Internationale Politik Ägypten stürzt ins Chaos

Karl
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Administrator

Re: Ägypten stürzt ins Chaos
geschrieben von Karl
als Antwort auf luchs35 vom 02.07.2013, 11:21:37
Mursi ist abgesetzt, der Verfassungsrichter vom Militär als Übergangspräsident eingesetzt.

Ist das jetzt die Herrschaft des Volkes, die Herrschaft der Straße oder Militärdiktatur? Entschieden ist nichts, Ägypten hat eine Chance, aber steht auch am Abgrund.

Karl
circe
circe
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Re: Ägypten stürzt ins Chaos
geschrieben von circe
als Antwort auf Karl vom 03.07.2013, 22:03:23
ich finde es alles ganz furchtbar! Und der Kommentar im zdf verkündete nichts Gutes!
luchs35
luchs35
Mitglied

Re: Ägypten stürzt ins Chaos
geschrieben von luchs35
als Antwort auf Karl vom 03.07.2013, 22:03:23
Das wird sich noch zeigen,Karl. Das gespaltene Ägypten ist in einer Lage, in der keiner alles gewinnen , aber alle alles verlieren können.

Es klingt jetzt erst mal vernünftig, wenn die Moslembruderschaft mit in die Regierungsparteien mit aufgenommen werden soll genauso wie die Christen und andere. Auch dass die Verfassung neu geschrieben wird - im Prinzip eigentlich eine Stunde 0 nach dem Sturz Mubaraks.

Nicht vergessen darf man aber, dass das Militär ein Staat im Staat darstellt. Die Generäle und Obristen sind eine wirtschaftliche Parallelmacht, und vor allem sind sie von internationalen Geldgebern abhängig-nicht zuletzt von den USA, die Dollarmillionen in die ägyptische Armee pumpen, was auch von den Militärs ohne staatlichen Einfluss oder Kontrolle selbst verwaltet wird.
Dazu kommt, dass 40 % der Wirtschaft und vor allem des Tourismus in den Händen des Militärs liegen. Das kann auch positiv gesehen werden, da das Miltär alles tut, um das Vertrauen der Investoren zu behalten, was auch ein wirtschaftlciher Aufschwung mit sich bringen kann, vorausgesetzt dass Ruhe im Land herrscht.

Dem Militär dürfte es auch egal sein, wer regiert, wenn nur ihre Pfründe nicht angetastet werden.

Nun kommt es darauf an, ob diesmal wirklich fähige Politiker aus einer Mischung von allen im Volk verwurzelten Richtungen eingesetzt werden.

Dann hat Ägypten eine längerfristige Chance eine Einheit zu werden.

