Innenpolitik Nuhr gerecht

RE: Nuhr gerecht
geschrieben von ehemaliges Mitglied
als Antwort auf Karl vom 28.11.2018, 19:53:52

Karl, ich bin zwar keine Biologin, und du wirst mir deshalb die Kompetenz absprechen, das zu beurteilen, aber ich glaube nicht an die Neidtheorie. Ganz ehrlich, ich selber kenne gar keinen Neid, der ist mir tatsächlich völlig fremd. Und das behaupte ich nicht, um mich „selbstgerecht“ als besser darzustellen, wie du wieder vermuten wirst, sondern weil es stimmt.
In meiner Umgebung und auch unter guten Bekannten und Freundinnen sind zig Leute, die finanziell besser gestellt sind als ich und sich viel mehr leisten können. Aber ich habe noch nie das Gefühl gehabt, dass ich ihnen das neiden müsste. Im Gegenteil, wenn sie von ihren Reisen erzählen und mir Bilder davon zeigen, freue ich mich mit ihnen, weil sie so gut drauf sind. Und teure Klamotten soll sich leisten, wer will, ich hatte noch nie das Bedürfnis danach, trage sowieso am liebsten Jeans, und gönne jedem alles, auch Haus, Hof, Hund und Garten und von mir aus auch einen Rolls Roye dazu.
Und ich glaube nicht, dass ich allein so neidlos bin, ich kenne nämlich noch mehr von meiner Sorte.

Das, was heute gern mit Neid oder Neidgesellschaft hämisch verunglimpft wird, hat meiner Meinung nach mit etwas anderem zu tun: nämlich mit einem gesunden Gerechtigkeitsgefühl, nicht mit Neid.

Es ist einfach ungerecht, dass irgendwelche unkoscheren Gesellen, die mit Raffinesse, z. B. im Off-Shore-Geschäft oder Manipulationen aller Art wie Immobilienspekulationen und Ähnlichem, im Geld schwimmen, während viele Leute, die sich von morgens bis abends abrackern, oft so wenig haben.
Es hat gar nichts mit Neid zu tun, hier mehr Gerechtigkeit zu fordern, erst recht, wenn ich sie für andere fordere.

Der Begriff „Neid“ oder „Neidgesellschaft“ dient den Reichen gern dazu, ihren Reichtum als gerechtfertigt zu verteidigen gegenüber denen, die herumknapsen müssen und völlig zu Recht diese grandiosen Unterschiede anklagen. Das kann man auch tun, ohne neidisch zu sein.

Vielleicht sollte man diese Frage mal den Soziologen, nicht den Biologen vorsetzen. Ich nehme an, dass es unterschiedliche Meinungen zu dieser Frage gibt.

Eigentlich bin ich hier einer Meinung mit SB, auch wenn ich keine Kommunistin bin.

RE: Nuhr gerecht
geschrieben von ehemaliges Mitglied
als Antwort auf ehemaliges Mitglied vom 29.11.2018, 09:53:56
Wolfgang Grupp, der Gründer von Trigema, sagte schon vor Jahren, als der grausige Begriff "Neidkultur" aufkam, dass Deutschland eine "Gerechtigkeitskultur" habe, er wehrte sich gegen diesen herablassen, ungerechten Begriff der "Neidkultur".

Auch ich bin keine Kommunistin, weil ich hie und da Sittingbull ein "hast-recht-Herz"  zuschupse.

Clematis

 
Karl
Karl
Administrator

RE: Nuhr gerecht
geschrieben von Karl
als Antwort auf ehemaliges Mitglied vom 29.11.2018, 09:53:56
marina:
"Das, was heute gern mit Neid oder Neidgesellschaft hämisch verunglimpft wird, hat meiner Meinung nach mit etwas anderem zu tun: nämlich mit einem gesunden Gerechtigkeitsgefühl, nicht mit Neid."
Liebe Marina,

ich denke, Du suchst in meinen Texten vergeblich nach Spuren von "Häme". Ich gebrauche den Begriff "Neid" weiter gefasst als Du. Für mich ist "Neid" - zumindest in dem biologischen Sinne, wie ich es hier verwendet habe - dasselbe wie - ich schrieb es bereits - der "Schrei nach Gerechtigkeit".

Vielleicht sollte ich tatsächlich von "Gerechtigkeitsgefühl" sprechen und nicht von "Neid", was ja als die ungute Verzerrung dieses vergleichenden "Instinkts" angesehen wird.

"Gerechtigkeitgefühl" ist ein Begriff, der voraussetzt, dass Menschen miteinander verglichen werden, ihre Chancen und Lebensumstände. In meinem Sinne ist es genau dies, wovon ich geschrieben habe (bzw. schreiben wollte). Wir vergleichen uns dabei selten mit Menschen vergangener Jahrhunderte, meistens mit Menschen aus der Gegenwart.

