Forum Politik und Gesellschaft Internationale Politik Gibt es in den USA eine Solidarität der Reichen für kranke und arme Mitbürger?

Internationale Politik Gibt es in den USA eine Solidarität der Reichen für kranke und arme Mitbürger?

benny
benny
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Re: Gibt es in den USA eine Solidarität der Reichen für kranke und arme Mitbürger?
geschrieben von benny
Wenn ich so zurück schaue und mal im Archiv stöbere scheint es mir eher eine Antipathie gegen die Person Obama denn seine Politik zu sein.

Nicht überall ist Apartheid aus den Köpfen.
Das ist meine persönliche Meinung und Erfahrung.

benny
carlos1
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Re: Gibt es in den USA eine Solidarität der Reichen für kranke und arme Mitbürger?
geschrieben von carlos1
als Antwort auf arno vom 22.03.2010, 21:56:11
"Gibt es in den USA eine Solidarität der Reichen für kranke und arme Mitbürger?" arno


Dei Frage hätte auch anders lauten können: "Warum gibt es in den USA nicht diese Form des organisierten Sozialismus oder den Sozialstaat wie in Europa? Das Wort sozial leitet sich ab von lateinisch socius (Genosse). Sozial heißt auch soviel wie brüderlich. Die Stelllung des Einzelnen zum Staat in der Neuen Welt war von jeher eine andre als in Europa. Die Auswanderer, meist Arme, wollten den beengten, ärmlichen Untertanenverhältnissen ihrer Heimat entfliehen und frei von staatlicher Bevormundung leben. Die amerikanische Revolution war der Kampf um Unabhängigkeit von der britischen Krone. Die Westbewegung der Frontier im 19. Jhd bot den Siedlerfamilien die Chance unabhängig zu leben und billig zu Eigentum an Grund und Boden kommen. In der Wildnis, weit entfernt von der Ziviliasation und von Recht und Gesetz, waren die Menschen auch weit entfernt von jeder Bürokratie und Regierung und immer gewohnt ihre Angelegenheit selbst zu regeln. Deshalb gibt es in Amerika nicht weniger private Solidarität als in Europa, eher mehr. Es gab sozialistische Parteien, sogar Kommunisten, aber ihre öffentliche Wirksamkeit blieb gering, trotz des großen Elends in den Industriestädten. Das Gefühl setzte sich durch, dass der Einzelne sich selber helfen kann und muss. Der Selfmademan, der Mann, der aus eigener Kraft durch seine Tüchtigkeit den Aufstieg von ganz unten vom Tellerwäscher bis zum Millionär aufgestiegen ist ein immer noch wirksamer Mythos (längst jedoch eine Fata Morgana).

Am stärksten wohl wirkte die Weite des Kontinents einem Sozialismus europäischer Machart entgegen. Die Siedler konnten sich jederzeit wieder auf die Socken machen und anderswo ihr Glück auf eigene Faust versuchen. Anders als in Russland gab es keine Leibeigenen und keine Gutsherrschaften. Die Amerikaner sind heute im Vergleich weitaus stärker mobil als etwa die Deutschen.

Grundsätzlich baut jede Versicherung auf dem Solidaritätsprinzip aller Versicherungsnehmer auf. Die Beiträge der einzelnen Versicherten werden für die kranken Versicherungsnehmer verwendet, ganz gleich, ob nun staatliche Anteile in voller Höhe oder nur teilweise aus öffentlichen Geldern dazu verwendet werden. Die bei den Republikaners geschürte Angst vor den hohen Kosten ist auf dem Hintergrund der anderen soziokulturellen Prägung zu sehen.

Der Sozialstaat ist eine der wichtigsten Erfindungen der Neuzeit und trägt wesntlich zur inneren Stabilität der Gesellschaft und Stärkung des Staates bei. Auch in Dtld gibt es Leute, die keine Krankenversicherung haben. Nur ist ihre Anzahl im Vergleich verschwindend gering. Das Versprechen es werde so etwas überhaupt nicht mehr geben, steht allerdings auf dem Papier. Es sind nicht einmal nur ganz arme Leute, sondern gut Verdienende, die einfach früher Geld sparen wollten.

Die durch Bismarck eingeführte Krankenversicherung (80er Jahre des 19. Jhd) sah ausdrücklich staatliche Gelder dafür vor.