Luchs

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olga64
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Re: Ägypten stürzt ins Chaos
geschrieben von olga64
als Antwort auf Karl vom 03.07.2013, 22:03:23
Ja es ist dramatisch - aber auch jeder jubelnde Westeuropäer hätte erahnen können,dass die Demokratie nach 30 Jahren Diktatur nicht in einem Rutsch installiert werden kann.
Gefährlich finde ich,dass jetzt wieder das Militär Oberhand gewinnt (nachdem es vom Volk vor einem Jahr weggeputscht wurde). Denen ist es sowieso egal, wer unter ihnen regiert - sie ziehen im Hintergrund die Fäden - wie in der früheren Türkei, was dann durch Erdogan ein Ende fand.
Gefährlich ist auch,dass die Muslimbrüder und ihre Anhänger jetzt evtl. nicht so berücksichtigt werden, wie es immerhin (in einer Demokratie) ca 40% der BEvölkerung zustehen sollte - es gibt ja ungefähr so viele Befürworter dafür.
Und nächste Jahr wieder von vorne? Es dürfte unwahrscheinlich sein, dass irgendjemand diese vielen Probleme Ägyptens, die sich ja kontinuierlich potenzieren, innerhalb kurzer Zeit lösen kann. Hoffentlich wird dies kein DAuer-Bürgerkrieg so nach dem Muster Algeriens - dort wurden in dieser schlimmen Zeit 200.000 Menschen getötet. Armes Ägypten. Olga
Re: Ägypten stürzt ins Chaos
geschrieben von ehemaliges Mitglied
als Antwort auf luchs35 vom 03.07.2013, 22:57:30
Ich habe hier einen Link zu einem Artikel in der Süddeutschen, der einen guten Überblick über die Geschäfte des Militärs gibt: http://www.sueddeutsche.de/wirtschaft/geschaefte-von-aegyptens-armee-das-graue-reich-der-offiziere-1.1712514
Als die Revolution begann, stellten die Demonstranten einen 10-Punkte-Forderungskatalog auf. U.a. mit einer ganz neu besetzten Übergangsregierung bestehend aus einem Militärmann und vier Zivilisten. Sie wollen nicht, dass sich eine Militärregierung etabliert. Die Leute aus der Übergangsregierung sollen sich später nicht zur Wahl stellen dürfen.
Eine kluge Idee, deren Umsetzung das Militär verhinderte. Vielmehr drohte es dem Volk die Panzer aufzufahren, sollte es den Tahrir Platz nicht räumen.Das Volk ging, die Revolution war gelaufen. Fortan wurde das Volk vom Militär an der Nase herumgeführt. Die anstehenden Wahlen basierten auf chaotischen Zuständen, da Oppositionelle keine Gelegenheit hatten, sich zu sortieren und Wahlkampf zu machen. Die vielen Gruppierungen ohne gemeinsames Programm konnten unter diesen Umständen auch die Landbevölkerung welche überwiegend nicht schreiben und lesen kann, nicht überzeugen.
Das Militär war es auch,welches das erste freigewählte Parlament einfach auflöste.
Mursi allein eine Schuld zuzuschreiben ist viel zu einfach,selbst wenn er kein Demokrat nach unserem Gusto ist. Immerhin wurde er gewählt, ob es uns paßt oder nicht. Er hatte ein Mandat des Volkes.Viel klüger wäre es gewesen auf vorgezogene Neuwahlen zu bestehen. Nun wurde mal wieder Haß entfacht. Willkürliche Verhaftungen von führenden Moslembrüdern finden statt. Bislang agierte die Opposition ausschließlich damit, beleidigt das Parlament zu verlassen, statt sich auseinderzusetzen.
Ich habe mehrfach Ägypten bereist, Kontakt zu Einheimischen und verfolge die Entwicklung seit der Revolution genau. Das Militär ist an Volkes Wohlergehen und speziell an Bildung für die Jugend nicht interessiert.Es will mit seinen Maßnahmen Investoren locken, damit der eigene Geldbeutel nicht leerer wird.
Ich habe wenig Hoffnung für Ägypten, denn es hat eine zu wenig homogene und aufgeklärte Bevölkerung.

_________________
luchs35
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Re: Ägypten stürzt ins Chaos
geschrieben von luchs35
als Antwort auf ehemaliges Mitglied vom 05.07.2013, 17:10:21
In den meisten Punkten gebe ich Dir absolut Recht, Pagena. Das Militär ist ein Staat im Staat und handelt nach seinen eigenen wirtschaftlichen Gesetzen. Nach der Aera Mubarak und der Revolution spannten die Militärs und die Moslembruderschaft zusammen , obwohl sie eigentlich Welten trennen, denn die einen strebten einen islamistischen Staat, in dem die Scharia auch das staatliche Recht bestimmt.
Die Miltärs dagegen waren für sein säkulares, wenn auch nicht freiheitliches Ägypten - und vor allem für die Sicherung ihrer eigenen wirtschaftlichen Interessen. Das ägyptische Volk irrt sich auch heute, wenn es erwartet, dass das Militär auf seiner Seite steht.

Mursis Fehler auf allen Hochzeiten tanzen zu wollen, aber seine Macht unteilbar und quasi unkündbar per Verfassung festschreiben zu lassen, brachte nicht nur den Teil des Volkes auf die Barrikaden, das ihre Revolution zugunsten einer Demokratie als verraten betrachtete, sondern auch das Militär und die Justiz, die von Mursi brüskiert und teilweise ersetzt wurde - allein nach seinem Gutdünken, hinter dem die Moslembrüder standen.

Da brauchte es nur noch die Verschlechterung der Lebensperspektiven im Volk, den Rest haben wir eben gesehen.

