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Internationale Politik Wirtschaftskrieg nach altem Muster

adam
adam
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Re: Wirtschaftskrieg nach altem Muster
geschrieben von adam
als Antwort auf Karl vom 16.12.2014, 15:50:25
Russland droht der Zusammenbruch.
Man kann nur noch den Kopf schütteln.
geschrieben von karl
@ Phil,

ich schüttel ihn vor Sorge. Mir graust vor einem völlig verarmten und gedemütigtem Russland und ich frage mich, was daraus entstehen kann, wenn wir dort das Chaos schüren.

@ ingo,

es ist wahrscheinlich für uns leichter zu schreiben "Er sollte ..." als für ihn, es zu tun. Sicherlich ist für die Modernisierung der Wirtschaft und für die Unabhängigkeit von Öl und Gas sehr viel unternommen worden, es reicht aber nicht. Um einen Riesentanker zu wenden braucht es viel Zeit.

Karl


Karl,

abhängig von Öl und Gas ist ein Land, das selber derartige Vorkommen nicht hat. Wie beispielsweise die Bundesrepublik. Russland hat davon so viel, daß sie es verkaufen können. Nur reicht diese Industrie nicht, um alle mit Arbeitsplätzen zu versehen und ihnen ein Auskommen zu verschaffen. Dazu ist eine Wirtschaft auf allen lebensnotwendigen Gebieten und darüber hinaus notwendig, wenn die Leute durch ihre Arbeit auch noch zu Wohlstand kommen sollen. Bis zu Putins Antritt in der russischen Regierung war das Land auf dem besten Weg und sah mit zweistelligen Wachstumsraten in eine rosige Zukunft.

Mit Putin war das vorbei. Eine seiner ersten Amtshandlungen war es, Krieg gegen Tschetschenien zu beginnen und das Militär zu füttern. In der Folge begehrte der militärisch-industrielle Komplex Russlands auf und das scheint dem KGB-Mann Putin recht gewesen zu sein, denn er wurde mit dem Niedergang der Sowjetunion nicht fertig und hatte dazu auch die richtigen Einflüsterer, z.B. Wladimir Krjutschkow. Dieser Mann hat Putin während seiner langen Jahre beim KGB immer als höherer Dienstgrad begleitet, zuletzt als oberster KGB-Chef. Wladimir Krjutschkow war auch beteiligt am Umsturz gegen Gorbatschow. Sie sahen den Abfall der Satellitenstaaten (Z.B der baltischen) von der Sowjetunion voraus und wollten das mit aller Macht verhindern. Sie wollten auch zur sowjetischen Mißwirtschaft zurück, z.B die damals streikenden Bergleute mit frisch gedrucktem Geld bezahlen, sie beruhigen und dann das Land wieder mit eisener Hand leiten. Es kam anders, aber dieser Wladimir Krjutschkow (wurde von der Verurteilung wegen Putschversuch begnadigt) war mit seinen Vorstellungen von der Größe Russlands, wie das Land zu alter Größe zurück findet und wie es regiert werden soll, bis zu seinem Tod ein enger Vertrauter von Putin.
Und Putin folgte dessen Vorstellungen und moderniesierte nicht die Wirtschaft Russlands, sondern das Militär, verwendete die Öl- und Gasmilliarden, um das Militär mit den staatseigenen Rüstungsbetrieben aufzurüsten. Den eigenen Wählern finanzierte er den nötigen Konsum durch die Subvention maroder Firmen, die auf dem Weltmarkt nicht mithalten konnten und keine Aufträge bekamen. Innerhalb weniger Jahre sackte Russland von zweistelligen Wachstumsraten eines Schwellenlandes auf niedrige einstellige eines Entwicklungslandes ab, die Sanktionen, die Flucht aus dem russischen Rubel und die Vermögensflucht überhaupt tun ein Übriges. Trotzdem ist nicht zu erwarten, daß Putin seine Politik ändert. Es sieht alles danach aus, daß er weiter auf militärische Stärke setzt.

