in der Öffentlöichkeit und für die Allgemeinheit tätig ist, nicht zubillige. Diese Person muss damit rechnen, dass jede Facette ihres Handelns transparent und öffentlich wird, so dass keine Mauscheleien und Küngeleien möglich sind.
adam
adam
Mitglied

Re: Wikileaks - Sargnagel des freien Internets?
geschrieben von adam
als Antwort auf dutchweepee vom 04.12.2010, 14:34:50
Was das Bürgertum in diesem Fall als schicklich und gesellschaftlich legitimiert ansieht, ist in diesem Fall nicht relevant.


Doch dutch,

es ist relevant, denn die Informationen von Wikileaks sollen das Heute transparent machen. Wikileaks wendet sich gegen Macht durch fehlende Transparaenz und das betrifft alle Menschen und gerade das Bürgertum, den Mann/die Frau auf der Straße. Wenn Wikileaks sich auf irgendwelche Internetseiten ins Abseits drängen läßt, ist das praktisch gleichzusetzen mit Illegalität und das "Establishment" nimmt es nicht mehr ernst. Dann verfehlt Wikileaks sein Ziel. Ob der Hackerehre genüge getan ist, interessiert dabei nicht.

Andreadorias Beitrag ist auch nicht elastisch, sondern sie zeigt Bandbreiten/Grauzonen auf, zwischen erwünscht und unerwünscht, legal oder illegal. Sie sagt auch, daß das Ergebnis wichtig ist. Wikileaks hätte ein Ziel erreichen können, dessen Zweck das Mittel geheiligt hätte.

Das wurde m. E. nicht erreicht, denn es war sicher nicht das Ziel, Öffentlichkeitsfanatiker jubeln zu lassen, sondern die Bevölkerung zu überzeugen. Oder ging es doch nur um die Eitelkeit des Herrn Assange?

--

adam
dutchweepee
dutchweepee
Mitglied

Re: Wikileaks - Sargnagel des freien Internets?
geschrieben von dutchweepee
als Antwort auf adam vom 04.12.2010, 15:05:17
zitat adam: "Wikileaks wendet sich gegen Macht durch fehlende Transparaenz und das betrifft alle Menschen und gerade das Bürgertum, den Mann/die Frau auf der Straße."

Nimmst du das nicht viel zu persönlich? WikiLeaks veröffentlich Dossiers der US-REGIERUNG und nicht deine Personalakte. Da erkenne ich Ängste, die nichts mit der Realität zu tun haben. Die Veröffentlichung solcher Daten würde der Hackerethik widersprechen.

Was letztendlich "die Öffentlichkeit" mit den Informationen auf WikiLeaks macht, ist eine andere Sache. In jedem Fall stelle ich fest, dass in letzter Zeit ein wahre Flut von interessanten Artikeln auf SPON erscheinen, die auf Informationen aus WikiLeaks basieren - heute zum Beispiel über Libyens Staatschef Gaddafi.

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miriam
miriam
Mitglied

Re: Wikileaks - Sargnagel des freien Internets?
geschrieben von miriam
als Antwort auf andreadoria vom 04.12.2010, 14:48:41
Eine tolle Analyse dieses etwas außergewöhnlichen Ereignisses - danke dafür, Andreadoria.

Ich versuche mich wenigstens zum Teil zu revanchieren mit der Übersetzung eines Fragmentes des Artikels aus dem heutigen "Le Monde".


04. Dezember 2010

Wenn Julian Assange Franzose wäre…

Das Kondom wäre während eines eingewilligten Sexualaktes zerrissen – sagt uns der Rechtsanwalt des Mitbegründers von Wikileaks. Doch, als seine Partnerin entdeckt hatte, dass dieser nun nicht mehr gedeckt war, da sah sie rot, so rot wie eine Notiz des Interpols – und hat Klage wegen Vergewaltigung erhoben.

Ich hoffe, dass der Herr trotzdem sein Plaisir gehabt hatte, denn seitdem ist er flüchtig. Er befindet sich nicht weit davon entfernt, Bin Laden bei der Hitparade der meist gesuchten Menschen dieses Planeten, zu überholen.
Doch auch ohne die Geheimnisse der Götter zu teilen, ist niemand darauf hineingefallen.