Will man nun den Worten der Generäle glauben , "soll das Land mit einem modernen Gesellschaftsvertrag in die Zukunft gehen, in dem säkuläre Liberale, moderate Islamisten,Christen , traditionell konservative Bauern, emanzipierte Frauen und urbane Jugendliche gleichermassen zu ihrem Recht kommen" sollen.

Das ist wahrhaftig nicht nur ein ehrgeiziger Plan, sondern auch eine Herkulesaufgabe, dem mit Recht sicher nicht nur die Islamisten misstrauen.

Es dürfte noch weit sein, bis in Ägypten der "Frühling" einkehrt.

Luchs

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Re: Ägypten stürzt ins Chaos
geschrieben von ehemaliges Mitglied
als Antwort auf luchs35 vom 05.07.2013, 20:48:10


......Will man nun den Worten der Generäle glauben , "soll das Land mit einem modernen Gesellschaftsvertrag in die Zukunft gehen, in dem säkuläre Liberale, moderate Islamisten,Christen , traditionell konservative Bauern, emanzipierte Frauen und urbane Jugendliche gleichermassen zu ihrem Recht kommen" sollen................
Luchs


Hier mal die Rede des Militärs in deutscher Übersetzung:
http://www.kriegsberichterstattung.com/id/2612/Absetzung-Mursi-in-Aegypten-Militaer-Erklaerung-in-deutscher-Uebersetzung-komplett/
olga64
olga64
Mitglied

Re: Ägypten stürzt ins Chaos
geschrieben von olga64
als Antwort auf luchs35 vom 05.07.2013, 20:48:10
Wie soll eine Demokratie installiert werden, wenn nach jahrzehntelanger Diktatur eines Alleinherrschers niemand politische Erfahrung hat, ein Grossteil der Protagonisten im Knast sass oder aus diesem geflohen war und der Rest aus den alten Strukturen stammt oder einfach machtgeil versucht, als alter Mann noch einmal eine Chance zu bekommen (z.B. El Baradei,dem nun seine internationale Erfahrung als Nachteil angerechnet wird).
DAs Militär wirkte jetzt ein Jahr im Hintergrund und wird es weiter so tun - immerhin repräsentiert das Militär ca 40% des Wirtschaftsaufkommens in Ägypten.
Interessant ist, dass sich jetzt Teile der "neuen" Regierung im Knast mit der Familie Mubarak treffen werden, welche sicher heftig lachen werden. Olga
Medea
Medea
Mitglied

"Jagd" auf Frauen und junge Mädchen
geschrieben von Medea
Perfider geht es kaum noch.
Wie schon seit einigen Tagen von Teilnehmerinnen an den
Demonstrationen berichtet, umkreisen junge ägyptische Männer
einzelne Frauen, drängen sie in Seitenstraßen ab und scheuen
sich nicht, ihre hilflosen Opfer dort zu vergewaltigen. Mit diesen abscheulichen Taten soll offenbar Angst und Schrecken
unter den weiblichen Demonstrantinnen verbreitet werden, um sie
von den Versammlungsplätzen fernzuhalten und sie somit an
politischer Meinungsäußerung durch ihre Anwesenheit zu hindern.

Was sind das für Kerle, die ihre Macht auf diese scheußliche Weise
zu demonstrieren versuchen? Da drängt sich schon ein bestimmter Verdacht auf, - Frauen, die eigene Rechte einfordern, sind ein
großes Ärgernis in den Köpfen rückständiger Muslime.

Medea.
nerida
nerida
Mitglied

Re: "Jagd" auf Frauen und junge Mädchen
geschrieben von nerida
als Antwort auf Medea vom 09.07.2013, 07:23:14


Was sind das für Kerle, die ihre Macht auf diese scheußliche Weise
zu demonstrieren versuchen? Da drängt sich schon ein bestimmter Verdacht auf, - Frauen, die eigene Rechte einfordern, sind ein
großes Ärgernis in den Köpfen rückständiger Muslime.

Medea.

ich glaube nicht, dass man diese Taten mit der Religionszugehörigkeit erklären kann.
Im Moment herrscht ein rechtloser Zustand auf den Straßen Ägyptens und das nützen bestimmte Männer aus um ihre Macht über Frauen zu demonstrieren. Es war zudem schon immer Mittel im Kampf, Frauen der Gegner zu demütigen.

Das müssen und mussten sehr viele Frauen weltweit erdulden.

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