Karl

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RE: Nuhr gerecht
geschrieben von ehemaliges Mitglied
als Antwort auf Karl vom 29.11.2018, 10:20:54

Komisch, dass du meine Beiträge so oft missverstehst. Das Wort "Häme" war überhaupt nicht auf dich gemünzt, sondern auf die Bonzen, die ich erwähnt habe, und als einen von dieser Sorte habe ich dich noch nie eingestuft. Meine Meinung über dich ist offensichtlich besser als deine Meinung über mich. Lächeln

sammy
sammy
Mitglied

RE: Nuhr gerecht
geschrieben von sammy
als Antwort auf Karl vom 29.11.2018, 10:20:54
 

"Gerechtigkeitgefühl" ist ein Begriff, der voraussetzt, dass Menschen miteinander verglichen werden, ihre Chancen und Lebensumstände. In meinem Sinne ist es genau dies, wovon ich geschrieben habe (bzw. schreiben wollte). Wir vergleichen uns dabei selten mit Menschen vergangener Jahrhunderte, meistens mit Menschen aus der Gegenwart.
 
geschrieben von karl
.....warum sollten wir uns mit Menschen  "vergangener Jahrhunderte" vergleichen? Lediglich Erkenntnisse  lassen sich daraus ziehen. Gleichfalls ist es auch unangebracht sich mit dem Großteil der Weltbevölkerung zu vergleichen, da die "Voraussetzungen" vielfach zu unterschiedlich sind.
Wenn in einem Land  (z.b. Deutschland) die Judikative, Exekutive und Legislative für deren Bevölkerung gilt,
deren Auswirkungen aber oftmals unverständlicherweise auseinander driften, dann entsteht die Forderung nach mehr Gerechtigkeit.

sammy
 
Karl
Karl
Administrator

RE: Nuhr gerecht
geschrieben von Karl
als Antwort auf ehemaliges Mitglied vom 29.11.2018, 10:35:30

Liebe marina,

ich habe deinen Beitrag benutzt, um deutlich zu machen, dass ich den Begriff "Neid" allgemeiner gefasst hatte als wohl üblich. Ich hatte keinen persönlichen Angriff auf wen auch immer geplant und wollte mich nur verständlicher ausdrücken als zuvor.

Karl


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Karl
Karl
Administrator

RE: Nuhr gerecht
geschrieben von Karl
als Antwort auf sammy vom 29.11.2018, 10:53:12
sammy:
".....warum sollten wir uns mit Menschen  "vergangener Jahrhunderte" vergleichen? "
Lieber sammy,

ich schrieb ja, dass wir das meistens nicht tun.

Es ist aber aus der historischen Perspektive trotzdem interessant und - genau wie Du schreibst - oft erkenntnisreich, zeigt es doch, dass die wenigstens von uns bereit wären ihren heutigen Platz in der Gesellschaft mit einem vergleichbaren aus der Vergangenheit zu tauschen. Unserer relativen Armut gegenüber einem Bill Gates steht nämlich ein unglaublicher Reichtum gegenüber einer Person sagen wir vor 1000 Jahren gegenüber. Nicht nur, dass wir Dank der Medizin und Ernährungslage mehr als doppelt so alt werden, unser Leben gestaltet sich auch ungleich angenehmer.

Interessanterweise - das findet zumindest der Neurobiologe in mir interessant - ist der Zufriedenheitslevel in der heutigen Gesellschaft sicher nicht größer als damals. Das hat damit zu tun, dass in unserem Gehirn sich immer wieder ein Transmittergleichgewicht einstellt. Wir gewöhnen uns sehr schnell an Verbesserungen unserer Lebenslage und nehmen diese als neue Normalität wahr. Wie ich schon schrieb, wird dadurch der Unzufriedenheitslevel aufrecht erhalten, der uns überhaupt antreibt etwas zu tun.

Karl
schorsch
schorsch
Mitglied

RE: Nuhr gerecht
geschrieben von schorsch
als Antwort auf carlos1 vom 28.11.2018, 22:56:21
............ Wenn es kalt wird und die Lachse kommen, frisst sich der Bär instinktiv einen Speckvorrat an für den Winterschlaf. Ein Hund frisst gerne Wurst, kann aber keinen Wurstvorrat anlegen.