Man kann es auch so sehen, dass es sich hier es dabei um Daseinsvorsorge handelt, zu der der Staat, sei es nun der demokratische Staat oder ein staatspatriarchalischer Obrigkeitsstaat, gegenüber seinen Bürgern (früher Untertanen) ohnehin verpflichtet ist.



Es gab sozialistische Parteien, sogar Kommunisten, aber ihre öffentliche Wirksamkeit blieb gering.
hockey
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Re: Gibt es in den USA eine Solidarität der Reichen für kranke und arme Mitbürger?
geschrieben von hockey
als Antwort auf carlos1 vom 23.03.2010, 22:16:11
Carlos das ist das vernueftigeste was ich bis jetzt gelesen habe re des unterschiedes in der denkweise von americanern und europaern (besonders deutsche, osterreicher und schweizer)
Was fuer Deutsche schwer zu verstehen ist das hier die Leute nicht dauernd rufen "da muss doch der Staat gleich was machen". Der Einzelne ist hier weitaus mehr an seinem eigenen "Glueck" interessiert und will nicht in allen lebenslagen dauernd von einer Behoerde bevormundet werden. z.B. einen Personalausweis wie in D. kenne ich gar nicht mehr und Wohn An- und Abmeldung gibt es auch nicht.
Sehr viele hier moechten auch keine Krankenversicherung sondern lieber das Geld (Ich habe frueher in den Fabriken oft mit Arbeitern gesprochen die lieber mehr Geld wollten als eine Krankenversicherung)
Dieses Denken der persoenlichen Freiheit und Entscheidung ist fuer viele wichtiger als die "sicherheit einer Versicherung oder das was man hier als einmischung der behoerden" ansieht.
Der Amerikaner spendet mehr Geld fuer gemeinnuetzige Einrichtungen als irgend eine andere Nation aber sie machen es freiwillig . Das neue gesetz das Obama jetzt gebracht hat zwingt sie eine Versicherung zu haben und das lehnen sehr viele ab.
Die Werte Europas sind nicht automatisch die besten oder die die jeder haben sollte.
Live Free or Die
Hockey

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hockey
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Mitglied

Re: Gibt es in den USA eine Solidarität der Reichen für kranke und arme Mitbürger?
geschrieben von hockey
als Antwort auf julchentx vom 23.03.2010, 17:33:12
Hi Yellow Rose of Texas
ich stimme dir zu das sehr viele die hier ueber die Americaner herfallen wahrscheinlich noch nie hier waren und von einem "Obrigkeitsdenken" geleitet werden.
Natuerlich gibt es ueberall Dinge die besser sein koennten, sollten, aber es gibt halt auch viele Americaner die es nicht moegen wen irgendeine regierung ihnen was, was im hinterzimmer zusammen gemixed wurde, aufs Auge druecken und diese "Reform" ist eine dieser Reformen.
Live free or die
Hockey
miriam
miriam
Mitglied

Re: Gibt es in den USA eine Solidarität der Reichen für kranke und arme Mitbürger?
geschrieben von miriam
als Antwort auf hockey vom 24.03.2010, 05:45:19
Hockey, ich war sehr wohl in den USA - und am Ende meiner Dienstreise, besuchte ich eine meiner alten Freundinnen in New York. Wir stammen beide aus demselben Nest, die Emigration hatte uns in unterschiedlichen Ländern verschlagen.

Sie war nun Ärztin für Rehabilitation in einem großen Krankenhaus - und ihre Erzählungen über Krankenversorgung bzw. Nichtversorgung mangels einer Versicherung bzw. mangels der nötigen Geldsumme, betrafen einen relativ großen Teil der Bevölkerung.

Persönlich finde ich, dass da die Quelle einer großen Unfreiheit zu finden ist: welche Freiheiten kann denn ein Mensch für sich in Anspruch nehmen, wenn seine Gesundheit nicht mitmacht?

Aus eigener Erfahrung weiß ich, dass Versicherungen bzw. Krankenversicherungen sich nicht einengend auf meine Freiheit auswirken.
Die Versicherung die ich zum Teil ja selber wählen und überhaupt ergänzen kann, gibt mir die Freiheit zum Arzt meiner Wahl zu gehen.
Und den werde ich mir natürlich sorgfältig aussuchen.

Noch ein Aspekt: es sind über 45 Millionen Amerikaner nicht krankenversichert. Weitere 10 Millionen haben einen unzureichenden Gesundheitsschutz.

