Advent, alle Jahre wieder


Meine erste Adventszeit verbrachte ich hauptsächlich in meiner Wiege, bewacht von unserem Hund, während meine Mutter ihrer Hausarbeit nachging und viele Sorten Weihnachtsplätzchen buk.Der Großvater schlachtete ein Schwein für Weihnachten und mein Vater war Soldat an der Front. Es herrschte Ruhe vor dem Sturm.

Ein Jahr später.Meine Mutter, Oma und ich saßen dicht zusammengedrängt in einem Viehwagen. Plötzlich waren wir die verhassten Deutschen und auf der Flucht. Uns war kalt, wir hatten Hunger und der Zug wurde immer wieder von Tieffliegern beschossen.Schließlich kamen wir in ein vom Krieg zerstörtes Deutschland an.

Irgendwann kam ich zu Nonnen in den Kindergarten. Im Advent bastelten wir aus Papierstreifen Sterne. Die Nonnen erzählten uns viele schöne Geschichten vom Jesuskind, den Engeln und dem Nikolaus. Was ganz wichtig war, eine Kirchengemeinde aus der Schweiz unterstützte die Nonnen mit Grundnahrungsmittel und gebrauchter Kinderkleidung. Es gab immer wieder Griesbrei mit Kompott von Dörrpflaumen.

Die Zeiten wurden besser. In der Stadt gab es jetzt einen großen Weihnachtsmarkt, mit den herrlichsten Dingen, wie mir schien. Uns Kinder gefiel besonders der "Billige Jakob"

Ich kam in die Schule.Eimal wurde das Singspiel"Wer klopfet an?" aufgeführt. Ich durfte die Maria spielen. Noch heute weiß ich den Text.
Wer klopfet an? Oh zwei gar arme Leut.
Was wollt ihr denn? Oh gebt uns Herberg heut.

Viele Jahre sind vergangen. Bald werde ich mit meinem Chor beim Weihnachtskonzert singen:

Lieber Gott, ich sah die Welt in meinen Träumen,
Lieber Gott, da war kein Hunger und kein Krieg.

Maslina




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Kommentare (6)

omasigi hier von den Oberuferner Weihnachtsspiele zu lesen.
Sind sie mir doch als ehemalige W. Schülerin bekannt.
Gerade jetzt nach dem so viele Menschen auf der Flucht sind
ist dies Vorweih nachts - Geschehenen aktuell.
Ich hoffe von ganzen Herzen für diese Menschen, dass sie eine gute Aufnahme finden werden.

In Schwaben geboren musste meine Familie nicht auf die Flucht, dafür bin sehr dankbar.
Danke für diesen Blog, zeigt er uns doch, dass Deutsche haben fliehen muessen.

In diesem Sinne wuensche ich allen, die hier lesen eine friedliche Adventszeit.

omasigi
ehemaliges Mitglied liebe Ella, ich dachte es mir schon so, wollte es nur richtig stellen.

Dir auch einen frohen Advent
Gruss
Clematis
ella Liebe Clematis,
danke, dass Du mir auf die Sprünge geholfen hast. Es fiel mir einfach nicht ein, wie die Weihnachtsspiele richtig heißen und so habe ich "der Spur nach" geschrieben und es wurde Oberndorfer daraus. Natürlich heißen sie die "Oberuferer" Weihnachtsspiele und sie sind immer wieder ein Erlebnis, weil sie von Lehrern und Schülern so ernsthaft und ergreifend dargestellt werden.

Frohen Advent wünscht Dir
Ella
Roxanna Liebe Maslina,
deine Geschichte bewegt mich. Selber aus einer Flüchtlingsfamilie stammend ist mir das, was du erzählst vertraut. Auch wenn es später sozusagen "gut" wurde, hat das doch tief geprägt. Dieses vertrieben worden sein, entwurzelt werden, hat tiefe Spuren in den Familien hinterlassen. Und es hört nicht auf mit diesen Kriegs- und Flüchtlingsgeschichten. Wann wird der Mensch endlich mal gescheit?
Ich wünsche dir eine schöne und friedliche Advents- und Weihnachtszeit
Roxanna
ehemaliges Mitglied ...in den Waldorfschulen.
Sie heißen: Oberuferer Weihnachtsspiele. Ich schau sie mir jedes Jahr an, erst dann kann es wirklich Weihnachten werden.

Gruss
Clematis
ella Das hast Du sehr anschaulich geschrieben, wie es war in der Nachkriegszeit und wie schön es war, als alles auch wieder besser wurde. Und nun ist wieder Advent und wir müssen uns wieder um Menschen auf der Flucht Sorgen machen.

"Wer klopfet an, oh zwei gar arme Leut", das ist ein Text aus den "Oberndorfer Weihnachtsspielen". Meine Großmutter hat sie mit uns Kindern gesungen in der Adventszeit. In der Freien Waldorfschule in Mannheim werden diese Weihnachtsspiele jedes Jahr von den Schülern aufgeführt. Das ist immer sehr beeindruckend und stimmungsvoll.
Im Januar folgen dann die Dreikönigsspiele, die auch noch dazu gehören.

Ich freue mich, dass Du diese Lieder auch kennst.

Liebe Grüße,
Elira

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