Was soll die EU tun? Daß sie sich nicht auf einen Krieg einlassen will, wurde immer wieder betont. Aber soll sie Putins Versäumnisse korregieren und der russischen Wirtschaft auf die Beine helfen, damit Putin die dann zu erwartenden Steuereinnahmen zu weiterer Aufrüstung verwendet? Die Sanktionen sind zum großen Teil auch Verteidigung gegen einen aggressiv agierenden Autokraten, der sich hauptsächlich über die nationale Begeisterung der Bevölkerung an der Macht hält. Die EU hat keine Wahl, denn Putin würde auch ohne Sanktionen seinen aggressiven Kurs fortsetzen und ist um so mehr zu fürchten, je stärker das russische Militär wird, das dann durch Besetzung anderer ehemaliger Sowjetrepubliken wieder für nationale Begeisterung sorgen kann. Putin und seine nahe Umgebung sind brandgefährlich, niemand weiß, wie er noch reagieren wird und zu packen wird er nur über die weitere Schwächung der Wirtschaft und über die Unzufriedenheit der Bürger sein.

Links für Interessierte:

Der militärisch-industrielle Komplex lässt grüßen

Er mußte am Leben bleiben Verhör von KGB-Chef Wladimir Krjutschkow am 22. August

--

adam
dutchweepee
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Re: Wirtschaftskrieg nach altem Muster
geschrieben von dutchweepee
als Antwort auf adam vom 17.12.2014, 00:31:46
Mit Putin war das vorbei. Eine seiner ersten Amtshandlungen war es, Krieg gegen Tschetschenien zu beginnen und das Militär zu füttern...
geschrieben von adam

Und schon wieder fängst Du an die Geschichte nach Deinem Geschmack zu verbiegen adam. Nicht Dein "Allerweltsteufel Putin" hat den Krieg in Tschetschenien gesucht.

Wiki: "Am 1. November 1991 erklärte der tschetschenische Präsident Dschochar Dudajew die Unabhängigkeit seines Landes. Es begann eine „Tschetschenisierung“ sämtlicher Lebensbereiche, die die massenhafte Flucht des russischsprachigen Bevölkerungsteils nach sich zog. Die russische Regierung in Moskau unterstützte in der Folge zunächst die politischen Gegner Dudajews und verstärkte ihre Truppen an den Grenzen zu Tschetschenien. Bis zum Jahr 1994 kam es zu einem Massenexodus der nicht-tschetschenischen Bevölkerung aus der Republik (ca. 200.000 bis 300.000 Menschen)."

p.s.: Übrigens haben bei der Bekämpfung der tschetschenischen Islamisten die USA und Russland eng zusammen gearbeitet, da es dort einen Schulterschluss der Tschetschenen zur Taliban und Al Quaida gibt. ich erinnere ungern an das Boston-Attentat.
adam
adam
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Re: Wirtschaftskrieg nach altem Muster
geschrieben von adam
als Antwort auf dutchweepee vom 17.12.2014, 01:09:52
Das ist Ansichtssache. Mein Beitrag ist nachprüfbar. Der unsachliche "Allerweltsteufel" ist Deine Erfindung.

Es könnte rührend sein, wie versucht wird, den alten, großen Bruder in Schutz zu nehmen, aber es ist gefährlich, das Russland unter Putin zu verharmlosen. Meiner Meinung nach wird Putin einen Krieg vom Zaun brechen, sollte er militärisch dazu in der Lage sein. Das gilt es zu verhindern.

--

adam

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adam
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Re: Wirtschaftskrieg nach altem Muster
geschrieben von adam
als Antwort auf dutchweepee vom 17.12.2014, 01:09:52
Nachtrag:

Es gibt noch einen weiteren Grund, der greifen kann, warum unter Putin der wirtschaftliche Aufschwung Russlands abgebrochen wurde:

Halte das Volk arm und dumm, dann ist es leichter, es nationalistisch und konservatistisch zu beeinflussen und zu lenken, weil es geistig und körperlich unbeweglich ist. Mit einer intakten, florierenden Wirtschaft werden die Menschen zu wohlhabend und in jeder Hinsicht zu mobil. Das ist schlecht für alle Autokratien. Siehe Arabien.

--

adam
carlos1
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Re: Wirtschaftskrieg nach altem Muster
geschrieben von carlos1
als Antwort auf dutchweepee vom 17.12.2014, 00:15:04
"Das verstehe ich jetzt nicht carlos. Seit Anfang der Krise in der Ostukraine wird von Russland ein föderaler Zusammenschluss der ukrainischen Oblaste unterstützt. Wieso erkennen Olga und Du das erst jetzt und "momentan"?" dutch


Dutch, es gab und gibt widersprüchliche Meldungen. Ob Annexion oder föderale Lösung innerhalb des ukr. Staatsverbandes mit größerer Autonomie, alles wurde diskutiert. Für R. geht es darum den Fuß in der Tür zu halten und den Nachbarstaat zu destabilisieren.