Auch Politiker, insbesonders Sozialpolitiker bei der Haushaltsplanung, verhalten sich wie die Hunde, die keinen Wurstvorrat anlegen können. Sie können nicht für schlechte Zeiten Vorsorge treffen, obwohl sie immer davon reden. ...........
c
 
 
 
Dazu noch dies: Die meisten Politiker hüten sich, von einem bestimmten "Produkt" Vorrat anzulegen. Denn dieser könnte sie daran hindern, ihre Fahne schnell genug in den neuen Wind zu halten!
Tina1
Tina1
Mitglied

RE: Nuhr gerecht
geschrieben von Tina1
als Antwort auf Karl vom 28.11.2018, 19:53:52
 
@sittingbull
Lieber Sittingbull,



Wir bewerten nicht die absoluten Lebensbedingungen, es interessiert uns nicht, wie die Menschen vor 100 Jahren gelebt haben, wir schauen zum Nachbarn und messen uns an ihm. Oder heute schauen wir eben fern und sehen, dass es vielen besser geht als uns. Ich finde das ungerecht  (war ironisch gemeint). 

Ich sehe in diesem Verhalten nicht nur Schlechtes, sondern einen wichtigen Antrieb, eine Motivation sich anzustrengen. 

Ich sehe aber auch die große Gefahr,  dass der historische Fortschritt deshalb nicht gewürdigt wird. Viele Menschen glauben, sie lebten in der schlechtesten aller Welten. Richtig ist jedoch eher, dass aus der historischen Perspektive heraus wir in der besten aller bisherigen Welten leben. 

Wie verhindern wir, dass dieses Schlechtreden unserer Situation den historisch errungenen gesellschaftlichen Fortschritt gefährdet?

Karl
geschrieben von karl

Karl, es ist gut, dass es in Deutschland ein Sozialnetz gibt, darauf kann man stolz sein. Es hat auch sehr viele Jahrzehnte Menschen vor dem Abrutschen bewahrt. Die Menschen kamen auch schnell wieder in Arbeit, denn es gab viel Arbeit u vorallem sichere Arbeitsplätze. Diese Zeit haben die Rentner die hier schreiben, während ihres Arbeitslebens in der BRD erlebt. Keiner musste eine prekäre Arbeit verrichten, keiner musste eine Arbeit tun, die nicht ihren Ausbildungen, ihrem Studium entspricht, wodurch man nur noch die Hälfte verdient, so wie es jetzt ist. Es gab 2 Jahre Arbeitslosengeld u die Arbeitnehmer wurden mit hohen Abfindungen bei Entlassungen von den Arbeitgebern unterstützt. Konnten daher in Ruhe u ohne Angst einen neuen Job suchen. Das gibt es aber nicht mehr. Seit der Agenda 2010 gingt es Millionen von Menschen, plötzlich schlecht u das ist so geblieben. Durch die Agenda kamen die prekären Jobs in den Mittelpunkt. Werkverträge, Zeitarbeit, 450 Euro Jobs.

Das was Nuhr u andere behaupten und das Unterstellen/ Denunzieren dieser Menschen ist einfach unsozial und vollkommen falsch.

Es geht um die Gruppe von Menschen (Millionen) wo es einfach nur um Existenzängste geht. Wo es darum geht, dass sie trotz Arbeit ihren Lebensunterhalt nicht mehr bestreiten können. Menschen die daher 2 Jobs ausführen müssen. Menschen, die ihre Mieten nicht mehr bezahlen können, weil sie einfach viel zu hoch sind, bezahlbaren Wohnraum aber nicht finden. Menschen, bei denen Zwangsräumungen stattfinden und das auch bei Familien mit Kindern. Menschen, die nicht mehr ihre Energiekosten bezahlen können, weil sie immer teurer werden und sie überlegen müssen, kaufe ich Nahrung oder bezahle ich diese Kosten. Diesen Menschen stellt man einfach den Strom ab u das erleben viele Kinder. Im Winter ganz problematisch. Darüber gibt es viele Reportagen, also Tatsachenberichte.

Karl, dein Satz "Wir bewerten nicht die absoluten Lebensbedingungen, es interessiert uns nicht, wie die Menschen vor 100 Jahren gelebt haben, wir schauen zum Nachbarn und messen uns an ihm" ist vollkommen falsch, bezogen für diese Millionen von Menschen.

Wenn es um die Existenz geht, dann hilft es den Menschen bestimmt nicht, dass sie sich erinnern sollen,wie die Menschen vor 100 Jahren gelebt haben. Das hilft ihn nicht, in ihrer finanziellen Situation. Das macht sie auch nicht satt.

Auch dieser Satz "Ich sehe aber auch die große Gefahr, dass der historische Fortschritt deshalb nicht gewürdigt wird. Viele Menschen glauben, sie lebten in der schlechtesten aller Welten. "trifft bei dieser großen Gruppe von Menschen, bis tief in die Mittelschicht, auch nicht zu. Weder das sie denken, sie leben in der schlechtesten Welt, noch, dass sie den historischen Fortschritt über Jahrzehnte nicht würdigen. Wie kommst du auf diese Feststellung? Hast du dich schon mal mit diesen Menschen unterhalten?