Es sind zwar etwa 60% der Amerikaner durch ihren Arbeitgeber versichert - was aber in Zeiten der Rezession sehr problematisch ist: beim Verlust der Arbeitsstelle, endet auch die Krankenversicherung - bzw. der Gesundheitsschutz.

Gruß von Miriam



eliza50
eliza50
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Re: Gibt es in den USA eine Solidarität der Reichen für kranke und arme Mitbürger?
geschrieben von eliza50
als Antwort auf hockey vom 24.03.2010, 05:39:18
Live free or die --- meint Hockey immer noch.

Ja Hockey, mit dieser Kuhjungenmentalität kann man heute keinen Mitteleuropäer mehr beeindrucken.

How to die, das lernen Eure GIs in Afghanistan und in dem Irak seit geraumer Zeit und sie haben es immer noch nicht kapiert.

Eben so wenig, wie die meisten Amis immer noch nicht wissen, dass ein vernünftiges soziales Netz den "sozialen Frieden" sichert. Schaut euch das im United Europe an, aber so weit könnt ihr ja nicht blicken, da müsst ihr schon hier her kommen

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Mitglied_bed8151
Mitglied_bed8151
Mitglied

Re: Gibt es in den USA eine Solidarität der Reichen für kranke und arme Mitbürger?
geschrieben von ehemaliges Mitglied
als Antwort auf hockey vom 24.03.2010, 05:45:19
Offensichtlich sieht das eine Mehrheit im amerakanischen Volk ganz anders, als Du es darstellst. Sämtliche Umfragen unter Nordamerikanern belegen, dass die kleinen Leute mit überwältigender Mehrheit für eine allgemeine gesetzliche Krankenversicherung sind. Nur bei den großen Leuten - wie soll ich sie nennen, bei den Besser- und Bestverdienenden - gibt es eine Mehrheit gegen eine allgemeine gesetzliche Krankenversicherung. Widerstand kommt vor allem von den Leuten, die selbst eine Krankenversicherung haben und von der neuen Regelung gar nicht betroffen sind.

Das Gerede, dass hierzulande über Amerikaner hergefallen werde, ist sowieso Senf auf Stelzen. Obama ist immer noch sehr beliebt hier (obwohl sein Image Kratzer gekriegt hat wegen des Krieges in Afghanistan).

Übrigens... Ich war von 1976-1990 häufig und lange in den USA (vor allem in südlichen Staaten) und dort tätig als Sicherheits- und später Umweltschutzbeauftragter einer deutschen Firma für ihre amerikanischen Werke. Ich kenne die USA gut.

--
Wolfgang
uki
uki
Mitglied

Re: Gibt es in den USA eine Solidarität der Reichen für kranke und arme Mitbürger?
geschrieben von uki
als Antwort auf hockey vom 24.03.2010, 05:45:19
Hockey, das, was du "Obrigkeitsdenken" von vielen hier Schreibenden nennst, nenne ich Solidaritätsdenken, Menschlichkeit, Mitgefühl. Das sind Dinge, die Verlässlichkeit brauchen, nicht zufällige, auf gut Glück gewährte Hilfsbereitschaft Einzelner. Das geht nicht ohne die dafür notwendigen Gesetze.

Schaut man nach Amerika, ist das beste Beispiel dort zu finden.

-uki-
arno
arno
Mitglied

Re: Gibt es in den USA eine Solidarität der Reichen für kranke und arme Mitbürger?
geschrieben von arno
als Antwort auf ehemaliges Mitglied vom 24.03.2010, 09:46:10
Hallo, wolfgang,

ein erfreulicher Beitrag zum Thema.

Ich glaube, dass sich die Bürger in Deutschland in gleicher Situation
so wie die US-Amerikaner verhalten hätten.

Beispiele gibt es ja genug!

Viele Grüße
arno
schorsch
schorsch
Mitglied

Re: Gibt es in den USA eine Solidarität der Reichen für kranke und arme Mitbürger?
geschrieben von schorsch
als Antwort auf arno vom 22.03.2010, 21:56:11
Statt uns Sorgen um die Krankenversorgung in den USA zu machen, sollten wir im Interesse der Armen dort einfach froh sein, dass Obama das gelungen ist, von dem vorherige Präsidenten die Augen und Ohren verschlossen haben.

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