Pflegegrad 1: Geld, Leistungen & Voraussetzungen

Menschen, die geringfügig Hilfe im Alltag benötigen, können seit der Umstellung auf das System der Pflegegrade in den Pflegegrad 1 eingestuft werden. Somit haben auch Pflegebedürftige, die noch weitgehend selbständig sind, einen Anspruch auf die Leistungen der Pflegekasse.

Ältere Frau blickt in die Kamera
©Freepik.com


1. Pflegebedürftigkeit: Bewertung durch das Pflegegutachten

2. Welche Voraussetzungen müssen Antragsteller für Pflegegrad 1 erfüllen?

3. Pflegegrad 1 – Leistungen im Überblick

3.1. Entlastungsbetrag ab Pflegegrad 1

3.2. Regelungen zur Kurzzeitpflege bei Pflegegrad 1

4. Weitere Leistungen bei Pflegegrad 1

5. Kostenlose Pflegekurse, Beratungen & Beratungsbesuche

6. Pflegegrad 1: Geld und Leistungen bei stationärer Pflege

7. Bescheid der Pflegekasse: Widerspruch einlegen


Viele Ältere sind körperlich und geistig noch recht beweglich, lediglich in einigen Situationen im Alltag sind sie manchmal auf Hilfe angewiesen. Geringfügig Pflegebedürftige, die ihren Alltag noch weitgehend selbständig bewältigen können, haben die Möglichkeit, Leistungen durch die Einstufung in den Pflegegrad 1 zu beziehen.

1. Pflegebedürftigkeit: Bewertung durch Pflegegutachten

Die Bewertung über die Pflegebedürftigkeit nehmen Gutachter des Medizinischen Dienstes für gesetzlich Versicherte oder von MEDICPROOF für privat versicherte Personen vor. Ein Punktesystem ist dabei behilflich, den Grad der Pflegebedürftigkeit festzustellen. Um Pflegegrad 1 Leistungen zu erhalten und dieser Kategorie zugeordnet zu werden, muss die Begutachtung einen Wert zwischen 12,5 und 27 Punkten erzielen. Im Folgenden erfahren Sie, welche Aspekte dazu beitragen, diese Punktzahl zu erreichen.

2. Welche Voraussetzungen müssen Antragsteller für Pflegegrad 1 erfüllen?

Um Pflegegrad 1 zu erhalten, müssen Versicherungsnehmer anfangs einen Antrag auf Pflegeleistungen stellen. Im Rahmen des Pflegegutachtens beleuchtet ein Gutachter insgesamt sechs Kriterien, um der pflegebedürftigen Person einen Pflegegrad zuordnen zu können.

  1. Mobilität (z. B. Treppen steigen oder aufrecht sitzen)
  2. Kommunikative und kognitive Fähigkeiten (z. B. räumliche und zeitliche Orientierung)
  3. Verhaltensweisen und psychische Problemlagen (z. B. Wahnvorstellungen oder ängstliches Verhalten)
  4. Selbstversorgung (z. B. selbst versorgen und waschen)
  5. Bewältigung von krankheits- und therapiebedingten Anforderungen (z. B. bei Verbandswechsel oder Dialyse)
  6. Umgang mit Alltagsleben und sozialen Kontakten (z. B. eigenständige Planung und Umsetzung des Tagesablaufs)

Zu jedem dieser sechs Module gehören verschiedene Kriterien und Fragestellungen, für welche der Gutachter eine unterschiedlich hohe Anzahl an Punkten verteilt. Daraus resultiert die Gesamtpunktzahl. Sollten Versicherte mit dieser Punktzahl und dem daraus resultierenden Pflegegrad nicht einverstanden sein, besteht die Möglichkeit, innerhalb von vier Wochen Widerspruch einzulegen.

3. Pflegegrad 1 – Leistungen im Überblick

Weil sich Betroffene mit Pflegegrad 1 in ihrem Alltag zumeist gut selbst versorgen können, haben Sie nur in begrenztem Maße Anspruch auf Pflegeleistungen.

So haben Personen mit Pflegegrad 1 keinen Anspruch auf Pflegegeld bei einer Pflege bzw. Betreuung durch Angehörige. Zusätzlich erhalten Betroffene keine Pflegesachleistungen, die für die Versorgung durch einen ambulanten Pflegedienst erforderlich wären. Weil Patientinnen und Patienten mit Pflegegrad 1 ihren Alltag in weiten Teilen allein meistern können, sei keine Unterstützung durch professionelle Pflegekräfte oder Angehörige erforderlich – so die Begründung der Pflegekasse.

3.1. Entlastungsbetrag ab Pflegegrad 1

Pflegeversicherte ab Pflegegrad 1 erhalten monatlich einen Entlastungsbetrag in Höhe von 125 Euro, also höchstens 1.500 Euro pro Jahr. Diese finanzielle Unterstützung ist jedoch zweckgebunden: Sie ist dafür vorgesehen, Dienstleistungen zu finanzieren, die zur Unterstützung und Entlastung von pflegenden Angehörigen (oder nahen Bezugspersonen) dienen.

