Internationale Politik Senioreninitiative in Japan

Re: Senioreninitiative in Japan
geschrieben von ehemaliges Mitglied
als Antwort auf Karl vom 17.05.2011, 13:10:53

m. E. hast Du gar nicht verstanden, worum es geht.
[. . . ]
Wenn es also Fakt ist, dass - um den Schaden für die unschuldige Bevölkerung zu minimieren - handwerkliche Arbeiten vor Ort durchgeführt werden müssen, dann braucht es freiwillige Fachkräfte.
Karl
geschrieben von karl

Dann habe ich offenbar auch nicht verstanden, worum es geht. Nein, Karl, damit kannst du diejenigen, die in dem Punkt anderer Meinung sind, diesmal nicht abqualifizieren, das ist zu simpel und zieht nicht.
Und - ja, es braucht freiwillige Fachkräfte. Leute, die sich zum Opfer machen für die korrupten Schlampereien von durch und durch unmoralischen Konzernen und Regierungen. Aber dann unbedingt Senioren, die haben mehr Widerstandskräfte als die Jungen und sind fitter, nicht wahr? Und wenn nicht - weg mit Schaden, sie beißen ja eh bald ins Gras!

Tut mir leid, aber mir bleibt hier nur noch Zynismus angesichts deiner und Margits fast menschenverachtender Argumentationen. Die mich im übrigen sehr wundern, weil ich euch beide ganz anders eingeschätzt hatte. Bei einigen anderen hier wundert es mich weniger.


Medea
Medea
Mitglied

Re: Senioreninitiative in Japan
geschrieben von Medea
Für mich ein erstaunlicher Vorgang, daß alte Menschen eine Initiative entwickeln, in einer für das Volk und das Land noch nie dagewesener Katastrophe aus Verantwortungsbewußtsein für das Gemeinwesen sich einzusetzen, auch im ungünstigsten Falle mit ihrem Leben, um zu helfen.

Nur das ist der Punkt, um den es hier konkret geht, sie sind aus eigenem Wollen bereit, Opfer für Japan zu bringen, es scheint mir eine Grundeinstellung auch bedingt durch ihre Kultur zu sein.

Wir "Westler" sollten diese Haltung respektieren - es ist der Respekt vor anderem Denken und Fühlen, den ich vermisse. Nur weil "uns" das fremd ist, gehört es nicht niedergemacht.

Medea.




schorsch
schorsch
Mitglied

Re: Senioreninitiative in Japan
geschrieben von schorsch
als Antwort auf hafel vom 17.05.2011, 13:39:17
Vielleicht wollen diese Senioren ja nur die feigen Betreiber beschämen?

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yuna
yuna
Mitglied

Re: Senioreninitiative in Japan
geschrieben von yuna
als Antwort auf hafel vom 17.05.2011, 13:39:17
Zumindest nicht der Teil der Bevölkerung - mit der Begründung (hier zu lesen), - dass sie ohnehin alt sind und nicht mehr lange leben. Wenn wir diese Denkweise noch unterstützen, könnte es dann schnell weitergedacht werden. Lassen wir doch die Hartz -IV Empfänger (die es ähnlich in Japan auch gibt) diesen Dienst übernehmen, die liegen ja ohnehin der Gesellschaft nur auf der Tasche.

Nein, hier müssen schon die Verursacher selber Lösungen finden. Technische Lösungen.


Gut, also störst du dich nicht daran, dass da Menschen freiwillig helfen wollen, sondern es erscheint dir als nicht unterstützenswert, dass es ausgerechnet alte Menschen sind, die auch noch selbst damit argumentieren, dass sie das bitte machen dürfen, weil sie ja alt sind und vermutlich nicht mehr viel Zeit vor sich haben? Verstehe ich dich richtig?

"Wir" hier in Deutschland "unterstützen" gar nichts, was diese Entscheidungen japanischer Senioren angeht - oder lebst du gegenwärtig in Japan und sprichst von "wir"?
In Japan wird da nichts weitergedacht, die Menschen dort sind nicht doof, nur weil sie einander unterstützen, wenn von Seiten der Regierung oder den Verantwortlichen nichts oder nicht genug passiert.