Eine Annexion der Ostukraine wäre für die russische Wirtschaft ein Mühlstein um den Hals. Sie wird mit eigenen Problemen nicht fertg. Die Separatisten allerdings würden es begrüßen, denn sie erhoffen sich wirtschaftliche Unterstützung.

Die Hauptaufgabe hat Putin nicht gelöst: Modernisierung der Wirtschaft und innere Reformen. Die Hälfte der russischen Unternehmen liegt immer noch in der Hand des Staates. Putins Plan wa, durch eine enge Zusammenarbeit mit Europa die Modernisierung voranzutreiben im Austausch gegen Rohstoffe. Das ist fehlgeschlagen. Seine Ansprache an die Nation vor einigen Tagen lässt erkennen wie falsch er liegt. Er wies darauf hin, dass die Sanktionen ein Ansporn für diee Wirtschaft seien. Derweil ist die russische Ölindustrie dringend auf Lieferungen aus dem Westen für ihren Maschinenpark angewiesen. Die russische Wirtschaft kann nicht liefern.
ingo
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Re: Wirtschaftskrieg nach altem Muster
geschrieben von ingo
als Antwort auf Karl vom 16.12.2014, 15:50:25
Dann frage ich mich aber, warum Putin vor ca. 4-6 Wochen sinngemäß erklärt hat, dass die Sanktionen Rußland nicht (wirklich) treffen würden und dass Rußland seine Wirtschaft darauf einstellen und die fehlenden Produkte selbst produzieren würde. Nagel' mich bitte nicht auf den Text fest, er war nicht wörtlich so; aber ich weiß, dass ich in dem Augenblick gedacht habe: "Das hättest Du schon viel früher machen sollen." Ebensowenig, wie von heute auf morgen Gas nach China geliefert werden kann. Der Bau der Pipeline soll 10 Jahre dauern. Putin und seine Regierung haben wirtschaftspolitisch jahrelang geschlafen und sich auf Öl und Gas ausgeruht. Klar geht der Aufbau anderer Wirtschaftszweige nicht von heute auf morgen; aber Rußland könnte aufgrund seiner niedrigen Löhne schon längst eine eigene Exportindustrie aufgebaut haben. Japan, China und Korea haben das doch auch geschafft; sogar ohne Staatseinnahmen aus Öl- und Gasverkauf.

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Karl
Karl
Administrator

Re: Wirtschaftskrieg nach altem Muster
geschrieben von Karl
als Antwort auf ingo vom 17.12.2014, 10:35:29
Dann frage ich mich aber, warum Putin vor ca. 4-6 Wochen sinngemäß erklärt hat, dass die Sanktionen Rußland nicht (wirklich) treffen würden und dass Rußland seine Wirtschaft darauf einstellen und die fehlenden Produkte selbst produzieren würde.
Das war sicherlich wie das Singen im dunklen Wald. Zudem darf ja bezweifelt werden, dass Putin selber Wirtschaftsfachmann ist.

Karl
ingo
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Re: Wirtschaftskrieg nach altem Muster
geschrieben von ingo
als Antwort auf pschroed vom 16.12.2014, 18:09:01
pschroed und karl:
Jetzt wird's für mich kompliziert. "gegenseitig aufeinander zugehen" würde im vorliegenden Fall erfordern, dass z.B. Merkel und Putin aufeinander zugehen, pschroed. Meine Beobachtung ist, dass Frau Merkel in den letzten Monaten fast demütigend oft auf Putin zugegangen ist; man spricht von 20 Telefonaten. Das war für mich aber in Ordnung. Ich hatte bisher aber nie den Eindruck, dass Putin auch nur einen einzigen Schritt auf Merkel "zugegangen" ist; und ich glaube auch nicht, dass er das will. Im Gegenteil hat Putin Frau Merkel vor einigen Wochen ca. 20 Minuten in einer Hotel-Lobby warten lassen, und das war das ganze Gegenteil von "aufeinander zugehen".
Frau Merkel unter all diesen Umständen an ihren Amtseid zu erinnern, halte ich für sehr weit hergeholt, Karl. Meinst Du damit, dass sie die Annektion der Krim und der Ostukraine anerkennen sollte? Oder sollen die Wirtschafs-Sanktionen aufgehoben werden? Oder beides? Beides hat m.E. aber rein gar nichts mit Merkels Amtseid zu tun.
Unabhängig von diesen Meinungsunterschieden gestehe ich aber, dass mir die jüngste Entwicklung ebenfalls zunehmend Sorge bereitet, weil ich nicht weiß, wie irrational ein Vladimir Putin reagiert, wenn er so deutlich spürt, wie der Rubel den Bach runtergeht. Spätestens jetzt dürfte dieser Mann nämlich hochnervös sein; und für Einsichtsfähigkeit ist Putin nicht gerade bekannt. Zudem muss er anfangen, um seine Macht zu fürchten. Zunächst dürften allerdings noch Köpfe rollen. Zu Beginn vielleicht der von Medwedjew?
Es bleibt schwierig.....
Nachtrag: Putin ist wohl kein Wirtschaftsfachmann, Karl; aber er sollte schon Wirtschaftsfachleute in seiner Regierung haben Wenn nicht, wäre das fatal.
carlos1
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Re: Wirtschaftskrieg nach altem Muster
geschrieben von carlos1
als Antwort auf ingo vom 17.12.2014, 11:07:21
"Putin ist wohl kein Wirtschaftsfachmann, Karl; aber er sollte schon Wirtschaftsfachleute in seiner Regierung haben Wenn nicht, wäre das fatal." ingo