Den Entlastungsbetrag können Patienten beispielsweise dafür verwenden, um an Betreuungsgruppen für leicht hilfsbedürftige Personen teilzunehmen oder sich von Alltagsbegleitern unterstützen zu lassen. Zudem gilt der Entlastungsbetrag für Haushaltshilfen, um Unterstützung beim Säubern der Wohnung oder anderen hauswirtschaftlichen Tätigkeiten zu erhalten.

Nicht vollständig genutzte Beträge eines Monats können in den nächsten Monat übertragen werden. Sollten bis zum Jahresende nicht alle Mittel aufgebraucht sein, ist eine Übertragung des Restbetrags ins nächste Kalenderhalbjahr möglich.

3.2. Regelungen zur Kurzzeitpflege bei Pflegegrad 1

Wenn die häusliche Pflege vorübergehend nicht im erforderlichen Umfang erbracht werden kann, wie beispielsweise nach einem Krankenhausaufenthalt, können Pflegebedürftige ab Pflegegrad 2 die Kurzzeitpflege in Anspruch nehmen. Der Betrag von bis zu 1.774 Euro für bis zu acht Wochen pro Kalenderjahr steht allen Pflegebedürftigen der Pflegegrade 2 bis 5 in gleicher Höhe zur Verfügung.

Pflegebedürftige Personen mit dem Pflegegrad 1 haben die Möglichkeit, den Entlastungsbetrag in Höhe von bis zu 125 Euro pro Monat, also bis zu 1.500 Euro pro Jahr, einsetzen, um Leistungen der Kurzzeitpflege in Anspruch zu nehmen.

Ausnahmen gelten für Personen, die nach einem Krankenhausaufenthalt entlassen werden, jedoch noch nicht Reha-fähig sind und in diesem Zeitraum keine Optionen für häusliche Pflege haben. In dem Fall besteht gegenüber der Krankenversicherung ein Anspruch auf sogenannte Überleitungspflege.

Ergänzend haben Personen mit Pflegegrad 1 keinen Anspruch auf Verhinderungspflege, falls pflegende Angehörige erkranken oder verreisen.

4. Weitere Leistungen bei Pflegegrad 1

Werden Betroffene zu Hause versorgt, erhalten sie ab Pflegegrad 1 einen Zuschuss für eine altersgerechte Wohnraumanpassung von maximal 4.000 Euro pro Maßnahme. Möchten Pflegebedürftige beispielsweise einen Treppenlift einbauen oder das Bad altersgerecht gestalten, kann diese Summe eine große Unterstützung sein.

Gemäß § 40 SGB XI haben Personen mit Pflegegrad 1 Anspruch auf medizinische Hilfsmittel oder Pflegehilfsmittel zum Verbrauch. So stehen Betroffenen zuzahlungsfreie Pflegehilfsmittel von bis zu 40 Euro pro Monat zu.

Ein weiterer Zuschuss von bis zu 25,50 Euro pro Monat dient dem Anschluss und Betrieb eines Hausnotrufsystems.

5. Kostenlose Pflegekurse, Beratungen & Beratungsbesuche

Eine Pflegebedürftigkeit ist sowohl für die Betroffenen selbst als auch für deren Familienmitglieder oft eine herausfordernde Erfahrung. Zur Unterstützung in der komplexen Welt der Pflege stehen gesetzlich festgelegte Beratungsangebote und Pflegekurse zur Verfügung.

So ist die Teilnahme an einem Pflegekurs gemäß § 45 SGB XI unabhängig von der Höhe des Pflegegrads möglich, um sich Pflegewissen anzueignen.

Anspruch auf einen Beratungseinsatz gemäß 37 SGB XI haben Personen ebenfalls ab Pflegegrad 1. Dieser ist ab Pflegegrad 2 verpflichtend.

6. Pflegegrad 1: Geld und Leistungen bei stationärer Pflege

Die Kosten für Tages- und Nachtpflege sowie vollstationäre Pflege müssen Personen mit Pflegegrad 1 fast komplett selbst tragen. Lediglich den Entlastungsbetrag in Höhe von 125 Euro pro Monat könnten sie hierfür nutzen. Ein Anspruch auf teilstationäre Pflege besteht nicht.

7. Bescheid der Pflegekasse: Widerspruch einlegen

Sind Betroffene mit dem Ergebnis des Pflegegutachtens nicht einverstanden, können Sie Widerspruch einlegen. Diesen müssen sie innerhalb von vier Wochen nach Ablehnung bzw. Bescheid über die Pflegegrad Einstufung schriftlich bei der Pflegekasse einreichen.

Es ist empfehlenswert, das Gutachten genau zu lesen: Wurde ein Sachverhalt nicht richtig erfasst? Womöglich kann ein ambulanter Pflegedienst oder ein Pflegestützpunkt weiterhelfen. Zusätzlich ist es sinnvoll, ein Pflegetagebuch zu führen und die zum Zeitpunkt des ersten Pflegegutachtens eventuell noch nicht vorliegenden Arztberichte, Atteste oder Entlassungsberichte anzufordern. Somit erhöhen sich die Chancen, dass eine angemessene Einstufung im Rahmen einer zweiten Begutachtung durchgesetzt werden kann.

 

zuletzt aktualisiert: 01/2024


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Quelle: Redaktion seniorenportal.de

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