Man spürt ja genau, dass die Vereinigten Staaten sich hinter dieser Justiz-Maskerade verbergen – mit vielen anderen Staaten als Komplizen. Dabei sollte man vermerken, dass die Amerikaner ein großes Problem haben: eine psycho-unbeugsame Verfassung – und Gesetzte, die nicht alle drei Monate geändert wezden.[--]

Eins is aber sicher: wenn Julian Assange Franzose gewesen wäre, hätte man ihm nicht vorgeworfen, dass er sich während des Liebesaktes entblößt hat.
Nein, man hätte das Strafgesetzbuch durchgeblättert und aus der Rumpelkammer der Texte die sich mit der "Schädigung der fundamentalen Interessen der Nation" befassen, hätte man sicherlich einen Grund gefunden um diesen Herrn einzukerkern.



Der ganze Artikel befindet sich im Link.

Liebe Grüße in die Runde

Miriam



JuergenS
JuergenS
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Re: Wikileaks - Sargnagel des freien Internets?
geschrieben von JuergenS
dutch,
gibt es eine gefühlte "Hackerethik" oder kann man die irgendwo nachlesen?

Denn es klingt bei dir ein wenig so, als wäre es nur eine Art Robin-hood Vorgehensweise, die uns normale User selbstverständlich schützt. Oder ignoriert?
dutchweepee
dutchweepee
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Re: Wikileaks - Sargnagel des freien Internets?
geschrieben von dutchweepee
als Antwort auf JuergenS vom 04.12.2010, 15:33:27
@Heigl ...natürlich habe ich auch für Dich den link zum CCC an einen meiner Beiträge angehängt, wo du die Grundsätze und ihre Entstehung nachlesen kannst.

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Re: Wikileaks - Sargnagel des freien Internets?
geschrieben von ehemaliges Mitglied
als Antwort auf dutchweepee vom 04.12.2010, 15:08:40
Dutch, ich stimme deinen Beiträgen zu. Irgendwie erinnert mich Julian Assange an Lisbeth Salander aus den Stig-Larsson-Romanen. Auch sie hat mit wundersamen Hacker-Künsten diverse Verbrecher zur Strecke gebracht, auch sie scheute dabei keine persönlichen Opfer, verbunden mit Todesgefahr.

Wer sich so mit den Mächtigsten der Mächtigsten anlegt und dabei in höchste Gefahr begibt, ist für mich ein Held, vor allem angesichts dessen dass er es nicht aus egoistischen Mlotiven, sondern aus einem Aufklärungsbedarf heraus tut, zumindest nehme ich ihm dieses Anliegen ab.
Ich hoffe, Assange überlebt diese Geschichte unbeschadet, er wird allerdings jahrelang in Verstecken leben müssen.
schorsch
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Re: Wikileaks - Sargnagel des freien Internets?
geschrieben von schorsch
als Antwort auf dutchweepee vom 04.12.2010, 14:34:50
@: "...Man kann nicht vom Bürger jede Information haben und speichern wollen und gleichzeitig im stillen Kämmerlein regieren - sozusagen in einer anderen Welt...."

Ich denke, genau dies ist der Knackpunkt: Wir dürfen alles über dich wissen, du aber nichts über uns.
Mitglied_81b4260
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Re: Wikileaks - Sargnagel des freien Internets?
geschrieben von ehemaliges Mitglied
als Antwort auf senhora vom 04.12.2010, 13:02:50
Gute Idee! Vielleicht noch der Friedensnobelpreis?
Mitglied_81b4260
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Re: Wikileaks - Sargnagel des freien Internets?
geschrieben von ehemaliges Mitglied
als Antwort auf andreadoria vom 04.12.2010, 14:03:04
Auch die Regeln über Geheimhaltung, Treue- und Verschwiegenheitspflichten sind letztlich demokratisch legitimiert und gesellschaftlich akzeptiert. Wer dagegen verstösst, oder gar versucht, sie abzuschaffen, verstösst selbst gegen gesellschaftlichen und demokratischen Konsens und kann sich nicht als Retter desselben aufspielen.


Ich habe das verdammte Gefühl, dass es hier mehr als eine Regel gibt.

Für die da unten, für die Abhängigen, für Lieschen Müller und Franz Mayer und ganz, ganz andere für die da oben!

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