Mit Sicherheit ist Putin kein Wirtschaftsfachmann. Auch Merkel ist keine Ölonomin, ebenso die meisten Staatenlenker. Es kommt darauf an Ökonomie und ihrne Einfluss auf die Politrk zu verstehen, insbes. zu verstehen, welche Rolle die Okonomie im Leben der Massen spielt. Die Fehlkalkulation besteht darin, dass aus der Knappheit von Rohstoffressourcen auf die unabänderbare Abhängigkeit anderer Sttaten geschlossen wird. Es gibt jedoch genügend Öl und genügend Gas auf der Welt, jederzeit verfügbar.

Beispiel Litauen: Litauien verfügt jetzt über einen riesigen Gastanker, der das Land unabhängig von russischem Gas macht. Wirtschaft ist eine Sache des Vertrauens. Das hat Putin nicht verstanden. Er hat auch die Bereitschaft des Westens falsch eingeschätzt, die Energieversorgung weiter zu diversifizieren und auf Gewinne zu verzichten. Ein altes marxistisches Erbe, das die Akteure in der Politik nur als Marionetten ihrer Interessen sieht.

Hier ist sehr viel kaputt gegangen. Es ist auf lange Zeit irreparabler Schaden in der Politik entstanden.
pschroed
pschroed
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Re: Wirtschaftskrieg nach altem Muster
geschrieben von pschroed
als Antwort auf ingo vom 17.12.2014, 11:07:21
pschroed und karl:
Jetzt wird's für mich kompliziert. "gegenseitig aufeinander zugehen" würde im vorliegenden Fall erfordern, dass z.B. Merkel und Putin aufeinander zugehen, pschroed. Meine Beobachtung ist, dass Frau Merkel in den letzten Monaten fast demütigend oft auf Putin zugegangen ist; man spricht von 20 Telefonaten. Das war für mich aber in Ordnung. Ich hatte bisher aber nie den Eindruck, dass Putin auch nur einen einzigen Schritt auf Merkel "zugegangen" ist; und ich glaube auch nicht, dass er das will. Im Gegenteil hat Putin Frau Merkel vor einigen Wochen ca. 20 Minuten in einer Hotel-Lobby warten lassen, und das war das ganze Gegenteil von "aufeinander zugehen".


Hallo Ingo.

Welche Alternative gibt es ? Russland total Isolieren zb. aus dem SWIFT ausschliessen macht meiner Meinung nach Putin noch unberechenbarer.
Persönlich habe ich grossen Respekt vor Frau Merkel und Steinmeier, Frau Merkel hat den Vorteil daß sie Putin sehr gut kennt bzw. auch weiß wie er vielleicht zu einem Einlenken zu Bewegen ist. (Sie darf schließlich mit einem Zar sprechen )
Wenn eine Kanzlerin der Öffentlichkeit mitteilt, Putin lebe in einer anderen Welt, dann ist das schon ein starkes Signal auf welchem rückständigem Niveau er sich befindet so daß Frau Merkel von einem Despoten keine allzu große Höflichkeit erwarten kann. Wer weiß was sich noch alles in seiner Agressionskiste befindet wenn er weiter in die Enge getrieben wird.Es ist fatal was finanziell auf die russische Bürger zukommt.

Solche Zusammenkünfte machen Hoffnung, siehe Link-

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