Du denkst mit westlichen Erfahrungen und projizierst sie auf Japan - das kann natürlich nicht passen.
In Deutschland würde ich es mir auch zweimal überlegen, ob ich in ein stark beschädigtes AKW marschiere, denn hier würde man mich mit hoher Wahrscheinlichkeit wirklich nur verheizen.

Allein die Aussagen aus der Politik wie "Hartzer sollten ihre Organe verkaufen dürfen, damit sie von dem Geld leben können" zeigen mir, dass hier das Wort "sozial" in den entscheidenden Etagen inzwischen sehr, sehr klein geschrieben wird und leider bereits auch in vielen Teilen der Bevölkerung.
Das erste was gemacht wird, wenn etwas schief läuft sind Schuldzuweisungen und das kann ewig hin und her gehen. Und solange kein Schuldiger gefunden ist, bleibt alles andere liegen.

Normal, wenn einem die Gruppe am Herzen liegt, nimmt man einfach freiwillig die Schuld auf sich, Hauptsache es geht weiter.
Aber in Deutschland z.B. kann dich das die Zukunft kosten, deinen Ruf - im günstigsten Fall bist du, wenn du dich einmal als Schuldiger outest (selbst, wenn du es gar nicht warst) danach immer der Schuldige, wenn sich sonst niemand meldet.
Wenn man einmal an diesem Punkt ist, gibt es für die Gesellschaft kein Zurück mehr. Das Vertrauen in die Mitmenschen und ihr Urteilsvermögen, ihre Moral etc. ist hin und es würde wohl Jahrzehnte dauern es wieder aufzubauen.

In Japan sind sie noch nicht soweit, da haut das alles noch hin.
Deshalb bieten sich die Alten an.
Es spielt im Moment keine Rolle, wer der Schuldige ist, das Problem ist da und es muss gelöst werden und zwar handwerklich und nicht durch wochenlange Diskussionen.
Jedes Menschenleben ist gleich viel wert, es gibt also keine Menschengruppe, die es objektiv betrachtet mehr oder weniger verdient hätte da hin zu marschieren.
Vom Gerechtigkeitsempfinden sagt man sich natürlich klar, die Leute aus den oberen Etagen von Tepco, denn die wussten mit hoher Wahrscheinlichkeit um das Risiko, haben sich aber für den rein kapitalistischen Weg entschieden - hoch gepokert und verloren.
Denen fehlt aber mit Sicherheit das technische Wissen, wie Karl (glaube ich) schon sagt, die wären einfach keine Hilfe, ob die da drin nun mitverstrahlt werden oder nicht - da stehen sie wahrscheinlich eher noch im Weg rum.
Unterscheide, dass es in Japan etwas anderes ist, als wenn dies in Deutschland passieren würde.
Der Einsatz der Alten wird dort ganz anders gewertet
(in Deutschland sähe man es vermutlich als willkommene Gelegenheit, noch willkommenerer wären wohl Arbeitslose).
Wenn welche darunter sind, die das nötige Grundwissen haben und sich körperlich dazu in der Lage fühlen dort zu helfen, sollen sie es tun. Ich bin mir ziemlich sicher, dass sie nicht blind in ihr Verderben rennen, diese Menschen wissen genau worauf sie sich einlassen - Verstrahlung und ihre Folgen ist in Japan viel gegenwärtiger (und nicht seit Fukushima) als z.B. bei uns in Deutschland.

Um es krass auszudrücken: Überlege, was du für deine Familie empfindest - wenn ihr vor der Wahl stündet du oder dein Kind/Enkel, würdest du dein Kind/Enkel vorschieben? Oder käme nicht auch dir der Gedanke, dass du viele schöne Jahre hattest, die du auch deinem Kind/Enkel noch wünschst?