Historische Fortschritt hat bis jetzt bedeutet, dass man Arbeit erleichtert, auch im persönlichen Haushalt. Das die ganze Gesellschaft profitiert. Also Arbeit erleichtern u trotzdem den Arbeitnehmer brauchen. Computer als Helfer sehen und nicht als Vorgesetzten.

Jetzt geht es beim technischen Fortschritt um den Ersatz der menschlichen Arbeitskraft, durch Roboter. Das ist für die Menschen die Arbeit brauchen um leben zu können, eine Katastrophe. Das ist auch eine Katastrophe für die Sozialnetze. Für Menschen die Rentner sind, kann diese Entwicklung Spaß machen.

Menschen wie Rentner, Arbeitslose, Hartz 4 Empfänger, Arbeitnehmer mit geringen Lohn durch prekäre Beschäftigungen, die ab Mitte des Monats nicht wissen wie sie die letzten "Wochen rumkriegen, um Nahrung zu sichern. Wo viele Kinder mit betroffen sind, die kaum gesunde Nahrung bekommen können. Kinder u Menschen die nicht mehr am sozialen Leben teilnehmen können. Das sind die absoluten Tatsachen und hat nichts aber auch garnichts mit Neid zu tun, wie man es gern, auch hier, darstellt. Keiner dieser Menschen will ein Haus oder ein teures Auto oder Urlaube wie der Nachbar, sondern sie wollen nur, dass sie die Kosten die sie monatlich bezahlen müssen, bezahlt werden können. Dass sie keine Angst haben müssen, das, wenn mal was kaputtgeht, sie diese Kosten nicht tragen können. Sie nicht in einer Lage sein wollen, wo sie ständig Angst haben müssen, dass sie noch weiter nach unten rutschen können.

Es ist daher vollkommen falsch, wenn Nuhr und andere diese Situationen der Menschen als "jammern" bezeichnen, indem man ihnen sämtliche Rechte auf ein besseres Leben ohne Angst abspricht. Es gibt ein Recht auf Arbeit, mit einem Lohn wovon man leben kann. Es gibt auch ein Recht auf bezahlbaren Wohnraum, dazu hat sich der Staat verpflichtet.

Diese Äußerungen, dieses Abwerten einer großen Gruppe von Menschen, kommen immer von denen, denen es verdammt gut ging u geht. Die nie in so einer schlimmen Situation leben mussten. Sie leben weit weg von den Brennpunkten, sie sehen das Elend in den Städten einfach nicht. Es gibt immer mehr Obdachlose, die immer mehr aus den Städten verjagt werden. Sie dürfen bei der Kälte nicht mehr in Bahnhöfen sich aufhalten,,wärmen. Das macht man, weil man dieses Elend verschweigen will und weil sich die "bessergestellten" gestört fühlen. Ich erlebe das alles, was ich beschreibe. Ich erlebe auch immer öfter, das Menschen ohne Zähne herumlaufen u. dass sie nicht nur Flaschen in den Mülleimern suchen, sondern Nahrung. Die Tafeln bekommen immer mehr Probleme, all diese Menschen mit dem mindesten zu versorgen.

Karl, du siehst ich habe eine andere Meinung wie du zu dem Thema, weil ich an der Basis lebe, es selber erlebe, im Gegensatz zu dir. Was ich erlebe bestätigen dann die unzähligen Reportagen, die wahrscheinlich von Menschen die kein Interesse an diesem Klientel haben, wahrscheinlich nicht ansehen.

Das ist meine Meinung, nur meine, egal was andere darüber denken.
Tina





 
RE: Nuhr gerecht
geschrieben von ehemaliges Mitglied
als Antwort auf Karl vom 29.11.2018, 10:59:57
Liebe marina,

ich habe deinen Beitrag benutzt, um deutlich zu machen, dass ich den Begriff "Neid" allgemeiner gefasst hatte als wohl üblich. Ich hatte keinen persönlichen Angriff auf wen auch immer geplant und wollte mich nur verständlicher ausdrücken als zuvor.

Karl
geschrieben von karl
Aber Karl! Du schreibst wieder völlig an meinem Beitrag vorbei. Es ging in meinem Beitrag, auf den du dich beziehst, um etwas ganz anderes. Nämlich darum, dass du den von mir gebrauchten Begriff" Häme" auf DICH bezogen hast. Zitat: "ich denke, Du suchst in meinen Texten vergeblich nach Spuren von "Häme". 
Dich habe ich noch nie als hämisch erlebt und schätze dich auch nicht so ein, deshalb wunderte ich mich über dein Missverständnis, du warst doch gar nicht gemeint damit, das hatte ich dir klarmachen wollen und glaube, das  gar nicht so undeutlich ausgedrückt zu haben. Lächeln
 
Mannomann, ist das Leben kompliziert! Seufz! Lächeln


 

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