Berlin-Plänterwald, am 19./20.21./22.Februar 2011

Was Fügung!

Neunundachtzig Tage sind es nun schon, seit ich an den Ort zurückgekehrt bin, an dem ich vor achtzig Jahren zum ersten Mal tief Luft geholt habe, von einen Bäuerchen nach erster Mahlzeit gefolgt und schließlich auch noch echte Windeln verpasst bekam. Fünfundsechzig Jahre brauchte ich, um von der Reise durch die Welt hierher zurückzukehren.

Es war ein ganz tolles, aber ungewolltes Planspiel, dass ich zu diesem Tag ein Zimmer mehr hatte als die neunundachtzig Tage davor in jener Wohnung zwischen vielen betagten Leutchen. Das eine Zimmer heute ist nun mein Schlafzimmer, ich habe es abgetreten, im Augenblick beherbergt es meinen Harem, sprich: drei Verwandte von mir - nicht die drei Weisen aus dem Morgenland – sind erschienen, die Hoch-Zeit mit mir zu feiern.

So kamen am Samstag – noch vom drohenden Bahnerstreik verschont – von Bayern Tochter Berolina mit Enkelin Melanie und aus dem Rheinland Tochter Eveline – doch pünktlich an ihren Ankunfts-bahnhöfen an. Mein lieber Spatz, Irene war zum „schlesischen“ (Ost-)Bahnhof gefahren, wo der ICE aus Köln ankam und meine „Lange“ aufgegriffen. Ich dagegen habe mich in die S-Bahn gesetzt, bin rüber zum Bahnhof Südkreuz gezockelt, habe schon für den Folgetag ein Gruppenticket geholt und konnte dann die Lieben aus dem ICE aus Augsburg herauslocken und schließlich mit ihnen mit der S-Bahn auch nach Plänterwald fahren.

Ach war das eine Freude! Wenn du mal überlegst: man hat sich selten und immer nur kurz gesehen, insbesondere was die Enkelitis anbelangt, dann staunt man doch, wie sich Alle verändert haben. Man will mir gerne Euphorie einreden entlang meines Lebens – mir hat es den Schwung gegeben, den ich in all den Jahren gebraucht und genutzt habe. Jetzt, wo ich daheim in Berlin wieder angekommen bin, sollte man diese „üble Nachrede“ fallen lassen, denn jetzt möchte ich in allen Unternehmungen friedlich zur Sache gehen dürfen. Ich kann stolz sein, ich will es auch uneingeschränkt sein: Die Kinder sind fleißig und auch die Enkel zeigen schon beste Resultate – vier Kinder, vier Enkel – ich Narr bin in sie herzlich verliebt, vielleicht gut, dass sie nicht so nahe bei wohnen, dann ist Wiedersehensfreude programmiert.


Am Anreisetag, man kam wie geplant ja ziemlich zeitgleich in Berlin an, wurde nichts Besonderes veranstaltet: Beschnuppern, Auspacken, Labern. Es wurde spät – das Enkelkind Melanie war nicht wohlauf, setzte sich schon früher ab, wir Alten hatten doch vieles zu erzählen.

Der Wetterbericht für den Sonntag verhieß Gutes. Also durfte der Fernsehturm unser gewünschtes Ziel sein. Eine schönere Gelegenheit, Berlin kennen zu lernen, da von oben gibt es nicht. Und für uns Einheimischen ist es auch immer wieder etwas, was unter anderen Lichtverhältnissen in die Kameras gedrückt werden kann. Es wurde Mittag, als wir wieder vom Himmel herunter gekommen sind. Also ging es zum Nikolai-Viertel. Drei Kameras klickten hier, klackten da, die Memories wurden voller und voller. Schließlich erreichten wir das von uns angedachte Berliner Lokal zum Mittagessen. Eine schöne Pause, nach der es dann weiter ging.

Wir nahmen einen Doppeldecker und fuhren zum Potsdamer Platz. Im Sony-Center war es weniger windig, aber auf dem Weg zum Brandenburger Tor blies uns ein eisiger Wind entgegen. Für Fotos nahmen wir uns am Pariser Platz doch einige Zeit. Wir schlenderten die Unter den Linden entlang bis zur Friedrichstraße. Wir mussten doch unbedingt zum Gendarmenmarkt. Im Cafe Fassbender & Rausch war es schon vornehm, recht betriebsam, ganz gut zum Aufwärmen. Dann ging es ab mit der U-Bahn nach Herrmannstraße und weiter mit der S-Bahn wieder zurück nach Plänterwald.

Am Montag war der Tag, weshalb die Kinder nach Berlin kamen. Für sie Gelegenheit, jetzt ohne die Oldies wieder nach Berlin – so sagt man, wenn man in die City will - zu fahren, wir Alten blieben zu Hause, Irene kümmerte sich um die Feiervorbereitungen, ich hatte logischerweise „Stallwache“, mir blieben Handreichungen.

Mein Spatz hatte schon lange Zeit soviel vorbereitet, war etwas angespannt, ob denn auch alles fertig wurde, richtig ankam. Ich war ja schon einiges gewöhnt, aber das, was mir diese liebe kleine Person mit eben so viel Liebe überbrachte: ich war überwältigt, betroffen, eben, weil ich das gar nicht erwartet habe. Eben – soviel Liebe steckte darin. Das schweißt ja noch mehr zusammen als es schon verbunden ist. Nebenbei, wir sind nicht neugierig, halten es aus, bis die „Freigabe“ erfolgt, das/die Päckchen bleibt/bleiben solange unberührt, verschlossen.