Technische Lösungen wären natürlich ideal, aber ihre Entwicklung benötigt Zeit, die Japan aber nicht mehr hat.
Was denkst du?

olga64
olga64
Mitglied

Re: Senioreninitiative in Japan
geschrieben von olga64
als Antwort auf yuna vom 17.05.2011, 15:36:20
Wenn man nur ein wenig die Historie von Japan und deren Bevölkerung studiert, erfährt man, dass diese ein hohes Solidaritätsgefühl ihrem Land und ihrer Gesellschaft gegenüber empfinden. Dies muss für uns unverständlich sein,da wir ja immer mehr zu oft sehr rücksichtslosen Egomanen mutieren und verlangen - mal jammernd/weinerlich, mal forsch - dass sich gefällig jemand gerade um uns Einzelne mit aller Kraft zu kümmern hat. Umgekehrt weisen wir dies ebenso forsch (oder jammernd/weinerlich) von uns. Wo kämen wir denn dahin? Das passt auch gut zu unserer Einstellung, dass sich "der Staat" gefälligst aus allem rauszuhalten hat, nur nicht, wenn es um (Transfer)-Leistungen und andere Benefits geht - dafür halten wir ihn dann wieder zuständig. Olga
ehemaligesMitglied23
ehemaligesMitglied23
Mitglied

Re: Senioreninitiative in Japan
geschrieben von ehemaligesMitglied23
als Antwort auf yuna vom 17.05.2011, 15:36:20
@ Yuna

Guter Beitrag !
Genau so sehe ich es auch.

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hafel
hafel
Mitglied

Re: Senioreninitiative in Japan
geschrieben von hafel
als Antwort auf yuna vom 17.05.2011, 15:36:20
Yuna: "Was denkst du?"

Ich denke, dass Deine vielen schönen Sätze am Thema vorbei gehen. Mich jedenfalls konntest Du nicht anders überzeugen.

Hafel
yuna
yuna
Mitglied

Re: Senioreninitiative in Japan
geschrieben von yuna
als Antwort auf olga64 vom 17.05.2011, 15:58:11
Ein historischer Moment, ich stimme Madame Olga zu
Jetzt glaube ich wirklich, dass die Apokalypse nahe ist, da sollen angeblich so wundersame Dinge passieren
Es gibt viele kleine Details im alltäglichen Verhalten der Japaner, die das sehr deutlich machen, wenn man es mit dem alltäglichen Verhalten der westlichen Bevölkerung vergleicht.
Im Westen "ich" in Japan (auch in anderen Teilen Ostasiens) "wir".

@hafel: Ich versuche dich nicht zu überzeugen, du darfst deine Meinung haben wie jeder andere auch, das akzeptiere ich.
Ich habe versucht dir verständlich zu machen, was in den Köpfen der japanischen Senioren vorgeht, was sie zu diesem Schritt bewegt und dass sie ein ganz anderes Verhältnis zu ihren Mitmenschen, der Bevölkerung pflegen als beispielsweise der durchschnittliche Deutsche in seinem Land. :)
Karl
Karl
Administrator

Re: Senioreninitiative in Japan
geschrieben von Karl
als Antwort auf ehemaliges Mitglied vom 17.05.2011, 14:18:02
Tut mir leid, aber mir bleibt hier nur noch Zynismus angesichts deiner und Margits fast menschenverachtender Argumentationen.
Und ich habe Dich der Differenzierung für fähig gehalten. Ist es wirklich so schwer zu verstehen, worum es geht?

Zynismus ist m. E. zu glauben, hier sollten alte Menschen verheizt werden. Hier soll niemand irgend etwas tun. Ich persönlich halte aber Menschen, die verstehen, dass Schaden abgewendet werden muss, und die dann nicht zuerst an sich denken, für heldenhaft. Ich bin nur noch fassungslos, wenn diese meine Meinung als menschenverachtend bezeichnet wird. Wie leichtfertig kann doch mit solchen Vokabeln umgegangen werden.

Karl
olga64
olga64
Mitglied

Re: Senioreninitiative in Japan
geschrieben von olga64
als Antwort auf yuna vom 17.05.2011, 16:14:34
Die Japaner lebten ja bis vor nicht allzu langer Zeit bewusst isoliert; erst aufgrund von ökonomischen Zwängen öffneten sie ihr Land etwas. Das hat auch viel mit dem Insel-Dasein und dem Glauben der Japaner zu tun. Alles Dinge, die Deutschland (ein Binnenland) und nicht praktizierendem Glauben nicht hat und auch deshalb nicht nachvollziehen kann.
Deshalb ist es auch so falsch, Japan mit Deutschland oder umgekehrt vergleichen zu wollen und Menschen wie Karl, die nachdenklich darüber reflektieren mit seltsamen Attributen belegen zu wollen. Olga

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