Und dann kamen die Kinder, die wir erst einmal wieder nach Berlin rein geschickt hatten, eben noch einmal mit soviel Aufmerksamkeiten. Ja sie „schmissen den Laden“, dass mein Spatz endlich auch die Hände in den Schoß legen und fröhlich mitfeiern konnte. Spatzens Kinder und mein lieber Freund kamen dazu – und wieder Überraschungen, liebevoll ausgedacht und angebracht. Da bleibe man ja kuhl und heule bloß nicht wie ’n Schlosshund (dazu war gar keine Zeit bei dem „Schlag auf Schlag“).

Doch, doch, es war spät geworden – nur die „Jungarbeiter“ zogen etwas früher ab. Der Wein war ok, das Bier wurde alle, Schnittchen, Käse und Studentenfutter können nicht schlecht werden – es hat gereicht, also muss ich, wenn nun nicht weiterer Besuch vorbeikommt, die Reste aus dem Kühlschrank holen – es ist zu kalt, das Ganze auf dem Balkon zu deponieren, weil kein Platz mehr in „Kühlungsborn“.

Wir waren am Folgetag reichlich früh wach geworden – es war nicht die Blase, es war die Frage nach den Auswirkungen des Streiks der „getriebenen Wagenführer“. Es war saukalt auf den Bahnhöfen, dauernd blökte die Ansage ihre Entschuldigungen in die frostige Umgebung – reichliche „Fahrtzeit-verlängerungen“. Als ich meine Kinder noch in der Eisesluft tröstete (kein Klo, kein Wartesaal, keine Raucherzone, kein „Rotkäppchen“ oder Tee zum Lindern der Qualen, es wurde nur die Verspätung pünktlich abgestanden), philosophierte ich über mögliche Frostbeulen und Erkältungen.

Nun also kommt die Nacharbeit: fast drei Gigabyte Bilder wollen auf DVD’s untergebracht und ver-schickt werden. Und das ist eine schöne Nacharbeit, bei der man Alles Revuepassieren lassen kann. Wenn man mich fragt, was das mit Fügung zu tun hat: mit einem so lieben Menschen an der Seite fügt sich Alles so harmonisch aneinander. Das macht so glücklich – auf zu den nächsten achtzig Jahren, noch einmal! Das ist meine Weitsicht und Euphorie, meine Fügung.

Danke!








ortwin

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Kommentare (6)

Traute Stolz kann sein wer solche Pracht
an Nachwuchs hat zur Welt gebracht!
Hoch das Haupt und weiter schreiten
erst mal 20 zur 100 bereiten
dann kann man mal kürzer treten
Das Du's schaffst wollen wir wetten
fragt Traute?

Traute(Traute)



tilli Es war ein besonderer Geburtstag.Nicht jeder erlebt so einen schönen Ehrentag.Ich freue mich mit dir, das du nach solch langer Zeit,deine Familie wieder bei dir hattest.Das du eine schöne Wohnung hast, so liebevoll eingerichtet.Das ist ein großes Glück, das du dir verdient hast..
Viele Grüße Tilli
nixe44 und das sollte (hast Du auch), tüchtig gefeiert werden.
Hast uns Anteil nehmen lassen, ich danke Dir.
Ich bin gedanklich mit Dir in Berlin spazieren gewesen, denn die genannten Orte
sind mir wohl bekannt.
Den Plänterwald kenne ich nur aus DDR-Zeiten. Ich denke doch, dass sich der Freizeitpark einer Schönheitskur unterzogen hat.
Durch das Brandenburger Tor bin ich(abgesondert von meiner Schulklasse) am 17.Juni 1961 mit meiner Freundin durchgelaufen.
Wenige Wochen später war das nicht mehr möglich.
Zu DDR-Zeiten habe ich Berlin oft besucht, denn ich hatte gute Freunde als Randberliner(sie nannten sich Rucksackberliner).
Also, Berlin ist immer eine Reise wert. Und wie sich der Ostteil entwickelt hat, erkennt man nicht mehr wieder. Oh jetzt komme ich ins schwärmen.
Und was ich noch fragen wollte, ich nehme gern die Restbestände von Deinem Geburtstag entgegen, denn ich erwarte in den nächsten Tagen auch viele Gäste.
LG Monika
hijona Alles Gute noch mal nachträglich zu deinem Ehrentag.
Du hast eine ganz tolle und hübsche Familie.
Dass du in deine Enkel verliebt bist, kann ich verstehen.
Ich bin in meine auch ganz vernarrt. Es gibt nichts was vergleichbar wäre.
LG. Johanna Hijona.
PS. Dein Artikel ist super gut.
indeed Alles erdenklich Gute für die nächste Dekade und bleib so fröhlich und positiv. Hast einen schönen Geburtstag im Kreise deiner Lieben feiern können. Davon wirst du sicherlich noch lange deine Nachfreude haben.
Ein lieber Gruß
Ingrid
finchen da sprach soviel Freude raus, daß mir fast auch schon Tränen in den Augen standen.
Nachmittags hatte ich den Heinrich Zille-Band in der Hand und habe komischerweise dabei an Dich gedacht. Ich freue mich, daß Ihr Euer Glück gefunden habt und vorallem, man merkt die Verehrung für Deinen Spatz. Ich gratuliere Euch von ganzem Herzen und wünsche Euch noch viel gemeinsame und glückliche Jahre.
Ganz besondere herzliche Grüße
Euer Moni-Finchen aus Oberbayern

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